Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik EMV Prüfung bei DC-DC Wandler Modulen optional oder verpflichtend?


von Klaus G. (Gast)


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Guten Abend,

Ich habe mit einem Kollegen zum Thema der Notwendigkeit von EMV 
Prüfungen für DC-DC Converter Modulen diskutiert.

Ich bin der Meinung, dass eine EMV Prüfung bei Bauteilen oder Baugruppen 
generell nicht nötig ist, wenn Sie nicht für den Endbenutzer vorgesehen 
sind. (Das muss dann derjenige machen, der das Bauteile/ die Baugruppe 
weiterverbaut)

Mein Kollege ist der Meinung, dass Bauteile oder Baugruppen immer der 
EMV-Richtlinie unterliegen und eine Prüfung und CE-Konformitätserklärung 
nötig ist, sobald Sie für einen potentiellen Endnutzer beschaffbar sind 
(auch wenn die Verwendung für Endbenutzer nicht vorgesehen ist).

Im Leitfaden zur Anwendung der EMV-Richtlinie (Richtlinie 2014/30/EU) 
vom 19. Dezember 2018 steht folgendes:

Auf Seite 22 im Diagramm sieht man bei Bauteilen und Baugruppen 
"Vorgesehen für den Endnutzer" bei Nein die Verzweigung zu "Von der 
EMV-Richtlinie ausgenommen".

Auf Seite 26/27 steht dann weiter: Die folgenden EMV-relevanten 
Bauteile/Baugruppen unterliegen beispielsweise der EMV-Richtlinie, wenn 
sie auf dem EU-Markt in Verkehr gebracht werden:
x) Stromversorgungsgeräte, soweit es sich um eigenständige Apparate 
handelt oder soweit sie separat verkauft und vom Endnutzer installiert 
werden;

Kann mir jemand erklären was jetzt Sache ist oder widerspricht sich die 
EU-Bürokratie innerhalb von weniger Seiten selbst?

Wenn man sich die DC-DC Converter bei den Onlinedistributoren (Reichelt, 
Farnell, RS-Components, etc.) anschaut gibt es ein gemischtes Bild.
Manche Hersteller haben Hinweise auf angewendete EMV Prüfnormen im 
Datenblatt oder Konformitätserklärungen beiliegend, andere Hersteller 
geben keine Angaben an.
Beim 7805 DC-DC Ersatz und ein paar Watt Leistung findet man oft keine 
Angaben zu EMV Prüfnormen, bei höheren Leistungklassen dann meist schon.

Es würde mich interessieren ob es hier jemanden gibt, der mit dem Thema 
in dieser Detaillierung schon konfrontiert war und eine Antwort hat.

MFG
Klaus

: Verschoben durch Moderator
von Michael B. (laberkopp)


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Klaus G. schrieb:
> Ich bin der Meinung, dass eine EMV Prüfung bei Bauteilen oder Baugruppen
> generell nicht nötig ist, wenn Sie nicht für den Endbenutzer vorgesehen
> sind.

Ja.

> Mein Kollege ist der Meinung, dass Bauteile oder Baugruppen immer der
> EMV-Richtlinie unterliegen und eine Prüfung und CE-Konformitätserklärung
> nötig ist, sobald Sie für einen potentiellen Endnutzer beschaffbar sind

Nein.

> x) Stromversorgungsgeräte, soweit es sich um eigenständige Apparate
> handelt oder soweit sie separat verkauft und vom Endnutzer installiert
> werden;

Das Modul ist nicht installierbar, da es keine Stecker enthält, sondern 
eingelötet werden muss.

Trotzdem ist es schlau, im Datenblatt die eingehaltenen Normen zu 
nennen, Isolationsspannungen, EMI Effekte mit empfohlener Beschaltung, 
sonst kauft das keiner.

von Pieter (Gast)


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Hallo Klaus,
siehe das mal von der anderen Seite.
Ich bin in der Entwicklung von Medizintechnik tätig.
Wenn ich ein DC-DC-Wandler einsetzen müsste, nur wenn dieser
alle Deklarationen ( CE, EMV, ROHS, UL ..) vorliegen hat.
Das ist natürlich auch eine Preisfrage.
Wenn willst oder wenn kannst Du mit Deinem Produkt erreichen.
VG
Peter

von Georg (Gast)


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Klaus G. schrieb:
> dass eine EMV Prüfung bei Bauteilen oder Baugruppen
> generell nicht nötig ist, wenn Sie nicht für den Endbenutzer vorgesehen
> sind. (Das muss dann derjenige machen, der das Bauteile/ die Baugruppe
> weiterverbaut)

Das ist wohl Angelegenheit dessen, der ein Gerät damit baut - aber dem 
ein Modul zu verkaufen mit dem er die EMV-Prüfung nicht bestehen kann, 
weil sich niemand um die EMV-Eigenschaften gekümmert hat ist nicht 
wirklich eine gute Idee. Man sollte also eine EMV-Prüfung vornehmen um 
selbst zu wissen, was das Produkt im HF-Bereich so treibt, auch wenn man 
keine Zertifizierung braucht. Es ist eben nicht egal wenn das Modul 
strahlt wie eine Supernova, das fällt auf den Entwickler und Verkäufer 
zurück auch ganz ohne "EU-Bürokratie".

Georg

von Klaus G. (Gast)


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Danke für die Antworten.

Mein Kollege stützt sich bei seiner Interpretation der EMV Richtline auf 
folgende Argumentation bzw. untenstehende Seiten des Leitfadens:

Das Argument ist, dass durch die „Bereitstellung auf dem Markt“ 
automatisch davon ausgegangen werden muss, dass die Baugruppe vom 
Endnutzer in ein Gerät eingebaut werden kann (Seite 26 - Bedingung 
(Buchstabe a) ).

Die Einschränkung über bestimmungsgemäße Nutzung sei irrelevant, da eine 
beabsichtigte bestimmungsgemäße Nutzung ausreichend ist und der 
Endnutzer "nicht über Fachkenntnisse auf dem Gebiet der 
elektromagnetischen Verträglichkeit verfügt" (Seite 23)

Es könne prinzipiell nicht ausgeschlossen werden, dass dem Endnutzer bei 
einer beabsichtigten bestimmungsgemäßen Nutzung Fehler unterlaufen bei 
der die EMV Konformität nicht gegeben ist.
zB der 7805 DC-DC Ersatz der gesockelt, an Klemmen oder sonst wie 
betrieben wird.

Daher sollen laut der Ansicht des Kollegen auch Bauteilen und Baugruppen 
die für einen potentiellen Endnutzer beschaffbar sind unter die 
EMV-Richtlinie fallen.

Ich kann die Interpretation meines Kollegen zur EMV zwar nachvollziehen 
und finde auch keinen Fehler in dieser Argumentationslinie.
Gleichzeitig widerspricht diese Logik der bisher gesammelten 
Erfahrungen.
Ich kann mir auch kaum vorstellen, dass die Modulhersteller und 
Bauteildistributoren auf breiter Front gegen die EMV-Richtlinie 
verstoßen.

Auszug aus dem Leitfaden zur Anwendung der EMV-Richtlinie (Richtlinie 
2014/30/EU) vom 19. Dezember 2018:
Seite 23 :

Nach Artikel 3 Absatz 2 der EMV-Richtlinie gelten auch „Bauteile“ oder
„Baugruppen“, die dazu bestimmt sind, vom Endnutzer in ein Gerät
eingebaut zu werden, sowie „bewegliche Anlagen“ als Geräte.
Eine der Voraussetzungen, die ein Gerät erfüllen muss, um als Gerät im
Sinne der EMV-Richtlinie zu gelten, besteht darin, dass es für Endnutzer
bestimmt sein muss. Im Zusammenhang mit diesem Leitfaden bezeichnet
der Ausdruck Endnutzer eine natürliche Person (z. B. einen Verbraucher)
oder eine rechtliche Einheit (z. B. ein Unternehmen), die das Gerät
bestimmungsgemäß nutzt oder beabsichtigt, es bestimmungsgemäß zu
nutzen.
Im Allgemeinen wird unterstellt, dass ein Endnutzer nicht über
Fachkenntnisse auf dem Gebiet der elektromagnetischen Verträglichkeit
verfügt.

bzw Seite 25 und Seite 26:

Nach Artikel 3 Absatz 2 Nummer 1 der EMV-Richtlinie unterliegen
Bauteile/Baugruppen der EMV-Richtlinie, wenn die beiden folgenden
Bedingungen erfüllt sind:
a) Sie sind dazu bestimmt, vom Endnutzer in ein Gerät eingebaut zu
werden, und
b) sie können elektromagnetische Störungen verursachen oder durch
solche Störungen beeinträchtigt werden.

Nach den Definitionen der Begriffe „Inverkehrbringen“ und
„Bereitstellung auf dem Markt“ (Artikel 3 der EMV-Richtlinie) in der
Auslegung des Blue Guide wird die Abgabe eines Produkts nur dann als
Bereitstellung auf dem Unionsmarkt angesehen, wenn das Produkt für die
Endverwendung auf dem Unionsmarkt vorgesehen ist. Die erste
Bedingung (Buchstabe a), die sich auf den Endnutzer und damit auf die
Endverwendung bezieht, ist somit erfüllt, wenn die Bauteile/Baugruppen
als „in Verkehr gebracht“ betrachtet werden.

bzw auf Seite 13 was Inverkehrbringen anbelangt.

Ein Betriebsmittel wird auf dem Unionsmarkt in Verkehr gebracht, wenn
es erstmalig bereitgestellt wird. Der Begriff des Inverkehrbringens
bezieht sich nicht auf eine Produktart, sondern auf jedes einzelne 
Gerät,
unabhängig davon, ob es als Einzelstück oder in Serie hergestellt wurde.

von Bernd G. (Gast)


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Die sklavische Textauslegung nützt dir gar nichts, wenn die Kunden dein 
Teil deswegen für ihren Einsatz ausschließen. Herr Lindner würde sagen, 
dass das dann eben der Markt regelt. Du hast zwar Recht, aber 
letztendlich kein Geld.

von ths (Gast)


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Du kannst einen EMV geprüften DCDC Wandler so anschließen und 
konigurieren, dass er bei einer erneuten Prüfung durchfallen würde. Und 
nicht nur DCDC Wandler. Solange du nicht ganz genau die 
Einbaubedingungen einhältst, die bei der EMV Prüfung herrschten, ist eh 
alles nicht reproduzierbar.

Mit anderen Worten: Kaufe vernünftige Komponenten und prüfe das 
Endprodukt. Mehr ist teurer Unfug.

von EMV Prüfung bei DC-DC Wandler Modulen optional ode (Gast)


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Bernd G. schrieb:
> Die sklavische Textauslegung nützt dir gar nichts,...

Technische Normen und Richtlinien sind dazu gemacht um 
genauest/bestmöglich befolgt zu werden...

Klaus G. schrieb:
> Die Einschränkung über bestimmungsgemäße Nutzung sei irrelevant, da eine
> beabsichtigte bestimmungsgemäße Nutzung ausreichend ist und der
> Endnutzer "nicht über Fachkenntnisse auf dem Gebiet der
> elektromagnetischen Verträglichkeit verfügt" (Seite 23)

> Es könne prinzipiell nicht ausgeschlossen werden, dass dem Endnutzer bei
> einer beabsichtigten bestimmungsgemäßen Nutzung Fehler unterlaufen bei
> der die EMV Konformität nicht gegeben ist.
> zB der 7805 DC-DC Ersatz der gesockelt, an Klemmen oder sonst wie
> betrieben wird.

Der Denkfehler liegt meiner Ansicht bei der Annahme, dass die 
"Einschränkung über bestimmungsgemäße Nutzung" generell irrelevant ist.
Nur weil jemand "nicht über Fachkenntnisse auf dem Gebiet der 
elektromagnetischen Verträglichkeit verfügt", ist das im gewerblichen 
Bereich kein Freibrief alle sonst üblichen Ingenieurspraktiken über Bord 
zu werfen.
d.h. wenn das Teil nicht laut Datenblatt oder sonstigen Vorgaben 
eingesetzt wird, kann es statt einer "beabsichtigten bestimmungsgemäßen 
Nutzung" auf eine "Nichteinhaltung der Herstellervorgaben" hinauslaufen.

Für Private und Eigengebrauch gilt übrigens folgendes:
Ein Betriebsmittel, das für den Eigengebrauch gebaut (...) wurde, gilt 
nicht als in Verkehr gebracht. --> EMV-Richtlinie nicht anwendbar.

von NichtWähler (Gast)


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Denke, da hat dein Kollege das falsche Teil ausgewählt. Jetzt sucht er 
Ausreden warum ER nichts dafür kann, dass bei EMV durchfällt.

Habe auch solche Kollegen die nie was für können wenn etwas nicht 
funktioniert.

von Prokrastinator (Gast)


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Da immer das komplette Endgerät getestet werden muss ist das 
Testergebniss der Einzelbaugruppen einfach nur nett aber nicht 
aussagekräftig.
Da CE immer eine Selbsterklärung ist muss niemand ins Labor sondern 
sollte nur bei Nachfragen durch Messprotokolle belegen können aufgrund 
welcher Daten er das für Konform erklärt hat.

Frag mal bei Recom, Traco, Meanwell nach dem Reports.
Du wirst sehen das die das meist mit hauseigenen Mitteln messen ohne 
akkreditiertem Labor.

Sklavische Texstauslegung machen Leute weil sie keine Verantwortung 
übernehmen wollen und sich an Worthülsen festhalten.

von MaWin (Gast)


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Prokrastinator schrieb:
> nett aber nicht aussagekräftig

Na ja, wen ich die Wahl habe zwischen einem Wandler bei dem dabei steht 
dass er (ggf. in der gezeigten empfohlenen Aussenbeschaltung) die 
Grenzen für EMV, Produktsicherheit und Surge einhält.

versus einem Teil bei dem weder peak-Überspannung, inrush current noch 
noise am Eingang angegeben ist, dann wähle ich doch das erste.

Das zweite (HLK-PM.. ) platzt sowieso.

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