Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Zwei Transistoren an einem GPIO


von Uwe A. (uwe_a585)


Lesenswert?

Ich möchte mit einem GPIO-Ausgang (Teensy 4.1) zwei Transistoren(PNP, 
556B) schalten. Wenn ich beide Basen über jeweils einen 4,7k Widerstand 
an den GPIO-Ausgang anschließe, funktioniert auch alles wie erwartet. 
Wenn ich, um Material einzusparen, beide Transistoren über einen 2,2k 
Widerstand an GPIO anklemme, dann schaltet der eine Transistor voll 
durch, der andere nur "so ein bischen". Heißt, am Lastwiderstand im 
Kollektorzweig liegt nicht die Betriebsspannung (-Sättigung) an, sondern 
nur 1,7V (statt 3,3V).
Kann mir jemand sagen, wieso das so ist?

von Dieter (Gast)


Lesenswert?

Die Bauteilwerte streuen im Realen.

Im Simulator sind diese alle gleich.

von B e r n d W. (smiley46)


Lesenswert?

Nimm zwei Widerstände, das ist der korrekte Weg!

von Teo D. (teoderix)


Lesenswert?

Uwe A. schrieb:
> Kann mir jemand sagen, wieso das so ist?

Die Basis verhält sich nicht nur wie eine Diode , sie ist eine!
https://www.elektronik-kompendium.de/sites/bau/0201113.htm

von Dietrich L. (dietrichl)


Lesenswert?

Uwe A. schrieb:
> Kann mir jemand sagen, wieso das so ist?

Weil die beiden Transistoren nicht identisch sind und Toleranzen haben.
In dem Fall: es fließt ein unterschiedlicher Basisstrom, da die 
Kennlinien der Basis-Emitterdioden nicht gleich sind.
Durch Selektion könnte man ein Pärchen aussuchen, wo beide sehr ähnliche 
Daten haben. Aber bei unterschiedlichen Temperaturen driften sie dann 
doch wieder auseinander.

: Bearbeitet durch User
von Uwe A. (uwe_a585)


Lesenswert?

> Die Bauteilwerte streuen im Realen.

Mit Streuung lässt sich das eigentlich nicht wirklich erklären. Die 
Transistoren sind voll in der Sättigung (Transistor als Schalter). Ob 
die ein bisschen weiter links oder rechts auf der Kurve liegen, sollt 
eigentlich keine Rolle spielen.

von A. S. (Gast)


Lesenswert?

Uwe A. schrieb:
> Kann mir jemand sagen, wieso das so ist?

Das gleiche, warum man keine 2 LEDs an einem Vorwiderstand parallel 
betreiben soll:

Wenn der erste bei 0,7V U-BE 1mA Diodenstrom hat, der andere erst bei 
0,71, dann fließt halt alles durch den ersten. Und selbst bei gleichem 
U-BE-Strom reicht es, dass der eine Transistor etwas mehr Widerstand 
zwischen Emitter und Masse hat.

von Uwe A. (uwe_a585)


Lesenswert?

Jetzt habe ich es begriffen!
Danke an alle!

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

A. S. schrieb:
> Wenn der erste bei 0,7V U-BE 1mA Diodenstrom hat, der andere erst bei
> 0,71, dann fließt halt alles durch den ersten.
Du hast den differentiellen Widerstand der BE-Diode dabei aber auf 0 Ohm 
gesetzt. Das ist etwas vereinfachend...  ;-)

https://de.wikipedia.org/wiki/Differentieller_Widerstand


Uwe A. schrieb:
> Jetzt habe ich es begriffen!
Es ist nicht nur "alles oder nichts", sondern ein wenig komplexer und 
analoger, eben so wie du es beobachtet hast.

Uwe A. schrieb:
> Wenn ich beide Basen über jeweils einen 4,7k Widerstand an den
> GPIO-Ausgang anschließe, funktioniert auch alles wie erwartet.
Dann sieht mit zwei "gleichen" Transistoren die Schaltung z.B. so aus:
1
     .--------------------o----------.
2
     |                    |          |
3
     |+                   |          |
4
    (5V)                 4k7        4k7
5
     |-                   |          |
6
     |             |      v Ib1      v Ib2
7
     |             |      |          |
8
     |             |      50R       100R
9
     |         Ube |      |          |
10
     |             |      |+         |+
11
     |             |    (0V6)      (0V65) "Kniespannung"
12
     |             v      |-         |-
13
     '--------------------o----------'  
14
                         T1         T2
Klar und übersichtlich, ohne großartige Abhängigkeiten...

Denn dann fließt durch die BE-Strecke des T1 mit 0,6V Ube-Kniespannung 
und einem differentiellen widerstand mit 50 Ohm ein Basisstrom von Ib1 = 
(5V-0,6V)/(4k7+50R) = 0,93mA.

Wenn dein zweiter Transistor aufgrund von Exemplarstreuungen 0,65V 
Kniespannung hat und einen differentiellen Widerstand von 100 Ohm, dann 
ergibt das Ib = (5V-0,65V)/(4k7+100R) = 0,91mA.

Für beide ist dieser winzige Unterschied beim Basisstrom nicht schlimm, 
es reicht, um jeden der beiden durchzusteuern.


> Wenn ich, um Material einzusparen, beide Transistoren über einen 2,2k
> Widerstand an GPIO anklemme
Dann wird es spannend, denn dann sieht die Schaltung so aus:
1
    
2
     .-----------2k2------o----------.
3
     |                    |          |
4
     |+                   |          |
5
    (5V)                  |          |
6
     |-                   v Ib1      v Ib2
7
     |                    |          |
8
     |                   50R        100R
9
     |                    |          |
10
     |                    |+         |+
11
     |                  (0V6)      (0V65)
12
     |                    |-         |-
13
     '--------------------o----------'  
14
                         T1         T2
Schlauerweise hat man jetzt LT-Spice installiert und lässt den Rechner 
die Aufgabe lösen. Dann kommt man bei den selben T1 und T2 auf einen Ib1 
= 1,64mA und einen IB2 = 0,32mA. Und das ist immerhin fast der Faktor 5.

Die Einsparung des einen Widerstands bringt also eine ungünstige 
Abhängigkeit zwischen den beiden nachfolgenden Schaltungsteilen, weil 
sich der Strom nun im Verhältnis 1:5 aufteilt.

Und der Witz ist, dass das evtl. erst nach der ersten Reparatur ein 
Problem macht, weil natürlich bei der Erstmontage die beiden 
Transistoren aus der gleichen Charge in etwa die gleichen Werte haben.

: Bearbeitet durch Moderator
von MaWin (Gast)


Lesenswert?

Uwe A. schrieb:
> Kann mir jemand sagen, wieso das so ist?

Es ist im Endeffekt wie das direkte Parallel-Schalten von 
(Leucht)Dioden.

Die, mit der toleranzbedingten niedrigeren Schwellspannung gewinnt. Ob 
die andere überhaupt noch was abbekommt, ist Zufall.

Jedenfalls ist das auch noch ein selbstverstärkender Effekt: die, die am 
Anfang mehr vom Strom abbekam wird wärmer, ihe Vorwärtsspannung sinkt, 
und sie bekommt noch mehr ab, während die andere kalt bleibt.

Daher bei parallelen Dioden immer ein Vorwiderstand pro Diode, bei dir 
ein Vorwiderstand pro Basus-Emitter-Diodenstrecke.

von APW (Gast)


Lesenswert?

Es gibt auch "Digitalwiderstände", da ist der Basis-Vorwiderstand schon 
im Bauelement integriert.

von APW (Gast)


Lesenswert?

sollte heissen: "Digitaltransistoren"

von Εrnst B. (ernst)


Lesenswert?

er könnte auch LL-Fets verbauen. Die gehen relativ problemlos parallel, 
und den Vorwiderstand kann er sich (außer bei schneller PWM) auch 
komplett sparen.

von Martin H. (horo)


Lesenswert?

APW schrieb:
> sollte heissen: "Digitaltransistoren"

Ach Du meinst die „Arduino-Transistoren“ - SCNR.

von A. S. (Gast)


Lesenswert?

Lothar M. schrieb:
> Du hast den differentiellen Widerstand der BE-Diode dabei aber auf 0 Ohm
> gesetzt. Das ist etwas vereinfachend...  ;-)

Und die Temperaturabhängigkeit der U-BE-Strecke :-) Das ist dann der 
selbstverstärkende Effekt!

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

A. S. schrieb:
> Und die Temperaturabhängigkeit der U-BE-Strecke :-)
> Das ist dann der selbstverstärkende Effekt!
Na gut, bei 0,6mW (0,6V * 1mA) darf ich den aber schon mal 
vernachlässigen.

Und der Witz ist, dass es in der Praxis eigentlich sogar andersrum ist: 
der Transistor, der in der Parallelschaltung wegen seiner höheren Ube 
schlechter leitet, wird wegen der dadurch anfallenden höheren 
Verlustleistung wärmer.

Weil er aber wärmer wird, sinkt seine Ube und er leitet wieder besser... 
;-)

: Bearbeitet durch Moderator
von Michael M. (Firma: Autotronic) (michael_metzer)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Lothar M. schrieb:
> der Transistor, der in der Parallelschaltung wegen seiner höheren Ube
> schlechter leitet, wird wegen der dadurch anfallenden höheren
> Verlustleistung wärmer.

Man kann auch zur Linearisierung die beiden berühmten Emitterwiderstände 
einsetzen. Das lohnt sich aber nur wenn dadurch sowohl die beiden 
Basiswiderstände, als auch die beiden Vorwiderstände für die beiden LEDs 
entfallen können. Der positive Nebeneffekt ist, dass dadurch auch noch 
der Eingangswiderstand an den Basen ansteigt.

Wichtig ist nur, dass dann die Versorgungsspannung für die LEDs nicht 
nennenswert über 3,3V ansteigen darf, sonst sinkt der Eingangswiderstand 
der Basen wieder ab.

von Zeno (Gast)


Lesenswert?

Uwe A. schrieb:
> Wenn ich, um Material einzusparen,
Wieviel sparste denn bei einem Widerstand? Rechne mal nach was teurer 
ist die Zeit zum Recherchieren und Testen oder der Widerstand.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.