Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik [Rückstände auf Chip] Hat jemand sowas schonmal gesehen?


von Daniel F. (finki)


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Hallo zusammen,

ich komme bei einem Problem auf Arbeit leider nicht weiter. Ich weiß 
ehrlichgesagt nicht mal nach was ich suchen soll!? Hat jemand sowas 
schonmal gesehen und kann mir ein paar Schlagworte geben nach was ich 
suchen kann?
Es ist ein Ausschnitt eines chemisch geöffneten DSP. Die Kügelchen 
sollten da nicht hin und bestehen laut EDX-Analyse aus Silizium und 
Sauerstoff (Vermutlich SiO2). Scheinen aus den Leiterbahnen 
rauszuwachsen, weil diese Kügelchen fast ausschließlich an diesen zu 
finden sind.

Schöne Grüße

: Bearbeitet durch Admin
von Stefan F. (Gast)


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Interessant, sieht wie ein Schimmelpilz aus - nur kleiner :-)
Ich bin auf die Auflösung des Rätsels gespannt.

von Blockwart (Gast)


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Das SiO2 aus den Leiterbahnen rauswächst, halte ich für fast unmöglich. 
Kann es sein, dass du beim EDX daneben geschossen hast?

Für mich sieht das mehr nach Partikeln aus, welche nach einem 
Bearbeitungsschritt nicht sauber entfernt wurden. CMP dürfte da ein ganz 
heißer Kandidat sein, Slurry-Reste möglicherweise.

von Daniel F. (finki)


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CMP: Chemisch-Mechanisches-Polieren. Interessant. Du meinst der 
komplette Waver wurde poliert und anschließend nicht richtig gereinigt? 
Könnte das zu Problemen führen?
Und was sind Slurry-Reste?
Im angehängten Bild noch das Ergebnis der EDX-Analyse. Es wurden extra 3 
Spektren erstellt. Relevant hier ist das Spektrum 1.

von Sebi (Gast)


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... schon mal gesehen?

Ja, wenn ich mein Rasterelektronenmikroskop benutze.

Ein aufgeschnittener Chip nach 20 Jahren.

von M. K. (sylaina)


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Blockwart schrieb:
> Slurry-Reste möglicherweise

Darauf hätte ich jetzt auch getippt. Ich glaube auch nicht, dass das 
SiO2 ist, dass aus den Leiterbahnen wächst. Das ist ziemlich sicher ein 
Reinigungsprozess, der schief gegangen ist.

von M. K. (sylaina)


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Daniel F. schrieb:
> Und was sind Slurry-Reste?

Reinigungsreste, die auf dem Wafer zurück bleiben, die Kügelchen der 
Reste deuten auf einen CMP-Schritt hin ;)

von Blockwart (Gast)


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Daniel F. schrieb:
> CMP: Chemisch-Mechanisches-Polieren. Interessant. Du meinst der
> komplette Waver wurde poliert und anschließend nicht richtig gereinigt?

Es war nur eine Vermutung. Um mehr zu sagen, bräuchte man genauere 
Informationen zum Herstellungsprozess des ICs. Ich hatte erst vermutet, 
dass der Chip eine Deckschicht aus SiO2 oder so hat. Doch da würden die 
REM-Bilder nicht so klar sein. Zumindest ist es merkwürdig, das im 
Spektrum 2 kein Metall (Al oder Cu) vorkommt wenn du auf eine Metalllage 
geschossen hast.

Zum Thema CMP und Slurry-Reste. ICs mit mehreren Metalllagen werden 
meist durch CMP hergestellt. Ganz grob gesagt werden Gräben geätzt, 
Metall wird "reingekippt" und mittels CMP die Oberfläche planarisiert. 
Das dazu verwendete Schleifmittel nennt man in der Halbleiterbranche 
Slurry. Die Zusammensetzung dürfte wohl ähnlich geheim sein wie die von 
Coca-Cola...

Frage am besten mal Google, da gibt es ein paar interessante Beiträge 
dazu.

von Daniel F. (finki)


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Sebi schrieb:
> ... schon mal gesehen?
>
> Ja, wenn ich mein Rasterelektronenmikroskop benutze.
>
> Ein aufgeschnittener Chip nach 20 Jahren.

War das ernst gemeint? Lustigerweise sind die Waver wirklich relativ 
alt. Eine Firma kaufte die belichteten Waver von TI inklusive 
Testequipment und bondet und verpackt das Ganze nur noch. Leider sind 
die Waver wohl Anfang der 2000er hergestellt worden. Ist so ein 
Obsolescence-Ding meiner Firma gewesen.


Vielen Dank an eure vielen Ideen! Ihr seit die Besten!
Ich habe jetzt mal ein bisschen bei Wikipedia gelesen. Folgendes Zitat 
von Wikipedia: "Während des gesamten Poliervorgangs wird über ein 
Pumpensystem eine kolloidiale Poliermittel-Suspension (Slurry), bei der 
Grabenisolation beispielsweise 30 bis 200 nm große Siliciumdioxid-, 
Cer(IV)-oxid- oder Aluminiumoxid-Partikel, auf den inneren Bereich des 
Poliertuches geleitet, das sich durch die Rotationsbewegung über das 
Poliertuch verteilt."

Das heißt die Polierpaste könnte unter Anderem aus Siliciumdioxid 
bestehen. Würde ja passen. Könnte das Ganze denn zu einem Ausfall des 
ICs führen? Oft nach mehreren Monaten im Betrieb. Was denkt ihr?

von M. K. (sylaina)


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Daniel F. schrieb:
> Könnte das Ganze denn zu einem Ausfall des
> ICs führen? Oft nach mehreren Monaten im Betrieb. Was denkt ihr?

Schon ein Partikel an der richtigen Stelle kann zu einem Ausfall, auch 
erst nach mehreren Monaten Betrieb, führen (der Worst-Case halt, Ausfall 
beim Kunden). Ich fürchte aber bei so einer Belastung, wie in den 
REM-Bildern hier gezeigt, dürfte so ein IC kaum den Backend-Test 
erfolgreich bestehen. Das sind schon heftige Defekte, die sich da 
zeigen.

von Tim  . (cpldcpu)


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Ist denn sicher, dass die Kügelchen Teil des ICs waren?
Es könnte sich auch um Füllmaterial aus dem Expoxy-Package handeln. Oder 
um Staub aus einem Pack Silica-Gel.

von Daniel F. (finki)


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Ja, du hast recht. Ein Partikel an der falschen Stelle reicht schon aus!

Ich habe jetzt auch ein bisschen Literatur gefunden. Leider kann ich nur 
das Preview lesen, aber da ist schon sehr viel Information vorhanden: 
https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-662-06234-0_8

Problematisch sind wohl nicht nur die übriggebliebenen Slurry-Reste, 
sondern auch die freien Ionen und Metalle. Immerhin ist das Polieren ein 
abrassiver Prozess wo allerhand übrigbleiben kann. Laut John de Larios, 
der das Kapitel im verlinkten Buch geschrieben hat, haben die Partikel 
das Potential sich frei im Dielektrikum zu bewegen und können 
signifikante Änderungen der elektrischen Eigenschaften verursachen.

Verrückt was es alles gibt. Aber wieder was gelernt!

: Bearbeitet durch User
von Wolfgang (Gast)


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Daniel F. schrieb:
> Die Kügelchen sollten da nicht hin und bestehen laut EDX-Analyse aus
> Silizium und Sauerstoff (Vermutlich SiO2).

Woanders wird das als Quarzsand bezeichnet, feinste Körnung ;-)

von analyselabor (Gast)


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Hallo

Ich arbeite im Analyselabor eines Halbleiterherstellers.
Solche Bilder wie die obigen machen wir hier tagtäglich...
Das was Du da siehst sind nichts weiter als Fillerkugeln aus der 
Pressmasse des ICs. Reinige den Die nochmal mit etwas Säure und kurz in 
Iso schallen. Dann sollte das Zeug weg sein.

Gruß

von Daniel F. (finki)


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analyselabor schrieb:
> Hallo
>
> Ich arbeite im Analyselabor eines Halbleiterherstellers.
> Solche Bilder wie die obigen machen wir hier tagtäglich...
> Das was Du da siehst sind nichts weiter als Fillerkugeln aus der
> Pressmasse des ICs. Reinige den Die nochmal mit etwas Säure und kurz in
> Iso schallen. Dann sollte das Zeug weg sein.
>
> Gruß

Aber warum sind die Fillerkugeln noch da? Ich meine das Die war schon 
gebondet und ein Case war drum rum. Hat der Halbleiterhersteller 
vergessen zu reinigen? Hast du vielleicht Erfahrung zu welchen Problemen 
das führen kann?

von analyselabor (Gast)


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Die Fillerpartikel sind neben Epoxy/Resin der Hauptbestandteil der 
Pressmasse, also dem Gehäuse.
Der Hersteller hat gar nichts vergessen zu reinigen, sondern das sind 
lediglich Rückstände vom nasschemischen Öffnen des ICs mittels Säure.

von analyselabor (Gast)


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Bzgl. deiner Frage nach den Problemen. Das führt zu gar keinen 
Problemen.
Das Die ist ja passiviert. Die Fillerkugeln machen also nichts. 
Elektrisch schon gar nicht, da SiO2 isoliert.

von Christian W. (orikson)


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Elektromigration? Sieht aber eigentlich anders aus...
https://de.wikipedia.org/wiki/Elektromigration

von Daniel F. (finki)


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Mist, dann bin ich doch wieder am Anfang. Aber macht natürlich Sinn 
deine Aussage. Danke für die vielen Informationen in so kurzer  Zeit!

von analyselabor (Gast)


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Elektromigration definitiv nicht. Das Bauteil ist nach wie vor 
passiviert... Es ist eigentlich alles erklärt ;-)

von Horst Schlämmer (Gast)


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Nochmal knallhart nachgefragt:

Sind diese Partikel nun auf den Leiterbahnen? Dafür bräuchte man doch 
eigentlich noch kein Rasterelektronenmikroskop! Oder sind diese Partikel 
in einem Chip drin? Mit einem Rasterelektronenmikroskop kann man 
eigentlich nicht durch ein schwarzes undurchsichtiges Plastik-Gehäuse 
durch fotografieren!

von analyselabor (Gast)


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Das Teil wurde nasschemisch geöffnet, d.h. mittels Säure von der 
"schwarzen undurchsichtigen" Masse befreit. Die Fillerpartikel sind 
übrigens durchsichtig.

von Daniel F. (finki)


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Horst Schlämmer schrieb:
> Nochmal knallhart nachgefragt:
>
> Sind diese Partikel nun auf den Leiterbahnen? Dafür bräuchte man doch
> eigentlich noch kein Rasterelektronenmikroskop! Oder sind diese Partikel
> in einem Chip drin? Mit einem Rasterelektronenmikroskop kann man
> eigentlich nicht durch ein schwarzes undurchsichtiges Plastik-Gehäuse
> durch fotografieren!

So wie Analyselabor schon geschrieben hat, wurde das schwarze Gehäuse 
(übrigens mit 100%iger rotrauchenden Salpetersäure) quasi aufgeweicht 
und soviel ich weiß  mit Aceton gereinigt. Die Verunreinigungen waren 
auf dem Silizium. Natürlich waren die erst sichtbar, als das Gehäuse weg 
war (und kamen wohl auch vom wegmachen des Gehäuses).

Auf dem Bild im Anhang ist nochmal eine Übersicht des ICs. Man sieht 
rundherum schön die Bonddrähte des QFPs. Vielleicht wird es dann klarer.

von Horst Schlämmer (Gast)


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Daniel F. schrieb:
> (und kamen wohl auch vom wegmachen des Gehäuses).

Das war die Info die mir fehlte. Ein Gehäuse zu öffnen, nur weil man 
Partikel darin vermutet, hätte schon hellseherische Fähigkeiten 
vorausgesetzt.

Danke 👍

von analyselabor (Gast)


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Horst Schlämmer schrieb:
> Das war die Info die mir fehlte. Ein Gehäuse zu öffnen, nur weil man
> Partikel darin vermutet, hätte schon hellseherische Fähigkeiten
> vorausgesetzt.

Und genau das ist mein täglich Brot ;-)

von Micha (Gast)


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analyselabor schrieb:
> Das was Du da siehst sind nichts weiter als Fillerkugeln aus der
> Pressmasse des ICs.

analyselabor schrieb:
> Die Fillerpartikel sind
> übrigens durchsichtig.

Auf den Bildern sehen die für mich nicht durchsichtig aus, wie kommt 
das?

von Peter K. (Gast)


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vermutlich ist ein Elektronenmikroskop nicht optisch....

von Thorsten S. (thosch)


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Micha schrieb:
> Auf den Bildern sehen die für mich nicht durchsichtig aus, wie kommt
> das?

Das oben sind ja auch keine optischen Bilder, sondern welche aus einem 
Rasterelektronenmikroskop! Da gibt's nix Durchsichtiges.

von analyselabor (Gast)


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Thorsten S. schrieb:
> Micha schrieb:
>> Auf den Bildern sehen die für mich nicht durchsichtig aus, wie kommt
>> das?
>
> Das oben sind ja auch keine optischen Bilder, sondern welche aus einem
> Rasterelektronenmikroskop! Da gibt's nix Durchsichtiges.

Wundert euch nicht. bei höheren Beschleunigungsspannungen werden manche 
Materialien auch langsam "durchsichtig"...
Bei 30kV wirst du z.b. recht gut das Alu unter der Passivierung sehen 
können. Die Fillerreste verschwinden dann auch so langsam..

von Daniel F. (finki)


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Der untersuchte Chip ist jetzt zum dritten mal mit 
Aceton/Isopropanol/Säure behandelt worden und das Zeug geht nicht weg. 
Kann es denn noch was anderes als Fillerpartikel sein? Vielleicht doch 
ein schiefgegangener Reinigungsprozess?
Ein zweiter, nicht ausgefallener Chip hat die gleiche Prozedur hinter 
sich, wo man keinerlei Verschmutzungen sieht.

Vielleicht doch Woodoo?

von Jens G. (jensig)


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> Vielleicht doch Woodoo?

Das sind Spannungsabfälle, die sich so angesammelt haben ...

von analyselabor (Gast)


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Zeig mal Bild wie das Zeug inzwischen aussieht.
Bei Bauteilen, welche höhere Temperaturen gesehen haben, ist die 
Pressmasse manchmal recht zäh..

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