Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Drehmomentkurve von BLDC Motor aufnehmen


von modellbauer (Gast)


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Würde gerne von einem BLDC Motor die Drehmomentkurve abhängig von der 
Drehzahl aufnehmen. Die käuflichen Lösungen sind alle sehr teuer >1k€.
Selber bauen wird recht aufwändig für nur 2-3 Messungen. Hat jemand von 
euch einen entsprechenden Prüfstand und würde mir für ein Entgelt die 
Messung durchführen?
-400W
-7krpm
-1Nm

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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modellbauer schrieb:
> Selber bauen wird recht aufwändig für nur 2-3 Messungen.

Wenn du nur 2 oder 3 Messungen machen möchtest, muss der Prüfstand nicht
vollautomatisiert sein, so dass auch der im Anhang gezeigte äußerst
primitive "Prüfstand" ausreicht.

Der Motor steht auf einer Halterung. An der Motorwelle ist eine Rolle
mit Radius r befestigt. Eine Schnur ist so um die Rolle gewickelt, dass
sich die einzelnen Windungen nicht überlappen. Das eine Ende der Schnur
ist an der Halterung befestigt, am anderen Ende hängt freischwebend ein
variables Gewicht G.

Die Anzahl der Windungen der Schnur sollte mindestens eine Größenordnung
größer als 1/(2π·µ) sein, wobei µ der Reibungskoeffizient zwischen
Schnur und Rolle ist. Oder anders ausgedrückt: Das Drehmoment, das
erforderlich ist, um die Rolle in der Schnurwicklung zu drehen, sollte
im Uhrzeigersinn (von vorne auf die Rolle gesehen) viel größer sein als
im Gegenuhrzeigersinn.

Da die mechanische Leistung des Motors an der Reibfläche zwischen Rolle
und Schnur vollständig in Wärme umgesetzt wird, muss der Rollenradius
ausreichend groß gewählt werden, damit die Wärme abgeführt werden kann
und die Schnur nicht sofort in Rauch aufgeht.

Wenn die genannten Bedingungen erfüllt sind, entsteht bei im
Gegenuhrzeigersinn laufenden Motor ein konstantes Drehmoment von G·r.
Die Drehzahl n kannst du aus deinem Motorcontroller auslesen. Diese
Messung führst du jetzt erst ohne die Schnur (M=0) und dann mit
schrittweise steigenden Gewichten (M=G·r) solange durch, bis der Motor
wegen der zu großen Reibung nicht mehr anläuft (n=0). Für jedes Gewicht
notierst du dir die Drehzahl, so dass du am Ende eine Folge von
(M,n)-Paaren hast, die die gesuchte Drehmomentkurve bilden.

Statt der Gewichte kannst du – sofern verfügbar – auch einen mit der
jeweiligen Kraft vorgespannten Federkraftmesser an der Schnur
befestigen.

PS: Pass aber auf, dass dir bei der Maximaldrehzahl der Motors nicht das
Gewicht um die Ohren fliegt.

: Bearbeitet durch Moderator
von Dyson (Gast)


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modellbauer schrieb:
> Hat jemand von
> euch einen entsprechenden Prüfstand und würde mir für ein Entgelt die
> Messung durchführen?

Ich habe mal von einem Hersteller sowas abgefordert. Der hat das einfach 
mit Excel gemacht.

von Pater Altmeiler (Gast)


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Obs für eine Kennlinie reicht, weiß ich nicht.

Aber bei meinem ehemaligen Arbitgeber gab es Synchronmotoren mit 100kW+, 
und um die zu unter Maximallast testen wurden zwei mechanisch verbunden.
Einer lief als Motor, der zweite generatorisch. Die Verbindung war im 
DC-Zwischenkreis.
Auf die Art wurden nicht über 100kW verbraten, sondern nur die Verluste, 
und die mechanische Last war (per Software) gut steuerbar.

Jedenfall kann man das Konzept abgewandelt wahrscheinlich auch 
verwenden, um so einen Prüfstand zu bauen.
Durch den Strom im zweiten Motor kann man einigermaßen kontrollieren, 
welches Drehmoment man aufbringt.
Im einfachsten Fall mit einem Brushed-DC und einer Stromsenke als Last, 
wobei das an den Drehzahlen scheitern kann.

Nachteile:
Bei kleinen Drehzahlen problematisch. Genaugkeit eher nicht so doll.

Dafür ist es gut steuerbar.
Eventuell reichts ja.

von modellbauer (Gast)


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Yalu X. schrieb:
> Wenn du nur 2 oder 3 Messungen machen möchtest, muss der Prüfstand nicht
> vollautomatisiert sein, so dass auch der im Anhang gezeigte äußerst
> primitive "Prüfstand" ausreicht.

Vollkommen.

Yalu X. schrieb:
> Die Anzahl der Windungen der Schnur sollte mindestens eine Größenordnung
> größer als 1/(2π·µ) sein, wobei µ der Reibungskoeffizient zwischen
> Schnur und Rolle ist. Oder anders ausgedrückt: Das Drehmoment, das
> erforderlich ist, um die Rolle in der Schnurwicklung zu drehen, sollte
> im Uhrzeigersinn (von vorne auf die Rolle gesehen) viel größer sein als
> im Gegenuhrzeigersinn.

Da ich den Reibkoeffizienten ja nie genau kennen werde, kann ich auch 
nicht auf das Drehmoment schließen? Benötige für die weitere Auslegung 
Absolutwerte.

Dyson schrieb:
> Ich habe mal von einem Hersteller sowas abgefordert. Der hat das einfach
> mit Excel gemacht.

Meiner schickt es mir leider nicht

Pater Altmeiler schrieb:
> Durch den Strom im zweiten Motor kann man einigermaßen kontrollieren,
> welches Drehmoment man aufbringt.
> Im einfachsten Fall mit einem Brushed-DC und einer Stromsenke als Last,
> wobei das an den Drehzahlen scheitern kann.

Nur habe ich leider keinen 400W DC Motor.

Hatte auch die Idee mit einer Wirbelstrombremse. Kupferscheibe auf dem 
Motor befestigen und in die Nähe von einem Magneten bringen. Die 
Drehzahl bekomme ich wie von Yalu X. schon gesagt von meinem Controller 
und das statische Drehmoment am Magneten müsste doch dem vom Motor 
abgegebenen Moment entsprechen, oder?

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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modellbauer schrieb:
> Da ich den Reibkoeffizienten ja nie genau kennen werde, kann ich auch
> nicht auf das Drehmoment schließen?

Den Reibkoeffizienten musst du nicht genau kennen. Wichtig ist nur, dass
die Schnurwicklung im Stillstand ein Reibmoment erzeugt, das höher als
G·r ist. Das kann leicht durch eine entsprechend große Windungszahl der
Schnur erreicht werden kann.

Wird der Motor gestartet, kann sich die Rolle wegen der hohen Reibung
nicht in der Wicklung drehen. Stattdessen wird das Gewicht leicht
angehoben, wozu ein Drehmoment von exakt G·r erforderlich ist. Die
Wicklung wird durch die Drehung etwas gelockert, wodurch die Reibung
zwischen Rolle und Schnur weit reduziert wird, dass die Rolle gerade so
durchrutscht. In diesem Zustand ist das Reibmoment ebenfalls G·r, denn
sobald das Reibmoment nur minimal kleiner wird, kann das Gewicht nicht
in seiner (leicht angehobenen) Position gehalten werden. Das Drehmoment
bleibt somit auf einem konstanten Wert von G·r.

Yalu X. schrieb:
> Die Anzahl der Windungen der Schnur sollte mindestens eine Größenordnung
> größer als 1/(2π·µ) sein

Das "mindestens eine Größenordnung" kann man übrigens weglassen (einfach
größer genügt schon). Um auf der sicheren Seite zu sein, ist es aber
besser, die Windungszahl großzügig auszulegen.

von Urs W. (tuc-tuc)


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ich gehe davon aus, 7 krpm ist eine coole Schreibweise von n = 7000 
U/Minute.
Damit wird es wohl mit Seilrollen schwierig.

Vorausschicken will ich zudem, dass ich noch nie einen solchen Prüfstand 
realisiert habe.
Mein konstruktiver Ansatz würde aber dahingehen, den Motor fix 
einzuspannen; und eine Schwungscheibe mit bekanntem, deutlich grösserem 
Trägheitsmoment als das des Rotors auf die Welle zu setzen.

Dann kann mittels einfachem Beschleunigen der erwähnten Scheibe das 
verfügbare Drehmoment in Abhängigkeit zur Drehzahl bestimmt werden.

von Praktiker (Gast)


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Hallo

Pater Altmeiler schrieb:
> Aber bei meinem ehemaligen Arbitgeber gab es Synchronmotoren mit 100kW+,
> und um die zu unter Maximallast testen wurden zwei mechanisch verbunden.
> Einer lief als Motor, der zweite generatorisch. Die Verbindung war im
> DC-Zwischenkreis.
> Auf die Art wurden nicht über 100kW verbraten, sondern nur die Verluste,
> und die mechanische Last war (per Software) gut steuerbar.

So ganz komme ich da nicht mit - wie funktionierte das etwas 
detaillierter?
Irgendwie wurde also die Generatorleistung in den Antriebsmotor (via 
Umformer und dessen DC Zwischenkreis?) zurück gespeist und die fehlende 
Leistung aus einer externen Quelle - wohl den Stromnetz entnommen?(!) 
und die verschiedenen elektrischen Leistungen dann gemessen?
Ist das eine irgendwie "komische" Form der Rückspeisung wie sie nun 
schon seid vielen Jahren bei Bahnfahrzeugen und jetzt auch bei so 
manchen Batterieelektrofahrzeugen praktiziert wird?
Und wie funktioniert das überhaupt in Detail ?
Ohne aber bitte auf ein Ingenieurausbildungsbuch zu verweisen und mit 
diesen Quadranten - damit hat es doch was zu tun oder(?) zu kommen 
sondern eine schöne Erklärung aus der Praxis die bei gesunder 
Halbbildung verständlich ist ;-) wäre schön

von Claus W. (Gast)


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Hab die Idee aus diesem Forum und es ausprobiert.

[ https://www.mikrocontroller.net/articles/Mikromotor_Kennlinie_messen ]

Bei hohen Drehzahlen vermeidet das Fliehkräfte.

von 🕵︎ Joachim L. (Gast)


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Hier wird ueberall eine bestimmte Kombination von Motor und Controller 
gemessen.
Da der Controller aber massgeblich das Drehmoment durch 
Spannung,Stromstaerke und zeitlichen Versatz der Magnetfelder bestimmt, 
wird hier der Motor nur unter einem bestimmten Einsatzszenario gemessen. 
Wieviel Milch kann das Maedchen bei welcher Drehzahl  tragen?

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