Forum: Platinen nicht lötbare SMT Bauteile


von Peter L. (oe6loe)


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Hi,
wir haben in der Fa. gerade den Fall, dass vom Kunden beigestellte 0603 
Kerkos sich nicht löten lassen (Lötbarkeitstest auf Keramikplatte)
Das heißt, die Kontaktflächen benetzen nicht (bad wetting)
Ursache:
die Bauteile sind CGA Typen von TDK, welche nur leitend geklebt werden.

Ich wusste zwar, dass es sowas in Ansätzen schon gibt, aber bei Kerkos?
Zuerst kämpft man um jedes Milliohm, und dann werden die Bauteile 
raufgeklebt?

Also mein Rat an alle eh schon bis ans Limit geplagten Einkäufer,
Wenn bei der Parametersuche nur mehr 5 passende Bauteile übrig bleiben 
im Hinterkopf behalten, dass es sowas auch noch gibt.

LG

von Markus W. (dl8mby)


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@Peter L.

Ich bin diesbezüglich kein Experte, aber die Bauteile
müssen doch eine metallische Kontaktfläche haben.
Die wird doch nicht aus V2A sein.
Kommt es da nicht auf das Lot und oder das Flussmittel
und die Löt-Temperatur an?

Markus

PS.: Ob das praktikabel ist - keine Ahnung - aber möglicherweise
wäre ein galvanischer Überzug eine Abhilfe fürs Löten.

: Bearbeitet durch User
von Peter L. (oe6loe)


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hallo Markus,

leider nein,
die Bauteile sind tatsächlich nur fürs Kleben geeignet.
Siehe Datenblattausschnitt und Foto vom Lötbarkeitstest (mit SAC305 
Lötpaste)

Peter

von Ich (Gast)


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Zur Motivation aufgeklebter Bauelemente: Eine Anwendung ist 
Hochtemperaturelektronik. Es gibt Polyimid-basierte Leitklebstoffe, die 
mit 280 °C Dauerbelastung spezifiziert sind. Das ist auch mit 
Spezialloten schwer machbar.

von Peter L. (oe6loe)


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Natürlich haben diese Bauteile eine Daseinsberechtigung.
(Hab gerade eine Fehleranalyse der Nasa gelesen)
Das Problem dabei ist, dass man es ihnen nicht ansieht.
beim Lötzinn z.B. gibts rote (bleihältig) und grüne (bleifrei) Rollen.

Diese Bauteile sollten halt wirklich gut gekennzeichnet werden.

von Markus W. (dl8mby)


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Als Terminator Legierung wird AgPdCu angegeben.
Ohne es aus dem Ärmel sofort schütteln zu können,
würde ich aufgrund des Ag und Cu Anteils Vermuten,
dass es durchaus lötbar wäre. Aber möglicherweise
ist der Platin Zusatz ein Störfaktor.

Es gibt sicherlich Anwendungen, bei denen Kleben
erforderlich ist, dann wüste es Peter aber bei seiner
Beschaffung, oder seine Firma.
Da sie aber überrascht sind, kommt es auf diese Spec
in seinem Fall wohl nicht an.

Die Frage ist, ob man das Problem anderweitig lösen kann,
wenn es Beschaffungsprobleme gibt.

Aber die Tatsache des Klebens von SMT Teilen war mich zu
Kontaktzwecken soweit auch noch nicht bekannt.

Danke für den Hinweis und die Daten.

LG
Markus

von Crazy Harry (crazy_h)


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Markus W. schrieb:
> Aber möglicherweise
> ist der Platin Zusatz ein Störfaktor.

Pt wäre Platin, Pd ist Palladium

von Markus W. (dl8mby)


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Danke habe wohl noch geschlafen.
Verwechsle es immer Pd und nicht Pa
für Palladium und Pt für Platin.

Oh Schande, dabei habe ich einige Zeit
bei Siemens in meinem Studium Ag, Pt und Pd
auf Keramik Substrate aufgedampft.

Kilo weise - so schwer waren die Barren, die
in die Induktions-Tiegel in den Vakuumofen
gelegt wurden.

Ist aber schon eine Weile her ;-)

LG
Markus

von Markus W. (dl8mby)


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An der Rauigkeit der Oberfläche wird der Lötvorgang wohl nicht 
scheitern.

Auf der Anderen Seite habe ich im Web auch ein AgPdCu Lot gefunden.

https://pubchem.ncbi.nlm.nih.gov/patent/CN-111235425-B

Ob die Legierung vergleichbar mit dem der Terminals ist, kann ich
nicht sagen, aber diese Legierung ist wohl lötbar, wenn auch unter
anderen Parametern.

Markus

von Wolfgang (Gast)


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Peter L. schrieb:
> Ursache:
> die Bauteile sind CGA Typen von TDK, welche nur leitend geklebt werden.

Da musst du schon ein bisschen genauer sein:
Ein CGA3E2X7R1H104K080AA wäre für Löt-,
ein CGA3E2X7R1H104K080AD für Epoxid Klebemontage
(s. Datenblatt S.4 Nr. (11))
https://product.tdk.com/system/files/dam/doc/product/capacitor/ceramic/mlcc/catalog/mlcc_automotive_epoxy_en.pdf

von Uli S. (uli12us)


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Irgendwie erschliesst sich mir nicht, warum das nicht lötbar sein soll.
Ich hab aber auch schon von galvanischen Kupferschichten gelesen, die 
sich nicht löten liessen. Kann das sein, dass es dafür besondere 
Flussmittel bräuchte?

von olaf (Gast)


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> Irgendwie erschliesst sich mir nicht, warum das nicht lötbar sein soll.

Es muss ja nicht heissen das es von Hand nicht loetbar ist.
Aber es muss ja im Standardloetprofil auf der Maschine loetbar sein.


Wobei es mich etwas wundert das jemand Bauteile kleben will.
Das macht doch IMHO nur sinn wenn ich alle Bauteile meiner Schaltung
kleben kann.

Olaf

von H. H. (Gast)


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olaf schrieb:
> Wobei es mich etwas wundert das jemand Bauteile kleben will.
> Das macht doch IMHO nur sinn wenn ich alle Bauteile meiner Schaltung
> kleben kann.

Bei manchem geht auch Punktschweißen.

von Gerald B. (gerald_b)


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Ich habe in einer Billigfernbedienung vor 20 Jahren auch schon mal 
staunend gesehen, das die Bauelemente nur durch Anpressdruck kontaktiert 
waren. Es gab eine Schabole, wie ein Sandkastenförmchen, da lag jedes 
Bauteil in einer passenden, extra Kammer. Auf der anderen Seite die 
Leiterplatte. Die Montage im Gehäuse lieferte den Anpressdruck.
Für Fehlersuche geöffnet, gestaunt und weggeschmissen ;-)

von Sascha S. (dec)


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Hallo,

also AgPt und auch AgPd Terminierungen können gelötet werden. Bei den 
Pasten zur Terminierung wird oft Pt und/oder Pd zugemischt um das 
leaching an der Terminierung zu reduzieren.

Ob sich ab einer bestimmten Konzentration an Edelmetall die Lötbarkeit 
reduziert, weiß ich nicht sicher aus dem Kopf. Ich hatte bei einem 
Projekt Versuchsteile mit einer Terminierung mit sehr hohem 
Edelmetallgehalt (war wimre Pd) herstellen lassen um das leaching stark 
zu unterdrücken. Die Teile wurden danach mit SAC305 in der Dampfphase 
gelötet und auch die Belastbarkeit der Lötverbindung gemessen. 
Funktionierte gut, war nur unbezahlbar für die Serie.
Ich glaube mich aber zu erinnern, dass reines Pt schlecht weichlötbar 
ist.

Grüße
Sascha

von Joachim B. (jar)


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wenn löten nicht geht nehme ich Silberleitlack!
https://www.segor.de/#Q=Leitsilber&M=1

: Bearbeitet durch User
von Dussel (Gast)


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Wolfgang schrieb:
> Peter L. schrieb:
>> Ursache:
>> die Bauteile sind CGA Typen von TDK, welche nur leitend geklebt werden.
>
> Da musst du schon ein bisschen genauer sein:
> Ein CGA3E2X7R1H104K080AA wäre für Löt-,
> ein CGA3E2X7R1H104K080AD für Epoxid Klebemontage
Das ist dann aber ein Fall von selber Schuld. Da sieht man doch direkt 
auf den ersten Blick, dass das völlig verschiedene Bauteile sind.
(Normalerweise würde ich annehmen, dass man den Sarkasmus erkennt, aber 
hier meint das nachher noch jemand ernst, also: Das war Sarkasmus.)

Danke für den Hinweis. Ich habe davon auch noch nie gehört und es ist 
sicher gut, sowas zu wissen.

von oszi40 (Gast)


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Peter L. schrieb:
> die Bauteile sind CGA Typen von TDK, welche nur leitend geklebt werden.

Danke! Jetzt haben wir etwas gelernt.
Nun wäre jetzt nur die Frage, warum der Kunde diese bestellt hat. Sollte 
ein größeres Temperaturproblem in seiner Schaltung sein? Es gab Leute, 
die Sicherungen durch Nägel ersetzt haben, statt die Ursache zu 
beheben. :-)

von Sebastian (Gast)


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oszi40 schrieb:
> Nun wäre jetzt nur die Frage, warum der Kunde diese bestellt hat.

oszi40 schrieb:
> Nun wäre jetzt nur die Frage, warum der Kunde diese bestellt hat.

Das leitfähige Verkleben dient denke ich zur Whiskervermeidung in 
Risikoanwendungen?

LG, Sebastian

von Peter L. (oe6loe)


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Der Kunde hat die versehentlich bestellt.

Man gibt z.B. bei Mouser ein:
MLCC, 100nF, 0603, 50V, X7R , dann kommen x Treffer.
Man sucht sich einen günstigen Typen aus, von dem auch genug lagern sind 
(was auf einen gängigen Typen hindeutet)  und voila...

von Gerald K. (geku)


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Markus W. schrieb:
> Aber die Tatsache des Klebens von SMT Teilen war mich zu
> Kontaktzwecken soweit auch noch nicht bekannt.

Was ist der Vorteil des Klebens gegenüber der Lötung?

: Bearbeitet durch User
von Thomas (kosmos)


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kommt da ein leitfähiger Kleber zum Einsatz oder wird das Teil in der 
Mitte geklebt und der schrumpfende Kleber zieht das Teil dann näher ans 
Bord/Kontakte so das es einen Kontakt gibt?

von Frank O. (frank_o)


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Könnte ein Trend sein.
Ich habe letztens ein Fronius Ladegerät auseinander genommen und da war 
so ein IGBT Modul von Infineon drauf. Das habe ich eher versehentlich 
zerlegt.
Na jedenfalls war das auch nur durch Federkontakte verbunden.
Ebenso unsere Umrichter. Die Kondensatoren sitzen da auch in einer 
Schneidklemmtechnik. Jedenfalls die älteren Umrichter.

von Wolfgang (Gast)


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Thomas O. schrieb:
> kommt da ein leitfähiger Kleber zum Einsatz oder wird das Teil in der
> Mitte geklebt und der schrumpfende Kleber zieht das Teil dann näher ans
> Bord/Kontakte so das es einen Kontakt gibt?

Guckst du z.B.
https://eprpartner.com/conductive-epoxy/

von Peter L. (oe6loe)


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ich stell mir das als Riesensauerei vor, wenn man das Epoxy mit einer 
Schablone aufträgt, der Prozess ist sicher um einiges aufwändiger als 
Reflow Löten.

von Max M. (zbmax)


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so viel schlimmer ist das eigentlich nicht

von Thomas (kosmos)


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Da ihr das ja jetzt eh nicht mehr mit einer Maschine bestücken werdet, 
wäre das passende Lötzinn mit einem agressiven Flussmittel hilfreich. 
Oder man mischt sich die Lötpaste damit an.

z.B. TOPNIK TS-81 von AG TERMOPASTY zum

-Löten von Chrom-Nickel-Legierungen
-Löten von Stahl (auch säurebeständigem Stahl)

Das Zeug ist recht günstig, nutze ich für alle gröberen Lötaufgaben oder 
für alte Bauteile wo die Beinchen nicht mehr so schön glänzen.

von X-Rocka (Gast)


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Danke für die Info!
Ist mir zum Glück noch nicht begegnet - man lernt auch nach 25 Jahren in 
dem Job nicht aus...
Stelle mir gerade vor, wie ich sowas bei einer online Bestellung 
übersehe, und dann beim Prototypen-Basteln verzweifele. :D

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