Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Umgang mit Chrom passivierten Teilen


von Gerhard O. (gerhard_)


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Moin,

Sind bei der Bearbeitung und Hantieren von Chrom passivierten 
Zinkoberflächen von Stahlblech besondere Schutzmassnahmen erforderlich 
und zu beachten um Langzeit Gesundheitsgefahren zu vermeiden bzw. zu 
verringern?

Es wäre mir lieb wenn jemand von Euch aus der Industrie der mit dem 
Umgang solcher Materialen berufliche Erfahrung hat und mir raten könnte 
ob das vorhandene Material fachgerecht entsorgt werden soll oder der 
seltene Umgang damit toleriert werden kann. Die Korrosionsfestigkeit ist 
natürlich ein Pluspunkt.

Ich habe in meinem Metallvorrat ausgeschlachtete Metallteile und Bleche 
aus den sechziger Jahren die höchstwahrscheinlich Chrom passierte 
Zinkbeschichtungen haben und Deutscher Herkunft sind. Meine Recherche 
bis jetzt hat ergeben, daß diese Beschichtungen krebserregend und 
gesundheitsschädlich sein können oder sind und nach RoSH Bestimmungen 
nicht mehr in dieser Form für Neukonstruktionen zulässig sind. Es gibt 
da Chrom(6) und Chrom(3) Verfahren.

Was mich jetzt interessieren würde, ist, wie akut gefährlich der Umgang 
mit diesen Materialien ab und zu wäre. Das man sich nach der Arbeit die 
Hände waschen soll ist klar. Inwiefern ist Bearbeitung wie Bohren und 
Feilen bezüglich Einatmung oder Absorbierung des Feinstaubs gefährlich?

Die betreffenden Bleche haben die typische Goldfärbung mit Stichen ins 
rötliche. Das dürfte also mit dem Chrom(6) Prozess verchromt worden 
sein. Herstellungszeitraum dürfte zwischen 1955 bis 1975 liegen.

Meine Fragen wäre wie folgend:

1) Ist Anfassen schon gefährlich?

2) Ist von der Bearbeitung wie Bohren oder Feilen abzuraten oder 
tolerierbar?
(Man sollte Annehmen, daß Bohren und das Feilen keinen Feinstaub 
produziert. Das feine Schmirgeln wäre allerdings ein anderes Thema)

3) Ist feiner Bearbeitungsstaub in der Luft gefährlich?

Ist ähnlich aussehendes gold passiviertes Alublech in diesen 
Zusammenhang auch eine Gesundheitsgefahr?

4) Ist die gesundheitsschädliche Wirkung resparatorisch oder besteht sie 
lediglich durch Hautabsorption und Schutzhandschuhe wären dann 
empfehlenswert.

Da ich ja nicht beruflich mit dem Zeug arbeite, wäre der Kontakt relativ 
selten und von kurzer Zeitdauer.

5) Soll ich diese Bleche einfach entsorgen?

Ich wäre für weiterführende (nicht hysterische) fachmännische Antworten 
von jemand mit praktischer Erfahrung im Umgang mit solchen Materialien 
dankbar. Auch Links zu vertraubaren Informationen wären nützlich.

Die bisher zugänglichen Informationsquellen beschreiben und bestätigen 
die Gefährlichkeit dieser Verbindung, geben aber leider keinen oder 
wenig Aufschluss in meinem Kontext inwiefern ich damit in der Werkstatt 
ausreichend sicher umgehen darf.

Bitte keine Laien-Diskussion anfangen. Ich will darüber keine große 
Debatte.


Gruß,
Gerhard

: Bearbeitet durch User
von MaWin (Gast)


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Hier löten die meisten noch mit bleihaltigem Lötzinn und verteidigen 
deren Einsatz mit Hauen und Stechen und du sorgst dich um Chrom ?

Als Blech ist das noch weniger brisant als Blei. Die gesundheitsschäden 
fallen vor allem in der Herstellung an, in den Chrombädern sind Salze 
die sehr gern vom Körper aufgenommen werden.

von Gerhard O. (gerhard_)


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MaWin schrieb:
> Hier löten die meisten noch mit bleihaltigem Lötzinn und verteidigen
> deren Einsatz mit Hauen und Stechen und du sorgst dich um Chrom ?
>
> Als Blech ist das noch weniger brisant als Blei. Die gesundheitsschäden
> fallen vor allem in der Herstellung an, in den Chrombädern sind Salze
> die sehr gern vom Körper aufgenommen werden.

Naja, die Gefahr durch Unwissen ist nervös machend;-)

Dann scheint vorsichtshalber Händewaschen danach genauso wie beim Umgang 
mit bleihaltigen Lot angesagt zu sein. Viel werde ich damit bestimmt 
nicht anstellen. Hin und wieder halt.

Jedenfalls danke für Deinen Kommentar.

Gerhard

von Hp M. (nachtmix)


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Gerhard O. schrieb:
> Es gibt
> da Chrom(6) und Chrom(3) Verfahren.

Die Verwendung von Chrom(III)-Verbindungen zum Passivieren ist mir nicht 
bekannt. Evtl. handelt es sich dabei um Elektrolyte zum Verchromen.

Gerhard O. schrieb:
> Ich habe in meinem Metallvorrat ausgeschlachtete Metallteile und Bleche
> aus den sechziger Jahren die höchstwahrscheinlich Chrom passierte
> Zinkbeschichtungen haben

Wahrscheinlich hast du Recht mit der Vermutung, dass das Zeug 
chromatiert ist, aber damals wurden auch  noch andere Gifte wie Cadmium 
oder Bleimennige  für den Oberflächenschutz verwendet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Chromatieren

Wenn du die Bleche seit nun schon über 50 Jahren nicht gebraucht hast, 
ist es vielleicht allmählich an der Zeit das Zeug zu verschrotten.
Falls es sich um wertvolle Ersatzteile handelt, die es nicht mehr 
RoHS-konform gibt, wirst du vermutlich den Bestand aufbrauchen dürfen. 
Gewöhnlich steht da, dass das "Inverkehrbringen" verboten ist, also das 
Herstellen oder Importieren.
Wenn du das Zeug damals gekauft hast, ist es bereits in Verkehr gebracht 
worden.
Wegen solcher Ausnahmen müsste man mal genau in die Vorschriften 
schauen.

Gerhard O. schrieb:
> 1) Ist Anfassen schon gefährlich?
Nein, aber man sollte sich generell vor dem Essen die Hände waschen und 
bei der Arbeit nicht rauchen.
Die Vorschrift sagt: "Seit 1998 dürfen in Deutschland Verfahren zur 
Behandlung von Bedarfsgegenständen aus Leder, das bei bestimmungsgemäßem 
Gebrauch wie bei Uhrenarmbändern nicht nur vorübergehend den 
menschlichen Körper berührt, nicht mehr eingesetzt werden, sofern im 
Erzeugnis dann Chrom(VI) nachweisbar ist

Gerhard O. schrieb:
> 2) Ist von der Bearbeitung wie Bohren oder Feilen abzuraten oder
> tolerierbar?
> (Man sollte Annehmen, daß Bohren und das Feilen keinen Feinstaub
> produziert.
Dass dabei kein Feinstaub entsteht, würde ich nicht unterschreiben, aber 
generell ist die Gefährdung wohl weitaus geringer als z.B. bei der 
entsprechenden Bearbeitung von Berylliumoxid oder Asbest.

Gerhard O. schrieb:
> 3) Ist feiner Bearbeitungsstaub in der Luft gefährlich?
Wahrscheinlich ist dabei weniger das Chrom(VI) problematisch, als das 
Zink auf deinen Blechen, das beim Löten und Schweissen verdampft und 
evtl. eingeatmet wird.
Eine Staubabsaugung sollte also schon vorhanden sein.

Gerhard O. schrieb:
> Ist ähnlich aussehendes gold passiviertes Alublech in diesen
> Zusammenhang auch eine Gesundheitsgefahr?
Aluminium ist wahrscheinlich eloxiert. Ungefährlich.
Wenn man diesen Bädern organische Farbstoffe zusetzt, kann man die 
Eloxalschicht in allen erdenklichen Farben herstellen.

Gerhard O. schrieb:
> 4) Ist die gesundheitsschädliche Wirkung resparatorisch oder besteht sie
> lediglich durch Hautabsorption und Schutzhandschuhe wären dann
> empfehlenswert.
Handschuhe sind allein schon wegen der Verletzungsgefahr beim Umgang mit 
Blechen ratsam.
Theoretisch kann das Chromat auch bei Hautkontakt Schäden verursachen, 
aber das betrifft eher Personen die mit diesen Chrom(VI)-Verbindungen in 
konzentrierter Form umgehen, z.B. in der Galvanik oder eben beim 
Chromatieren. Siehe auch oben "Leder".
Du hast wohl auch nicht vor von jetzt an für die nächsten Jahre dauernd 
mit diesen alten Teilen zu werkeln.
Asbest ist sicher gefährlicher.

Gerhard O. schrieb:
> 5) Soll ich diese Bleche einfach entsorgen?

Das habe ich ja oben schon angeregt.

: Bearbeitet durch User
von Gerhard O. (gerhard_)


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Hallo Hp M,

Vielen Dank so ausführlich auf meine Fragen einzugehen.

Die Sachen hatte ich nur für den eventuellen Hobbygebrauch aufgehoben. 
Es handelt sich hauptsächlich um eine kleine Anzahl von schön 
standardisierten abgeschirmten Moduleinheiten und ein paar 
zugeschnittene Bleche aus einem alten ausgeschlachteten 
Wandel&Goltermann Gerät. Viel Metallarbeiten außer ein paar zusätzliche 
Löcher bohren, wären für neue Projekte sowieso nicht notwendig. Diese 
Einheiten eignen sich recht gut für HF-Projekte. Deshalb wollte ich die 
Sachen nicht entsorgen weil es schade darum gewesen wäre. Die 
Oberflächen sehen transparent goldfarben aus mit einem irisierendem 
rötlichen Reflektionsverhalten unter gewissen Lichtverhältnissen.

In der Firma wo ich ab 1972 in der Lehre war, machten wir das intern 
firmenbetrieblich. Leider hielt es damals niemand für nötig mich über 
die Details der Oberflächenbehandlung und Chemie aufzuklären und ich 
dachte mir auch nichts dabei. Mit 18 kann einem ja sowieso nichts 
passieren, nicht wahr? Es sah halt auch so schön sauber aus.

OK. Dann lasse ich die Sache auf sich beruhen und werde nur die üblichen 
Vorsichtsmaßnahmen, wie danach die Hände zu waschen, ausführen.

Gerhard

: Bearbeitet durch User
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