Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Erwärmung Leiterplatte ermitteln


von Michael (Gast)


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Hallo,

Ich versuche mich gerade in das Thema Wärmeentwicklung/maximale 
Belastbarkeit von Leiterplatten usw. einzuarbeiten.

Angenommen ich habe eine kleine Leiterplatte (2x2cm) groß, darauf 
befindet sich nur eine einzelne Diode (1N4001 als Beispiel).

Diese verkraftet einen Strom von maximal 1,0 A bei 75 Grad, dabei fällt 
eine Vorwärtsspannung von 1,0 V ab.

Lasse ich jetzt wirklich das eine Ampere fließen, fällt ein Watt Wärme 
an, diese gibt die Leiterplatte an die Umgebung ab.

Wie muss ich mir das nun vorstellen? Angenommen die Leiterplatte hängt 
frei in der Luft oder liegt auf der Tischplatte. Wie kann man so etwas 
berechnen?

Mich würde interessieren: Wie lange es von beispielsweise 20 Grad 
Umgebungstemperatur dauert, bis die 75 Grad erreicht sind bzw. welchen 
maximalen Strom man ausnutzen kann, wenn man will, dass die 75 Grad 
gerade so erreicht werden.

(Ich habe also keine konkrete Fragestellung technischer Natur, es geht 
mir um die Berechnung der Wärmeentwicklung.)

Mir geht es einfach darum, ein Gefühl dafür zu bekommen, was geht und 
was nicht und wie man das vielleicht sinnvoll "überschlagen" kann - eine 
exakte Berechnung ist auch gar nicht mein Ziel, einfach nur eine 
Vorstellung, ob ich so und so viele Bauteile zusammenpacken kann und ob 
sich das thermisch noch ausgeht.

Danke euch!


Michael

von aeib (Gast)


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Am einfachsten ist es vermutlich ein passend großes Stück Platine zu 
nehmen, ein Watt darin zu verbraten und zu schauen wie heiß die Platine 
wird (Umgebungstemperatur konstant halten!).

So hat man den genauen Wert für das vorliegende Material. Den sollte man 
dann auch entsprechend skalieren können.

von Udo S. (urschmitt)


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Michael schrieb:
> Wie kann man so etwas
> berechnen?

Gar nicht, maximal grob abschätzen.
Im Zweifel messen

von Olaf (Gast)


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> Wie kann man so etwas berechnen?

Naja, theoretisch kann man alles berechnen. Aber das haengt von
zuvielen Parametern ab. Wie breit und lang sind z.B die Leiterbahnen? 
Wie dick? Hat die Platine eine dicke Kupferflaeche welche die Waerme 
besser verteilt? Gibt es Konvektion?

Das ist wohl wirklich messen am sinnvollsten. Entweder ein kleines 
Minithermoelement auf den Baustein kleben oder Waermekamera.

Olaf

von Udo S. (urschmitt)


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Zur groben Abschätzung:
Der mit Abstand größte Wärmewiderstand ist der Übergangswiderstand von 
Platine/Bauteil zu der Luft.

Dazu hier etwas mehr:
https://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4rme%C3%BCbergangskoeffizient

Für das Bauteil gibt es in den meisten Fällen Wärmewiderstände
Rthxx
z.B. für die Diode
RthA = Sperrschicht zu Umgebung
RthL = Sperrschicht zu Anschlussdrähten

von Gerald B. (gerald_b)


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Ob teure Leiterplattenentwurfsprogramme oder andere Spezialsoftware 
sowas inzwischen kann, bin ich überfragt.
Es ist viel Erfahrung und Bauchgefühl dabei. Möglichst viel Kupfer zur 
Entwärmung mit einbinden, bei SMD Bauelementen (reichlich) Thermal Vias 
nutzen, von 1 OZ Cu auf 2 OZ Kupfer gehen, notfalls Alukernplatinen 
nutzen, KK bei Leistungshalbleitern nutzen. Das kann bei mehreren SMD 
Leistungshalbleitern dann auch bedeuten, Kundenspezifische KK fertigen 
lassen zu müssen, wenn die Gehäuse unterschiedliche Höhe haben.
Ich habe auch mal davon gelesen, das es soetwas wie Gelkissen, ähnlich 
den Gelkompressen, gibt, um SMD Boards zu kühlen.

von Michael (Gast)


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Verstehe! Danke für eure Antworten. Ich werde mich mit einer Wärmekamera 
bewaffnen und einfach Versuche anstellen.

von Max M. (Gast)


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Michael schrieb:
> Wie kann man so etwas
> berechnen?

Schwierig.
Mit einer FEM Thermal Simulation würde ich vermuten.

Da aber die 1N4001 THD bereits eine sehr beschränkte Fähigkeit hat ihre 
Wärme an die PCB abzugeben, hat die dann wohl schon um die 175°C in 
deinem Setup.
Wie viel sie an Wärme abgeben kann hängt von der Länge der Beine ab, der 
Kupferstärke der PCB, dem Layout, Lötstopplack oder nicht, PCB hochkannt 
oder flach aufliegend, welche Konvektionsströmungen etc.pp.

Ab ca 1cm Entfernung führt die Kupferfläche auch nicht mehr viel ab.
Aber auch das hängt wieder vom der Zahl der Thermovias etc. ab.

Bevor man das also berechnet, würde man eine deutlich fettere Diode 
verwenden, ein kühlbares Gehäuse oder eine aktiv Gleichrichtung.
Man kann nur verlieren wenn man am Limit dimensioniert.

Gerald B. schrieb:
> Gelkissen, ähnlich
> den Gelkompressen, gibt, um SMD Boards zu kühlen.
Gap Pad von z.B. Bergquist.
Von hart bis weich von 0.5mm bis 5mm.
Die sind super und so teuer das man lieber erstmal sei Design in den 
Griff bekommt bevor man dazu greift.

von Uwe S. (bullshit-bingo)


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Michael schrieb:
> Wie kann man so etwas
> berechnen?

Überhaupt nicht. So wie so ziemlich alles nicht berechenbar ist.
Es gibt allerdings jede Menge Leute, die es unbedingt versuchen wollen. 
Selbst diese müssen dabei aber Faustwerte und durch frühere Messungen 
ermittelte Standardwerte bemühen. Sobald man das braucht, ist es aber 
keine Mathematik mehr, sondern nur ein Vergleich.
Ohne diese Standardwerte läufst du Gefahr, mal eben um zwei, drei 
Größenordnungen daneben zu liegen.

von Elektriker (Gast)


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Genau - so wie es keine Programme dafür gibt, die so etwas annähern 
können. Alles Scharlatane und Quacksalber. Komisch das so eine 
Simulationen (hatte so etwa vor 8 Jahren mal damit zu tun) ziemlich 
genau zu den anschließenden Messwerten passten... Seltsam, nicht wahr? 
Es gibt sogar Firmen die eine thermische Modellierung als Diesntleistung 
anbieten und sogar das Programm dafür lizensieren ...

Die Angabe des entsprechenden Links habe ich mal gelassen, da es 
bestimmt noch unzählige weitere Firmen gibt neben der einen Bude die wir 
damals beauftragt haben. Wer mag, kann ja mal nach 'Thermal Risk 
Management Tool' suchen - da sind einige Anbieter zu finden.

von Udo S. (urschmitt)


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Elektriker schrieb:
> Genau - so wie es keine Programme dafür gibt, die so etwas annähern
> können. Alles Scharlatane und Quacksalber.

Hast du dir mal die Mühe gemacht den ersten Satz im 1. Beitrag des TO zu 
lesen?
Nein!

Sonst wüsstest du dass er kein Unternehmen beauftragen will um für eine 
mindestens 4stellige Summe eine thermische Modellierung einer Platine 
oder eine Risiko Abschätzung zu machen, sondern eher eine einfache 
"Faustformel" sucht.

von Walter (Gast)


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> Sonst wüsstest du dass er kein Unternehmen beauftragen will um für eine
> mindestens 4stellige Summe eine thermische Modellierung einer Platine
> oder eine Risiko Abschätzung zu machen, sondern eher eine einfache
> "Faustformel" sucht.

Hallo,
solche Messungen mit thermische Modellierungen
gibt es auch unter 1000€.

Gruß
Walter

www.zth-messtechnik.de

von Uwe S. (bullshit-bingo)


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Udo S. schrieb:
> Hast du dir mal die Mühe gemacht den ersten Satz im 1. Beitrag des TO zu
> lesen?

Er hat sich auch nicht die Mühe gemacht, zu begreifen, daß auch in 
diesen Programmen Faustwerte bzw. frühere Messwerte enthalten sind.
Sobald man nur drei, vier ineinandergreifende Parameter in einer 
Berechnung hat, kann man Mathematik schon vergessen. Weil sich ganz 
schnell Fehler multiplizieren. Und in der Aufgabe des TO sind es locker 
10 Parameter. Deshalb ist das ja auch so aussichtslos. Nicht mal bei nem 
massiven Kühlkörper klappt das richtig, geschweige denn bei einer Diode, 
wo die Wärme durch Anschlüsse, Lötungen, Platine, Leiterbahnen usw. 
getragen wird.

von Elektriker (Gast)


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Udo S. schrieb:
> Hast du dir mal die Mühe gemacht den ersten Satz im 1. Beitrag des TO zu
> lesen?
> Nein!

Natürlich habe ich den gelesen. Im Bastel-Bereich (habe ich etliche 
Jahre selber gemacht) ist so eine Simulation möglich, aber 
höchstwahrscheinlich zu teuer. Da funktioniert pi*Daumen und anfassen 
wenn man es aufgebaut hat.

Sobald man anfängt zu Entwickeln ist eine thermische Simulation absolut 
sinnvoll bevor man ein paar zig-tausend Euro ausgegeben hat um dann nach 
ein paar Wochen / Monaten (je nach Lieferzeit der fertigen Leiterplatte 
+ Inbetriebnahme + Messungen) festzustellen dass man mit Zitronen 
gehandelt hat.

Die Frage lautet doch eher ob du dir selber die Mühe gemacht hast, 
deinen eigenen ersten Satz zu lesen:

Uwe S. schrieb:
> Überhaupt nicht. So wie so ziemlich alles nicht berechenbar ist.

Und genau diese (deine) Aussage ist schlicht und ergreifend falsch. Wie 
etwas weiter oben geschrieben - beim Basteln zu teuer, beim Entwickeln 
aber sehr hilfreich und zielführend.

von Elektriker (Gast)


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Elektriker schrieb:
> deinen eigenen ersten Satz

ok - habe ich eben erst gesehen - Autoren verwechselt. Inhalt läuft aber 
auf das Gleiche hinaus.

Uwe S. schrieb:
> Sobald man nur drei, vier ineinandergreifende Parameter in einer
> Berechnung hat, kann man Mathematik schon vergessen.

Wenn man mit einer einfachen Formel und Kopfrechnen nicht weiter kommt 
dann kann man durchaus auf numerische Verfahren ausweichen. Und die ach 
so vielen Parameter lassen sich durchaus abbilden.

Nur weil ich es nicht selber im Kopf nachrechnen kann bedeutet es ja 
nicht dass es unmöglich ist. So einen Rubik Cube kann ich ja auch nicht 
lösen und trotzdem
ist die Aufgabe weit entfernt von 'unmöglich'.

Nicht immer von sich selbst auf alle Anderen schließen!

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Michael schrieb:
> fällt ein Watt Wärme an, diese gibt die Leiterplatte an die Umgebung ab.
Zum Teil. Oder warum meinst du, verbrennst du dir an dem Diodenkörper 
die Finger?

von Uwe S. (bullshit-bingo)


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Na ja, es ist wohl das hier Unvermeidliche. Einige Theoretiker glauben 
felsenfest an alles, was ihnen aufgetischt wird. Andere haben die Welt, 
und vor allem wie wenig der Mensch tatsächlich weiß/kann, irgendwann mal 
begriffen.
Diskussionen an dem Punkt wohl unsinnig bzw. auch unnötig, denn der TO 
scheint es ja gerafft zu haben. Nur darum geht es.

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