Hallo! Ich möchte gerne das Signal einer Elektrode (Impedanz bis zu 20 kOhm) mit einem ADC messen (Eingangsimpedanz ca. 200 kOhm). Wie sollten dazu Impedanzwandler und Anti-Aliasing Filter angeordnet werden und welche Größenordnungen für R und C sind zu empfehlen? Das Einganssignal ist im uV Bereich und die Abtastfrequenz des 24-bit Delta-Sigma ADCs beträgt 1kHz. Vielen Dank! Freundliche Grüße, Hannes
Hannes schrieb: > Ich möchte gerne das Signal einer Elektrode (Impedanz bis zu 20 kOhm) Für "bis zu" kann man sich nicht viel kaufen. Mit einem Elektrometereingang liegst du auf der sicheren Seite. Ein passiver TP hinter dem OP erhöht unnötig die Ausgangsimpedanz. Pack das Filter in die Gegenkopplung. Bei einem µV-Signal wirst du sicher auch irgendwo verstärken wollen. Und überlege dir, wie du mit der begrenzten Steilheit des Filters umgehst. Ein TP erster Ordnung bewirkt noch keine Wunder.
Vielen Dank! An ein Filter in der Gegenkopplung hab ich noch gar nicht gedacht. "Bis zu" 20 kOhm habe ich geschrieben weil die Elektrode Kontakt zur Haut hat und die Impedanz somit stark variieren kann. Verstärken kann ich das Signal mittels PGA direkt im ADC, wobei eine analoge Verstärkung auch gut wäre. Leider steht nur ein OPV zur Verfügung und ich bin mir nicht sicher, welche Filterschaltung die geforderte hohe Eingangsimpedanz liefert.
Ein offener OP-Eingang ist eine hervorragende Antenne für jegliche Art von "HF-Schmutz", der z.B. auch durch parasitäre Effekte im OP gleichgerichtet werden kann. Jeder kennt z.B. die typischen Störgeräusche durch Mobiltelefone, wenn sie in der Nähe von Audiosignalen liegen. Außerdem kommt noch die ESD-Thematik hinzu. Deswegen ist es bei Deiner Anwendung äußerst wichtig, schon gleich am Eingang eine sehr breitbandige, bis in den GHz-Bereich wirksame Filterung vorzusehen, z.B. mittels Ferriten, Durchführungskondensatoren, usw.. Hierzu gehört insbesondere auch ein entsprechendes Leiterplattenlayout. Andererseits ist es bei vielen ADC, egal ob SAR oder Delta Sigma, wichtig, in unmittelbarer Nähe des Einganges einen kleinen Kondensator anzubringen, der die Ladungsinjektion bei internen Schaltvorgängen glattbügelt. Üblicherweise nimmt man dafür etwas im Bereich von 100 pF bis 1 nF. Bei echt differentiellen Eingängen sind das sinnvollerweise sogar drei Kondensatoren; die Hersteller haben meist entsprechende Applikationsschriften oder Beispielschaltungen im Datenblatt des ADC. Wichtig: sofern der Vorverstärker (OP o.ä.) nicht explizit für hohe kapazitive Ausganglasten spezifiziert ist, sollte man zwischen OP-Ausgang und besagtem Kondensatoren am ADC-Eingang noch einen Serienwiderstand von - je nach OP-Typ und ADC-Eingangswiderstand - 10 Ohm bis 100 Ohm vorsehen. Natürlich kann man dies auch gleichzeitig als zusätzlichen Antialiasingfilter verwenden, dann aber nicht nur mit einem hochinduktiven Folienkondensatoren o.ä., sondern unbedingt mit einem parallelgeschalteten, kleinen Keramikkondensator direkt am Eingang. Das ganze ist auch keine rein e Theorie, sondern ich habe selbst auch schon stundenlang nach einem Fehler in der Elektronik und Firmware gesucht, der zu einem zunächst unauffälligen Messfehler von ca. 2 % führte und deswegen bei der ersten Inbetriebnahme auch gar nicht auffiel. Mit einem geeigneten Oszilloskop (2 GHz-Analogbandbreite, 10 GS/s) und zugehörigem x-GHz-Differentialtastkopf konnte ich dann bei Messungen direkt am ADC-Eingang winzige Spikes beim Umschalten des ADC-Kanäle und dem Schalten der S/H-Stufe erkennen. Mit 220 pF und wenigen Millimetern Leitungslänge war dann alles in Ordnung.
Hannes schrieb: > die Abtastfrequenz des 24-bit > Delta-Sigma ADCs beträgt 1kHz. Willst Du Aliase sicher vermeiden, sollte dein Antialiasfilter bei der Nyquistfrequenz eine Dämpfung von 24 x 6dB = 144dB aufweisen. Einen 1-pol TP muss also ganz schön niederfrequent sein - grob überschlagen 24 Oktaven unter 500Hz - in Zahlen also bei rund 0.03 mHz...
Jester schrieb: > Hannes schrieb: >> die Abtastfrequenz des 24-bit >> Delta-Sigma ADCs beträgt 1kHz. > > Willst Du Aliase sicher vermeiden, sollte dein Antialiasfilter bei der > Nyquistfrequenz eine Dämpfung von 24 x 6dB = 144dB aufweisen. Diese Betrachtung gilt aber nicht bei Delta-Sigma-Wandlern. Die Ausleserate (1 kHz) entspricht nicht der Abtastfrequenz, die um den Faktor 2^n mit n>=5 höher liegt und bezüglich Nyquist relevant ist, da üblicherweise in dem ADC selbst ein entsprechendes Filter enthalten ist. Anbei zwei Ausschnitte aus dem Datenblatt des Texas Instruments ADS1672. f_in ist hierbei die Eingangsfrequenz, f_data die Ausleserate (625 kS/s) und f_clk der Takt (20 MHz). Figure 30 verdeutlicht das sehr scharfe Einsetzen für Signale in der 1. Nyquistzone, Figure 33 das Verhalten über mehrere Nyquistzonen. Folglich muss ein zusätzliches Eingangsfilter nur so bemessen sein, dass es im o.a. Fall gemütlich ab ca. 15 MHz eine hohe Dämpfung (>= 100 dB) besitzt. Die Ausleserate lässt sich zudem noch weiter reduzieren, d.h. auf minimal 78,1 kS/s bei gleichem f_clk, was die Sache dann sogar noch weiter entspannt, siehe Table 2. Bei der ganzen Betrachtung sollte man auch unbedingt auf die ENOB und Noise-free Bits achten, d.h. das Eingangsfilter braucht bei dem o.a. ADS1672 auch nicht auf die vollen 24 Bit, sondern höchstens 21 Bit Auflösung ausgelegt sein. Damit spart man bei einem Tiefpass erster Ordnung nochmals drei Oktaven. Wenn überhaupt ein steileres Filter benötigt werden sollte, würde sich auch eher ein Sallen-Key-Filter anbieten. Ein SC-Filter würde ich auf keinen Fall vor einem Delta-Sigma-ADC einsetzen, da hier wiederum sehr hochfrequente Störungen durchsickern können und werden. Außerdem schafft das weitere Abtasteffekte statt sie zu beseitigen.
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Andreas S. schrieb: > Jester schrieb: >> Hannes schrieb: >>> die Abtastfrequenz des 24-bit >>> Delta-Sigma ADCs beträgt 1kHz. >> >> Willst Du Aliase sicher vermeiden, sollte dein Antialiasfilter bei der >> Nyquistfrequenz eine Dämpfung von 24 x 6dB = 144dB aufweisen. > > Diese Betrachtung gilt aber nicht bei Delta-Sigma-Wandlern. Diese Betrachtung gilt IMMER! Bei Oversampling-ADCs -- darunter fallen meist Delta-Sigma-Wandler, aber halt nicht immer und nicht ausschließlich -- kommt einem zugute, dass Teile des Antialiasfilters im Chip integriert sein können. > Die > Ausleserate (1 kHz) entspricht nicht der Abtastfrequenz, die um den > Faktor 2^n mit n>=5 höher liegt und bezüglich Nyquist relevant ist, da > üblicherweise in dem ADC selbst ein entsprechendes Filter enthalten ist. Ja - aber nur, wenn der ADC "gut gemacht" ist. Und das ist halt nicht immer der Fall. Manche 'Kandidaten' (und ich hatte da schon welche) kümmert sich mehr schlecht als recht um 50/60Hz Unterdrückung - aber das war's dann auch schon. Handzahm sind die Teile in den seltensten Fällen -- wenigstens nicht so zahm wie das alte CS5371/CS5376-Gespann. Worauf ich eigentlich raus wollte: Dem Antialias-Filter wird oft viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt -- egal, ob das nun intern oder extern zu liegen kommt. Dass "idiotische" 1-pol-Filter mit 30 uHz weder realisierbar noch praktikabel sind, müsste eigentlich jedem klar sein. Nur wenn man weiß, welchen ADC der TO einsetzen will, kann man entscheiden, ob ein 1-pol-Filter reicht -- oder auch nicht. Freimütige Dimensionierungen wie "da nehm ich mal 1kOhm und 100nF" sind hier wenig zielführend. > Bei der ganzen Betrachtung sollte man auch unbedingt auf die ENOB und > Noise-free Bits achten, d.h. das Eingangsfilter braucht bei dem o.a. > ADS1672 auch nicht auf die vollen 24 Bit, sondern höchstens 21 Bit > Auflösung ausgelegt sein. Andersrum wird ein Schuh draus: Bei 21-bit-Wandler wären 144dB Aliasunterdrückung wie Perlen vor die Säue. Und nur weil auf einer 'Mogelpackung' 24 bit draufsteht, müssen noch lange keine 24 bit drin sein. BTDT Wenn dem TO 20 bit reichen, dann mag er einen ADS1672 einsetzen. Aber selbst dann fallen hinten nicht automatisch 20 bit raus.
Jester schrieb: > Wenn dem TO 20 bit reichen, dann mag er einen ADS1672 einsetzen. Aber > selbst dann fallen hinten nicht automatisch 20 bit raus. Bei dem ADC1672 besonders interessant sind die "schwach periodischen" Artefakte in den unteren Bits, die er selbst generiert. Ich war mal längere Zeit auf der Suche nach einem schwingenden Vorverstärker und wurde nicht fündig. Auch als der Vorverstärker abgeklemmt und der differentielle ADC-Eingänge direkt kurzgeschlossen war, trat dieses Artefakt unverändert auf. Die Verteilung der Werte entsprach auch ziemlich genau der Rauchverteilung in Figure 13, aber ich hätte eher ein "typisches Rauschen" und nicht ein als deutlich periodisch erkennbares Störsignal erwartet. Für die Anwendung war das auch kein großes Problem, aber man muss es eben wissen. In den anderen Rauschdiagrammen, wie sie im Datenblatt zu finden sind, sieht man tatsächlich keinen Peak, der auf diese Periodizität schließen lässt. Wahrscheinlich wurde da ein wenig nachgeholfen.
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