Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Messchaltung Rogowski Spule


von Marcel (Gast)


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Hallo,

ich arbeite momentan an einer Messschaltung die mit einer Rogowskispule 
ein Rechtecksignal mit 1 kHz messen soll. Der maximale zu messende Strom 
wären 6500 A.
Dabei ist ein Wert von 150 mV / kA von der Rogowskispule vorgegeben.

Beim Design habe ich mich an dem AppNote von TI orientiert:
https://www.ti.com/lit/pdf/tiduby4

Bei der Auswahl vom Op Amp habe ich darauf geachtet, dass dieser Unity 
Gain Stable ist, da der Integrator Op Amp bei einer Frequenz von 1 kHz 
ein Gain von eins hat.

Ich habe teilweise bedenken ob der Integrator nicht die Rogowskispule zu 
stark belastet. Zudem ist mir unklar ob ich die Schaltung aufgrund eines 
Rechtecksignales anders auslegen muss.
Könnte mir da jemand Input geben?
Vielen Dank im voraus.

von LDR (Gast)


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Marcel schrieb:
> Dabei ist ein Wert von 150 mV / kA von der Rogowskispule vorgegeben.

Bei welcher Nennbürde?

von Achim S. (Gast)


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Marcel schrieb:
> Zudem ist mir unklar ob ich die Schaltung aufgrund eines
> Rechtecksignales anders auslegen muss.

ne, grundsätzlich nicht. Auch wenn ein abgeleiteter Sinus natürlich 
"gutmütiger" zu messen ist als ein abgeleitetes Rechteck.

Aber was soll bei dir die dritte Verstärkerstufe? In der TI-Applikation 
dient sie als Levelshifter, aber das hast du ja allem Anschein nach 
nicht vor.

Marcel schrieb:
> Dabei ist ein Wert von 150 mV / kA von der Rogowskispule vorgegeben.

Die Angabe bezieht sich üblicherweise auf einen Sinusstrom einer 
bestimmten Frequenz (typsich 50 Hz). Bei 1 kHz hast du eine entsprechend 
höhere Ausgangsspannung.

Marcel schrieb:
> Ich habe teilweise bedenken ob der Integrator nicht die Rogowskispule zu
> stark belastet.

59kOhm ist schon "einigermaßen hochohmig, wahrscheinlich kann deine 
Rogowskispule das halbwegs gut treiben". Aber das ist nur eine allgmeine 
Schwurbelaussage. Um sicher zu sein wäre es wichtig zu wissen, welche 
Rogowskispule du konkret einsetzt und was deren Datenblatt sagt.

Marcel schrieb:
> Bei der Auswahl vom Op Amp habe ich darauf geachtet, dass dieser Unity
> Gain Stable ist, da der Integrator Op Amp bei einer Frequenz von 1 kHz
> ein Gain von eins hat.

Wäre bei dieser Schaltung nicht wirklich nötig gewesen. Und für die 
Stabilität der Schaltung gegenüber Schwingneigung ist egal, ob das 
Eingangssignal eine Frequenz von 1kHz hat oder irgend einen anderen 
Wert.

Allerdings hat deine Integratostufe bei 1kHz schon eine erkennbare 
Abweichung vom idealen Integratorverhalten. Bei DC verstärkt deine erste 
Stufe ja nur einen Faktor 5 - das ist nicht so richtig weit entfernt von 
der Verstärkung 1, die du bei deiner Signalfrequenz 1kHz anstrebst.

von Andrew T. (marsufant)


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Marcel schrieb:
> Ich habe teilweise bedenken ob der Integrator nicht die Rogowskispule zu
> stark belastet. Zudem ist mir unklar ob ich die Schaltung aufgrund eines
> Rechtecksignales anders auslegen muss.

Kapitel 3.3.2 und folgende der von Dir verlinkten applikation geben doch 
eindeutige Hinweise, worauf zu achten ist.

Das begrenzt logischerweise die Rechteck impulswiedergabe, dessen 
Rechteck Frequenz du bisher nicht verraten hast.

einfach mal durchlesen .-)

von 4R (Gast)


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LDR schrieb:
> Bei welcher Nennbürde?

50 Ohm?

von Marcel (Gast)


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Frequenz des zu messenden Signales wäre 1 kHz, habe das eventuell im 
ersten Post schlecht formuliert.

Habe endlich ein Datenblatt mit mehr Infos bekommen:
Bei 1kOhm Bürde, 50 Hz hat die Spule 150 mV / kA.

von LDR (Gast)


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Marcel schrieb:
> Habe endlich ein Datenblatt mit mehr Infos bekommen:
> Bei 1kOhm Bürde, 50 Hz hat die Spule 150 mV / kA.

Dann kannst du ja jetzt den Eingangswiderstand deiner Schaltung mit 
berücksichtigen.

von Marcel (Gast)


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Achim S. schrieb:
> Allerdings hat deine Integratostufe bei 1kHz schon eine erkennbare
> Abweichung vom idealen Integratorverhalten. Bei DC verstärkt deine erste
> Stufe ja nur einen Faktor 5 - das ist nicht so richtig weit entfernt von
> der Verstärkung 1, die du bei deiner Signalfrequenz 1kHz anstrebst.

Woran liegt das? Von der Rogowskispule kriege ich ja eigentlich kein DC, 
also kann mir das ja eigentlich egal sein oder?

von Achim S. (Gast)


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Marcel schrieb:
> Woran liegt das?

wenn die rogowskispule 0V liefert sollte der Ausgang deines integrators 
konstant sein. Bei dir wird er aber mit einer Zeitkonstante 
2,2nF*300kOhm absinken, du siehst also kein sauberes Rechteck. ein 
größerer Wert für R3 würde den Effekt reduzieren.

von Armin X. (werweiswas)


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Hallo
Interessanter Beitrag! Bleibe bitte daran und berichte. Mich 
interessiert insbesondere das Impulsverhalten. Dazu hatte auch 
Rappinstruments mal eine Ausarbeitung ins Netz gestellt. Dessen Angaben 
konnte ich mit einer kleinen selbst gewickelten Spule und rudimentärer 
Anpassung gut nachstellen.

https://www.rapp-instruments.de/index8.htm

Link öffnen, cancrusher auswählen und runterscrollen.

MfG

: Bearbeitet durch User
von Achim S. (Gast)


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so, jetzt am richtigen Rechner noch mal die etwas ausführlichere Antwort 
(samt Simu).

Marcel schrieb:
> Bei 1kOhm Bürde

dann sollten die 59kOhm deiner Schaltung nicht all zu kritisch sein.

Marcel schrieb:
> Woran liegt das? Von der Rogowskispule kriege ich ja eigentlich kein DC,
> also kann mir das ja eigentlich egal sein oder?

Du kriegst zwar kein DC, aber bei einem rechteckförmigen Strom hast du 
trotzdem Zeitbereiche, in denen der Strom konstant ist.

Bei einem idealen Integrator würde die Verstärkung für f -> 0Hz nach 
unendlich gehen. Bei deiner Integratorschaltung geht sie gegen den 
konstanten Wert 6, und der Unterschied macht sich bereits bei 1kHz 
bemerkbar. (siehe Simulation des Frequenzgangs)

Im Zeitbereich sorgt diese Zeitkonstante aus 300kOhm*2,2nF=660µs dafür, 
dass der "konstante" Teil des rechteckförmigen Stroms nicht konstant 
gemessen wird, sondern jeweils mit tau=660µs gegen 0 läuft. Die Simu 
Rechteckstrom.png zeigt dir, wie das mit einem Rückkoppelwiderstand von 
300kOhm und einem von 1MOhm am Ausgang des Integrators prinzipiell 
aussieht.

Statt den Rückkoppelwiderstand zu erhöhen, könntest du auch den 
Eingangswiderstand reduzieren und die Rückkoppelkapazität erhöhen, um 
wieder die selbe Zeitkonstante zu bekommen. In beiden Fällen würde die 
DC-Verstärkung deiner Schaltung ansteigen (daher habe ich mich in meinem 
ersten Beitrag darauf bezogen).

von Marcel (Gast)


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Achim S. schrieb:
> wenn die rogowskispule 0V liefert sollte der Ausgang deines integrators
> konstant sein. Bei dir wird er aber mit einer Zeitkonstante
> 2,2nF*300kOhm absinken, du siehst also kein sauberes Rechteck. ein
> größerer Wert für R3 würde den Effekt reduzieren.

Ja gut das ergibt Sinn. Da ich ja alle 500 µs einen Puls von der 
Rogowskispule bekomme, reichen dann nicht eine Zeitkonstante von 660 µs?
Oder ist das zu knapp bemessen?

von Achim S. (Gast)


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Marcel schrieb:
> Ja gut das ergibt Sinn. Da ich ja alle 500 µs einen Puls von der
> Rogowskispule bekomme, reichen dann nicht eine Zeitkonstante von 660 µs?
> Oder ist das zu knapp bemessen?

Das hängt davon ab, wie schmal dein Puls ist. Oben hattest du von einem 
Rechecksignal von 1kHz gesprochen. Das ergäbe Konstantstromphasen von 
~500µs, und dafür wäre mir eine Zeitkonstante von 660µs nicht gut genug 
(siehe Simu)

von Marcel (Gast)


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Deine Antwort hat sich mit meiner zeitlich überschnitten. Deine 
ausführliche Erklärung hat mir echt weitergeholfen.

Da ich ja den Strom in beide Richtungen mit einem ADC messen will müsste 
ich ja jetzt noch das Messsignal gleichrichten. Also die untere 
Halbwelle nach oben klappen. Ich habe mir bereits precision Full Wave 
Rectifier Schaltungen mit OP Amps angesehen, aber die 
Simulationsergebnisse in LTSpice waren nicht so zielführend.

von Achim S. (Gast)


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Marcel schrieb:
> Da ich ja den Strom in beide Richtungen mit einem ADC messen will müsste
> ich ja jetzt noch das Messsignal gleichrichten.

Nicht unbedingt. Du könntest auch den Signalbereich "nach oben 
verschieben". Genau dazu hat TI in seiner Appnote die dritte 
Verstärkerstufe als Levelshifter (du nutzt sie bisher nicht, bei dir ist 
die dritte Verstärkerstufe bisher überflüssig).

Marcel schrieb:
> Ich habe mir bereits precision Full Wave
> Rectifier Schaltungen mit OP Amps angesehen, aber die
> Simulationsergebnisse in LTSpice waren nicht so zielführend.

Ja: das Grundprinzip ist einfach, aber bis die Messkurven mit idealen 
Gleichrichtern wirklich passen kann es ein ziemliches Gepfrimel werden. 
Mit dem Levelshifter-Ansatz von TI hättest du dieses Problem nicht.

von Marcel (Gast)


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Achim S. schrieb:
> Nicht unbedingt. Du könntest auch den Signalbereich "nach oben
> verschieben". Genau dazu hat TI in seiner Appnote die dritte
> Verstärkerstufe als Levelshifter (du nutzt sie bisher nicht, bei dir ist
> die dritte Verstärkerstufe bisher überflüssig).

Okay gut, habe das entsprechend geändert. Aber jetzt habe ich ja nur 
noch 1,65 V um einen Strom von 6500 A aufzulösen. Macht es da eventuell 
Sinn einen Sigma Delta ADC zu verwenden?

von Achim S. (Gast)


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Marcel schrieb:
> Aber jetzt habe ich ja nur
> noch 1,65 V um einen Strom von 6500 A aufzulösen. Macht es da eventuell
> Sinn einen Sigma Delta ADC zu verwenden?

Wenn du den Freiheitsgrad hast, einen anderen ADC zu wählen, dann kannst 
du ja auch einen mit bipolarem Eingangsbereich einsetzten. (Eine 
bipolare Versorgungsspannung hast du ja offenbar.) Dann benötigst du 
weder idealen Gleichrichter noch eine Verschiebung des Bezugspegels - du 
kannst einfach direkt die AC-Spannung messen.

Ansonsten: keine Ahnung, was deine Anforderungen an die Messung sind. 
Wenn du im kA-Bereich misst, dann wirst du wohl nicht unbeding eine 
Auflösung im mA-Bereich bennötigen. Und wenn du bei der 
Auswerteschaltung Fehler im Bereich diverser % akzeptierst (das ist mein 
Eindruck aus der bisherigen Diskussion), dann brauchst du wohl auch 
keine effektive Auflösung wesentlich oberhalb von 12 Bit.

von Marcel (Gast)


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Achim S. schrieb:
> Wenn du den Freiheitsgrad hast, einen anderen ADC zu wählen, dann kannst
> du ja auch einen mit bipolarem Eingangsbereich einsetzten. (Eine
> bipolare Versorgungsspannung hast du ja offenbar.) Dann benötigst du
> weder idealen Gleichrichter noch eine Verschiebung des Bezugspegels - du
> kannst einfach direkt die AC-Spannung messen.

Nachdem ich die Preise und Verfügbarkeit von bipolaren ADCs gesehen habe 
werde ich jetzt eine Single Ended to differential OP Amp Schaltung 
einsetzen und dann mit einem fully differential ADC digitalisieren.

Genauigkeit wurde leider nie wirklich definiert, nach dem Motto so genau 
wie möglich aber billig.

Danke für die Hilfe!

Beitrag #7377420 wurde vom Autor gelöscht.
von Marcel T. (petit_miner)



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Ich habe die obige Schaltung aufgebaut und dabei aber nicht bedacht, 
dass der Strom den ich messen will nicht negativ wird bzw. nicht lückt.
Dem entsprechend wird zwar das Signal der Rogowskispule integriert 
(gelber Signalverlauf) aber ein Stromanstieg und den nichtlückenden 
Betrieb sehe ich somit nicht. Als Referenz habe ich eine Rogowskispule 
mit Integrator von PEM hier, (grüner Signalverlauf).

Wenn ich die Schaltung als idealen Integrator aufbaue, sehe ich den 
Stromanstieg und den nichtlückenden Betrieb. Dort habe ich nur dann das 
Problem das mir der Integrator nach 50ms "wegläuft" aufgrund der realen 
Eigenschaften des Operationsverstärkers. Für eine kontinuierliche 
Messung würde dies natürlich nicht funktionieren.

Welchen anderen Ansatz müsste ich wählen um den Stromverlauf wie bei der 
Referenzrogowskispule zu integrieren?

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