Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik LM317 mit Poti - R1 oder R2 variabel machen?


von Johannes F. (emitterfolger)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Wenn beim LM317 (und dergleichen) eine justierbare Ausgangsspannung 
gewünscht wird, führt man ja in der Regel den Widerstand zwischen 
Adj-Anschluss und Systemmasse (hier R2) variabel aus, also als 
Potentiometer oder R-Trimmer.

Nun ist es aber so, dass Potentiometer/Trimmer „kratzen“ können, also 
die Widerstandswerte unerwünscht sprunghaft/zufällig verändern, wenn sie 
gealtert oder Verschleißerscheinungen ausgesetzt sind. Ich stelle mir 
das so vor, dass sich „Dreck“/Oxidschichten auf der Widerstandsbahn 
ablagern und den Übergangswiderstand zwischen Bahn und Schleifer 
erhöhen. Ist das so korrekt, oder treten noch andere Effekte auf?

In dem geschilderten Fall, also Erhöhung des R zwischen Schleifer und 
Bahn, würde Poti-„Kratzen“ in der linken Schaltung zum Absinken, in der 
rechten dagegen zum Anstieg der Ausgangsspannung führen. Da viele 
Schaltungen (Digitaltechnik z.B.) ja eher mit vorübergehend weniger 
Spannung als zu viel Spannung klarkommen, bedeutet das, dass die linke 
Schaltung (R1 variabel) in dieser Hinsicht einen Vorteil hat?

Natürlich muss auch beachtet werden, dass sich in der linken Schaltung 
der Strom durch den Spannungsteiler in Abhängigkeit der Poti-Stellung 
ändert. Das heißt, die Summe aus R11 und R12 sollte nicht größer als ca. 
240 Ohm sein, um den Mindest-Laststrom sicherzustellen.

Ich bin gespannt auf Meinungen und Denkanstöße.

von H. H. (Gast)


Lesenswert?

Johannes F. schrieb:
> Ich stelle mir
> das so vor, dass sich „Dreck“/Oxidschichten auf der Widerstandsbahn
> ablagern und den Übergangswiderstand zwischen Bahn und Schleifer
> erhöhen. Ist das so korrekt, oder treten noch andere Effekte auf?

Du siehst das völlig richtig, der Schleifer kann sogar durch ein 
Staubkorn komplett abheben.

von Gerald B. (gerald_b)


Lesenswert?

Ein kratzendes Poti in Bild 1, könntest du mit einem passend 
dimensionieren Elko abpuffern, so das bei Aussetzern im ms Bereich die 
Spannung nicht hochläuft.

von Falk B. (falk)


Lesenswert?

Nimm die rechte Schaltung, auch wenn der Poti kratzen kann. Neue Potis 
kratzen nicht, bestenfalls nach vielen Jahren unter stressigen 
Klimabedingungen. Und selbst wenn, wenn man die Widersstäne gescheit 
dimensioniert, wird dabei nicht die Maximalspannung am Ausgang 
überschritten.

von HildeK (Gast)


Lesenswert?

Deine Überlegung zu dem Fehlerfall ist schon richtig.
Die Gleichung für die Ausgangsspannung lautet:
    VO = VREF (1 + R2 / R1)
(Den Fehlerstrom durch I_ADJ habe ich mal weggelassen) Da siehst du aber 
schnell, dass die Ausgangsspannung proportional zu R2 ist, d.h. ein Poti 
an R2 gibt dir einen schönen linearen Verlauf der Spannung zur 
Potistellung. Den R21 kannst du dir übrigens sparen, denn nur dann 
kommst du auf die 1.25V minimale Ausgangsspannung herunter.

Bei einem Poti an Stelle von R1 ist der Verlauf eine Hyperbel. Anfangs 
sehr starke Abhängigkeit vom Drehwinkel, zu höheren Spannungen hin tut 
sich nicht mehr viel.
Dann wirst du, um < 240Ω zu bleiben, hier recht niederohmig werden 
müssen für die höheren Spannungen. Das heißt auch: es fließt bei großen 
Spannungen relativ viel Strom durch das Poti. Und auf die genannte 
Minimalspannung kommst du auch nicht.

Ich würde die auch im Datenblatt vorgeschlagene Variante 2 nehmen und 
mir halt ein qualitativ hochwertiges Poti besorgen.

von Michael B. (laberkopp)


Lesenswert?

Johannes F. schrieb:
> dass die linke Schaltung (R1 variabel) in dieser Hinsicht einen Vorteil
> hat?

na ja, bei LM317-adj-R2.png hängt die Ausgangsspannung linear mit der 
Potisztellung zusammen, bei LM317-adj-R1.png ist das hoch unlinear.

Die üblichen Kondensatoren puffern die Spannungsspitzen, vor allem ein 
Kondensator von ADJ nach GND.

von Manfred (Gast)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Der 240 Ohm zwischen Out und Adj gilt als Gottgegeben und wird nicht 
verstellt. Also bleibt Version 2, Poti im Fußpunkt.

Johannes F. schrieb:
> Nun ist es aber so, dass Potentiometer/Trimmer „kratzen“ können

Du kennst die Parallelschaltung von Widerständen?

Definiere Deinen Verstellbereich, setze einen Festwiderstand in den 
Fußpunkt und dazu das Poti parallel, mit einem weiteren R in Reihe. Dann 
ist bei unterbrochenem Poti zumindest die Obergrenze eindeutig.

von Armin X. (werweiswas)


Lesenswert?

Manfred schrieb:
> Der 240 Ohm zwischen Out und Adj gilt als Gottgegeben

Musst auch sagen warum.
Der Grund ergibt sich aus dem im Datenblatt angegebenen Mindeststrom 
gegen GND.

von Johannes F. (emitterfolger)


Lesenswert?

H. H. schrieb:
> Johannes F. schrieb:
>> Ich stelle mir
>> das so vor, dass sich „Dreck“/Oxidschichten auf der Widerstandsbahn
>> ablagern und den Übergangswiderstand zwischen Bahn und Schleifer
>> erhöhen. Ist das so korrekt, oder treten noch andere Effekte auf?
>
> Du siehst das völlig richtig, der Schleifer kann sogar durch ein
> Staubkorn komplett abheben.

Danke für die Bestätigung.

Gerald B. schrieb:
> Ein kratzendes Poti in Bild 1, könntest du mit einem passend
> dimensionieren Elko abpuffern, so das bei Aussetzern im ms Bereich die
> Spannung nicht hochläuft.

Das rechte Bild meinst du? Beim linken Bild würde die Ausgangsspannung 
ja einbrechen, wenn ich das richtig sehe. OK, Kondensatoren habe ich 
hier in den Skizzen weggelassen – die würden beim „Kratzen“ des Potis 
helfen, nicht aber wenn der Schleifer durch Dreck o.ä. komplett 
„abhebt“, wie H. H. oben schrieb.

HildeK schrieb:
> Den R21 kannst du dir übrigens sparen, denn nur dann
> kommst du auf die 1.25V minimale Ausgangsspannung herunter.

Den habe ich „eingebaut“, um ein „Fenster“ für den Einstellbereich 
definieren zu können, sodass dieser oberhalb der 1,25 V beginnen kann. 
Oft möchte man ja eine in gewissen Grenzen einstellbare oder 
„abgleichbare“ Spannung haben, z. B. 11..15 V oder 4,5..5,5 V.

HildeK schrieb:
> Bei einem Poti an Stelle von R1 ist der Verlauf eine Hyperbel. Anfangs
> sehr starke Abhängigkeit vom Drehwinkel, zu höheren Spannungen hin tut
> sich nicht mehr viel.
> Dann wirst du, um < 240Ω zu bleiben, hier recht niederohmig werden
> müssen für die höheren Spannungen. Das heißt auch: es fließt bei großen
> Spannungen relativ viel Strom durch das Poti. Und auf die genannte
> Minimalspannung kommst du auch nicht.

Ja das stimmt, daran hatte ich noch gar nicht gedacht.
Allerdings bezog ich mich auch eher auf kleinere Einstellbereiche, um 
z.B. eine feste Spannung genau einstellen zu können (wie etwa 
4,5..5,5 V). In diesem Fall kann man ja mit der Nichtlinearität 
vermutlich noch leben.

Manfred schrieb:
> Der 240 Ohm zwischen Out und Adj gilt als Gottgegeben und wird nicht
> verstellt.

Naja, soweit ich weiß, wurden die 240 Ohm in den Datenblättern nur 
gewählt, weil da eben gerade der Mindest-Laststrom von 1,25 V / 240 Ohm 
= etwas über 5 mA fließt. Nimmt man bspw. 220 Ohm (E12), dürfte das auch 
nicht schaden, oder?

Manfred schrieb:
> Definiere Deinen Verstellbereich, setze einen Festwiderstand in den
> Fußpunkt und dazu das Poti parallel, mit einem weiteren R in Reihe. Dann
> ist bei unterbrochenem Poti zumindest die Obergrenze eindeutig.

Daran hatte ich auch schon gedacht. Allerdings wäre dann die 
Abhängigkeit vom Poti wieder nichtlinear. Wobei das bei engen 
Verstellbereichen wohl auch nicht sehr stört.

von HildeK (Gast)


Lesenswert?

Armin X. schrieb:
> Manfred schrieb:
>> Der 240 Ohm zwischen Out und Adj gilt als Gottgegeben
>
> Musst auch sagen warum.
> Der Grund ergibt sich aus dem im Datenblatt angegebenen Mindeststrom
> gegen GND.

Die sind nicht gottgegeben, nach unten ist bis zum Maximalstrom alles 
zulässig - nur eben nicht sinnvoll.
Der TO weiß das, wie er im Eingangspost schon bemerkte.

von Manfred (Gast)


Lesenswert?

Armin X. schrieb:
> Manfred schrieb:
>> Der 240 Ohm zwischen Out und Adj gilt als Gottgegeben
> Musst auch sagen warum.
> Der Grund ergibt sich aus dem im Datenblatt angegebenen Mindeststrom
> gegen GND.

HildeK schrieb:
> Die sind nicht gottgegeben, nach unten ist bis zum Maximalstrom alles
> zulässig - nur eben nicht sinnvoll.

Oh weh, da wählt man mal einen flapsigen Ausdruck und triggert damit 
gleich die Erbsenzähler ;-)

Johannes F. schrieb:
> Naja, soweit ich weiß, wurden die 240 Ohm in den Datenblättern nur
> gewählt, weil da eben gerade der Mindest-Laststrom von 1,25 V / 240 Ohm
> = etwas über 5 mA fließt. Nimmt man bspw. 220 Ohm (E12), dürfte das auch
> nicht schaden, oder?

Natürlich schadet es nicht und die 10% Abweichung sind unbedeutend. Ich 
würde ihn nicht nennenswert unterschreiten wollen, und mehr ist halt 
unnötiger Verlust.

> Manfred schrieb:
>> Definiere Deinen Verstellbereich, setze einen Festwiderstand in den
>> Fußpunkt und dazu das Poti parallel, mit einem weiteren R in Reihe. Dann
>> ist bei unterbrochenem Poti zumindest die Obergrenze eindeutig.
>
> Daran hatte ich auch schon gedacht. Allerdings wäre dann die
> Abhängigkeit vom Poti wieder nichtlinear. Wobei das bei engen
> Verstellbereichen wohl auch nicht sehr stört.

Ich habe schon mehr als einmal Potis per Parallelwiderstand in den 
Nennbereich gebogen. Die Linearität verändert sich, aber in der Realität 
muss das Verhältnis schon extrem sein, damit es wirklich auffällt.

Du kannst Dir ja mal eine Excel-Tabelle bauen und das grafisch 
darstellen, das ist meist garnicht so wild wie befürchtet. Jede 
Schaltung sollte einer theoretischen Betrachtung stand halten, aber eben 
mit Augenmaß - der Spagat zwischen Theorie und Praxis.

von Michael B. (laberkopp)


Lesenswert?

Armin X. schrieb:
> Manfred schrieb:
>> Der 240 Ohm zwischen Out und Adj gilt als Gottgegeben
>
> Musst auch sagen warum.
> Der Grund ergibt sich aus dem im Datenblatt angegebenen Mindeststrom
> gegen GND.

Dann lass uns mal in das vom Originalhersteller reingucken

https://www.alldatasheet.com/datasheet-pdf/pdf/256603/NSC/LM317.html

Load regulation IO = 10 mA to 1500 mA

Aber 1.2V/240 Ohm macht 5mA, reicht also nicht, es müssten 120 Ohm sein.

Das wars also nicht. Auch Dinge, die man schon jahrzehnte wiederholt, 
kann man falsch machen, weil man faulerweise nie selbst nachgeguckt, 
sondern nur nachgeplappert hat.

: Bearbeitet durch User
von Johannes F. (emitterfolger)


Lesenswert?

Michael B. schrieb:
> Load regulation IO = 10 mA to 1500 mA
> Aber 1.2V/240 Ohm macht 5mA, reicht also nicht, es müssten 120 Ohm sein.

Im Datenblatt des LM317 von TI ist der „Minimum load current to maintain 
regulation“ mit typ. 3,5 mA und max. 10 mA angegeben. Im ungünstigsten 
Fall wären also wirklich max. 120 Ohm notwendig, wenn der Ausgang 
lediglich durch den Spannungsteiler belastet wird. So ist z.B. im 
Datenblatt des LM1086 von TI
https://www.ti.com/lit/ds/symlink/lm1086.pdf
auf Seite 1 ein Wert von 121 Ohm angegeben (welcher Normreihe auch immer 
dieser entstammt).

Michael B. schrieb:
> Das wars also nicht. Auch Dinge, die man schon jahrzehnte wiederholt,
> kann man falsch machen, weil man faulerweise nie selbst nachgeguckt,
> sondern nur nachgeplappert hat.

Ich denke, dass die Datenblattschreiber einfach vom typischen Wert 
ausgegangen sind und den „worst case“ nicht berücksichtigt haben.

: Bearbeitet durch User
von michael_ (Gast)


Lesenswert?

Manfred schrieb:
> Der 240 Ohm zwischen Out und Adj gilt als Gottgegeben und wird nicht
> verstellt. Also bleibt Version 2, Poti im Fußpunkt.

Kenne ich auch so.
Und warum sollen Potis kratzen?
Höchstens, wenn sie jahrelang nicht betätigt werden.

von HildeK (Gast)


Lesenswert?

Johannes F. schrieb:
> Im ungünstigsten
> Fall wären also wirklich max. 120 Ohm notwendig, wenn der Ausgang
> lediglich durch den Spannungsteiler belastet wird. So ist z.B. im
> Datenblatt des LM1086 von TI
> https://www.ti.com/lit/ds/symlink/lm1086.pdf
> auf Seite 1 ein Wert von 121 Ohm angegeben (welcher Normreihe auch immer
> dieser entstammt).
Man findet auch Datenblätter, wo 240Ω (E24, E192) und 120Ω (E12, E24, 
E192) / 121Ω (E48 und feiner) in den Beispielschaltungen drin stehen. So 
beim hier angefragten LM317. Man kann auch höher gehen, wenn der Regler 
fest verbaut ist und so die Mindestlast durch die Verbraucher zustande 
kommt.
Warum die da ihre eigenen worst case Angaben ignorieren, weiß ich nicht, 
vielleicht werden nur mit 120Ω die garantierten Toleranzen erreicht.
Die Normreihen (https://de.wikipedia.org/wiki/E-Reihe) hatte ich 
angemerkt; in der Industrie nimmt man normalerweise die Werte aus der 
E96-Reihe, daher die 121Ω.

Johannes F. schrieb:
> Allerdings bezog ich mich auch eher auf kleinere Einstellbereiche, um
> z.B. eine feste Spannung genau einstellen zu können (wie etwa
> 4,5..5,5 V). In diesem Fall kann man ja mit der Nichtlinearität
> vermutlich noch leben.

In dem Fall kannst du auch bei R2 das Poti machen: Festwiderstand 
rechnen für 5.5V und parallel dazu eine Reihenschaltung aus einem R und 
einem Poti, der den R2 dann soweit verkleinern kann, dass du auf 4.5V 
kommst. Das ist dann auch failsafe.
Dein Fehlerbild wird erst dann zum Problem, wenn du z.B. 3-12V 
einstellen können willst, aber eben auch Schaltungen damit versorgst, 
die nur 3.3V oder 5V vertragen.

von Hannes J. (Firma: _⌨_) (pnuebergang)


Lesenswert?

Michael B. schrieb:
> Load regulation IO = 10 mA to 1500 mA
>
> Aber 1.2V/240 Ohm macht 5mA, reicht also nicht, es müssten 120 Ohm sein.

Die 5 mA (240 Ohm) sind für dem LM117. Der wurde üblicherweise zusammen 
in einem Datenblatt mit dem LM317 beschrieben. Natürlich waren die 
Schaltungen in den Datenblättern für den besseren LM117 ausgelegt.

Der Rest sind dann fast 50 Jahre in denen Hersteller voneinander 
abgeschrieben haben, in denen Beschriftungen von 117 auf 317 geändert 
wurden, aber sich niemand die Mühe machte mal den Wert für den LM317 
(120 Ohm) in die Applikationsschaltungen einzusetzen.

> Das wars also nicht. Auch Dinge, die man schon jahrzehnte wiederholt,
> kann man falsch machen, weil man faulerweise nie selbst nachgeguckt,
> sondern nur nachgeplappert hat.

Kommt drauf an wo man im Datenblatt nachsieht. Die ganzen 
Applikationsschaltungen in Datenblättern enthalten üblicherweise 240 
Ohm.

Die gute Nachricht, die Welt bricht bei 240 Ohm nicht zusammen, da die 
meisten 317 auch mit 5 mA funktionieren. Offiziell liegt die 
Fertigungstoleranz bei 3,5 mA - 10 mA. Die letzten Jahrzehnte haben 
gezeigt praktisch mehr bei <= 5 mA als bei > 5 mA - 10 mA.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.