Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Elektret-Mikrofon Verstärker


von Hannes (Gast)


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Hallo,

momentan versuche ich ein Elektret-Kondensatormikrofon WM 52-BT zu 
verstärken. Dazu habe ich mich an der Schaltung im Anhang orientiert 
(Quelle: https://lowvoltage.wordpress.com/2011/05/21/lm358-mic-amp/). 
Die Daten sollen mit einem, auf einem STM32-Eval Board verbauten, 12-Bit 
ADC gesampelt werden. Dazu habe ich den OPV aus der Schaltung durch 
einen OPA350 (rail-to-rail) ersetzt, um die gesamte Schaltung mit einem 
3,3V Pin des Eval-Boards zu versorgen. Den Widerstand R5 habe ich auf 
220kOhm erhöht, um eine Verstärkung von ca 220 zu erhalten.
Das ganze Konstrukt funktioniert auch soweit, jedoch treten bei niedrige 
Frequenzen (schließen der Tür, oder wenn jemand im Stockwerk darüber 
läuft) Probleme auf. Dabei werden diese Frequenzen so stark verstärkt, 
dass der OPV in die Sättigung geht. Evtl. schwingt der OPV auch etwas 
für ca 2-3 sekunden.
Jetzt müsste man mit einem Filter die störenden Frequenzen rausfiltern 
(Hochpass 300Hz?).

Jedoch kenne ich mich leider mit analogen filtern überhaupt nicht aus. 
Setzt man den Filter am besten direkt hinter das Mikrofon oder an den 
Ausgang des OPVs? Genügt ein passiver CR-Hochpass?

Vielen Dank und viele Grüße
Hannes

von Ingo W. (uebrig) Benutzerseite


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C1 verkleinern, erhöht die untere Grenzfrequenz.

von Christian E. (cerker)


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Kurzfassung:
C1 verkleinern.

Momentan hast du eine Grenzfrequenz von 1/(2*pi*10µF*1kOhm) = 15.92Hz
Für ca. 300Hz (du möchstest nur Sprache aufnehmen?) brauchst du 470 oder 
560nF.

Langfassung:
Zudem ist C1 u.U. verpolt. Am -Eingang hast du 1/2Ub, je nachdem wie der 
Biasstrom der Elektretkapsel ist, kann an dieser auch weniger liegen. 
Der macht dann DC-Leckstrom und verschiebt den AP des Opamps 
unkontrolliert.

Weiterhin ist Verstärkung 220 mit einem Opamp "sportlich". Der OPA350 
hat ein GBW-Produkt von 38MHz, d.H. bei 20kHz noch 1900x Open-Loop .. 
das reicht gerade so aus Vu=220 bei 20kHz. Es ist aber bereits hoch 
genug, dass ein mieses Layout dir Schwingneigung einbringen kann.

Eine zweistufige Lösung wäre also sinnvoller. Auch musst du bedenken, 
dass du die Elektretkapsel AC-mäßig gerade mit 10k||1k belastest, also 
909 Ohm. Das ist wenig.

Zweistufig, jede Stufe mit 22k / 300k und den Koppelkondensator 
dementsprechend auf 22 oder 33nF (wenn du die 300Hz fgu haben willst!) 
sollte deutlich bessere Ergebnisse liefern. Auch wird dann die 
Wahrscheinlichkeit für DC-Blocking kleiner.

Um dir für Lochraster-/Steckbrettaufbauten das Leben einfacher zu 
machen, kannst du dann auch einen zahmeren Opamp nehmen. Sowas wie 
MCP602 oder so. (2.8MHz GBW, ist aber okay da jede Stufe nur Vu=14 
liefern muss).

Gruß,
Christian

: Bearbeitet durch User
von Stefan F. (Gast)


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Ich würde dir empfehlen, die Versorgungsspannung des Mikrofons mit einem 
R/C Filter zu säubern. Außerdem würde ich parallel zu R3 einen Elko 
schalten, damit auch dort alle Störungen der Versorgungsspannung 
eliminiert werden.

von MaWin (Gast)


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Hannes schrieb:
> Den Widerstand R5 habe ich auf 220kOhm erhöht, um eine Verstärkung von
> ca 220 zu erhalten.

Du meinst, erst die Amplitude des Mikros durch die niedrige 
Versirgungsspannung und den hochohmigen Widerstand zusammenprugeln, um 
ihn dann wieder gnadenlos hochzuziehen

Verringere R1 bis VCC/2 an ihm anliegen, und wahle ein Mikro da bei 
1.75V auch gut funktioniert, das gibt vermutlich 5-fschen Pegel, und 
verringere C1 damit kein Gerumpel verstärkt wird, es reichen wohl 100nF.

Dann wird dein Spannungsteiler aus R1 und Mikro von 5k Quellwiderstand 
mit 1k belastet, damit die zu verstärkende Amplitude gleich mal 
gefünftelt. Lieber mal ver-10-fachen.

Schon kannst du die übertriebene Verstärkung deutlich verringern.

Man kann auch darüber nachdenken, ob man unbedingt alle Störungen der uC 
Versorgungsspannung über R3/R3 mit -3dB einkoppelt und ebenso über R1. 
Nutzt der uC VCC als A/D Referenz ist es wohl besser, nutzt er interne 
VRef sollte man filtern und abblocken.

von Christian E. (cerker)


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Stefan ⛄ F. schrieb:
> Ich würde dir empfehlen, die Versorgungsspannung des Mikrofons mit einem
> R/C Filter zu säubern. Außerdem würde ich parallel zu R3 einen Elko
> schalten, damit auch dort alle Störungen der Versorgungsspannung
> eliminiert werden.

Allerdings beides oder garnichts. So wie da gezeichnet, ist zumindest 
ein Teil der Störungen Common Mode und wird unterdrückt ;)

von HildeK (Gast)


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Natürlich muss das Filter vor den OPA, denn sonst geht er trotzdem an 
den Anschlag mit all den beobachteten Problemen.
Als erstes kannst du mal versuchen, den C1 auf 1µF zu verkleinern, dann 
hast du schon einen Hochpass 1. Grades (R4, C1) mit 160Hz, vorausgesetzt 
der Elektretausgang ist ausreichend niederohmig. Dessen 
Ausgangswiderstand kommt bei der Rechnung zu R4 hinzu, so dass die 
Grenzfrequenz ein wenig höher liegen wird.

Auch verwenden die wenigsten, die Audioschaltungen bauen, 3.3V als 
Versorgung sondern eher ±15V. Das hat auch damit zu tun, dass man dann 
ausreichend Headroom zur Verfügung hat.
Dann muss man sich auch noch vergegenwärtigen, dass Mikrofonsignale eine 
sehr große Dynamik haben können. Das wird erst 'besser', wenn der 
Toningenieur seinen Kompressor hat drüber laufen lassen.

Falls obiger Ansatz mit einem einfachen RC nicht reicht würde ich eher 
eine nichtinvertierende Schaltung verwenden. Da ist es leichter, weitere 
RC-Stufen hinzuzuschalten und der bei SingleSupply notwendige 
Kondensator zur DC-Abtrennung kann auch noch für einen passende 
Grenzfrequenz dimensioniert werden.
Schaltung: C1 statt ans Mikro an Masse legen, 1µF verwenden.
R2 und R3 auf 100k erhöhen.
Elektret an den +E vom OPA legen. Zwischen Elektret und dem +E kannst du 
dann noch ein, zwei RC-Glieder legen für eine höhere Ordnung. Die z.B. 
so dimensionieren:
- erstes Glied 1k und 1µ
- zweites Glied 10k und 100nF

von Michael M. (Firma: Autotronic) (michael_metzer)


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HildeK schrieb:
> Zwischen Elektret und dem +E kannst du dann noch ein, zwei RC-Glieder
> legen für eine höhere Ordnung.

Oder einen 470pF Kondensator in die Gegenkopplung legen. Dann liegt die 
untere Grenzfrequenz bei etwa 160Hz und die obere Grenzfrequenz bei 
3300Hz.

von HildeK (Gast)


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Michael M. schrieb:
> Oder einen 470pF Kondensator in die Gegenkopplung legen. Dann liegt die
> untere Grenzfrequenz bei etwa 160Hz und die obere Grenzfrequenz bei
> 3300Hz.

Und wo ist dann der Hochpass?
Zudem, warum gehst du von einem Telefonkanal aus, also warum die obere 
Tiefpass-fg 'nur' auf 3.3kHz legen? Aber das kann der TO selber 
entscheiden.

Das was ich meinte habe ich im angehängten Bild dargestellt.
1. den Arbeitswiderstand vom Elektret aufteilen und ein C dazwischen 
machen (R8/C5)- diese Spannung muss ruhig sein; genau so wie die 
Teilerspannung von R6 und R7!
2. C2, C3 und C4 zusammen mit den Widerständen R3, R4 und R9 wären der 
Hochpass. Auch in dem Bereich ist die Grenzfrequenz von R2 und C1. So 
hat man vier Stufen für das Filter. Wahrscheinlich wird man so viel gar 
nicht benötigen; dann kann C2/R3 und/oder C3/R4 entfallen. Mit C4/R9 und 
C1/R2 sind noch immer zwei Filterstufen vorhanden.
3. Ob man C_Tiefpass haben will oder nicht - siehe oben.

von Michael M. (Firma: Autotronic) (michael_metzer)


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HildeK schrieb:
> Und wo ist dann der Hochpass?

Der Hochpass ist der blaue Kreis mit 160Hz. Statt 1uF sind 470nF sogar 
noch besser (330Hz).

HildeK schrieb:
> warum die obere Tiefpass-fg 'nur' auf 3.3kHz legen?

Das habe ich mir selber zusammengereimt, wegen 'nur' Sprache. Das könnte 
aber ein unüberlegter Schnellschuss von mir gewesen sein.

In deiner Schaltung kann C6 locker auf 47uF vergrößert werden, ansonsten 
bietet deine Schaltung insgesamt mehr Filtermöglichkeiten.

von Ingo W. (uebrig) Benutzerseite


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Christian E. schrieb:
> Momentan hast du eine Grenzfrequenz von 1/(2*pi*10µF*1kOhm) = 15.92Hz
> Für ca. 300Hz (du möchstest nur Sprache aufnehmen?) brauchst du 470 oder
> 560nF.

Zu R4 kommt allerdings noch der Innenwiderstand des Mikrofons dazu. Oft 
ist Der mit typisch 1k angegeben (Gleichstromwiderstand). Da es sich 
hier um den Bahnwiderstand eines JFET handelt kann der dynamische 
Innenwiderstand (Impedanz) noch höher sein. Der Kondensator kann also 
(probieren) noch deutlich kleiner werden.

von HildeK (Gast)


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Michael M. schrieb:
> Der Hochpass ist der blaue Kreis mit 160Hz. Statt 1uF sind 470nF sogar
> noch besser (330Hz).
Ja, ok, hatte ich weiter oben schon vorgeschlagen. Er wollte aber ggf. 
einen steileren Übergang, deshalb habe diese Variante gewählt.

Michael M. schrieb:
> In deiner Schaltung kann C6 locker auf 47uF vergrößert werden,
Richtig, sollte man sogar tun.

Ingo W. schrieb:
> Zu R4 kommt allerdings noch der Innenwiderstand des Mikrofons dazu.
Ja, nur ein schwer schätzbarer Wert. Muss man ihn mit dem 1k in der 
Originalschaltung verrechnen, auch für die Gesamtverstärkung. Auch in 
meinem Vorschlag muss man deshal ggf. C2 deshalb etwas korrigieren oder 
die RC-Glieder insägesamt hochohmiger wählen.

von J. S. (engineer) Benutzerseite


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HildeK schrieb:
> Auch verwenden die wenigsten, die Audioschaltungen bauen, 3.3V als
> Versorgung sondern eher ±15V. Das hat auch damit zu tun, dass man dann
> ausreichend Headroom zur Verfügung hat.

Vor allem hat das was mit dem output des Mikrofons zu tun. Mit 3V kommt 
aus denen nicht wirklich was raus. Für das Verstärker-IC muss es nicht 
dieselbe rail-to-rail sein wie für die Kapsel.

von Hannes (Gast)


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Vielen Dank für die Hilfe.
Hab jetzt den Widerstand R1 auf 2.2kOhm gesetzt. Dadurch konnte ich die 
Verstärkung auf 100 setzten, damit lässt sich jetzt auch noch gerade so 
arbeiten. Der Kondensator C1 ist jetzt 470nF für eine Grenzfrequenz von 
330Hz. Parallel zu R5 habe ich einen 100nF Kondensator geschaltet, um 
eine obere Grenzfrequenz von 16kHz zu erhalten.
Leider habe ich nur noch zwei TL081 hier an OPVs rumfliegen, sonst würde 
ich es auch mal versuchen zweistufig aufzubauen. Aber so klappt jetzt 
für erste Tests erstmal alles, vielen Dank :)

von HildeK (Gast)


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Jürgen S. schrieb:
> Vor allem hat das was mit dem output des Mikrofons zu tun. Mit 3V kommt
> aus denen nicht wirklich was raus.

Dem ist nicht so. Viele Elektretkapseln gehen oberhalb 10V schon kaputt 
und viele arbeiten bereits ab 1.5V. Da reichen 3V Versorgung 
normalerweise aus, wenn auch 5V oder 8V vorzuziehen wären.

von Dietrich L. (dietrichl)


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Hannes schrieb:
> Parallel zu R5 habe ich einen 100nF Kondensator geschaltet, um
> eine obere Grenzfrequenz von 16kHz zu erhalten.

Du meinst wohl 100pF!?

von HildeK (Gast)


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Hannes schrieb:
> Parallel zu R5 habe ich einen 100nF Kondensator geschaltet, um
> eine obere Grenzfrequenz von 16kHz zu erhalten.

Du meinst hoffentlich 100 pico Farad?

von J. S. (engineer) Benutzerseite


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HildeK schrieb:
> Viele Elektretkapseln gehen oberhalb 10V schon kaputt
> und viele arbeiten bereits ab 1.5V. Da reichen 3V Versorgung
> normalerweise aus,
Ich spreche ja auch nicht davon, sie kaputtzuelektrisieren :-)
Aber normalerweise arbeitet man nicht mit 3V, eher +/- 5V - dabei ist 
mir noch keins gestorben.

von Hannes (Gast)


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ah ja, meinte 100pF, Danke
Das Board hat auch einen 5V Pin, dann versuch ich mal damit das Mikrofon 
zu versorgen. Der Rest sollte wegen dem ADC bei 3,3V bleiben...

von HildeK (Gast)


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Hannes schrieb:
> Das Board hat auch einen 5V Pin, dann versuch ich mal damit das Mikrofon
> zu versorgen.

Wichtig ist, dass du R8 und C5 von meinem letzten Bild mit einbaust. Die 
Versorgung des Elektretmikros muss sauber sein!

von Hannes (Gast)


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HildeK schrieb:
> Hannes schrieb:
>> Das Board hat auch einen 5V Pin, dann versuch ich mal damit das Mikrofon
>> zu versorgen.
>
> Wichtig ist, dass du R8 und C5 von meinem letzten Bild mit einbaust. Die
> Versorgung des Elektretmikros muss sauber sein!

ok vielen Dank, wie sollten diese etwa dimensioniert sein? 
Wahrscheinlich sollte der Tiefpass eine möglichst kleine Grenzfrequenz 
(< 1-2Hz) haben oder?

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