FUNKAMATEUR, Editorials Juni 2009 Begeisterung ist der Schlüssel Ich bin 20 Jahre alt, funk- und elektronikbegeisterter Schüler an einem beruflichen Gymnasium mit der Fachrichtung Elektrotechnik und habe u. a. im FA 3/08, S. 300, die Modifikation eines BOS-Funkgeräts beschrieben. Als Angehöriger einer vermeintlich nicht mehr für den Amateurfunk zu begeisternden Generation melde ich mich hier erneut zu Wort. Überall klagt man im Bereich der Elektronik und anderen technischen Wissenschaftsbereichen über Nachwuchsprobleme. Eine Erklärung für dieses Problem ist schnell gefunden: die „bösen“ Computerspiele, mit denen Kinder und Jugendliche ihre Zeit viel lieber verbringen. In der Vergangenheit war der Grund das übermäßige Fernsehen… Man sollte sich besser einmal Gedanken machen, wieso Computerspiele so beliebt sind: Sie führen schnell zu Erfolgen, die Heranwachsende anderswo leider immer weniger erleben. So fand ich es immer wieder merkwürdig, dass sich meine Lehrer an der Berufsfachschule wunderten, wieso Schüler nicht begeistert sind, wenn sie nach zwei Monaten trockener Theorie über das ohmsche Gesetz eine LED zum Leuchten bringen dürfen. Würde man die LED zuerst zum Leuchten bringen (Erfolgserlebnis) und erst dann Hintergründe untersuchen, wäre eine ganz andere Motivation gegeben. Jede „Was-passiert-wenn-Frage“ sollte von einem Praxisbeispiel begleitet werden. Der Aufwand ist dabei oft geringer als alles Gerede über die Theorie, das dann noch dreimal wiederholt werden muss, weil keiner dem Unterricht folgt… Warum zweifelt niemand die eigene Methodenkompetenz an und versucht, sie modernen Erfordernissen anzupassen? Einfach zu sagen, dass die Jugendlichen nicht mehr für wissenschaftliche Themen zu begeistern sind und es dabei zu belassen, ist zu einfach. So ist es leider auch in dem ansonsten sehr sehenswerten Kurzfilm des WDR über Amateurfunk vom 18. April 2009 geschehen, der in dessen Mediathek hoffentlich beim Erscheinen dieser Ausgabe noch über tinyurl . com/covxn3 verfügbar ist. Je praxisnäher etwas demonstriert wird, desto einfacher ist es, Jugendliche zu begeistern. Die Wheatstone-Brücke mit vier Widerständen und einem Voltmeter ist nicht halb so attraktiv wie eine nach demselben Prinzip aufgebaute Temperaturanzeige! Jedes noch so langweilige Thema mit einem interessanten Praxisbeispiel zu würzen, ist mit Sicherheit der richtige Weg. Die Frage nach dem „Warum“ kommt dann aus Neugier schon von ganz allein! Und wenn Sie selbst Kinder haben, sollten Sie nicht vergessen, dass gerade Ihr Vorbild und Ihre Aufmerksamkeit für die Ausprägung der Interessen Ihres Nachwuchses von immenser Bedeutung sind. Haben die Ortsverbände in den vergangenen Jahren wirklich alle Möglichkeiten ausgeschöpft, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren? Wenn ein Jugendlicher nicht aktiv danach sucht, kommt er mit Themen wie Amateurfunk eher nicht in Berührung. Es ist, als ob man ein Produkt verkaufen wollte, ohne dafür zu werben. Dass etwas so nicht funktioniert, mussten schon viele Unternehmen schmerzhaft erfahren. Lassen Sie es nicht so weit kommen. Überdenken Sie Ihre Methodenkompetenz und betreiben Sie aktiv Werbung für unser Hobby! Gehen Sie mit Ihren OV-Kollegen in die Schulen − Gelegenheiten gibt es sicher genug, man muss es nur wollen und die eigene Begeisterung weitergeben. Sebastian Westerhold https://www.funkamateur.de/editorials.html
Georg M. schrieb: > Warum zweifelt niemand die eigene Methodenkompetenz an und versucht, sie > modernen Erfordernissen anzupassen? Georg M. schrieb: > Je praxisnäher etwas demonstriert wird, desto einfacher ist es, > Jugendliche zu begeistern. Zwecklos. Ich habe vor Jahrzehnten einer Medizinstudentin (ca 5. Semester) die Elektroden eines DMM ihm Ohmbereich in die Hände gedrückt und sie aufgefordert, die Anzeige zu beachten (wobei ich ihre Hände gehalten habe). Dann meinte ich zu ihr "Dir ist klar, dass da jetzt ein Strom durch Deinen Körper fließt?" Der Effekt war hochinteressant: Die Anzeige ging immer weiter in den Keller, ja lauter das Mädel kreischte ... Begeisterung habe ich bei ihr nicht feststellen können, aber vielleicht gebrach es mir damals an Empathie.
Percy N. schrieb: > Zwecklos. Ich habe vor Jahrzehnten einer Medizinstudentin n=1 -> geh mal weiter Händchen halten, bis du dir ein Urteil bildest (Klingt jetzt nicht nach dem unangehnemsten Hobby :-) )
Ich denke, mit mehr als 30 Jahren Berufstätigkeit an unterschiedlichen Bildungseinrichtungen ein gewisses Maß an Lehrkompetenz zu besitzen. In dieser Zeit habe ich unzählige Varianten der angeblich „modernen“ Wissensvermittlung kennengelernt. Jede neue Variante war DAS Heilmittel. Wenn es jedoch so einfach wäre, dann würde der Stein des Weisen schon längst benutzt werden. Leider ist das Problem viel zu vielschichtig und komplex, zudem vom jeweiligen Zeitgeist abhängig, um DIE Lösung zu haben. PS: Warum betreiben Unternehmensberater eigentlich nie erfolgreich ein eigenes Unternehmen?
Joe G. schrieb: > PS: Warum betreiben Unternehmensberater eigentlich nie erfolgreich ein > eigenes Unternehmen? Sagen wir mal so: es reicht prinzipiell aus, wenn ich genug andere Unternehmen scheitern oder gewinnen gesehen und die Gründe analysiert habe. Dann kann ich schon mal Tipps geben, denn man muss ja nicht jeden Fehler selber machen. Allerdings ist das Problem tatsächlich, dass der durchschnittliche Unternehmensberater genau dieses Ergebnis seiner Arbeit mangels Bezahlung nicht (in ausreichendem zeitlichen Abstand) betrachtet...
Joe G. schrieb: > PS: Warum betreiben Unternehmensberater eigentlich nie erfolgreich ein > eigenes Unternehmen? Unternehmensberater sind wie Eunuchen. Sie wissen wie es geht.
Mario M. schrieb: > Unternehmensberater sind wie Eunuchen. Sie wissen wie es geht. In der Theorie klappts, nur bei der Umsetzung gibt's Probleme.
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Georg M. schrieb: > Begeisterung ist der Schlüssel Hmm, ich habe grade versucht, damit meine Wohnungstür zu öffnen. Hat nicht geklappt. :-) > So fand ich es immer wieder merkwürdig, dass sich meine Lehrer an der > Berufsfachschule wunderten, wieso Schüler nicht begeistert sind, wenn > sie nach zwei Monaten trockener Theorie über das ohmsche Gesetz eine LED > zum Leuchten bringen dürfen. Ist es nicht so, das die Berufsfachschule für die Theorie zuständig ist und der Ausbildunsbetrieb für die Praxis? > Haben die Ortsverbände in den vergangenen Jahren wirklich alle > Möglichkeiten ausgeschöpft, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren? Im Herbst ist in Hannover wieder eine Makerfair geplant. Da wird sicherlich auch wieder der Amateurfung gezeigt. Auf der letzten Makerfair haben sie sogar einewn eigenen Mittelwellensender gezeigt. Bezüglich Theorie und Praxis: Wer sich wirklich für einen elektro- nische Ausbildung entscheidet, sollte auch zuhause etwas basteln.
Joe G. schrieb: > PS: Warum betreiben Unternehmensberater eigentlich nie erfolgreich ein > eigenes Unternehmen? tun sie doch. Eine Unternehmensberatung ist ein Unternehmen. :)
Christoph Z. schrieb: > geh mal weiter Händchen halten, bis du dir ein Urteil bildest Dann aber ohne Multimeter! > (Klingt > jetzt nicht nach dem unangehnemsten Hobby :-) ) Je nachdem, wie sehr es knistert, wenn der Funke überspringt ;-)
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Harald W. schrieb: >> Begeisterung ist der Schlüssel > > Hmm, ich habe grade versucht, damit meine Wohnungstür zu öffnen. > Hat nicht geklappt. :-) Vielleicht war sie ja schon offen ... ;-)
Jens G. schrieb: > Harald W. schrieb: > >>> Begeisterung ist der Schlüssel >> >> Hmm, ich habe grade versucht, damit meine Wohnungstür zu öffnen. >> Hat nicht geklappt. :-) > > Vielleicht war sie ja schon offen ... ;-) Ja, daran ist mancher ein Leben lang gescheitert!
Beitrag #7085622 wurde von einem Moderator gelöscht.
Das mir mein Editorial aus dem Jahr 2009 hier deutlich über 10 Jahre später noch einmal über den Weg läuft, hätte ich nicht gedacht. Freut mich aber um so mehr. Weniger freut es mich zu sehen, dass die Methodenkompetenz immer noch ein Problem ist. Es können halt nicht viele Leute so erklären/ lehren, dass es andere Personen mitreißt und diese zu begeisterten lerninteressierten Personen macht. Zeitgleich kratzt es halt sehr am Ego, wenn Jemand einsehen müsste, dass er einfach langweilig im erklären ist und es doch nicht so sehr am Gegenüber liegt.
Georg M. schrieb: > Begeisterung ist der Schlüssel > > Ich bin 20 Jahre alt, funk- und elektronikbegeisterter Schüler Da habe ich aufgehört zu lesen. Wenn mir ein 20J Schüler Bubi erzählen möchte das Begeisterung der Schlüssel ist um in der Arbeitsrealität zu bestehen, bin ich raus. Der Gute ist jetzt wohl 33J. Fragen wir ihn doch heute mal ob er sein Hobby zum Beruf gemacht hat und wie viel Begeisterung ihn heute überkommt. Das ist kein Ponyhof in den Entwicklungabteilungen.
Max M. schrieb: > Da habe ich aufgehört zu lesen. > Wenn mir ein 20J Schüler Bubi erzählen möchte das Begeisterung der > Schlüssel ist um in der Arbeitsrealität zu bestehen, bin ich raus. Nicht so verbittert. Nur, weil bei vielen älteren Arbeit und Begeisterung wenig miteinander zu tun haben, muss man das nicht der jüngeren Generation auch versauen. Außerdem hat Niemand gesagt, dass Begeisterung der Schlüssel zur Berufswelt ist. Wobei es zweifelsohne sehr nützlich wäre. Es geht ums Lernen. Die meisten Fachlehrer gestalten ihren Unterricht ungefähr genau so spannend wie ein kleiner grauer Stein am Straßenrand es wäre. > Der Gute ist jetzt wohl 33J. > Fragen wir ihn doch heute mal ob er sein Hobby zum Beruf gemacht hat und > wie viel Begeisterung ihn heute überkommt. > Das ist kein Ponyhof in den Entwicklungabteilungen. Mach das doch mal und lass uns wissen was er sagt. Meine Vermutung aus meiner Glaskugel gelesen wäre wie folgt: Er hat sein Hobby auf jeden Fall zum Beruf gemacht. Er ist sicher immer noch sehr begeistert von elektrotechnischen Herausforderungen und das einzige was ihn in der Arbeitsrealität nervt und dämpft sind die alten Ingenieure, die meinen absolut alles zu wissen, regelmäßig eine "Früher haben wir... / Früher mussten wir auch... / Ihr habt es heute so leicht...."-Story zu erzählen während der Autor des Editorials sich vermutlich denkt "Dein dickes Ego passt nicht zu deinem veralteten, lernresistenten Wissen". Und in jedem Fall wird er selbst aus seinem Editorial verinnerlicht haben erst sich selbst und seine Methoden in Frage zu stellen, bevor er über die lernunfähige Jugend flucht in einer verzweifelten Hoffnung dem antiken eigenen Wissenschwund noch künstlich etwas länger ein wenig Relevanz zuzumessen. Ist zwar nur eine Vermutung was er sagen würde, meine Glaskugel lag da aber noch nie falsch.
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