Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik 750W 230V einphasigen Induktionsmotor über µC/Relais schalten


von Keks F. (keksliebhaber)


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Hallo,

ich möchte gerne über einen µC (5V, 12V Schiene auch vorhanden) einen 
einphasigen Induktionsmotor schalten (230VAC, 750W Leistung).
Ich habe mich die letzten Tage versucht darin einzulesen (in Sachen 
Relais in Printmontage auf der Platine), und scheinbar ist das so 
kompliziert, dass ich das wohl eher lassen werde, allerdings ist das 
Thema interessant genug, dass ich es gerne mit eurer Hilfe zumindest 
generell weiter erörtern möchte.

Sicherer Umgang mit 230VAC auf Platinen:
Dazu sind mir IPC2221B und IPC9592B schonmal geläufig. Luft- und 
Kriechstrecke, Leiterbahndicken.
Meine Frage dazu ist zum Thema transiente Überspannungen. Angeblich 
sollte man die Schaltungen diesbezüglich entwerfen. Im 230VAC Netz 
kommen dazu Spannungswerte wie 2500V in den Raum. Mir fällt es aber 
schwer Schraub-Terminals zu finden, die entsprechendes Rating haben bzw. 
entsprechende Abstände.
In der Regel findet man sowas: 
https://www.mouser.de/ProductDetail/Wurth-Elektronik/691137710002?qs=lBTPRtX1sU9LnHBbviNKGA%3D%3D
Da bin ich bei 300VAC nicht mal annähernd ran. Da bräuchte ich ja einen 
12,5mm-13,1mm Mindestabstand für (ich nehme logischerweise an, der 
Ränder der Lötpunkte und nicht "Pitch").
Wie kommt es dazu, dass die meisten nur ein entsprechendes Rating für 
220-300VAC haben, und nicht vielfach darüber?


Anlaufstrom des Induktionsmotors:
Da gibt es schonmal unterschiedliche Quellen für die Berechnung. Ich 
habe alles gesehen für <1HP. Die 6-fache Nennleistung, die 3-fache, die 
10-fache.
Auch, dass Relais für den Anlaufstrom ausgelegt sein müssen, wenn man 
sie entsprechend verwenden soll, oder eben nicht. Was davon ist richtig?


Schalten des Relais:
Mal wird ein BJT oder Mosfet empfohlen, dann soll es wiederum ein 
Optokoppler sein. Begründet wird letzteres wegen des EMS-Schutzes und 
aufgrund der möglichen transienten Überspannungen im Netz. Müsste ich 
dazu nicht den µC auch an einer komplett separaten Versorgungsschiene 
betreiben als das Relais, damit das Sinn ergibt?
Dazu gehört dann die obligatorische Flyback-Diode. Ich habe jetzt auch 
an einer Stelle gelesen, dass man zu der Diode noch einen Widerstand 
setzen sollte, um die Lebenszeit des Relais zu verbessern. Eine 
Begründung dafür (und auch eine Dimensionsangabe des Widerstandes) fand 
ich nicht. Weiß da jemand mehr?

Ich denke auch darüber nach, die Verwendung eines entsprechenden 
Allzweckrelais sein zu lassen (inkl. des ganzen Schaltkreises) und etwas 
wie den G7L-2A-T DC6 bzw. D12 zu setzen, oder stattdessen auf ein 
externes SSR zu setzen.
In beiden Fällen hätte ich den Vorteil, dass ich auf der Platine keine 
230V habe.
Der G7L-2A-T DC6 ist sehr günstig, und wird wohl laut Datenblatt auch 
damit beworben einen entsprechenden Motor schalten zu können. Leider ist 
der bei Mouser nicht verfügbar. Vielleicht kann mir jemand eine 
verfügbare Alternative nennen (zweipolig, damit ich Phase und 
Neutralleiter schalten kann)?
Sollte ich lieber die 12VDC Variante nehmen anstatt der 6VDC? Wenn ja, 
wieso?

Grüße

: Bearbeitet durch User
von H. H. (Gast)


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Bei Relais die Gebrauchskategorie beachten, in deinem Fall wohl AC-3.

Einen 0,75kW Motor kann man mit relativ kleinem Relais schalten, typisch 
werden die mit "20A" angegeben. Beim Kontaktmaterial auf AgSnO2 achten.

von H. H. (Gast)


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Keks F. schrieb:
> Anlaufstrom des Induktionsmotors:
> Da gibt es schonmal unterschiedliche Quellen für die Berechnung. Ich
> habe alles gesehen für <1HP. Die 6-fache Nennleistung, die 3-fache, die
> 10-fache.

Das hängt eben vom Anlaufmoment ab, und das kann bei sonst gleicher 
Baugröße recht unterschiedlich sein.

von Keks F. (keksliebhaber)


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H. H. schrieb:
> Bei Relais die Gebrauchskategorie beachten, in deinem Fall wohl AC-3.
>
> Einen 0,75kW Motor kann man mit relativ kleinem Relais schalten, typisch
> werden die mit "20A" angegeben. Beim Kontaktmaterial auf AgSnO2 achten.

Ah, das viel mir auch auf.
Ich habe in Datenblätten da für verschiedene Gebrauchskategorien 
verschiedene Maximalströme gesehen.

Auch unterschiedliche Stromangaben für NO und NC, Beispiel hier auf 
Seite 2. Was hat es eigentlich damit auf sich?

Und könnte mir jemand bitte helfen eine bei Mouser lieferbare 
Alternative für die G7L-2A-T DC6 bzw. D12 zu finden?
Die parametrische Suche bei Mouser ist &/(&$/%&$()$/%&§$§**)/(&$%.

:)

von H. H. (Gast)


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Keks F. schrieb:
> Und könnte mir jemand bitte helfen eine bei Mouser lieferbare
> Alternative für die G7L-2A-T DC6 bzw. D12 zu finden?

Weshalb unbedingt Mouser?

Finder Serie 66 wäre ähnlich.

von H. H. (Gast)


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Keks F. schrieb:
> Auch unterschiedliche Stromangaben für NO und NC, Beispiel hier auf
> Seite 2. Was hat es eigentlich damit auf sich?

Öffner sind eben weniger belastbar als Schließer, einfach weil das 
Anziehen mit der Kraft der Spule erfolgt, das Lösen aber nur mit der 
Kraft der Feder.

von Keks F. (keksliebhaber)


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H. H. schrieb:
> Weshalb unbedingt Mouser?
>
> Finder Serie 66 wäre ähnlich.

Für die nächste Sammelbestellung im Markt-Unterforum. :)
Habe auch schon ein paar andere Sachen da ausgesucht.

von H. H. (Gast)


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Keks F. schrieb:
> H. H. schrieb:
>> Weshalb unbedingt Mouser?
>>
>> Finder Serie 66 wäre ähnlich.
>
> Für die nächste Sammelbestellung im Markt-Unterforum. :)
> Habe auch schon ein paar andere Sachen da ausgesucht.

TE/P&B, Serie T9A

Oder die chinesische Kopie:

Song Chuan, Serie 832

von Keks F. (keksliebhaber)


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H. H. schrieb:
> Beim Kontaktmaterial auf AgSnO2 achten.

Ah, mir fiel auf, die Finder haben AgCdO oder AgNi. Was sind da die 
Unterschiede?

von H. H. (Gast)


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Keks F. schrieb:
> H. H. schrieb:
>> Beim Kontaktmaterial auf AgSnO2 achten.
>
> Ah, mir fiel auf, die Finder haben AgCdO oder AgNi. Was sind da die
> Unterschiede?

Eigentlich dürfte es AgCdO in der EU nicht mehr geben, wegen RoHS. Der 
etwas schlechtere Ersatz ist AgSnO2. AgNi ist für Motorlast völlig 
ungeeignet.

von Keks F. (keksliebhaber)


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Okay, vielen Dank.
Ich habe mich dann für 2 Stück aus der T9A Serie entschieden.

Brauche ich in dem Aufbau dann noch den Optokoppler, oder kann ich die 
Relais direkt mit je einem AO3420 + Gate-Widerstand + Gate-Pulldown und 
einer Freilaufdiode betreiben?

von H. H. (Gast)


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Keks F. schrieb:
> Optokoppler

Wozu denn den? Das Relais macht doch die galvanische Trennung.


> 2 Stück aus der T9A Serie

Du hast zwei Motoren?

von Keks F. (keksliebhaber)


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H. H. schrieb:
> Du hast zwei Motoren?

Nein, ich möchte aber Phase und Neutralleiter schalten. Oder ist das 
sicherheitstechnischer Unsinn? Ich hatte das so als Empfehlung gelesen.

Grüße und nochmals vielen Dank!

von H. H. (Gast)


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Keks F. schrieb:
> H. H. schrieb:
>> Du hast zwei Motoren?
>
> Nein, ich möchte aber Phase und Neutralleiter schalten. Oder ist das
> sicherheitstechnischer Unsinn?

Overkill.


> Ich hatte das so als Empfehlung gelesen.

So wie den Optokoppler?

von Keks F. (keksliebhaber)


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Beides korrekt, ja.

Gut, dann bin ich froh, dass das alles nicht nötig ist. :)

von H. H. (Gast)


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An die nötige Freilaufdiode hast du aber schon gedacht?

von Keks F. (keksliebhaber)


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Keks F. schrieb:
> oder kann ich die Relais direkt mit je einem AO3420 + Gate-Widerstand +
> Gate-Pulldown und einer Freilaufdiode betreiben?

:)

Beitrag #7233484 wurde vom Autor gelöscht.
von Carypt C. (carypt)


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ohne vom fach zu sein, möchte ich den widerstand neben der freilaufdiode 
mit spannungsbegrenzung erklären wollen. die induktionsspannung ist laut 
buch von der größe des widerstandes zwischen den 
drahtenden(schalterpole) der spule abhängig . wenn gut isoliert ist auch 
die spannung hoch. 
https://www.elektrotechnik-fachbuch.de/e_grundlagen_kap_07_2v2.html
unter 7.2.9 ausschaltvorgang.

von Michael B. (laberkopp)


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Keks F. schrieb:
> Da bin ich bei 300VAC nicht mal annähernd ran. Da bräuchte ich ja einen
> 12,5mm-13,1mm Mindestabstand

Nein, es geht bei den Schraubterminals nicht um sichere Isolation SELV 
sondern um Funktionsisolation. Da sind die Abstände deutlich geringer, 
für 2500V bis 200müNN in CAT II (Geräte mit Stecker) reichen 2.5mm. 
Daher reichen für CAT II auch Schraumklemmen im 5mm Raster.

Nur zwischen Spule und Kontakt sollte man über 5mm haben.

Auch sind häufig Isolationsabstände für Nennspannung angegeben und 
enthalten schon die Überspannung.

Keks F. schrieb:
> Leiterbahndicken

Wenn die Last nicht im selben Gehäuse sitzt sondern an einem Kabel das 
eventuell Kurzschluss haben kann gilt hier der Strom bis der 16A LSS 
auslöst. Den wird aber das Relais nicht überleben ist ja kein 
Hutschienen-Schütz. Also muss eine Feinsicherung rein schon um die 
Relaiskontakte zu schützen und schon können die Leiterbahnen schmaler 
werden. Halt je nach Sicherung.

von oder so (Gast)


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Keks F. schrieb:
> Ich habe jetzt auch
> an einer Stelle gelesen, dass man zu der Diode noch einen Widerstand
> setzen sollte, um die Lebenszeit des Relais zu verbessern. Eine
> Begründung dafür (und auch eine Dimensionsangabe des Widerstandes) fand
> ich nicht. Weiß da jemand mehr?

mit einem Widerstand in Reihe zu der Freilaufdiode nimmt der Spulenstrom 
schneller ab und die Kontakte öffnen schneller, das schont die Kontakte.
Nach dem Abschalten fließt im ersten Moment der Spulenstrom durch den 
Widerstand. Die Spannung darf dabei nicht höher werden als die 
Sperrspannung deines Schaltelements. Bei einem Spulenstrom von 200mA und 
einer Sperrspannung von 80V darf der Widerstand also max. 400 Ohm sein.

von Keks F. (keksliebhaber)


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Hallo,

danke für deine Antwort.
Ich finde das Prinzip dahinter sehr interessant, habe es aber glaube ich 
noch nicht ganz verstanden.

Wieso nimmt der Spulenstrom schneller ab, wenn ich den Stromfluss 
begrenze?
Oder geht es darum die Ladung über den Widerstand thermisch "zu 
verwerten"?
Entsprechend müsste der Widerstand dann ja so gering wie möglich sein, 
um so viel Ladung abzubauen wie möglich. (P = I²R, aber I = V / R)
Mit welcher Leistungsklasse müsste ich dann den Widerstand bemaßen? Bei 
der Diode habe ich einfach die höchste Spannung aus der Reihe genommen, 
es kostet ja tatsächlich nicht mehr (dazu gleich mehr).

Ich habe bevor ich das hier geschrieben habe, versucht mich etwas 
einzulesen, damit meine Fragen hoffentlich nicht zu dumm sind, und bin 
auf diese Quelle gestoßen:
https://electronics.stackexchange.com/a/115859

Es scheint mir so, als wäre die Diode dazu da, das Treiberelement des 
Relais zu beschützen (klar), aber zu Lasten des Relais (neue Erkenntnis 
für mich), weil der Strom ja entsprechend nachzirkuliert wird.

Aber ein Relais altert doch aufgrund folgender Faktoren:
1) Wenn es an ist
2) Beim An- und Ausschalten, wenn es zu lange dauert (zu viel Strom), 
aber auch die Spannung zu hoch ist beim Abschalten (Lichtbogen).

Es wird als "beste" Lösung die Nutzung einer Zener-Diode anstelle eines 
Widerstandes vorgeschlagen. Der Vorteil erschließt sich mir aber weder 
aus der Erklärung, noch aus den dargelegten Formeln.
Das lässt mich irgendwie auch meine bisherige Diodenwahl für die Flyback 
überdenken, hatte ich dafür eine HFM208-W geplant: 
https://www.mouser.de/datasheet/2/345/hfm201-hfm208-31983.pdf
Wäre da eine Schottky besser (um die Spannungsspitze abzufangen), aber 
schlechter (für das Relais)?

Als Relais wollte ich mich nicht auf eines festlegen und einmal das
T9GV5L24-12
https://www.mouser.de/datasheet/2/418/8/ENG_DS_T9G_1216_0321-1281449.pdf

und einmal das
T9AP1D52-12
https://www.mouser.de/datasheet/2/418/8/TE_Connectivity_10112022_ENG_DS_T9A_2-3051264.pdf

bestellen und dann adhoc entscheiden.
Vorteil/Nachteil für mich zwischen den beiden, ist, das eine ist 
langlebiger, ich muss es aber auf dem PCB montieren.

Für ein anderes Projekt brauche ich eh noch ein weiteres Relais, das 
aber nicht annähernd so große Anforderungen erfüllen muss, deshalb werde 
ich dann das andere dafür aufbewahren und ich habe nichts umsonst 
gekauft.

Wie gehe ich am besten mit der Absicherung vor um vor Spitzen zu 
schützen, gleichzeitg aber die Lebensdauer des Relais zu maximieren?

: Bearbeitet durch User
von oder so (Gast)


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Keks F. schrieb:
> Wieso nimmt der Spulenstrom schneller ab, wenn ich den Stromfluss
> begrenze?

du begrenzst den Strom nicht, der fließt trotzdem, nur die Spannung wird 
größer.
Die Spannung bewirkt die Stromänderung und je höher die Spannung ist, 
desto schneller ändert sich der Strom

> Oder geht es darum die Ladung über den Widerstand thermisch "zu
> verwerten"?

nicht die Ladung -das ist kein Kondensator- sondern die Energie, die im 
Magnetfeld gespeichert ist

> Entsprechend müsste der Widerstand dann ja so gering wie möglich sein,
> um so viel Ladung abzubauen wie möglich. (P = I²R, aber I = V / R)

Beim Abschalten fließt der Strom zunächst weiter. Wenn du in der Formel 
P = I²R den Strom als Konstante nimmst, wird die Leistung bei einem 
größeren Widerstand größer

Keks F. schrieb:
> Aber ein Relais altert doch aufgrund folgender Faktoren:
> 1) Wenn es an ist
> 2) Beim An- und Ausschalten, wenn es zu lange dauert (zu viel Strom),
> aber auch die Spannung zu hoch ist beim Abschalten (Lichtbogen).

Wenn der Kontakt langsamer öffnet bleibt der Lichtbogen länger stehen.

Keks F. schrieb:
> Es wird als "beste" Lösung die Nutzung einer Zener-Diode anstelle eines
> Widerstandes vorgeschlagen. Der Vorteil erschließt sich mir aber weder
> aus der Erklärung, noch aus den dargelegten Formeln.

Mit einem Widerstand nehmen Spannung und Strom mit einer e-Funktion ab. 
Mit einer Zenerdiode bleibt die Spannung konstant bis der Strom 0 ist. 
Der Strom nimmt linear ab, mit der Anfangssteigung der e-Funktion 
(gleiche Maximalspannung vorausgesetzt)

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Keks F. schrieb:
> Ich finde das Prinzip dahinter sehr interessant, habe es aber glaube ich
> noch nicht ganz verstanden.
Mich interessiert eine "invertierte Induktionsspannung" überhaupt nicht, 
ich betrachte nur den Strom. Wenn im eingeschalteten Zustand durch die 
Spule 200mA fließen, dann fließt wegen dem in dem Magentfeld 
gespeicherten Energie im Moment nach dem Abschalten des 
Schalttransistors genau dieser Strom in gleicher Richtung(!) und 
gleicher Stromstärke weiter.

Und dann darf man diesen kurzen Augenblick einfach mal "einfrieren" und 
sich fragen: "Wenn der Transistor ausgeschaltet ist, wo kann dieser 
Strom dann weiterfließen?", denn eines ist klar: er wird weiterfließen 
und sich einen Weg vom "Spulenausgang" zurück zum "Spuleneingang" 
finden. Wenn in diesem Weg hochohmige Widerstände sind, dann wird an 
diesem Widerstand die Spannung so weit ansteigen, bis die obigen 200mA 
fließen (und wer sich die Stromrichtung mal in seine Schaltung 
einzeichnet und sich vorstellt, die Spule wäre nun die Spannungsquelle, 
der findet dann auch den Grund für diese "inverse Induktionsspanung", 
s.u.).

Eine Freilaufdiode direkt neben dem Relais sorgt also für den 
kürzestmöglichen Strompfad und lässt den Strom ungehindert fließen. Und 
dann fließt der Strom so lange, bis die gesamte Energie am 
Spuleninnenwiderstand und der Diode "verbraucht" (=in Wärme umgewandelt) 
ist. Das kann schon mal einige zehn ms dauern.

> Wieso nimmt der Spulenstrom schneller ab, wenn ich den Stromfluss
> begrenze?
Der Stromfluss wird nicht "begrenzt". Wie gesagt: die obigen 200mA 
Spulenstrom werden nach dem Ausschalten des Transistors unbedingt 
fließen. Und mit einem zusätzlichen Widerstand in Reihe zur Diode kann 
man zusätzlich Wärme erzeugen und die Energie schneller vernichten. Man 
muss dabei nur aufpassen, dass an diesem Widerstand anfallende Spannung 
nicht zu hoch wird. Denn wenn man sich wider die Strompfeie

Am "schnellsten" vernichtet man die Energie in einem kleinen Funken samt 
Knistern. Nur sind dafür auch extrem hohe Spannungen nötig, die ein 
üblicher Halbleiter an dieser Stelle nicht immer überlebt. Wenn er 
spezifiziert ist, dann findet man eine "Avalange-Energie". Denn so ein 
Avalanche-Durchbruch (bekannt auch von Z-Dioden) wird im Halbleiter 
erfolgen und der muss dann die Energie in Wärme umwandeln können.

oder so schrieb:
> Bei einem Spulenstrom von 200mA und einer Sperrspannung von 80V darf
> der Widerstand also max. 400 Ohm sein.
Eher weniger, denn zur Spannung über der Diode und dem Widerstand 
addiert sich an dieser Stelle noch die Versorgungsspannung dazu. Und 
wenn die z.B. 24V ist, dann darf der Widerstand nur (80V - 24V - 
0,7V)/200mA = 276 Ohm werden.
Hier mal einfach ausgehend vom Spulenstrom Il die Herleitung:
1. der Spulenstrom Il erzeugt über den Bauteilen R und D eine 
Spulenspannung Ul
2. wenn ein Strom irgendwo hineinfließt, dann ist das der Anfang eines 
Spannungspfeils mit positiver Spannung (das ist jetzt a little magic, da 
darf man ruhig mal länger drüber sinnieren, denn es ist die Stelle, wo 
sich die Spulenspannug "umkehrt"...)
3. wenn ich die Spannungen in einem Schleifenumlauf zusammenaddiere muss 
0 herauskommen (das war dem Kirchhoff seine Masche): 0 = Ul+Ub-Uce
4. nach Umstellung ergibt sich Uce = Ub+Ul, das heißt: aus Sicht des 
Tansistors addiert sich die Induktionsspannung zur Versorgungsspannung 
hinzu
1
                         Il
2
24V ---------------o-----<------o-----------------  
3
                   |            |
4
                   |            |       ^ -
5
                   #            -       |
6
                L  #            ^  D    |
7
                   #            |       |
8
| +                |            [] R    | Ul = Il*R + Ud
9
|                  |            |       |
10
|               Il v            ^ Il    |
11
| Ub               |    Il      |       | +
12
|                  o----->------' 
13
|                  |    
14
|                  v Ic=0   
15
v +                |        | +
16
                 |/         |
17
           0V ---|          | Uce
18
                 |>         v -
19
                   |                                          
20
GND ---------------o----------------------------

Keks F. schrieb:
> Es wird als "beste" Lösung die Nutzung einer Zener-Diode anstelle eines
> Widerstandes vorgeschlagen. Der Vorteil erschließt sich mir aber weder
> aus der Erklärung
Stell dir einfach vor, wie es nach der statischen Betrachtung des 
Ausschaltens weitergehen wird: der Strom wird nach einer e-Funktion 
abnehmen und deshalb wird auch die Verlustleistung im Widerstand 
abnehmen und die Spulenenergie nicht so schnell "vernichtet".

Eine Z-Diode sorgt dafür, dass die Spannung über ihr und damit die 
Verluste in ihr immer gleich hoch sind und so die Spulenenergie (= 
Magnetfeld) schneller abgebaut wird.

Noch ein kurzes Wort zu Z-Diode und Zenerdiode: Zenerdioden gibt es nur 
bis 5V, alles darüber sind Z-Dioden, die nicht auf dem Zenereffekt, 
sondern auf dem  Avalancheeffekt beruhen.
So hat Clarence Zener das selber vorgeschlagen: 
https://de.wikipedia.org/wiki/Clarence_Melvin_Zener

: Bearbeitet durch Moderator
von Karl B. (gustav)


Angehängte Dateien:

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Zusammengefasst
Quelle:
https://www.elesta-gmbh.com/downloads/

ciao
gustav

: Bearbeitet durch User
von Carypt C. (carypt)


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gefällt mir wie Lothar erklärt hat, daß die spannung an der spule so 
weit ansteigen wird bis die ursprüngliche stromstärke wieder durch den 
sperrwiderstand fließt.
und weil die spule in gezeichneten fall noch auf dem pluspolniveau 
liegt, addiert sich die spuleninduktionsspannung hier auf. ebenso wird 
die spuleninduktionspannung durch die versorgungs-spannungsquelle 
hindurch einen zweiten weg suchen. hiebei liegt der minuspol der spule 
am plus der versorgungsspannungsquelle, beide spannungsquellen sind also 
in reihe geschaltet.

von Keks F. (keksliebhaber)


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Hallo,

ich habe die Posts gelesen, aber noch nicht die Zeit ausführlich zu 
antworten. Ich möchte aber jetzt schonmal ein dickes Dankeschön hier 
lassen!

Euch allen einen schönen Freitag und ein gutes Wochenende

von Keks F. (keksliebhaber)


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Hallo,

ich hatte jetzt Zeit nochmal alles durchzulesen und ich habe tatsächlich 
keine Fragen mehr.

Die Gesamtheit von euren letzten Postings ist einfach genial und ist vom 
Umfang und von der Verständlichkeit besser als jeder Artikel, den ich 
mir in den letzten 2 Tagen dazu durchgelesen habe.

Vielen vielen Dank!

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Carypt C. schrieb:
> daß die spannung an der spule so weit ansteigen wird bis die
> ursprüngliche stromstärke wieder durch den sperrwiderstand fließt.
Wie sich die Spannungen addieren hast du exakt erfasst. Nur bei der 
Entstehung der Spulenspannung zäumst du das Pferd von hinten auf. Denn 
die Spannung steigt nicht bis die "ursprüngliche Stromstärke" wieder 
erreicht wird (das würde ja bedeuten, dass die zwischendurch geringer 
geworden wäre), sondern die Stromstärke ist durchgehend unverändert. Der 
Strom sucht sich sofort nach dem Abschalten einen Weg und je nach Weg 
und Widerstand ergibt sich dadurch eine Spannung. Sofort bedeutet "ohne 
jegliche Verzögerung" oder irgendwie "ansteigend".

Nach dem Abschalten ist also der Spulenstrom die Ursache für die 
Spulenspannung.

> gefällt mir wie Lothar erklärt hat
Danke fürs Lob. Wenn man sich bei Spulen ein wenig von der 
Spannungsbetrachtung löst und eher den Strom anschaut, dann lassen sich 
viele Effekte überraschend einfach erklären.

: Bearbeitet durch Moderator
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