Forum: HF, Funk und Felder Wie stört ein Gleichtaktstrom


von EMV-Anfäner (Gast)


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Hallo zusammen.
Brauche eure Hilfe.

Habe ein Verständnisproblem in der EMV.
Bekanntlich sind oft Gleichtaktströme die Ursache warum sich ein 
Prüfling stören lässt.
Ich verstehe wie Sie entstehen und wie sie sich ausbreiten.
Ich verstehe aber NICHT, wie sie Stören können.

Wenn ich mir einen Gleichtakt an einem OP vorstelle, dann passiert in 
der Theorie am Ausgang nichts. Seine beiden Eingänge fahren gemeinsam 
Fahrstuhl, es entsteht also kein Eingangsdifferenz, die auf den Ausgang 
wirkt.
In der Prxis lässt sich Messtechnik aber sehrwohl mit 
Gleichtaktstörungen beeinflussen. Auch OPs.

Meine laienhafte Erklärung dazu wäre, dass aus dem Gleichtakt- irgendwie 
im OP eine Gegentaktstrom werden muss, sonst würde ja nichts passieren.
Aber wie geht das? Siend das Gleichrichteffekte?

Danke schon mal für eure Hilfe.
Grüße

von P. S. (namnyef)


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EMV-Anfäner schrieb:
> Siend das Gleichrichteffekte?

Ganz genau. Ein beliebter "Störfall" sind hochfrequente Signale, die 
niederfrequent amplitudenmoduliert sind. Siehe z. B. Fernfeldtests im 
EMV-Labor, wo mit 1 kHz 80% AM gestört wird.

Beispiel: Ein hochfrequentes Störsignal mit einer Trägerfrequenz von 
einigen 100 MHz wird von einem Kabel deiner Baugruppe "empfangen" und 
gelangt so als Gleichtaktstörung an die Eingänge deines OPs. Wenn das 
HF-Signal z. B. mit 1 kHz amplitudenmoduliert ist, wird diese Modulation 
durch Nichtlinearitäten im OP gleichgerichtet und erscheint als 
1-kHz-Schwingung am Ausgang, was vielleicht in deiner 
Nutzsignalbandbreite liegt (=doof). Oder das Trägersignal alleine wird 
schon durch Gleichrichtung zu einem DC-Offset am Ausgang.

: Bearbeitet durch User
von EMV-Anfäner (Gast)


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Aha OK.
Das heißt: Nicht der hochfrequente Träger ist das Problem, sonder das 
niederfrequent Amplitudenmoduliert wird. Mein OP demoduliert quasi.
Aber auch ein unmoduliertes Gleichtaktsignal kann stören, oder nicht?

Aber was meinst due mit "Nichtlinearitäten" im OP. Verstehe ich noch 
nicht!

von Heiner (Gast)


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EMV-Anfäner schrieb:
> Das heißt: Nicht der hochfrequente Träger ist das Problem, sonder das
> niederfrequent Amplitudenmoduliert wird

Quatsch. Jede leitungsgebundene oder gestrahlte Emission, deren Pegel 
die gesetzlichen Grenzwerte überschreitet, ist ein Problem. Ob moduliert 
oder nicht ist vollkommen belanglos.

von P. S. (namnyef)


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EMV-Anfäner schrieb:
> Aha OK.
> Das heißt: Nicht der hochfrequente Träger ist das Problem, sonder das
> niederfrequent Amplitudenmoduliert wird. Mein OP demoduliert quasi.
> Aber auch ein unmoduliertes Gleichtaktsignal kann stören, oder nicht?
>
> Aber was meinst due mit "Nichtlinearitäten" im OP. Verstehe ich noch
> nicht!

Also wie gesagt kann auch der hochfrequente Träger alleine schon zu 
einem DC-Offset am Ausgang von OPs führen. Aber in den meisten Fällen 
ist es eine niederfrequente Modulation, die Probleme in niederfrequenten 
analogen Schaltungen verursacht, ja.


EMV-Anfäner schrieb:
> Mein OP demoduliert quasi.
Genau.

Die dafür verantwortlichen Nichtlinearitäten sind halt in der Regel die 
PN-Übergänge, die ja in jedem Halbleiterbauteil reichlich vorhanden 
sind. Schau dir nur mal den klassischen Dioden-"Gleichrichter" an: Das 
sind ja im Grunde einfach nur ein paar PN-Übergänge, die man für eine 
beabsichtigte Gleichrichtung miteinander verschaltet.

: Bearbeitet durch User
von Stefan M. (derwisch)


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EMV-Anfäner schrieb:
> Aber was meinst due mit "Nichtlinearitäten" im OP. Verstehe ich noch
> nicht!

Halbleiter haben eine nichtlineare Kennlinie.
Das eignet sich (oder ist vielmehr die Voraussetzung) für die 
Demodulation von AM modulierter HF.

Beispiel aus der Praxis:

Vor vielen Jahren "beschwerte" sich ein Nachbar darüber, dass er meine 
Stimme in seiner HiFi Anlage glasklar hören kann, wenn ich mit meiner 
CB-Funk Station auf AM gesendet habe (macht heute kaum mehr jemand und 
damals eigentlich auch nicht :-)).
Die HiFi Anlage war aus den 1970er Jahren, und hatte keine Filter o.ä. 
gegen HF-Einstrahlung.
Als "Antenne" dienten die Lautsprecherkabel.

Die Transistoren und Dioden in der Anlage haben dann die unfreiwillige 
Demodulation übernommen.
Er hat mir dann berichtet, dass er früher in der Nähe eines großen 
Flughafens gewohnt hat, und dort sogar den Flugfunk (AM) hören konnte.

Ich habe dann die Lautsprecherleitungen je 5 oder 6 mal durch einen 
Ferrit-Ringkern gewickelt und der Spuk war beendet.

von Gerald K. (geku)


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EMV-Anfäner schrieb:
> Meine laienhafte Erklärung dazu wäre, dass aus dem Gleichtakt- irgendwie
> im OP eine Gegentaktstrom werden muss, sonst würde ja nichts passieren

Die Umwandlung erfolgt im realen OP durch unvermeidbare innere 
Unsymmetrien. Selbst ein einfacher Transormator weißt diese auf. Z.B. 
durch unterschiedliche Kapazitäten zwischen Außenlage und Innenlage zu 
Masse.

von Wolfgang (Gast)


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EMV-Anfäner schrieb:
> In der Prxis lässt sich Messtechnik aber sehrwohl mit
> Gleichtaktstörungen beeinflussen. Auch OPs.

Deshalb ist im Datenblatt eines realen OPs die Gleichtaktunterdrückung 
angeben. Die ist nicht unendlich und hängt evtl. auch noch von der 
Frequenz und anderen Größen ab.

von EMV-Anfäner (Gast)


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Wow. Danke für die vielen Infos.
Ich glaube, dass ich es jetzt einigermaßen verstanden habe.
Das mit der Demodulation mit den Halbleiterübergängen muss ich mir aber 
nochmal genau anschauen.
Gibts da ein Schlagwort nach dem ich "googlen" kann?
Danke an alle.

von Kurt (Gast)


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EMV-Anfäner schrieb:
> Wow. Danke für die vielen Infos.
> Ich glaube, dass ich es jetzt einigermaßen verstanden habe.
> Das mit der Demodulation mit den Halbleiterübergängen muss ich mir aber
> nochmal genau anschauen.
> Gibts da ein Schlagwort nach dem ich "googlen" kann?
> Danke an alle.

Nicht nur die Nichtlinearitäten im OP sind eine Störungsursache, auch 
wenn die beiden Eingänge des OP über ihren Arbeitbereich hinaus 
getrieben werden kann der OP nicht mehr arbeiten.

 Kurt

von P. S. (namnyef)


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EMV-Anfäner schrieb:
> Gibts da ein Schlagwort nach dem ich "googlen" kann?

Die Schlagworte zu diesem Thema wären wohl "Audio Rectification", "RF 
Rectification" und "RFI Rectification".

von EMV-Anfäner (Gast)


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Super, danke!

von Solder (Gast)


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Das Thema hat nur ganz am Rande etwas mit Hf, Feldern und Wellen zu tun 
ist hier im Grunde falsch einsortiert. Es gehört ins Analogtechnik 
Forum.

von M.A. S. (mse2)


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Heiner schrieb:
> Quatsch. Jede leitungsgebundene oder gestrahlte Emission, deren Pegel
> die gesetzlichen Grenzwerte überschreitet, ist ein Problem.
Hier geht's nicht um Abstrahlung sondern um Einstrahlung.

Beitrag #6863059 wurde vom Autor gelöscht.
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