Forum: Platinen eine Lötspitze für bleifrei und verbleit?


von Gerald K. (geku)


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Was passiert wenn man beim Löten mit einer Lötspitze zwischen bleifreiem 
und verbleitem Löt wechselt?
Was spricht dagegen?

: Bearbeitet durch User
von Jack V. (jackv)


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Man erhält einige Lötstellen mit einer undefinierten Legierung, die 
potentiell unerwünschte Eigenschaften haben kann.

von W.S. (Gast)


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Gerald K. schrieb:
> Was passiert wenn man beim Löten mit einer Lötspitze zwischen bleifreiem
> und verbleitem Löt wechselt?

Dann vermischt sich das Ganze.
Das passiert regelmäßig auch heute noch, wenn man heißverzinnte 
Leiterplatten mit klassischem Lot bestückt. Der Bleianteil in der 
Verbindung ist dann etwas weniger als im eigentliche Lot auf der Rolle 
und damit hat dann die Lötstelle einen höheren Schmelzpunkt als man es 
sich gedacht hat.

Aber laß mal, bei den bleifreien Loten sieht das ähnlich aus, manche 
sind silberhaltig, andere enthalten andere Zuschlagmetalle und was der 
LP-Hersteller zum Heißverzinnen nimmt, weiß man auch meistens nicht.

W.S.

von Gerald K. (geku)


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W.S. schrieb:
> Der Bleianteil in der Verbindung ist dann etwas weniger als im
> eigentliche Lot auf der Rolle und damit hat dann die Lötstelle einen
> höheren Schmelzpunkt als man es sich gedacht hat.

Liegt aber immer noch unter bleifrei?

Treten irgend welche negativen mechanischen Eigenschaften auf, die die 
Qualität und Haltbarkeit reduzieren. Z.B Materialversprödung oder 
Korrosion?

von 888 (Gast)


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Gerald K. schrieb:

> Treten irgend welche negativen mechanischen Eigenschaften auf, die die
> Qualität und Haltbarkeit reduzieren. Z.B Materialversprödung oder
> Korrosion?

Wenn Du Dich von dem Optimum Sn63-Pb37 wegbewegst, steigt der 
Schmelzpunkt, und beim Abkühlen tritt eine teilweise Entmischung auf. Du 
hast dann Kristalle der einen Metallkomponente in der ansonsten 
eutektischen Schmelze. Das macht die Lötstellen spröder.

Bedenkt man aber, dass unsere Vorfahren jahrzehntelang mit Sn60Pb40 oder 
gar Sn50Pb50 gelötet haben und deren Röhrenradios keineswegs für 
Sprödbrüche oder Dendritenbildung bekannt sind, dann relativiert sich 
das Problem doch ganz ordentlich. Die minimale Verschiebung der 
Zusammensetzung durch verschlepptes Zinn von einer ordentlich 
abgewischten Lötspitze oder Leiterplatte dürfte damit eher zu 
vernachlässigen sein.

Nachlöten einer verbleiten Lötstelle mit bleifreiem Lot oder umgekehrt 
ist dagegen keine gute Idee. Hier sollte man erst das alte Lot entfernen 
und dann neues aufbringen.

von Gerald K. (geku)


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Soul E. schrieb:
> Nachlöten einer verbleiten Lötstelle mit bleifreiem Lot oder umgekehrt
> ist dagegen keine gute Idee. Hier sollte man erst das alte Lot entfernen
> und dann neues aufbringen.

Danke für den Hinweis. Zuerst Lötlitze benutzen und dann erst nachlöten.

von Gtx F. (gtx-freak)


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Also wir reden von zushause- nicht im Betrieb?

Das ist sch*** egal. Die Bauteile die man so neu kauft sind eh alle rohs 
konform also bleifrei vorverzinnt.
Nach der "auf gar keinen Fall mischen" Theorie dürfte man also neue 
Bauteile garnicht bleihaltig verlöten weil sich durch die 
Werksbeschichtung das ohnehin vermischt.

Wenn du bleihaltig mit bleifrei nachlotet ist am Ende halt etwas weniger 
Blei drin. Ist egal funktioniert trotzdem.

Wenn du bleifreie mit bleihaltig nachlotest ist am Ende etwas mehr Blei 
drin. Ist egal funktioniert trotzdem.

Ja jetzt kommen gleich die Leute die nach Whysker schreien, einen Effekt 
der bisher nur in einem NASA Bericht der 90er Jahre erwähnt würde und 
von  einigen Leuten die das hier immer nachplappern.

Zuhause!

Entscheidend ist eher das Flussmittel damit es sich gut loltet, durch 
die notwendigen höheren Temperaturen ist das Flussmittel in bleifreien 
Lot i.d.r. Temperaturbeständiger. Daher ist das vermischen mit Blei an 
einer bleifreien lostelle für das Ergebnis manchmal nicht so gut. Höhere 
notwendige Temperaturen für bleifrei könnten sehr empfindliche Bauteile 
ggf schädigen. Aber wie gesagt, wir reden hier von Zuhause.....

von Jack V. (jackv)


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Gtx F. schrieb:
> Ja jetzt kommen gleich die Leute die nach Whysker schreien, einen Effekt
> der bisher nur in einem NASA Bericht der 90er Jahre erwähnt würde und
> von  einigen Leuten die das hier immer nachplappern.

Du suchst nur nach dem falschen Wort: wenn du nach Whisker statt Whysker 
suchst, wirst du sehr viel mehr Beispiele dafür finden. Vermutlich 
spielt das Phänomen aber hier eher weniger eine Rolle.

Letztlich ist’s auch die Frage, welche Ansprüche man stellt. Bei 
Hobbybasteleien, die sowieso allenfalls ein paar Monate Nutzungsdauer 
haben, oder/und einfach getauscht werden können, würde ich mir da keine 
Sorgen machen. Bei Zeugs, das wirklich dauerhaft zuverlässig sein soll, 
wäre mir auch das Wechseln der Lötspitze nicht zuviel Aufwand – selbst, 
wenn es unterm Strich keinen praktischen Vorteil bringen würde, so würde 
es doch auch keinen Nachteil bringen.

von Wühlhase (Gast)


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Gtx F. schrieb:
> Ja jetzt kommen gleich die Leute die nach Whysker schreien, einen Effekt
> der bisher nur in einem NASA Bericht der 90er Jahre erwähnt würde und
> von  einigen Leuten die das hier immer nachplappern.

Nein, dieser Effekt ist tatsächlich auch für den ein oder anderen 
Störlichtbogen in Großenergieanlagen (Umspannwerke und dergleichen) im 
Zusammenhang mit verzinnten Cu-Schienen verantwortlich. Und war vorher 
außerdem bereits in der Mikrosystemtechnik durchaus bekannt (und 
gefürchtet).

Auch wenn das für Basteleien von eher nachrangiger Bedeutung ist, so ist 
deine Aussage schlicht nicht zutreffend. Und wo das "einige hier immer 
nachplappern", würde mich auch mal interessieren.

Hier ist übrigens ein Bild davon, wie das aussieht:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/4/49/Zinc_whiskers.jpg/220px-Zinc_whiskers.jpg

Der Wikipediaartikel dazu ist auch durchas interessant.

von W.S. (Gast)


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Gtx F. schrieb:
> Das ist sch*** egal. Die Bauteile die man so neu kauft sind eh alle rohs
> konform also bleifrei vorverzinnt.
> Nach der "auf gar keinen Fall mischen" Theorie dürfte man also neue
> Bauteile garnicht bleihaltig verlöten weil sich durch die
> Werksbeschichtung das ohnehin vermischt.

Bleib mal auf dem Teppich. Bauteil-Anschlüsse sind nur sehr dünn 
verzinnt. Gerade eben so viel, daß das Löten ordentlich klappt. 
Normalerweise galvanisch und eben nicht heiß. Das heißt, daß selbst die 
geringe Menge an Lot in der Paste, die heutzutage vor dem Bestücken auf 
die LP aufgebracht wird, im Vergleich dazu geradezu riesig ist. 
Wahrscheinlich ändert sich die Zusammensetzung des Lotes dadurch nur in 
der 3. Stelle nach dem Komma.

Also nicht gar so viel herumorakeln.

W.S.

von Carsten S. (dg3ycs)


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Gtx F. schrieb:
> Nach der "auf gar keinen Fall mischen" Theorie dürfte man also neue
> Bauteile garnicht bleihaltig verlöten weil sich durch die
> Werksbeschichtung das ohnehin vermischt.

Das mit "auf keinem Fall mischen" ist keine Theorie sondern in der Zeit 
aus der dieser stammt ein sehr wahrer Ratschlag mit praktischen 
Hintergrund.

Wobei der auch nie für "alle Fälle" galt sondern nur für bestimmte Lote 
und halt Lote von denen man nicht wusste um was es sich handelt.

ES stammt einfach aus der Frühzeit der Einführung der Bleifreien Lote wo 
keine fundierten Erfahrungen mit dem breiten Einsatz von bleifreien 
Loten vorlagen und man noch am probieren war.

Da gab es auch versuche die Eigenschaften des Blielots hinsichtlich der 
Temperatur möglichst gut nachzubilden und hat dazu auch mit etwas 
exotischeren Legierungen experimentiert. So wurde (und wird für 
Sonderfälle!) z.B. zur Absenkung des Schmelzpunktes dem Zinn Bismut 
zugesetzt. Gibt man zu so einer Legierung jetzt auch noch Blei hinzu 
sinkt der Schmelzpunkt noch einmal deutlich stärker ab und kann je nach 
entstehender Zusammensetzung bis unter 80° Celsius fallen (Dann hat man 
"Roses Metall")

Ein Lötzinn das bereits unter 100C schmilzt, von erweichen reden wir 
erst gar nicht, und damit durchaus bei Baugruppen wo etwas Leistung im 
Spiel ist bei möglicherweise im Betrieb manchmal vorkommenden 
Temperaturen, das will man aber nicht an Lötstellen haben von denen man 
ausgeht das die so oder so temperaturmäßig mehr aushalten als normale 
Halbleiter.
Aber man muss die Kirche im Dorf lassen. Homöpathische Bleispuren wie 
eine Dünne Schicht auf der Lötspitze oder Lötstelle NACH dem Reinigen, 
verändern zwar tatsächlich bereits die Eigenschaften geringfügig. Aber 
das spielt im realen Leben keine Rolle.

Einfach neues Lot auf eine alte Lötstelle geben oder ohne vorher 
abstreifen mit einer Lötspitze löten zu wollen wo ggf. deutlich anderes 
Lot noch dick dran hängt kann bei Bismuthaltigen Loten aber tatsächlich 
zum Problem werden. (Oder ganz ohne Bismut wenn man eine Lötstelle hat 
der Schmelzpunkt zwingend eine definierte Temperatur haben muss 
(Zementwiderstand mit aufschmelzender Temperatursicherung
https://www.mikrocontroller.net/attachment/272097/Widerstand.jpg
) oder wo z.b. spezielles Hochtemperaturlötzinn zur Anwendung kommen 
muss weil im Betrieb mit dem auftreten von Temperaturen einiges jenseits 
von 100C gerechnet werden muss.

Bismuthaltige Lote gibt im Elektronikbereich auch heute tatsächlich 
immer noch. Dabei handelt es sich dann aber um explizite 
Niedertemperaturlote diese aber nur noch für spezielle Sonderzwecke 
eingesetzt werden. Beispielsweise für sehr temperaturempfindliche 
Bauteile.

Eine andere Anwendung sind diese Lote zum schonenen Auslöten von 
Bauteilen (Chip-Quick und Co. Da nutzt man diese Eigenscahft gezeilt aus 
um ein möglichst niedrigtemperaturiges Lot zu erhalten. Da ist eine 
gründliche Reinigung danach dann Pflicht.

Abseits diese Sonderfälle ist das, wie geschrieben, aber aus technischer 
Sicht alles völlig irrelevant.

> Ja jetzt kommen gleich die Leute die nach Whysker schreien, einen Effekt
> der bisher nur in einem NASA Bericht der 90er Jahre erwähnt würde und
> von  einigen Leuten die das hier immer nachplappern.

Also Whisker kommen auch im normalen Leben vor. ISt kein Massenphänomen, 
aber auch kein rein theoretisches Konstrukt. Habe selbst auch schon ein 
Gerät mit unter der Lupe klar erkennbarer Whiskerbildung hier gehabt...

Gruß
Carsten

von Wendels B. (wendelsberg)


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Gtx F. schrieb:
> Ja jetzt kommen gleich die Leute die nach Whysker schreien, einen Effekt
> der bisher nur in einem NASA Bericht der 90er Jahre erwähnt würde und
> von  einigen Leuten die das hier immer nachplappern.

Ich habe die auch schon in der Praxis gesehen. (Und beim ersten Mal ewig 
gesucht)

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