Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Was begrenzt den Strom von Halbleitern?


von Danold Tromp (Gast)


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Hallo µC-Forum!

Ich habe hier eine (eventuell dumme) Frage.
Und zwar: Was begrenzt den maximalen Strom den z.B.: ein 
Bipolartransistor leiten kann.

Und zwar findet man in allen Datenblättern Angaben darüber wie viel 
Strom über Collector-Emitter fließen darf. Aber wieso genau ist das so.
Ist es alleine wegen der Wärmeentwicklung, die sich durch höhere Ströme 
ergibt, oder wird der Strom durch den Halbleiter an sich begrenzt.

Ich meine: kann man es auch theoretisch schaffen den Halbleiter ohne 
Wärmeentwicklung zu zerstören?

Ich arbeite zwar schon ziemlich lange mit Halbleiterbauteilen, habe 
sowas bislang aber noch nie hinterfragt.

von Jörg R. (solar77)


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Danold Tromp schrieb:
> oder wird der Strom durch den Halbleiter an sich begrenzt.

Nein.

Danold Tromp schrieb:
> kann man es auch theoretisch schaffen den Halbleiter ohne
> Wärmeentwicklung zu zerstören?

Ja.

Danold Tromp schrieb:
> ...habe sowas bislang aber noch nie hinterfragt.

Threads bei denen der Nickname nach Troll klingt nehme ich nicht ernst.

von Dussel (Gast)


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Ich vermute mal:
- Wärme, auch die in den Bonddrähten.
- Elektromigration.
- Vielleicht können auch durch den Spannungsabfall bei zu viel Strom 
irgendwelche internen Strukturen durchschlagen werden. Bei den geringen 
Abständen entstehen ziemlich hohe Feldstärken.

von Achim M. (minifloat)


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Danold Tromp schrieb:
> Ich meine: kann man es auch theoretisch schaffen den Halbleiter ohne
> Wärmeentwicklung zu zerstören?

Ionenmigration, Feuchtigkeitseintritt mit Ioneneintrag, mechanische 
Einflüsse, um nur einige zu nennen?

mfg mf

von Falk B. (falk)


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Danold Tromp schrieb:

> Und zwar: Was begrenzt den maximalen Strom den z.B.: ein
> Bipolartransistor leiten kann.

Der PN-Übergang und dessen Ladungsträger. Stark vereinfacht formuliert, 
muss ja der schwache Basisstrom den starken Kollektorstrom steuern. 
Dieser Multiplikationseffekt hat seine Grenzen, aka Sättigung. Dann 
steigt der Kollektorstrom trotz steigender CE-Spannung nicht weiter an 
(bei konstantem Basisstrom und Temperatur).

> Und zwar findet man in allen Datenblättern Angaben darüber wie viel
> Strom über Collector-Emitter fließen darf. Aber wieso genau ist das so.
> Ist es alleine wegen der Wärmeentwicklung, die sich durch höhere Ströme
> ergibt,

Nein.

> oder wird der Strom durch den Halbleiter an sich begrenzt.

Ja, siehe oben.

> Ich meine: kann man es auch theoretisch schaffen den Halbleiter ohne
> Wärmeentwicklung zu zerstören?

Jain, mit hohen Pulsströmen. Aber auch da wird der Halbleiter sehr 
schnell sehr heiß. Und selbst wenn der IC selber nicht überhitzt, dann 
doch irgendwann mal die Bondstellen. Dort steigt die Stromdichte so weit 
an, daß sich Hitzezonen aka hot spots bilden, welche die Bondverbindung 
zerstören. Das geht im Bereich von Mikro-Milisekunden.

> Ich arbeite zwar schon ziemlich lange mit Halbleiterbauteilen, habe
> sowas bislang aber noch nie hinterfragt.

So wie Millionen von Autofahrern keine Ahnung von Zündkerzen und 
Kurbelwellen haben. Von den Smartphonebenutzern ganz zu schweigen . . .

von Falk B. (falk)


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Achim M. schrieb:
>> Ich meine: kann man es auch theoretisch schaffen den Halbleiter ohne
>> Wärmeentwicklung zu zerstören?
>
> Ionenmigration, Feuchtigkeitseintritt mit Ioneneintrag, mechanische
> Einflüsse, um nur einige zu nennen?

Das war gar nicht die Frage. Sondern Zerstörung durch zuviel Strom ohne 
Überhitzung, z.B. mit extremer Kühlung.

von Elektrofan (Gast)


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> Was begrenzt den Strom von Halbleitern?

Der Innenwiderstand der Speisung   ;-)

von Rainer S. (enevile) Benutzerseite


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Guck mal hier:
https://www.richis-lab.de/Bipolar04.htm

Der Richard kann es gut erklären.

Danold Tromp schrieb:
> Ich habe hier eine (eventuell dumme) Frage.

Wenn es einen schlauer macht ist es nicht dumm.

von Irgendwer (Gast)


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Danold Tromp schrieb:
> Ich meine: kann man es auch theoretisch schaffen den Halbleiter ohne
> Wärmeentwicklung zu zerstören?
Ja, durch Überspannung wenn es intern zu entsprechenden 
Spannungüberschlägen zwischen zwei potentiellen kommt. Die können recht 
verheerende Wirkung auf das Halbleitermaterial haben.

Am effizientesten werden die Dinger aber durch die Temperaturen 
zerstört. Das muss noch nicht mal schlagartig sofort sein, jedes Grad 
mehr geht auch negativ auf die Lebensdauer. Und da es keinen idealen 
Leiter gibt wirst du immer einen gewissen Spannungsabfall haben und 
somit auch eine entsprechende Heizleistung die das Ding erwärmt.

von sepp222 (Gast)


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der Emitterwiderstand.

von Danold Tromp (Gast)


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Danke euch allen für die Antworten!

Ich les mich da nach der Arbeit mal ein.
Ist schon echt Schade, dass ich so etwas nie so wirklich in meinem 
Studium gelernt habe.
Auch wenn mir so ein Wissen nicht direkt in meinem Berufsleben helfen 
wird, finde ich es trotzdem sehr interessant und werde mich mal weiter 
einlesen. :)

von Karl B. (gustav)


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Hi,
fehlt nur noch die Nennung der Begriffe "Second breakdown" und 
"Avalanche-Effekt".
https://de.wikipedia.org/wiki/Lawinendurchbruch

ciao
gustav

von Lutz V. (lvw)


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Danold Tromp schrieb:
> Ist schon echt Schade, dass ich so etwas nie so wirklich in meinem
> Studium gelernt habe.
> Auch wenn mir so ein Wissen nicht direkt in meinem Berufsleben helfen
> wird, finde ich es trotzdem sehr interessant und werde mich mal weiter
> einlesen

Ein kleiner Tip von mir: Beim "Einlesen" auf eine seriöse Quelle achten 
(z.B. Tietze-Schenk, keine ominösen Internet-Beiträge). Ich spreche aus 
Erfahrung, denn auch ich hab im Studium was falsches gelernt.

Ich wage es mal, aus der Antwort von Falk B zu zitieren: "Stark 
vereinfacht formuliert, muss ja der schwache Basisstrom den starken 
Kollektorstrom steuern."
Muss er das? Kann er das überhaupt? Nein - logisch unmöglich.
So hab ich das aber auch mal gelernt (und blind geglaubt) ....aber ich 
bin dann später in der Praxis über einen grundlegenden Widerspruch 
gestoßen: Praktisch alle Dimensionierungs-Regeln für 
Bipolar-Transistorschaltungen beruhen auf der (physikalisch korrekten) 
Spannungs-Steuerkennlinie (Shockley) - das mit der Stromsteuerung ist 
reiner Glaube (nur wegen der Beziehung Ic=B*Ib) ohne jeglichen Nachweis.
Wenn Du also nicht nur in vorgefertigte Formeln einsetzen willst, 
sondern VERSTEHEN willst, dann sei kritisch und frage (Dich oder das 
Buch) nach Beweisen. Die gibt es nämlich!!

: Bearbeitet durch User
von da old Punk (Gast)


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Lutz V. schrieb:
> Einlesen

@Dan, the old tramp, oder was immer:

Bis Du an Punkte kommst, wo solch ein Hinterfragen evtl.
möglich oder gar beweisbar wird, wirst Du aber einiges an
autodidaktischem Aufwand hinnehmen (oder, solltest Du die
passende Einstellung haben, "genießen") müssen.

Ob es dazu kommt, kann ich nicht sagen - auch wenn ich es
Dir vergönnen oder gar wünschen würde, daß Du in jene v.
Lutz genannte Tiefen vorstößt.

von Jörg R. (solar77)


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Falk B. schrieb:
> Achim M. schrieb:
>>> Ich meine: kann man es auch theoretisch schaffen den Halbleiter ohne
>>> Wärmeentwicklung zu zerstören?
>>
>> Ionenmigration, Feuchtigkeitseintritt mit Ioneneintrag, mechanische
>> Einflüsse, um nur einige zu nennen?
>
> Das war gar nicht die Frage. Sondern Zerstörung durch zuviel Strom ohne
> Überhitzung, z.B. mit extremer Kühlung.

Überspannung.

: Bearbeitet durch User
von Joachim B. (jar)


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von Praktiker (Gast)


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Hallo

Lutz V. schrieb:
> Ein kleiner Tip von mir: Beim "Einlesen" auf eine seriöse Quelle achten
> (z.B. Tietze-Schenk, keine ominösen Internet-Beiträge). Ich spreche aus
> Erfahrung, denn auch ich hab im Studium was falsches gelernt.

Wobei sich solche Quellen leider viel zu oft in keinerlei Form bemühen 
in irgendeiner Form verständlich oder gar unterhaltsam (Unterhaltsam 
bedeutet eben nicht "RTL" und "Katzenviedeos" sondern wenigstens das man 
wenigstens etwas Spaß daran haben kann, Freude an Erkenntnisgewinn hat, 
Freude es nachvollziehen zu können ohne(!) sich erst nochmal Tage bis 
Wochen mit irgendwelchen anderen Themen -oft Mathematik- beschäftigen zu 
müssen.
Und vor allem Beispiele, Werte und Typen aus der einigermaßen aktuellen 
Praxis und eben nicht nur hochabstrakte, oft rein mathematische, 
Herleitungen) sind.
Auch Muttersprachliche Quellen sind nicht immer leicht (überhaupt) zu 
finden - was gerade aber bei anspruchsvollen und neuen Themen schon 
wichtig wäre um wenigstens ein weitere, unnötige,  Problemquelle zu 
vermeiden.

Gerade der Tietze - Schenk' ist bei solchen Anforderungen (welche ich 
hätte) kein leider besonders gute Empfehlung - wobei es mit Alternativen 
aber auch sehr bescheiden aussieht ;-) und man schnell wieder dort ist 
wo es noch schlimmer (nur noch Mathematisch Akademisch) oder halt wieder 
relativ "Oberflächlich" wie bei den 10000 anderen Quellen wird.

Da sind die Informationen der Hersteller oft wirkliche Sahnestückchen 
die sich genau an solche Leute wie den TO (und durchaus auch mir) wenden 
- die muss man aber erst mal finden und sich damit abfinden das wirklich 
alles auch Englisch ist (abgesehen von sehr sehr seltenen schon 
historischen Ausnahmen)

Praktiker

von Lutz V. (lvw)


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Praktiker schrieb:
>
> Gerade der Tietze - Schenk' ist bei solchen Anforderungen (welche ich
> hätte) kein leider besonders gute Empfehlung - wobei es mit Alternativen
> aber auch sehr bescheiden aussieht

Ja, da muss ich leider zustimmen. Seitdem dank der PC-Technik das 
"Produzieren" von Büchern schnell geht (und die Verlage keine fachlich 
kompetenten Lektoren mehr bemühen), ist die Qualität rapide gesunken. 
Gerade deshalb warne ich ja vor dem kritiklosen Übernehmen von Aussagen, 
Erklärungen und Formeln...(von Internet-Beiträgen will ich gar nicht 
sprechen).

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