Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Spule Sättigungsstrom aus Datenblatt ermitteln


von Dominik (Gast)


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Hallo,

ich möchte den Sättigungsstrom der Spule RLB0812-102KL (1mH) ermitteln, 
nur wird dieser im Datenblatt für diesen Spulentyp nicht angegeben, für 
ähnliche Spulentypen aber komischerweise gleich auf der nächsten Seite 
schon..

(3. Seite ca. Mitte) Datenblatt:
http://www.farnell.com/datasheets/2360349.pdf

Habt ihr ungefähre Erfahrungswerte bzw. wisst ihr wie ich auf den 
Sättigungsstrom komme? Kann ich die angegebenen max. 120 mA (IDC) als 
max. IRMS ansetzen? Im Betrieb sind es so 60 mA (RMS).

Danke im Voraus!!

von Der Zahn der Zeit (🦷⏳) (Gast)


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Viele andere der dort aufgeführten Typen ist entweder
Inductance drop............... 10 % typ at Isat
oder gar nichts angegeben. So ganz falsch anzunehmen, dass die 10 % typ 
at Isat auch für nicht angegebenen gilt, kann es nicht sein.

von Elliot (Gast)


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Dominik schrieb:
> Kann ich die angegebenen max. 120 mA (IDC) als max. IRMS ansetzen?

Der Idc kann 2 Bedeutungen haben. Erstens der thermische Grenzstrom, 
also ist die Erwärmung bei Gleichstrom die Grenze. Oder zweitens der 
magnetische Sättigungsstrom. Was von beiden hier gemeint ist, ist unklar 
aber auch irrelevant, da es jeweils eine Grenze ist.

Und natürlich kannst du Idc nicht als Irms ansetzen, weil, falls der 
Sättigungsstrom gemeint ist, der Spitzenwert des Irms deutlich über dem 
Idc liegt, und die Drossel sicher in die Sättigung gefahren wird.

von jklö (Gast)


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Dominik schrieb:
> Habt ihr ungefähre Erfahrungswerte bzw. wisst ihr wie ich auf den
> Sättigungsstrom komme? Kann ich die angegebenen max. 120 mA (IDC) als
> max. IRMS ansetzen? Im Betrieb sind es so 60 mA (RMS).

RMS = Kürzel für Root Mean Square. (Für U oder I benutzt.)

RMS = Durchschnitts- bzw. Effektivwert (welcher als glatte
UDC über einem (oder glatter IDC durch einen) ohmschen R,
genau die Verluste erzeugte wie die gemessene U (/der g. I).

Zur Dimensionierung/Auswahl von Drosseln zählt bei AC und DC
natürlich dieser Durchschnittswert (und zwar thermisch).

Jedoch auch (und zwar eben bzgl. Sättigung) der Spitzenwert
des (hier wohl eben vermutlich pulsierenden) Stromes.

Da Du diesen aber nicht nanntest ... kann man nur schwerlich
(oder besser gesagt "nicht wirklich") versuchen, irgendwelche
Abschätzungen zu machen.

Hole das nach, und/oder beschreibe näher, worum es geht, um
sogar (vorab, vor der entscheidenden) eine Schätzung dieses
Wertes zuzulassen, falls Du ihn selbst nicht kennst.

Anders wird das nichts.

von DoS (Gast)


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Verlass Dich bei Drosseln auch nicht nur auf die Datenblätter. Da haben 
wir schon wundersame Verhalten gehabt (gleiche Datenblattwerte, 
unterschiedliche, namhafte Hersteller, eine Drossel glüht, die andere 
bleibt kalt). Je nach Kernmaterial ist auch die Sättigung weich oder 
hart.
Ganz kniefieselig wird es, weil die Parameter auch noch von der 
Signalform und der Temperatur abnhängen. Im Nürnberger Energie-Kampus 
gibt es mehrtägige Seminare zum Thema Induktivität.

von Vorn N. (eprofi)


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1
Part Number     Ind  Tol   Q  TF    SRF   Rdc  Idc  Irms  Isat
2
                 µH    %      kHz   MHz   Ohm   mA    A     A
3
RLB0608-102KL  1000  ±10  55  252   1.8  11.5  100
4
RLB0812-102KL  1000  ±10  45  252   1.4  3.90  120
5
RLB1014-102KL  1000  ±10  50  252   0.9  4.10       0.36  0.60
6
RLB0912-102KL  1000  ±10  55  1/252 1.9  4.30       0.40  0.35
7
RLB0914-102KL  1000  ±10  40  252   1.3  2.10       0.42  0.65
8
RLB1314-102KL  1000  ±10  40  1/252 1.6  1.30  310
Ich denke, die verschiedenen Typen unterscheiden sich im Kernmaterial.
Evtl. findet man in anderen Unterlagen (Application Notes) genauere 
Spezifikationen.
Nur 1014, 0912 und 0914 dürften für Schaltregler geeignet sein.
Was ist Deine Anwendung?

Merke: wenn ein bestimmter Wert  Eigenschaft  Charakteristikum in 
einem Datenblatt nicht angegeben ist, ist er schlecht.

von Elektrofan (Gast)


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Das ist schon deswegen schwierig, weil "Sättigung" (auch) in diesem
Zusammenhang nicht eindeutig definiert werden kann.

von Thomas (kosmos)


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stell das doch mit dem 2-Kanal Oszi und einen Shunt fest. Mit dem Oszi 
die Math-Funktions Differenz zw. Kanal 1-2 einstellen (Messspitzen vor 
und nach dem Shunt), dann PWM mit einer kleinen Pulsweite drauf geben, 
die du dann immer breiter machst ab dem Moment wo der Strom stark 
ansteigt hast du die Sättigung erreicht und schaust welche Impulsbreite 
du hast. Welche du dann in der Anwendung nicht überschreiten solltest.

von Wolfgang (Gast)


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Dominik schrieb:
> Kann ich die angegebenen max. 120 mA (IDC) als max. IRMS ansetzen?

Nein, die Sättigung hängt am I_max und nicht am I_RMS, weil die 
Sättigung beim aktuellen Strom auftritt und keinem Mittelungseffekt 
unterliegt.

von Dominik (Gast)


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Die Spule wird in einem LC-Filter eingesetzt. Jaja ich weiß was RMS und 
Spitzenstrom ist, es geht mir darum hier vll jemanden zu finden, der mit 
solchen Spulen öfter zu tun hat und Erfahrungswerte liefern könnte. Ja 
ich weiß, das Kernmaterial macht einen riesen Unterschied. Hab mich vll. 
nur etwas zweideutig ausgedrückt.

Komisch finde ich nur, dass der Sättigungsstrom nicht angegeben wird, 
sondern nur das DC-Strommaximum (wahrscheinlich thermisch bedingt). 
Appnotes etc. gibt es keine einschlägigen vom Hersteller. Komisch ist 
auch, dass andere Hersteller bei vergleichbaren Spulen auch nicht 
wirklich brauchbare Angaben in Datenblättern haben:

z.B.
https://cdn-reichelt.de/documents/datenblatt/B400/DS_09P_NEU.pdf

Gibt es da nicht eine Faustformel dass ich z.b. mit einem Spitzenstrom 
von ca. der Hälfte von I_DCmax noch im sicheren Bereich bin? Wo sind die 
Spulenexperten :-)

von Der Zahn der Zeit (🦷⏳) (Gast)


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Dominik schrieb:
> Gibt es da nicht eine Faustformel dass ich z.b. mit einem Spitzenstrom
> von ca. der Hälfte von I_DCmax noch im sicheren Bereich bin?
Definitiv nicht. Imax hängt vom ohmschen Widerstand ab, der wieder vom 
Drahtdurchmesser. Isat hängt nicht davon ab. Also kann man Spulen ganz 
unterschiedlich für unterschiedliche Ziele auslegen.
Viel Kupfer, wenig Kern: Wenig (ohmsche) Verluste, Isat wird lange vor 
Imax erreicht.
Wenig Kupfer, viel Kern: Höhere (ohmsche) Verluste, Isat wird lange nach 
vor Imax erreicht (kurzzeitig ohne Induktivitätsverlust überlastbar).
> Wo sind die Spulenexperten :-)
Im Home Office - ist doch Corona.

von H. H. (Gast)


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Der Zahn der Zeit (🦷⏳) schrieb:
>> Wo sind die Spulenexperten :-)
> Im Home Office - ist doch Corona.

Da bist du schief gewickelt. ;-)

von Der Zahn der Zeit (🦷⏳) (Gast)


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H. H. schrieb:
>>> Wo sind die Spulenexperten :-)
>> Im Home Office - ist doch Corona.
>
> Da bist du schief gewickelt. ;-)
Nicht nur das - es gab was Leckeres zum Abendessen, jetzt bin ich total 
gesättigt...

von H. H. (Gast)


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Der Zahn der Zeit (🦷⏳) schrieb:
> H. H. schrieb:
>>>> Wo sind die Spulenexperten :-)
>>> Im Home Office - ist doch Corona.
>>
>> Da bist du schief gewickelt. ;-)
> Nicht nur das - es gab was Leckeres zum Abendessen, jetzt bin ich total
> gesättigt...

Nur nicht hysteresisch werden!

von Günter Lenz (Gast)


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von Dominik schrieb:
>Habt ihr ungefähre Erfahrungswerte bzw. wisst ihr wie ich auf den
>Sättigungsstrom komme? Kann ich die angegebenen max. 120 mA (IDC) als
>max. IRMS ansetzen? Im Betrieb sind es so 60 mA (RMS).

Diese Spulen haben keinen geschlossenen magnetischen Kreis,
da besteht die Gefahr der Sättigung nicht. Der angegebene
Maximalstrom dient dazu, daß die Spulen thermisch nicht
überlastet werden. Wenn du da drunter bleibst ist
alles OK.

von Mark S. (voltwide)


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Günter Lenz schrieb:
> Diese Spulen haben keinen geschlossenen magnetischen Kreis,
> da besteht die Gefahr der Sättigung nicht.

Ach was!

von Bernd K. (bmk)


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Sättigungsstrom ist relativ und es kommt u.a. darauf an, welche 
Induktivität ich bei dem genannten Wert noch erwarte. Temperatur spielt 
auch eine Rolle.

Bei Würth Elektronik ist das m.E. perfekt durch Kennlinien ersichtlich.
Beispiel:
https://www.we-online.de/katalog/datasheet/74437529203681.pdf

Auf Seite 2 sieht man die Wahrheit.

- Rated Current ist mit 4,8A angegeben.
Hierbei ist ist die Induktivität im Keller und die Temperaturerhöhung 
ist mit +50°C angegeben. NoGo

- Saturation Current ist mit 3A angegeben.
Hierbei liegt die Induktivität bei 78% und die Temperaturerhöhung ist 
mit +10°C sehr moderat. Gute Wahl.

Wer auf eine möglichst hohe Induktivität Wert legt, wird wohl eher einen 
Strom von max. 2,5A bevorzugen. Hierbei liegt die Induktivität bei 95% 
und die Temperaturerhöhung ist mit 5°C kaum spürbar.

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