Hallo, ich muß bei einer Schaltung (Platine 100x180, 2 STM32 Controller, 3 Schaltnetzteile und ein BLDC Treiber mit 6 MOSFETs drauf) die Lebensdauer abschätzen. Was wären denn die BE, die (Umgebungstemperatur nicht über 40°C) als erstes den Geist aufgeben, ich vermute mal die Elkos? Bei Kerko Kl.1 habe ich gelesen 7% C-Verlust nach ca 20k Stunden. Aber Widerstände, Spulen...? Leider steht in den datasheets dazu eher wenig. Danke joh
Du scheinst zu sehr Beta zu sein und nicht Alpha. Auf so eine Fragestellung musst du mit der Gegenfrage "Wie lang muss es denn halten" reagieren. Je nachdem was da als Antwort kommt musst du dann differenziert vorgehen. Aber dazu später mehr. Jetzt stelle erstma die Gegenfrage.
Im Allgemeinen löst man so eine Aufgabe mit der Berechnung der statistischen MTBF Werte nach Siemens SN 29500. Die Norm berücksichtigt sowohl statistische Ausfallwerte der Bauteile, Lötstellen und dazu die thermischen Einflüsse. Zugrundegelegt werden die FIT-Werte (Failure in Time), also ein Ausfall je 10^9 Betriebsstunden... Das Ergebnis ist eine rein statistische Aussage über die Fehlerwahrscheinlichkeit bzw. Lebensdauer...
Moin, Das wird wohl auf eine "GesamtMTBF aus EinzelMTBF" Berechnung rauslaufen. Brauchst halt die MTBFen der Einzelkomponenten. Wenn du die nicht hast, und nicht schaetzen kannst, wirds noch unsicherer... Gruss WK
Eine wirklich verlässliche Aussage bekommst du nur durch umfangreiche Testreihe mit vielen Geräten, die so lange dauert, bis eine signifikante Anzahl von Geräten ausfällt. Hersteller von Bauteilen beschleunigen die Alterung gerne in Klimaschränken mit Hitze und Druck. Die damit ermittelten Werte sich aber nur sehr grobe Schätzungen und funktionieren nur, wenn bereits Erfahrungswerte mit vergleichbaren Materialien vorliegen. Auf eine ganze Platine kann man die Erfahrungswerte von einzelnen Bauteilen nicht übertragen. Ich habe einige Spezielle Sachen in Handarbeit produziert. Typische Stückzahl: 1. Da kam oft die Frage, wie lange es angesichts der "wilden" Optik denn halten wird. Nun mache ich das seit 30 Jahren und kann diese Frage mit "Hält ewig" beantworten. Bisher haben alle Platinen so lange gehalten, bis sie aus anderen Gründen ausgedient hatten. Wie mache ich das? Nichts auf Kante nähen, Temperaturen kontrollieren, Große Bauteile mechanisch fixieren, Platinen nach dem Löten mit einem Schutzlack (Kontakt Chemie PLASTIK 70) überziehen. Die Frage ist aber auch blöd. Jedes Gerät kann sofort kaputt gehen, wenn man Pech hat. Spannender ist daher die Frage, wie lange man Ersatz beschaffen kann.
Jörg H. schrieb: > Was wären denn die BE, die (Umgebungstemperatur > nicht über 40°C) als erstes den Geist aufgeben, Die Lötstellen und alles was mechanisch beansprucht wird (Buchsen, Schalter, Lüfter) Bei kerkos geht man eher von 1-2% pro Zeitdekade (10h, 100h, 1000h, ...) aus. https://de.wikipedia.org/wiki/Keramikkondensator#Alterung
Bisher sehe ich kein Foto. Jörg H. schrieb: > 2 STM32 Controller, 3 > Schaltnetzteile und ein BLDC Treiber mit 6 MOSFETs drauf) Mein Horoskop sagt heute : Schaltnetzteile und Schnittstellen, die von außen Ärger bekommen sowie Bauteile, die auf Kante genäht sind oder mechanisch in Resonanz kommen. Die Zukunft vorherzusagen ist immer schwer. Ein Blick durch die Wärmebildkamera bei Belastung ist bestimmt nicht schädlich. Jörg H. schrieb: > Umgebungstemperatur nicht über 40°C Zweckoptimismus? 40 Grad im Büro habe ich auf der Sonnenseite schon gemessen. Dann sind im Gehäuse schon 70°C und am Chip? Batterien? 85-Grad-Elkos? Arbeitspunkte? ...
> Im Allgemeinen löst man so eine Aufgabe mit der Berechnung der > statistischen MTBF Werte nach Siemens SN 29500. Genau so isses! Jeder, der die Frage stellt, bekommt die Berechnung nach SN 29500 serviert und ist in den allermeisten Fällen damit zufrieden.
Bernd G. schrieb: > Jeder, der die Frage stellt, bekommt die Berechnung nach > SN 29500 serviert und ist in den allermeisten Fällen damit zufrieden. Hauptsache die grobe Schätzung entspricht einer Norm - typisch deutsch.
Es gibt hier einen Rechner für Bauteile: https://aldservice.com/Free-MTBF-Calculator.html Da sieht man auch schön dass es durchaus verschiedene Standards für die Lebensdauerbetrachtung gibt, je nach Einsatzort, Einsatzzweck, Temperaturprofil, Höhe über NN, ... Man sollte halt im Hinterkopf haben dass die SN 29500 eher für den Schaltschrankbau gedacht ist.
> Hauptsache die grobe Schätzung entspricht einer Norm - typisch deutsch.
Ja und? Der Name Siemens ist über jeden Zweifel erhaben.
Du darfst auch gerne nach irgendeiner MIL- oder sonstwas Norm rechnen.
Der Kunde mag eben keine Aussage wie z.B. "Bei mir funktioniert es aber
ganz gut!".
Stefan ⛄ F. schrieb: > Die Frage ist aber auch blöd. Jedes Gerät kann sofort kaputt gehen, wenn > man Pech hat. Spannender ist daher die Frage, wie lange man Ersatz > beschaffen kann. Die Frage wie lange man Ersatz beschaffen kann ist eher sekundärer Natur in sicherheitskritischen Anwendungen oder wenn Stillstand richtig Geld kostet. Begriffsklärung und Vorgehensweise: https://www.pulspower.com/de/support/service/glossar/index/lesen/mtbf-1/ Stefan ⛄ F. schrieb: > Hauptsache die grobe Schätzung entspricht einer Norm - typisch deutsch. Nein, die einzige Methode Angaben vergleichbar zu machen. Aber auch brav nach Norm sagt dann wieder nix, wenn z.B. Bauteile durch falsche Platzierung und / oder schlechte PCB Befestigung Biegebelastung aushalten müssen. Man kann eine tolle MTBF errechnen und dann doch nur kurzlebigen Käse produzieren. Jedes Bauteil offen, kurzgeschlossen, werteberänderung mit den entsprechenden Ausfallwahrscheinlichkeiten und den Auswirkungen auf die Funktion zu bewerten ist nervtötende Fleißarbeit. Macht man das häufiger, rechnet sich u.U. die Anschaffung einer Software dafür. Z.B.: https://www.bqr.com/de/products/fixtress/mtbf-predictions/
Das sind eben alles nur statistische Berechnungen (MTBF) oder Erfahrungswerte die niemals eine Aussage auf ein einzelnes Exemplar zulassen. Traue keiner Statistik die du nicht selber gefälscht hast. Dann gibt es noch die Badewannenkurve': Ausfall zu Anfang häufiger, dann kommt ein langes Plateau auf niedrigem Niveau um dann wieder anzusteigen. Jörg H. schrieb: > Widerstände, Spulen...? Widerstände, Spulen und moderne Halbleiter halten ewig, sofern sie nicht über Gebühr belastet werden. Ich würde insbesondere alle Kondensatoren, vor allem Elkos in die Betechnung einbeziehen. Die größte Rolle spielt die Temperatur bei jeder Lebensdauerberechnung. Und die Feuchtigkeit.
Was bisher nicht genannt Wurde: Alterung & Drift. Sofern die betrachtete Schaltung dagegen nicht 100% tolerant ist (Nachweis muß man bringen!), dann muß ein Bauteil nicht total ausfallen, um die Schaltung zum "Nichtfunktionieren" zu bringen- Alterung und Drift genügen dann. SN 29500 wurde ja schon genannt, Birolini ist ebenfalls ein Quelle. Temperaturbestimmung im Gehäuse durch Aufheizung im Betrieb, vorgegebener Einbaulage (bzw. der schlimmstmöglichen Einbaulage sofern keine Vorgabe) und Last ist ebenfalls wichtig: 40 Grad Umgebung sagt wenig aus. (ok, zumindest Betauung kann man dann ausschließen :)
> Alterung & Drift. (siehe auch Arbeitspunkt)
"Eine MTBF-Zahl von z.B. 1,000,000h bedeutet, dass wenn 1,000 Geräte im
Einsatz sind, statistisch alle 1,000 Stunden ein Gerät ausfällt."
... und wenn jetzt der Blitz einschlägt, kommt der Satz: "Traue nie
einer Statistik, die nicht selbst gefälscht hast." Es reicht nicht, die
Lebensdauer eines Bauelements zu betrachten, wenn das Übel von außen
kommt!
Abschließend kann man noch sagen, bei so viel Interpretationsspielraum und Unwägbarkeiten hilft nur eine gute Selbstinszenierung. D.h. die Emotionen anderer mit Powerpoint und Excel beschwichtigen zu können.
oszi40 schrieb: > ... und wenn jetzt der Blitz einschlägt, kommt der Satz: "Traue nie > einer Statistik, die nicht selbst gefälscht hast." Anarchist schrieb: > bei so viel Interpretationsspielraum > und Unwägbarkeiten hilft nur eine gute Selbstinszenierung. > D.h. die Emotionen anderer mit Powerpoint und Excel beschwichtigen zu > können. Wenn die Triebwerkssteuerung eines A350 ohnehin kaputt ist, wenn das Ding gegen eine Bergflanke fliegt, ist es also völlig sinnlos die MTBF mal vorher zu betrachten und Maßnahmen zu ergreifen die zu verbessern? Ich kann also ruhig Schrott am Rande der max ratings verwenden, weil das Gerät ja ohnehin kaputt geht, wenn ein Panzer drüberfährt? Interessant... Hat einer von Euch mal versucht diese Perlen der Weisheit einem anspruchsvollen Kunden zu verklickern? Also ich verwende z.B. keine Netzteile wenn keine annehmbare MTBF angegeben wird. Ich verwende auch keine 85°C Elkos mit 1000h Lebensdauer am Rande der max. Spannung. Warum? MTBF, ob berechnet oder übern groben Daumen geschätzt! Das ist eben genau das was die Billigheimer nicht kümmert und deswegen hält deren Kram auch nicht. Gegenüber einigen Kunden muß man seine MTBF Berechnung auch offenlegen, ebenso BOM, Schaltpläne, Layout + 100%tiger Materialrückverfolgbarkeit mit Chargennummern.
oszi40 schrieb: > Ein Blick durch die > Wärmebildkamera bei Belastung ist bestimmt nicht schädlich. Was für eine Wärmebildkamera hast du?
Prokrastinator schrieb: > MTBF, ob berechnet oder übern groben Daumen geschätzt! > Das ist eben genau das was die Billigheimer nicht kümmert und deswegen > hält deren Kram auch nicht. Das ist Blödsinn. Sieht man sehr gut an PC Netzteilen. Die sind auf so-billig-wie-nur-irgendwie-möglich getrimmt, und haben kaum Ausfälle. Das kann man sich in so einer Branche anscheinend nicht leisten, da ist man ganz schnell raus aus dem Markt.
udok schrieb: > Das ist Blödsinn. Sieht man sehr gut an PC Netzteilen. > Die sind auf so-billig-wie-nur-irgendwie-möglich getrimmt, > und haben kaum Ausfälle. Herzliche Glückwunsch. Du hast gerade die 'Honk des Tages' Auszeichnung verdient. MTBF und Bauteile die 'lange genug' halten, sind sehr dicht miteinander verbunden. 'So billig wie möglich' inkludiert die Aussage, das es eben nicht 'möglich' ist, Schrott zu verbauen wenn man an Systemhersteller und Poweruser verkauft, die sehr schnell aufhören zu kaufen, wenn die Marke erst verbrannt ist. Ich tausche Dir genau einen Elko im PC Netzteil, gegen einen mit der gleichen Kapazität, der gleichen Spannungsfestigkeit, aber 25% des Preises des bisher verbauten Typen. Wird keine 2Monate halten. Dann diskutiere gerne noch mal mit mir, das PC Netzteil Hersteller 'so billig wie möglich' mit einziger Priorität auf den Preis bauen. Das es sehr wohl viele Hersteller gibt, die MTBF kaum kümmert, sehen wir hier an den 'tausche die Elkos' Threads, bei relativ neuen Geräten.
Prokrastinator schrieb: >> Das ist Blödsinn. Sieht man sehr gut an PC Netzteilen. >> Die sind auf so-billig-wie-nur-irgendwie-möglich getrimmt, >> und haben kaum Ausfälle. Ok, ist vielleicht schlecht rübergekommen. Was ich damit sagen wollte, ist dass der Preis nicht entscheidend für die Qualität ist. Diese Fernost Hersteller schaffen es, mit billig Elkos gute Netzteile zu bauen. Die Elkos werden genau für diesen Anwendungsfall ausgesucht, und da sind kaum Reserven drin. Aber es macht eben einen Untershied, ob der Elko neben dem Kühlkörper plaziert wird oder nicht, oder ob man zwei Elkos mit in Summe grösserer Oberflächte nimmt. Wichtiger als eine praxisfremde MTBF Zahl ist eine funktionierende Qualitätskontrolle, wo Fehler nicht nur zu den Akten geheftet werden, sondern ernst genommen werden. Wenn man natürlich Geld ohne Ende zum verbraten hat, dann nehme ich auch den 3x so teuren Elko mit dem schönen Rubicon Logo.
>Ich habe einige Spezielle Sachen in Handarbeit produziert. Typische >Stückzahl: 1. Da kam oft die Frage, wie lange es angesichts der "wilden" >Optik denn halten wird. Nun mache ich das seit 30 Jahren und kann diese >Frage mit "Hält ewig" beantworten. Bisher haben alle Platinen so lange >gehalten, bis sie aus anderen Gründen ausgedient hatten. Ein schönes Beispiel für echte deutsche Wertarbeit. Andererseits waren die Aufbauten vermutlich bei Zimmertemperatur und erschütterungsfrei im Schrank aufbewahrt gewesen. mfG
Christian S. schrieb: > Andererseits waren die Aufbauten vermutlich bei > Zimmertemperatur und erschütterungsfrei im Schrank aufbewahrt gewesen. Ja, der Einsatzbereich war immer ein Raum im Büro oder einen Schaltschrank in einer Halle. Eine Ausnahme: Treiber für Kamera-Antriebe hoch oben an wackeligen Masten. Für das Klima geeignete Gehäuse hat der Elektriker des Hafens besorgt, der kannte sich damit offenbar aus.
Stütz-Elkos sind ein gutes beispiel wie MTBF und Ausfall-wahrscheinlichkeit gegenläufig sind. Mehr MTBF bedeudet nicht unbedingt stabileres System. Da haben mal die Chinesen bei einen FPGA-Design alle Stütz-kondensatoren weggelassen und gehofft, das die Kapazität des PCB's ausreicht. Das haben die auch vorher an einen Evalboard getestet wo sie alle Sieb-elkös entlöteten. Und mit weniger BE und Lötpunkten ist die MTBF besser. Und dann haben sie ganz dumm geguckt, als die Kombi aus 'optimierten' Schaltungs-Design (keine Kerkos), 'optimiertesn' PCB (Weniger Lagen, Fläche) und 'optimierter' Stromversorgung (kleiner Pufferelko, Wandwarze) nicht tat ... Typischer Fall von 'Kaputt-Optimiert' ...
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