Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Wirbelstrombremse für langsame Drehzahl


von Tobias P. (hubertus)


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Hallo allerseits
ich habe mein Problem schon mal diskutiert hier, aber habe damals noch 
eine elektronische Lösung verfolgt. Da ich aber einen Teil der Bauteile 
nicht beschaffen kann, muss ich mir etwas anderes überlegen, am besten 
rein mechanisch.
Zum Problem:
ich habe eine Rolle, von der ein Band abgewickelt wird. Die Rolle 
rotiert dadurch mit Drehzahlen zwischen ca. 30 U/min und ca. 100 U/min. 
Die Zugkraft am Band soll nun konstant gehalten werden.
Meine ursprüngliche Idee war, die Zugkraft im Band mittels Tänzer und 
Poti zu messen, in einem Mikrocontroller auszuwerten und einen Motor, 
der die Rolle antreibt bzw. bremst entsprechend anzusteuern.
Ich frage mich, ob es auch einfacher ginge. Eine Wirbelstrombremse wäre 
wesentlich einfacher und käme ohne Mikrocontroller und Software aus. Ich 
glaube aber, die Drehzahl ist zu gering. Ausserdem würde die 
Wirbelstrombremse stärker bremsen, wenn die Rolle schneller dreht, und 
weniger, wenn sie langsamer dreht.
Wäre es zB. möglich, den Magneten für die Wirbelstrombremse mit dem 
Tänzer zu verbinden, sodass er je nach Tänzerposition mehr oder weniger 
weit in die Bremsscheibe eingefahren wird und dadurch die Bremskraft 
variiert?

Das Problem dabei dürfte sein, dass wahrscheinlich 30 U/min viel zu 
langsam sind. Wie könnte man das lösen?

von Peter L. (oe6loe)


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Die Abzugsgeschwindigkeit ist immer die gleiche?
die unterschiedlichen Drehzahlen entstehen also durch den sich ändernden 
Durchmesser?

von Helmut -. (dc3yc)


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Schau doch mal, wie das bei einem Heimtrainer gemacht wird. Da tritt man 
auch im gleichen Drehzahlbereich und die Wirbelstrombremse sorgt dafür, 
dass man immer mit konstanter Leistung tritt.

von (prx) A. K. (prx)


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Getriebe können Drehzahlen nicht nur reduzieren.

von Martin S. (sirnails)


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Bahnzugregler und Magnetpulverbremse.

von Tobias P. (hubertus)


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Peter L. schrieb:
> Die Abzugsgeschwindigkeit ist immer die gleiche?
> die unterschiedlichen Drehzahlen entstehen also durch den sich ändernden
> Durchmesser?

ganz genau!

(prx) A. K. schrieb:
> Getriebe können Drehzahlen nicht nur reduzieren.

Drehzahl erhöhen durch Getriebe/Zahnriemen etc. und dann die 
Wirbelstrombremse auf dem schnell drehenden Teil?
wie gut funktioniert das, wenn der Tänzer den Magnet mehr oder weniger 
weit über die Bremsscheibe fährt? ist wohl alles nichtlinear.... lohnt 
es sich, da etwas zu berechnen oder sollte man es wohl einfach testen?

Martin S. schrieb:
> Bahnzugregler und Magnetpulverbremse.

ja, nur wie? 😁😁😁

: Bearbeitet durch User
von zoink (Gast)


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Ich würde einen DC-Motor einbauen und als Last eine Konstantstromsenke.
I und M sind weitgehendst proportional.

von Tobias P. (hubertus)


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zoink schrieb:
> I und M sind weitgehendst proportional.

stimmt schon, nur ist mein M ja nicht konstant - wenn die Rolle voll 
ist, ist sie fast 3x so gross, wie gegen Ende. Soll die Zugkraft gleich 
bleiben, dann bedeutet dies dass M sich verändert.

von Peter L. (oe6loe)


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wie hoch ist die gewünschte Zugkraft?
Für welche Lebensdauer /Wartungsintervalle/km Band  soll das Gerät 
gebaut werden?
Dein Tänzer könnte z.B direkt eine Fahrradbremse betätigen, wenn stärker 
gezogen wird, wird die Bremse gelockert = konstante Zugkraft

: Bearbeitet durch User
von Tobias P. (hubertus)


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Peter L. schrieb:
> wie hoch ist die gewünschte Zugkraft

max. 10N, also recht wenig.

Peter L. schrieb:
> Lebensdauer /Wartungsintervalle/km Band  soll das Gerät gebaut werden

Auf der Rolle ist 1km Band. Wenn man schlimmstenfalls nach 10km Band 
etwas warten müsste, wäre es gut. Wartungsfrei wäre am besten, aber 
vermutlich nicht möglich, da die Umgebung schmutzig ist (deshalb 
scheiden übrigens sämtliche optischen Möglichkeiten aus).

von Peter L. (oe6loe)


Angehängte Dateien:

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dann ist die Fahrradbremsenidee gar nicht so realitätsfremd

von Jörg K. (joergk)


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Ich hätte Dur doch in Deinem Ursprungsthread eine in der Praxis vielfach 
eingesetzte Lösung skizziert. Welche der Komponenten ist denn nicht 
erhältlich?

Jörg

von Tobias P. (hubertus)


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Jörg K. schrieb:
> Welche der Komponenten ist denn nicht
> erhältlich?

ich hatte eigentlich schon ein PCB designed, wo ich den Mikrocontroller 
und einen Motortreiber vorgesehen habe. Es fing damit an, dass das Poti 
für den Tänzer nicht verfügbar war. Dann der Motor, und noch der 
Mikrocontroller.
Klar könnte man alles ersetzen... Aber ich finde keinen guten Motor. Ich 
möchte nicht hunderte von € ausgeben für einen solchen Motor, er muss ja 
nicht besonders gut sein, aber er sollte halt schon ordentlich bremsen 
können, weswegen ich einen anderen Ansatz noch anschauen möchte.

Kennt jemand die Dinger hier:

https://www.magtrol.com/product/hysteresis-brakes/

Angeblich kann man damit bis zur Drehzahl 0 ein konstantes 
(Brems-)Drehmoment erzeugen, das sich über den Erregerstrom einstellen 
lässt. So etwas wäre eigentlich genau das richtige. Ich habe noch nicht 
verstanden, wie das funktioniert und ob man sowas selber bauen könnte. 
(Geld steht kaum zur Verfügung. Dafür umso mehr Zeit.).

von Udo S. (urschmitt)


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Tobias P. schrieb:
> (Geld steht kaum zur Verfügung. Dafür umso mehr Zeit.).

Dann probiere doch mal rum. Fürs erste reicht eine Alu-Scheibe und ein 
Permanentmagnet den du über eine Gewindestange unterschiedlich nahe an 
die Alu Scheibe bringst.
Im 2. Schritt ersetzt man den Permanentmagnet mit einem Elektromagnet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Wirbelstrombremse

von Udo S. (urschmitt)


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Tobias P. schrieb:
> ich habe mein Problem schon mal diskutiert hier

Warum ist dieser Thread nicht wenbigstens verlinkt?

von Hans K. (Firma: privat) (sepp222) Flattr this


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Bei niedrigen Drehzahlen könnte eine Wasserwirbelbremse 
funktionieren,sofern
die Themperaturen nicht um 0 Grad sind. verschleißfrei wie eine 
Wirbelstrombremse welche allerdings schneller einzustellen ist.

von Tobias P. (hubertus)


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Udo S. schrieb:
> Dann probiere doch mal rum. Fürs erste reicht eine Alu-Scheibe und ein
> Permanentmagnet den du über eine Gewindestange unterschiedlich nahe an
> die Alu Scheibe bringst.
> Im 2. Schritt ersetzt man den Permanentmagnet mit einem Elektromagnet.
> https://de.wikipedia.org/wiki/Wirbelstrombremse

mache ich ja, ich habe mal ein paar Zeichnungen erstellt. Kann ich 
später hier hochladen.

Diese Magtrol Hysterese Bremse. Das scheint mir wie eine 
Wirbelstrombremse zu funktionieren, ausser dass die Scheibe dort aus 
einem magnetischen Material ist. Ich habe da noch nie darüber 
nachgedacht, aber würde es sich lohnen, eine Wirbelstrombremse zu bauen, 
bei der die Scheibe aus Eisen ist? ich stelle mir das dann so vor, dass 
die fliessenden Wirbelströme das Eisen stärker magnetisieren, es ist ja 
dann quasi ein "Eisenkern" vorhanden, und damit wird die Bremswirkung 
besser? ich weiss es nicht.
Werde es ausprobieren und berichten.

von Peter L. (oe6loe)


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widerspricht das nicht deiner Forderung:
"Die Zugkraft am Band soll nun konstant gehalten werden"
je stärker du ziehst, desto mehr wirds bremsen, also nix mit konstanter 
Kraft

wenn ich z.B. annehme ich will ein dünnes Papierband vor dem Abreisen 
schützen wenn ich zu stark ziehe, muss ich die Bremse lösen, um die 
Kraft zu reduzieren,

von Messtechnikprofi (Gast)


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>Re: Wirbelstrombremse für langsame Drehzahl
Es gibt keine "langsamen" Drehzahlen. Nur wenn die Zahlen infolge grober 
und alter Messtechnik "langsam" eintrudeln, könnte es das geben. 
Ansonsten sind Zahlen "niedrig". Gilt auch für Temperaturen und 
Geschwindigkeiten.

Helmut -. schrieb:
> Schau doch mal, wie das bei einem Heimtrainer gemacht wird. Da tritt man
> auch im gleichen Drehzahlbereich und die Wirbelstrombremse sorgt dafür,
> dass man immer mit konstanter Leistung tritt.
Wer hat denn sowas behauptet? Mit steigender Drehzahl geht die Leistung 
im Quadrat.

Tobias P. schrieb:
> eine Wirbelstrombremse zu bauen,
> bei der die Scheibe aus Eisen ist?
Alu nimmt man, damit es nicht magnetisiert. Allerdings dürfte das in 
diesem Fall nicht von Belang sein. Es kommt auch sehr darauf an, was das 
für Eisen ist. ST37-Billigstahl ist nur schwach und temporär 
magnetisierbar. Das kann man als Schwung- und Bremsmasse absolut 
hernehmen.

von Stefan H. (cheeco)


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Wie man das Problem mit der niedrigen Drehzahl und der Wirbelstrombremse 
lösen kann: Einfach ein Übersetzungsgetriebe (also ins Schnelle) vor 
deine Aluminium/Kupferscheibe setzen. Wird beispielsweise so in der 
Raumfahrt gemacht:

https://www.honeybeerobotics.com/wp-content/uploads/2019/10/Avior-Damper-Catalog.pdf

Man kann das Problem wie du schon vorgeschlagen hast komplett mechanisch 
lösen mit dem Tänzer und dem Magneten. Das Problem wird hier die genaue 
Einstellung des Arbeitspunktes und eine bestimmt vorhandenen 
Kraftänderung über die Drehzahl sein (nichtlineare Kennlinie). Also in 
der Theorie einfach, in der Praxis bestimmt ein großes Gefummel bis man 
hier die richtigen Parameter, und Hebellängen justiert hat.

Wie schon meine Vorgänger gesagt, eignen sich auch Gleichstrommotoren 
sehr gut als Bremse, da der Strom proportional zum Drehmoment ist. 
Besonders gut für deine Anwendung eignen sich eisenlose Motoren 
(beispielsweise Glockenankermotoren), da diese kein Rastmoment haben und 
der Strom fast wirklich perfekt zum Drehmoment passt. Dann brauchst du 
nur noch eine (passive) Elektronik, die über den Arbeitsbereich einen 
konstanten Strom zieht. Auch hier kannst du den groben Arbeitspunkt über 
ein Getriebe ins Schnelle anpassen. Die Feinanpassung dann über die 
Stromsenke.

Die klassisch mechanische Lösung sind wie schon vorher geschrieben mit 
Feder vorgespannte Bremsbacken / Beläge. Das sollte auch einigermaßen 
konstant über die Drehzahl sein, aber so mit +-10-20% Abweichung je nach 
Tagesform ist da schon zu rechnen. Ist halt keine exakte Wissenschaft.

Falls der Weg nur begrenzt sein sollte, kannst du auch über eine zweite 
Rolle ein Gewicht hochziehen (ok, wahrscheinlich ist das nicht dein 
Anwendungsfall, wollte es trotzdem nur erwähnen).

Theoretisch kannst du auch ein aktives System bauen mit 
Wirbelstrombremse+Getriebe, Tänzer+Poti, Elektromagnet + 
Mikrocontroller.

Welche Lösung zu bevorzugen ist hängt auch davon ab wie reproduzierbar 
das ganze über die Drehzahl sein muss. Von allem was ich verstanden habe 
gefällt mit die Lösung mit den Bremsbacken (nicht so gut reproduzierbar) 
oder dem Glockenankermotor (gut reproduzierbar) am besten.

Grüße!

von Alex F. (test432)


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Hallo,

wenn man einen Asynchronmotor mit DC bestromt, erhält man eine 
Wirbelstrombremse. Das Bremsmoment ist dann der angelegten Spannung 
(solange man den Eisenkern nicht sättigt) in etwa proportional.
Man muss allerdings mit der Leistung aufpassen, da quasi 100% der 
Verluste im Rotor verheizt werden. Ein Motor mit 1kW Nennleistung 
erreicht daher deutlich weniger Leistung im Bremsbetrieb.
Ein weiteres, von anderen genannte Problem ist, dass das Bremsmoment 
einer Wirbelstrombremse quadratisch(!) zur Drehzahl steigt.



Deutlich besser wäre vllt folgende Lösung:

Das Drehmoment eines permanenterregten DC-Motors (oder auch 
Synchronmotors )ist in etwa proportional zu dem abgegebenen bzw. 
aufgenommenen Strom. Schließt man an den Motor eine Last an, die immer 
einen konstanten Strom zieht (z.B. einfach einen Transistor + Shunt + 
Opamp zur Stromregelung) erhält man eine ziemlich einfache, vollständig 
geregelte Bremse. Dürfte die einfachste Lösung sein.

VG

Alex

von Bernd F. (metallfunk)


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Dieses Problem wird seit Jahrhunderten in der Uhrentechnik
erfolgreich gelöst.

In diesem Fall würde ich das so lösen:
Ein paar Zahnräder vom Mädler, eventuell ein Schneckengetriebe,
dann ein kleiner einstellbarer Schrittmotor.
Bei einem Übersetzungsverhältniss von 1/100 oder mehr ist
der Stepper der Zeitgeber.

Die Welle des Bandes läuft synchron zum Stepper, ob da ein paar
Newton mehr oder weniger dran ziehen, wird das Bremsmoment des
Motors (bei richtiger Auslegung) locker kompensieren.

Also 2 Motore einbauen: Nr.1 bewegt das Band, Nr. 2 bremst
auf die eingestellte Sollgeschwindigkeit.
Nr.1 natürlich mit Schlupfmöglichkeit (Keilriemen?)

Die Idee einer Wirbelstrombremse bei so niedrigen Drehzahlen
funktioniert nicht.

Grüße Bernd

: Bearbeitet durch User
von Jürgen S. (engineer) Benutzerseite


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Helmut -. schrieb:
> Schau doch mal, wie das bei einem Heimtrainer gemacht wird.
Bei passiven Heimtrainern kommen in der Tat solche Bremsen zum Einsatz, 
allerdings arbeiten die nur teilweise magnetisch. Das hat den Grund, 
weil sich das schlecht steuern lässt und sich Magnet und Bremse bei 
trainierten Sportlern stark erwärmen (500W Verlustleistung!), wodurch 
gfs. sogar die Magnetkraft auf Dauer sinkt. Daher arbeiten die eher mit 
einem Luftrad oder einer Fluidmechanik, also einem Rotor in Öl. Die 
Profigeräte haben eine Laststeuerung mit einem Motor, der aktiv stützt 
und gegenhält. Damit kann man auch Dynamik simulieren und die 
Massenträgheit nachbilden.

zoink schrieb:
> Ich würde einen DC-Motor einbauen und als Last eine Konstantstromsenke.
> I und M sind weitgehendst proportional.
So in etwa, ja.

Bernd F. schrieb:
> Die Idee einer Wirbelstrombremse bei so niedrigen Drehzahlen
> funktioniert nicht.
Sehe ich auch so. Müsste man schon ein aktives Gegenfeld fahren. Besser 
also ein kleiner Motor, der mit schwachem Strom im Gegenbetrieb gefahren 
wird. Mit dem Strom lässt sich das Gegenmoment noch am Besten 
einstellen.

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