News MLCC-Deratierung – spannungsabhängiger Kapazitätsverlust, gemessen


von Tam H. (Firma: Tamoggemon Holding k.s.) (tamhanna)


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Kleine und preisgünstige MLCC-Kondensatoren wirken verführerisch – leider verlieren sie durch einen als Deratierung in Abhängigkeit der anliegenden Spannung an Kapazität.

von Tam HANNA

Worum geht es hier

Auf Maker Faires und Konferenzen finden sich immer wieder Sprecher, die “Toplisten guter Designideen” präsentieren – nur allzu oft hört man den Ratschlag, nach Möglichkeit ohne Elektrolytkondensatoren zu arbeiten. Die als Ersatz empfohlenen MLCCs haben allerdings ein (gravierendes) Problem: die sichtbare Kapazität ist aufgrund von in der Keramik stattfindenden Prozesse von der anliegenden Spannung abhängig.

Analyse des Problems

In den folgenden Schritten wollen wir zwei Kondensatoren vergleichen: einerseits einen MLCC; andererseits einen Tantal-Polymerkondensator.

Ob der hier verwendeten Testschaltung sieht das Messgerät immer nur “die halbe Kapazität”. Als ersten Kandidaten sehen wir den MLCC-Kondensator an, dessen Kapazität beim Erreichen der Nennspannung stark absinkt.

Versucht man die selbe Messreihe mit dem (wesentlich teureren) Tantalkondensator, so sieht die Situation wie in der Abbildung gezeigt aus. Offensichtlich ist, dass sich die anliegende Spannung hier in keiner Weise auf die gemessene Kapazität auswirkt.

Aufbau der Messschaltung

Der Autor nutzte in den folgenden Schritten einen von Omicron Lab gefertigten Bode 100 – eine Art Netzwerkanalysator, der für die Qualifikation von Kondensatoren und Induktoren optimiert ist. Dies wirkt sich unter Anderem in der Verfügbarkeit bequem handhabbarer Testadapter an, die sowohl SMD- als auch THT-Komponenten aufnehmen. Leider hat der Bode100 von Haus aus keine Möglichkeit, um DC Bias zur Messung hinzuzufügen. In den folgenden Schritten kam die in der Abbildung rechts gezeigte Schaltung zum Einsatz, als externe Spannunngsquelle diente ein HP 6624A.

Lektion: Datenblatt beachten

Der Grad der auftretenden Deratierung ist von Kondensator zu Kondensator unterschiedlich: neben der maximalen Betriebsspannung ist auch die Gehäusegröße und die verwendete Keramik relevant. Wer einen MLCC-Kondensator einsetzt, ist gut beraten, vor der Nutzung das Datenblatt zu studieren – in Zeiten wiederkehrender MLCC-Krisen gilt, dass solche Gedanken auch bei der Substitution von Kondensatoren im Rahmen der Fertigung wichtig sind.

Mehr Informationen

Video mit Vergleich von Messmethoden => https://youtu.be/-DCChVqf1XI?t=2913 Webseite des verwendeten Messgeräts => https://www.omicron-lab.com/products/vector-network-analysis/bode-100


: Bearbeitet durch NewsPoster
von Andreas B. (bitverdreher)


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MLCC mit Tantalkondensatoren zu vergleichen ist dann doch etwas schräg. 
Daß die Kapazität von MLCC Kondensatoren stark von der Betriebsspannung 
abhängt sollte doch hinreichend bekannt sein.

von Anja (Gast)


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Hmm,

woher kommt der starke unterschied im Frequenzverhalten?
Liegt es am Versuchsaufbau (zu lange Drähte am Tantal?) oder an der 
Bauteilart daß das Frequenzverhalten stark unterschiedlich ist?

Gruß Anja

von Andrew T. (marsufant)


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Anja schrieb:
> woher kommt der starke unterschied im Frequenzverhalten?
> Liegt es am Versuchsaufbau (zu lange Drähte am Tantal?) oder an der
> Bauteilart daß das Frequenzverhalten stark unterschiedlich ist?

Im wesentlichen diese 2:
1.) Aufbau der Meßschaltung und
2.) verwendeter Tantalkondensator


Falls Du mal Gelegenheit hast das mit Tantal verschiedener Hersteller zu 
messen, siehst Du da deutliche Unterschiede von Hersteller zu 
Hersteller.


BTW für die professionellen Entwickler: Einen MLCC bis zu Nennspannung 
zu nutzen ist bekannterweise wenig sinnig.
Ebenso nutzt man Tantal und andere ELkos auch immer nur mit deutlichem 
Abstand zur Nennspannung.
Temperaturverhalten und Fertigungstoleranz sind ebenfalls deutliche 
Einflußfaktoren -- und kommen schon weit vor der Spannungsdiskussion zum 
Tragen.

Solche Hinweise vermisse ich in einem derartigen Artikel.

> Wer einen MLCC-Kondensator einsetzt, ist gut beraten, vor der Nutzung das 
Datenblatt zu studieren

Das gilt für jedes Bauteil und jedes Substitut

von olaf (Gast)


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> Daß die Kapazität von MLCC Kondensatoren stark von der Betriebsspannung
> abhängt sollte doch hinreichend bekannt sein.

Das denke ich aber auch. Das steht in einigen Datenblaettern und wird 
seit
mindestens 10Jahren in allen Foren wiedergekaeut. Ausserdem wird wohl 
niemand einen 16V kondensator bei 16V benutzen. Wenn man ueblicherweise 
nur die haelfte der Spannung nutzt und ebenfalls wie ueblich auch 
kleines bisschen ueberdimensioniert hat man die Probleme einfach nicht. 
Ausserdem kommt es bei vielen Schaltungen mehr auf den ESR als auf die 
wirkliche Kapazitaet an.

Wenn ihr dagegen mal eine neue Ueberraschung erleben wollt dann messt 
doch mal die Kapazitaet bei -40Grad. .-)

Olaf

von Andrew T. (marsufant)


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olaf schrieb:
> Wenn ihr dagegen mal eine neue Ueberraschung erleben wollt dann messt
> doch mal die Kapazitaet bei -40Grad. .-)

Die Überraschung ist eher angenehm. Denn:
Ist auch nicht zwingend schlimmer als bei +105 Grad.

X7R als Beispiel  im Anhang

von Elektrolurch (Gast)


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Bei Tantalkondensatoren gibt es verschiedene Arten, die sich in der 
Impedanz bei hohen Frequenzen auswirken, d.h. die "Grenzfrequenzen" sind 
unterschiedlich. Für moderne DC/DC-Wandler mit Schaltfrequenzen > 1MHz 
sind sie allein ungeeignet.
Hier sollte man Keramik-MLCCs verwenden.
Ein Problem der MLCCs ist auch, dass durch den (erwünscht) sehr 
niedrigen ESR, mit Leitungs- oder Eigeninduktivität kaum gedämpfte 
Schwingkreise entstehen können.
Wenn man mehrere MLCCs mit unterschiedlich großer Kapazität parallel 
schaltet, gibt es auch resonante Impedanzüberhöhungen.
Z.B. mit Kemet-Sim kann man sich das schön anzeigen lassen.
Bei MLCCs gilt: Je höher die Kapazität, desto niedriger die 
Eigen-Resonazfrequenz.Bei sehr hohen Frequenzen gilt also nicht je 
größer (Kapazität) desto besser.

von René F. (Gast)


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Herr Tam Hanna, dürfte ich sie darum bitten, nicht in jedem Artikel neue 
Wörter (Deratierung) zu erfinden, oder missbräuchlich (Induktor statt 
Induktivität) anzuwenden?

Es ist vollkommen legitim, englische Fachbegriffe in einem Fachforum 
oder Fachzeitschrift zu verwenden.

Eine Google Suche mit „MLCC Deratierung“ verweist nur auf Beiträge von 
Ihnen, der Begriff ist komplett aus den Haaren herbeigezogen. Genauso 
wie der Begriff „minierbar“ und „minieren“ (schürfen) aus dem letzten 
Artikel.


Wer sich für oben gezeigtes Thema interessiert, sollte sich auch mit den 
verschiedenen Dielektrika auseinandersetzen. Oben gezeigter Effekt tritt 
besonders bei MLCCs mit X5R/X7R Dielektrika auf. Genauso haben diese 
Dielektrika eine erhöhte Alterung (Kapazitätsverlust nach Betriebsdauer) 
im Vergleich zu anderen wie C0G.

MLCCs sind daher nicht die Universallösung für alle elektrotechnischen 
Anwendungen, ein richtig dimensionierter Aluminium-Elektrolytkondensator 
kann auch problemlos lange durchhalten, er sollte bloß richtig platziert 
sein und nicht die gesamte Verlustleistung der Schaltung in Form von 
Wärme abbekommen, wie es häufig in Netzteilen zu sehen ist.

von 123 (Gast)


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Irgend wo hab ich mal ein interresanten artikel / video über die 
verschiedenen Kondensatoren gesehen. Kann aber nicht mehr sagen wo, ...

Tantal war aber auch nicht ganz so toll.
- Sie können sich sehr spektakulär verabschieden.
- Bei der Verarbeitung können vorschädigungen entstehen (weiss nicht 
mehr was es genau war)
- durch nachbehandlung nach der bestückung kann ein "vorgeschädigter" 
Tantal wieder geheilt werden.

von Rudolph R. (rudolph)


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Tam H. schrieb:
> Als ersten Kandidaten sehen wir den MLCC-Kondensator an, dessen
> Kapazität beim Erreichen der Nennspannung stark absinkt.

Ich meine ich Zweifel das soweit ja nicht an, oft genug gehört habe ich 
das ja. Aber ich verstehe gerade nicht wie die Grafik das 
veranschaulichen soll mit der Frequenz auf der X-Achse.

Und Lesen konnte ich die Grafik erst als ich die in einem eigenen Tab 
aufgemacht habe.

von Kai T. (Firma: MHH) (yoschka_mhh)


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Gut gemeinter Hinweis, aber der Artikel wirft mehr Fragen auf, als er 
klärt.
Hier die Profis:
https://www.rutronik.com/de/artikel/detail/News/keramikvielschicht-chipkondensatoren-kapazitaetsverlust-durch-dc-bias-bei-mlccs/

Wichtig für mich ist:
0805 MLCC nur bis 1µF einsetzbar, darüber wird der kap. Verlust zu groß.
Das ist unabhängig von der Nennspannung des Kondensators!
Ob ich den 16V bei 2V oder den 3V Typen bei 2V einsetze ist fürs DC BIAS 
Derating egal, solange man bei der gleichen Serie bbleibt.

von Hallo (Gast)


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Man erkennt absolut nichts in der Abbildung! Bitte eine vernünftige 
Abbildung posten, so ist der Artikel sinnlos. Dass oft Keramik eine 
spannungsabhängige Dielektrizitätszahl hat, ist jetzt nicht so wirklich 
neu.

von olaf (Gast)


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> MLCCs sind daher nicht die Universallösung für alle elektrotechnischen
> Anwendungen, ein richtig dimensionierter Aluminium-Elektrolytkondensator
> kann auch problemlos lange durchhalten, er sollte bloß richtig platziert

Ein Punkt den man auch mal bedenken sollte, jeder hier hat ja schon mal
ein Geraet gehabt das er viele Jahre genutzt hat, dann war es defekt und 
man musste ein paar Elkos wechseln.
Wenn man dann mal einen der defekten Elkos misst wird man sehen das der 
ehemals 1000uF vielleicht noch 100uF hat und einen ESR aus der Hoelle. 
Trotzdem ist das Geraet erst heute kaputt, gestern ging es ja noch. :-D

Mit anderen Worten viele Geraete funktionieren auch noch mit erheblich 
schlechteren Werten als sich das der Entwickler mal gedacht hat. Kommt 
vielleicht nicht mehr durch die EMV, aber Funktion ist noch da. Wenn 
also ein MLCC als Ersatz, dann nur die Haelfte der Kapazitaet hat, so 
what?

Olaf

von Jens G. (jensig)


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Hallo schrieb:
> Man erkennt absolut nichts in der Abbildung! Bitte eine

Einfach das Bild in neuem Tab aufmachen (rechte Maustaste auf's Bild -> 
In neuem Tab öffnen (oder so ähnlich).

von DoS (Gast)


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Ganz einfach einen Keramik-Kondensator mit höherer Spannung nehmen - 
klingt erst einmal trivial, aber wenn der dann eine größere Bauform hat, 
dann rutscht auch die Grenzfrequenz ein ordentliches Stück nach unten.
Dann habe ich, wenn es um schnelle Digitalelektronik geht noch einen 
trivialen Tipp: Kondensatoren weg lassen. Wenn der Kondensator dank zu 
niedriger Grenzfrequenz meine Flanken nicht mehr versorgt, und die 
Schaltung verhungert, brauche ich ihn auch nicht mehr (billiger, 
kleiner, auch wirkungslos).

Also noch einmal zurück auf Anfang: die Kunst, einen richtigen 
Kondensator liegt darin, den optimalen Kapazitätswert in Relation zur 
Grenzfrequenz zu finden. Je nach Applikation kommt natürlich noch der 
Preis...und andere Kriterien dazu. Ein Kompromiss ist häufig eine 
Kondensatorbatterie mit mehreren, klug gewählten Werten und Baugrößen.
Spätestens bei der EMV-Messung trägt es Früchte, für das Thema 
Stützkondensator etwas Zeit "geopfert" zu haben.

von Uwe B. (Firma: TU Darmstadt) (uwebonnes)


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"Size matters": Feldstaerke im Dielektrikum verringert Epsilon-r. 
Groessere Bauform bei gleicher Kapazitaet verringert die Feldstaerke.

von Andrew T. (marsufant)


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Rudolph R. schrieb:
> Aber ich verstehe gerade nicht wie die Grafik das
> veranschaulichen soll mit der Frequenz auf der X-Achse.

Wenn du das mal genau anschaust,
veranschaulicht das (bzw. soll es veranschaulichen) durch die 3 
unterschiedlich eingefärbten Meßkurven.

denn diese gehören zu 0v, 3V und 6V.

Im übrigen:
Leider wieder ein Tam Hanna Artikel in der bekannten Qualitätsstufe der 
das Forum zumüllt.

von DoS (Gast)


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Andrew T. schrieb:
> Im übrigen:
> Leider wieder ein Tam Hanna Artikel in der bekannten Qualitätsstufe der
> das Forum zumüllt.
Tam macht sich die Mühe, einen Artikel zu erstelllen, was Arbeit und 
Zeit ist. Das finde ich gut. Außerdem macht er sich durch das Einstellen 
des Artikels angreifbar, was ich mutig finde.
Es mag sein, dass man das eine oder andere fachlich hinzufügen oder 
diskutieren kann, aber so ist das eben. Ich habe den Artikel gelesen, 
obwohl mir das Problem bekannt war. Ich finde nichts Verwerfliches 
daran. Die großen Weltenversteher, die alles wissen, will ich an der 
Stelle daran erinnern, dass auch sie einmal angefangen haben und wenn 
sie glauben, alles zu wissen, sind sie herzlich eingeladen, ihr Wissen 
in der Form von Artikel zu teilen.

von Stefan F. (Gast)


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Was ist eigentlich "Deratierung"?

Kriegt man das, wenn man zu viel "Sex on the Strand" trinkt?

von Elektronkel (Gast)


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Es ist doch ganz nett, dass diese Thematik hier ausführlich 
aufgearbeitet und dargestellt wird.
Ich bin mir sicher, dass nicht jeder diesbezüglich im Bilde ist.
Statt zu meckern, könnte man sich konstruktiv an der Gestaltung 
beteiligen.
So kommt dieses Forum zu guten Informationsquellen und nicht jeder muss 
tausendmal die gleichen Dinge fragen.

von Jochen F. (jamesy)


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Den Fall der Messung hatte ich auch schon ganz praktisch. Eine Schaltung 
sollte bei 80°C Umgebungstemperatur funktionieren, für mindestens fünf 
Jahre. Ein Netzteil für eine spezielle LED-Lampe mit sehr wenig Raum für 
die Platine. Das Ganze mit einer PFC.
Bei dieser Temperatur müssen Folienkondensatoren mit Faktor 2 Derating 
bei der maximalen Spannung berücksichtigt werden. 0,1µF 630V sind groß. 
Lösung: 0,1µF in 1210, 500 Volt. Natürlich haben die auch das 
spannungsabhängige Derating der Kapazität.
Wie habe ich das gemessen?
Ein Schwingkreis mit 2 der Kondensatoren aufgebaut und einer Spule. Die 
Spannung aus 2 Back-to-Back verschalteten Transformatoren an ein 
hochohmiges Poti, und 22 M Widerstand zu dem Ende des Schwingkreises, 
der andere Pol in die Mitte der Cs. Messung der Resonanzfreuenz mit 
einem HP 3585A. Also wurden 4-Mal so viele Cs verbaut als nominal nötig. 
Die Schaltung wird seit 10 Jahren so verkauft.

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