Forum: PC Hard- und Software Linux und Gerätetreiber


von Linux-Einsteiger (Gast)


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hi Leute,

bedingt durch einen Raspberry pi bin ich etwas mit Linux konfrontiert. 
Ich habe das auch etwas als Teil des Abenteuers eingeplant, aber auch 
unterschätzt wie viele Fragen und Probleme da bei den Basics auftauchen.

Tut mir bitte den Gefallen, macht den Thread nicht kaputt durch 
Vergleiche mit andereen OS oder euren persönlichen Linux Traumata...oder 
euren Windows Erfahrungen oder Haßfiguren.

Es wird auch noch vielleicht einen thread geben über das ominöse 
x-server, hier aber generell Treiber.

Was mir auffiel: in /dev kann ich mir alle mögliche Hardware angucken. 
z.B. zig Uarts oder Usb Ports. Wenn ich den befehl lsmod ausführe, kann 
ich mir angucken, welche Treiber eigentlich geladen wurden. Meine Frage 
ist: woher kommt die Hardware die in /dev gelistet ist. ALLES was 
denkbar ist foindet sich dort ja nicht. Wenn ich aber z.B. ein Display 
am Display Cponnektor des pi anschließe erscheint dort ein /dev/FB. 
Richtig?

Und woher weiß der Computer eigentlich was für ein Treiber zu einer 
aktuell gefundenen Hardware gehört.
Das ist kurz gefragt und möglicherweise peinlich - ist aber nicht zu 
ändern ich verstehe es nicht, auch wenn es generell ein Thema ist.

Gruß und bis bald

von Frank M. (ukw) (Moderator) Benutzerseite


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: Bearbeitet durch Moderator
von Bentschie (Gast)


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Linux-Einsteiger schrieb:
> Und woher weiß der Computer eigentlich was für ein Treiber zu einer
> aktuell gefundenen Hardware gehört.

Ich interpretiere das jetzt mal als Frage.
Jede Komponente im PC ist standardisiert. Und sowohl PCI als auch USB 
haben eine eindeutige Kennung vorgeschrieben. Auch bekannt als Vendor ID 
und Product ID (VID&PID).
Diese kennung steht auch im Treiber, damit ist der eindeutig einem Gerät 
zuordenbar.

von Thomas W. (Gast)


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Moin, -
Linux-Einsteiger schrieb:

Willkommen in der wunderbaren Welt von Linux. Linux ist 
benutzerfreundlich, aber selektiv was Freunde sind.

Treiberlinge sind (m.E.) das komplexeste Problem in einem 
Betriebssystem: Verbindet die Probleme der Hardware mit der Hardware des 
Systemes. Auch die Unterscheidung von Block/Char-Devices ist auch nicht 
offensichtlich.

Allerdings ist das alles gut dokumentiert, unter
https://www.kernel.org/doc/html/latest/driver-api/driver-model/index.html
findest Du alles.

Auf Deutsch findest Du:

Quada, Kunst: Linux Treiber entwickeln, 4.Auflage, 2016, d.punkt Verlag, 
Heidelberg

Viele Gruesse

Th.

von 🐧 DPA 🐧 (Gast)


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Die device nodes werden von Kernel Modulen registriert & bereitgestellt, 
und dann von udev dafür eine Datei in dev angelegt: 
https://stackoverflow.com/questions/5970595/how-to-create-a-device-node-from-the-init-module-code-of-a-linux-kernel-module#answer-5973426

Wie genau die Module  der Kernel  udev entscheidet, wann / ob sie 
geladen werden müssen, weiss ich nicht, da dürfte es mehrere Mechanismen 
geben.

Es ist auch nicht jedes Modul ein Treiber für eine reale Hardware.

von Gerätefuhrmann (Gast)


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> Und woher weiß der Computer eigentlich was für ein Treiber zu einer
> aktuell gefundenen Hardware gehört.
> Das ist kurz gefragt und möglicherweise peinlich - ist aber nicht zu
> ändern ich verstehe es nicht, auch wenn es generell ein Thema ist.

Da gibt es verschiedene Ansätze.

Grundsätzlich muss in der SW (das OS u. Gerätetreiber) eine Art 
Teilabbild der Verdrahtung unter den Peripheriekomponenten 
(Schaltungsschema des Computers, auch im Innern der Chips)  zustande 
kommen.

In einfachsten Fällen geschieht dies durch direktes eincodieren von 
Registeradressen in die
SW. Das funktioniert aber nur (oder nur eingeschränkt) solange die 
Verdrahtung fix unveränderbar bleibt (keine Steckkarten, kein USB) und 
dieselbe SW nicht auf diversen Chips (SOCs, uC-Familie) laufen soll.

Eine weitere Variante ist dass beim Start des OS-Kerns dieser ein 
Datenfile (oder etwas Vergleichbares) einliest, darin ist dann 
'beschrieben' was für HW tatsächlich vorliegt, resp. der OS-Kern wird 
dann nur jene Peripherie-HW in betrieb nehmen können (die passenden 
Treiber laden) welche auch beschrieben ist.

Diese Beschreibung kann auch von der Computerfirmware dem OS-Kern 
weitergereicht werden.
Altes, traditionelles PC-BIOS (s. 286, 386, ...) kann das nur minimal: 
dazu hatte es Jumpers auf den Platinen und etwas musste per BIOS-Setup 
eingestellt werden.

Zu Zeiten von 486 U. Pentium geschah dies üblicherweise durch 
zurechtkonfigurieren und kompilieren (oder mindestens linken) der *nix 
Kernels (Linux, *BSDs, ...). Das macht man heute allenfalls noch für 
Embedded-Systeme um Festwert-&RAM-Speicher zu knausern UND Bootzeit 
möglichst kurz zu halten.

Alte raffinierte Workstation-FW (Open Firmware IEEE-1275 auf DEC-Alphas, 
Suns, PowerMacs ...) sah vor dass auf jeder Steckkarte ein (Flash-)ROM 
die Steckkarten-HW-info in FORTH vorhielt, sodass die FW des Motherbords 
dies unabhängig von CPU-Architektur  Nutzen konnte.

Die Info zur Peripherie lässt sich auch mit etwas Vorwissen "erraten" 
(neudeutsch: probing): an üblich verdächtigen Registeradressen wird 
versucht mit der Peripherie zu sprechen und die Antwort wird 
ausgewertet, passt die Antwort ist die Peripherie als vorhanden gemerkt 
und der zugehörige Treiber wird geladen.
Solches Probing ist tlw. in den Treibern selbst enthalten: ein Treiber 
wird geladen und allenfalls
 antwortet er sinngemäss mit "HW antwortet nicht oder ist nicht 
vorhanden".

Die ganze Info will natürlich im OS ordentlich verwaltet werden durch 
entsprechende dynamische Datenstrukturen. Damit von "Plug'n'Play" nicht 
nur das erste "Plug" funzt sonder auch abstöpseln und anderswo 
einstöpseln ordentlich funktioniert, gerne auch währendem der Computer 
zwischenzeitlich in den Ruhemodus versetzt wurde.

Wie oben bereits erwähnt: bei USB ist von Anfang an ein Vorgehen 
standarisiert wonach jede Peripherie sich per VID:PID (+ggfs. 
individuelle Seriennr. um mehrere Geräte vom selben Typ auseinander zu 
halten und auch wenn sie umgestöpselt werden)

Halten sich USB-Gerätehersteller an standarisierte Geräteklassen, ist 
nichtmal ein spezifischer Treiber nötig: der generische Gerätetreiber 
dieser Geräteklasse kann das.

Ist die (USB-)Peripherie zu speziell / eine Sonderlocke, muss das OS 
natürlich auf eine (riesige?) Bibliothek mit exakt passenden Treibern 
zurückgreifen. Bringt das das OS nicht selbst mit, muss der 
Gerätehersteller dies zum OS passend nachliefern. (will oder kann der 
Hersteller nicht mehr, wird funktionierende HW obselet und hilft den 
Müllberg zu vergrössern...)

von Gerätefuhrmann (Gast)


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Histerische Ergänzung: früher, als die /dev/* Dateien nicht dynamisch 
erzeugt wurden, war deren Erstellung ein wesentlicher Teil der 
OS-installation[1], resp. Aufgabe des Sytemadministrator solche Dateien 
von Hand anzulegen wenn das Computersystem um Peripherie-HW erweitert 
wurde.

[1] je cleverer die Installationsprogramme waren, geschah viel vom 
o.erw. Probing zum Installationszeitpunkt, nicht bei jedem Systemstart.

Knoppix war eine der ersten (PC-)Linux-Distributionen welche das 
(dynamische) Peripherieprobing auf die Spitzen trieb, gar bei Boot ab 
CDROM (ohne Schreibzugriff!) und der Entwicklung von Linux und udev eine 
ordentlichen Schub verpasste.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Man kann übrigens auch Treiber in den Kernel kompilieren, was natürlich 
sehr sinnvoll ist, solange ein Zugriff auf Module noch nicht geht 
(Massenspeicher, RAM, Konsole usw.) Der Kernel muss also zumindest die 
Treiber enthalten, um ein Grundsystem 'aus dem Sumpf' zu ziehen.

von Frank K. (fchk)


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Linux-Einsteiger schrieb:

> Und woher weiß der Computer eigentlich was für ein Treiber zu einer
> aktuell gefundenen Hardware gehört.

1. ACPI (nur PC) - ist Teil des BIOS.
2. PCI(e) - jedes Gerät hat einer Hersteller- und Typennummer. Man muss 
nur alle PCIe Busse durchscannen und schauen, was man da findet.
3. USB-Geräte: Ähnlicher Mechanismus. Die USB-Controller selber sind 
PCI(e) Geräte, werden also darüber gefunden
4. Device Tree (nicht PC). Das ist eine Textdatei, die ein System mit 
seiner Hardware beschreibt. Die wird beim Booten mitgeladen und dann 
ausgelesen.

Früher ab es noch so Sachen wie OpenFirmware bei Unix-Computern und 
Macs, aber das ist inzwischen Geschichte und wäre oben nehben ACPI 
einzuordnen.

fchk

von Modular (Gast)


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Matthias S. schrieb:
> Man kann übrigens auch Treiber in den Kernel kompilieren, was natürlich
> sehr sinnvoll ist, solange ein Zugriff auf Module noch nicht geht
> (Massenspeicher, RAM, Konsole usw.) Der Kernel muss also zumindest die
> Treiber enthalten, um ein Grundsystem 'aus dem Sumpf' zu ziehen.

Das wird heute per initrd (initiale Ramdisk) erledigt, so können selbst 
die Treiber für das root-filesystem per Modul geladen werden.

von Georg A. (georga)


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Um die Verwirrung komplett zu machen: Nicht jedes laufende HW-Device mit 
Treiber muss in /dev auftauchen, zB. Netzwerk-Devices.

von Rolf M. (rmagnus)


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Matthias S. schrieb:
> Man kann übrigens auch Treiber in den Kernel kompilieren, was natürlich
> sehr sinnvoll ist, solange ein Zugriff auf Module noch nicht geht
> (Massenspeicher, RAM, Konsole usw.) Der Kernel muss also zumindest die
> Treiber enthalten, um ein Grundsystem 'aus dem Sumpf' zu ziehen.

Dafür gibt es initrd. Das ist eine RAM-Disk, die bereits vom Bootloader 
in den RAM kopiert wird, bevor dann der Kernel gestartet wird. Da drin 
sind dann die Treiber, die benötigt werden, damit der Kernel selbst auch 
auf Laufwerke zugreifen kann, um den Rest des System laden zu können. 
Das hat den Vorteil, dass im Linux-Kernel nicht gleich sämtliche Treiber 
für alle erdenklichen Laufwerksschnittstellen und -typen sowie für 
sämtliche Filesysteme, von denen es booten können soll, mit 
einkompiliert sein müssen. Außerdem kann man in das initrd-Image noch 
eine busybox mit einbauen, die gestartet wird, falls der Kernel kein 
Bootlaufwerk findet. So hat man dann zumindest eine minimalistische 
Umgebung, um nach den Problem zu suchen.
Das initrd-Image findet man üblicherweise im /boot-Verzeichnis zusammen 
mit dem Kernel-Image.

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