Forum: HF, Funk und Felder I2C: Ab wann gehen die EMV-Probleme los?


Announcement: there is an English version of this forum on EmbDev.net. Posts you create there will be displayed on Mikrocontroller.net and EmbDev.net.
von (Michael) (Gast)


Lesenswert?

Die EMV-Messung beginnt ab 150kHz aber nun frage ich mich ob man bei 
Sachen mit geringeren Frequenzen schon Probleme haben kann. Ich habe 
hier einen Mikrocontroller mit zwei ICs über I2C verbunden. Der eine IC 
ist 1cm entfernt und der andere etwa 3cm, allerdings über eine 
Stiftleiste. Muss ich mir bei 50kHz oder 100kHz I2C-Clock überhaupt 
Gedanken wegen EMV-Problemen machen? Oder schon bei 50Hz Netzbrummen 
bzw. 100Hz nach einem Gleichrichter.

Und wird so etwas wie ein Duty Cycle berücksichtigt? Also z.B. könnte 
eine Schaltung 9 Sekunden Pause machen und dann 1 Sekunde vollgas geben. 
Ist das gleichwertig zu einer Schaltung die dauerhaft 10% abstrahlt?

von Georg A. (georga)


Lesenswert?

Nicht die (Grund)Frequenz ist wichtig, sondern die Flankensteilheit, 
darin stecken die lästigen Oberwellen. Aber I2C ist nicht für besondere 
Steilheiten berühmt. Und bei ein paar cm ist das so oder so völlig egal. 
Da könnte zB. der Anschluss eines Quarzes (oder sein Gehäuse) schon mehr 
abstrahlen.

von Hp M. (nachtmix)


Lesenswert?

(Michael) schrieb:
> Also z.B. könnte
> eine Schaltung 9 Sekunden Pause machen und dann 1 Sekunde vollgas geben.
> Ist das gleichwertig zu einer Schaltung die dauerhaft 10% abstrahlt?

Nein.

150kHz Signale kannst du auch praktisch nicht abstrahlen, weil die als 
Antenne wirkenden Strukturen viel zu klein sind.

Wenn da etwas im Radio stört, dann sind es die mit steilen Impulsflanken 
einhergehenden Oberwellen. Solche Störungen kann man aber weitgehend 
vermeiden, indem man nicht unnütz schnelle Treiber verwendet.

Durch ungünstige Leitungsführung kann man aber leitungsgebundene 
Störungen aus der Platine auskoppeln.
Das vermeidet man z.B., indem man beim Layout darauf achtet, dass zu 
jedem  fliessenden Strom auch ein Rückstrom gehört. Die Fläche der 
dadurch aufgespannten Schleife macht man so klein wie möglich, damit das 
Magnetfeld möglichst klein bleibt und wenig Energie abstrahlt.
Überlege dir also welchen Weg der Signalstrom nimmt (auch wenn der nur 
10pF Eingangskapazität eines IC umladen muss), und welchen Weg der 
zugehörige Rückstrom nimmt.

Ein beliebter Fehler ist auch der Glaube, dass überall wo GND dransteht, 
keinerlei Spannungsunterschied herrscht. Selbst wenn du anstelle  von 
Kupfer einen Supraleiter verwenden könntest, so hätten diese Leitungen 
doch immer noch eine Induktivität.
Und Induktivitäten haben nun einmal einen Wechselstromwiderstand, und 
ein Strom bewirkt einen Spannungsabfall daran.

Selbst wenn von deinem Gerät keine merklichen Störungen ausgehen können, 
so lohnt es sich doch das Thema EMV im Blick zu behalten, denn es 
betrifft ja nicht nur störende Abstrahlungen, sondern auch die 
Empfindlichkeit gegen eingestrahlte Störungen, die deine Schaltung u.U. 
abstürzen lassen.


P.S.:
(Michael) schrieb:
> Oder schon bei 50Hz Netzbrummen
> bzw. 100Hz nach einem Gleichrichter.

Das kann in manchen Fällen tatsächlich eine Rolle spielen.
Schon bei Röhrenradios hat man deshalb die Gleichrichterstrecken mit 
Kondensatoren von wenigen nF überbrückt, weil sie sonst als Schalter für 
die Hochfrequenz wirken und eine Brummmodulation des Empfangssignals 
verursachen können.

: Bearbeitet durch User
von P. S. (namnyef)


Lesenswert?

Georg A. schrieb:
> Aber I2C ist nicht für besondere
> Steilheiten berühmt.

Das mag für die steigenden Flanken gelten, also wenn der Treiber von 
"low" auf "high-Z" umschaltet. Die fallenden Flanken hingegen sollte man 
auch bei I2C im Auge behalten. Das ist ja häufig auch nur ein normaler 
CMOS-Ausgang, der in Bereichen von ganz grob 1 ns schaltet (also 
Frequenzanteile bis einige 100 MHz). Das muss noch nicht zwangsläufig zu 
Problemen führen. Aber das ist für I2C halt deutlich schneller als 
nötig. Denn bei Schaltflanken gilt: So langsam wie möglich, so schnell 
wie nötig.

von Pandur S. (jetztnicht)


Lesenswert?

Dann sollte man sich auch noch ueberlegen wie oft dort was drueber geht. 
Wird einmal eine Konfiguration aus einem EEPROM ausgelsen, wird alle 
minute ein Sensor abgefragt, oder laesst man einen hinreichend schnellen 
ADC dauerlaufen

von (Michael) (Gast)


Lesenswert?

Danke für die Tipps und die Einschätzungen. Das beruhigt etwas. Ich habe 
mit meinem billigen Oszilloskop an verschiedenen Stellen gemessen. Je 
weiter man reinzoomt desto wilder sieht es aus. Aber jetzt weiß ich 
besser wonach ich schauen muss. Also z.B. ein schönes Rechtecksignal 
will ich nicht sehen. Das Clock-Signal vom I2C sieht bei mir wie eine 
etwas abgestumpfte Sinuskurve aus.

Wie sieht es denn mit der Alterung aus? Das Gerät was ich in neu zum 
Messlabor bringe wird andere Werte haben als das gleiche Gerät was 10 
Jahre über einem Heizkörper verbracht hat. Auch die teuersten Elko 
bleiben auf dauer nicht wie neu.

von Test (Gast)


Lesenswert?

Was hast du denn für ein Oszilloskop? Wenn die analoge Bandbreite nicht 
ausreicht sehen alle Rechtecke zuerst mal aus wie ein Sinus. Prinzipiell 
ist das natürlich wünschenswert, je Sinusförmiger ein Signal ist desto 
weniger Oberwellenanteile gibt es. Die Frage ist nur, ob dein 
Oszilloskop das überhaupt darstellen kann. Ansonsten immer mit 1:10 
Tastkopf und natürlich kurzere Masseverbindung messen. Wenn du 
„klingeln“ siehst, ist das oft zuerst mal ein Zeichen für eine schlechte 
(zu lange) Masseverbindung des Tastkopfes. Prinzipiell sind Oszilloskope 
für EMV-Beurteilungen nickt sehr geeignet. Da wäre schon eher ein 
SDR-Stick was aber dazu brauchst du viel Erfahrung. Ich würde mir nicht 
zu viele Gedanken machen und mal ins Labor gehen und schauen was 
rauskommt. Wenn du Probleme siehst hast du mit dem Oszi eine gute Chance 
die vielleicht wieder zu finden.

von Hp M. (nachtmix)


Lesenswert?

(Michael) schrieb:
> Auch die teuersten Elko
> bleiben auf dauer nicht wie neu.
Elkos sind bei den hier interessierenden Frequenzen sowieso kaum noch 
wirksam.

Aber auch hochkapazitive keramische Kondensatoren können einen 
schleichenden Kapazitätsverlust zeigen, weshalb man sie nicht als 
zeitbestimmende Bauteile verwenden sollte.
Hier ist die Ursache aber nicht Verschleiss, sondern eine zunehmende 
permanente Polarisation des Dielektrikums, die dem Ferromagnetismus 
eines Stahlteils ähnelt.
Wegen dieser Entsprechung spricht man auch von Ferroelektrizität.
Hier wie dort lässt sich der Effekt durch Erwärmung über die 
Curie-Temperatur rückgängig machen.
Bei den keramischen SMD-Kondensatoren passiert das automatisch beim 
Löten.
Gleich nach dem Abkühlen hat der Kondensator seine maximale Kapazität, 
die von da an allmählich sinkt. Durch das Anlegen einer Gleichspannung 
kann man diese Kapazitätsminderung stark beschleunigen ;-)

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.