Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Frage zu H-Brücken Treiber


von Richard (Gast)


Lesenswert?

Hallo,

ich beschäftige mich mit H Brücken für Gleichstrommotoren. Funktion 
soweit klar, z.B der L293.

Was genau passiert im Bremszustand, wenn also beide Eingänge IN1 und IN2 
für eine Brücke den gleichen Wert haben? Mir ist klar, dass dann die 
beiden Motorphasen kurzgeschlossen sind, und durch die Bewegung des 
Motors wirkt er als Generator, was wiederum eine Spannung erzeugt, die 
der ursprünglichen entgegenwirkt, und dadurch die Spannung gegen die 
Bewegung wirkt. Was aber passiert, wenn man das direkt vom Laufbetrieb 
in den Bremsetrieb schaltet? Gibt es hier irgendwelche implementierten 
Sicherheitsmechanismen in Hardware, die ein "kontrolliertes" Bremsen 
ermöglichen?

Gleiche Frage fürs Umschalten der Richtungen: nachdem das von Außen 
direkt möglich ist, indem beide Eingänge einfach invertiert werden, was 
passiert hier genau, gibt es auch hier einen Soft-Mechanismus, der 
langsam abbremst, umkehrt und langsam wieder beschleunigt?

Ich hab das noch nie probiert, hab aktuell auch keinen rumliegen, aber 
ich stell mir das nicht ganz gesund vor, wenn diese Themen direkt 
umschaltbar sind...

Danke!

: Verschoben durch Moderator
von H. H. (Gast)


Lesenswert?

Der L293 ist ein über 40 Jahre alter Motortreiber, der hat noch keine 
Schutzeinrichtungen integriert. Bei dem müsste man das alles extern 
hinzufügen.

von Falk B. (falk)


Lesenswert?

Richard schrieb:
> Was genau passiert im Bremszustand, wenn also beide Eingänge IN1 und IN2
> für eine Brücke den gleichen Wert haben?

Kommt drauf an.

> Mir ist klar, dass dann die
> beiden Motorphasen kurzgeschlossen sind, und durch die Bewegung des
> Motors wirkt er als Generator, was wiederum eine Spannung erzeugt, die
> der ursprünglichen entgegenwirkt, und dadurch die Spannung gegen die
> Bewegung wirkt.

Stimmt soweit.

> Was aber passiert, wenn man das direkt vom Laufbetrieb
> in den Bremsetrieb schaltet?

Dein Motor bremst maximal und verheizt alle Bewegungsenergie in seiner 
Wicklung. Naja, ein wenig bleibt auch im Treiber hängen, die Endstufen 
sind ja nicht verlustfrei.

> Gibt es hier irgendwelche implementierten
> Sicherheitsmechanismen in Hardware, die ein "kontrolliertes" Bremsen
> ermöglichen?

Nein. Das muss dein Mikrocontroller machen, indem er die PWM zum Treiber 
langsam runter fährt.

> Gleiche Frage fürs Umschalten der Richtungen: nachdem das von Außen
> direkt möglich ist, indem beide Eingänge einfach invertiert werden, was
> passiert hier genau,

Das gleiche wie oben, nur anders herum. Start mit maximalbeschleunigung, 
was aber auch Maximalstrom bedeutet.

> gibt es auch hier einen Soft-Mechanismus, der
> langsam abbremst, umkehrt und langsam wieder beschleunigt?

Siehe oben.

> Ich hab das noch nie probiert, hab aktuell auch keinen rumliegen, aber
> ich stell mir das nicht ganz gesund vor, wenn diese Themen direkt
> umschaltbar sind...

Ist wie bei 180 auf der Autobahn in den (R)alleygang zu schalten ;-)

von Achim M. (minifloat)


Lesenswert?

Richard schrieb:
> Gibt es hier irgendwelche implementierten Sicherheitsmechanismen in
> Hardware, die ein "kontrolliertes" Bremsen ermöglichen?

Diode von GND nach OUT, Diode von OUT nach VCC. Damit ist eine Diode 
leitend  und durch den BJT der Gegenseite fließt der Strom.

Der L6205 hat wenigstens durchweg NMOS verbaut, braucht aber zusätzlich 
ein Stützkondensator am Bootstrap. NMOS leiten in beide Richtungen, wenn 
sie angesteuert werden. Wird z.B. bei der "verlustlosen" 
Verpolschutzschaltung mit MOSFET statt Diode so gemacht, oder auch bei 
BLDC-Leistungsendstufen, ...

mfg mf

von Richard (Gast)


Lesenswert?

OK, danke schon mal für Eure Antworten!

Eine weitere Frage noch: öfters ist auch von "Clamping" im Zusammenhang 
mit H Brücken die Rede. Was genau ist hiermit gemeint? Ich finde hierzu 
keine passenden Infos, kann mir hier jemand weiterhelfen, worum es hier 
genau geht?

Danke!

von Mark S. (voltwide)


Lesenswert?

H. H. schrieb:
> Der L293 ist ein über 40 Jahre alter Motortreiber, der hat noch keine
> Schutzeinrichtungen integriert. Bei dem müsste man das alles extern
> hinzufügen.
Und der regelmäßig explodiert.

von Falk B. (falk)


Lesenswert?

Richard schrieb:
> OK, danke schon mal für Eure Antworten!
>
> Eine weitere Frage noch: öfters ist auch von "Clamping" im Zusammenhang
> mit H Brücken die Rede. Was genau ist hiermit gemeint?

Das Klemmen (Begrenzen) der Spannung, welche vom Motor im 
Generatorbetrieb zurückgeliefert wird. Wenn dort eine große Schwungmasse 
dran hängt muss deren Energie irgendwo hin.

1.) Hartes Bremsen durch Kurzschluß des Motors. Die Energie wird im 
wesentlichen in den Motorwicklungen im Wärme umgesetzt. Das kann und 
will man oft nicht, auch deshalb, weil das mechanisch für alle 
Komponenten am stressigsten ist.
2.) Mehr oder weniger langsam die PWM runterfahren. Dabei wird aber die 
Energie vom Motor in die Stromversorgung des Treibers zurück gespeist. 
Wenn dort kein weiterer Verbraucher dran hängt, steigt diese an und kann 
so hoch werden, daß der Treiber durch Überspannung kaputt geht. Hier 
muss man die Spannung begrenzen, neudeutsch clamping. Das macht man 
entweder mit einer ausreichend leistungsstarken Z-Diode (bei kleinen 
Motoren), einer Z-Dioden Nachbildung mit Transistor oder einem 
geschalteten Leistungswiderstand (Bremschopper), der immer dann 
einschaltet, wenn die Versorgungsspannung des Treibers eine bestimmte 
Spannung überschreitet, z.B. 110%.

von H. H. (Gast)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Der L293D enhält Clamping-Dioden, der L293 dagegen nicht.

von Falk B. (falk)


Lesenswert?

H. H. schrieb:
> Der L293D enhält Clamping-Dioden, der L293 dagegen nicht.

Naja, das ist eine andere Art von Klemmung. Die braucht DIESER IC (und 
alle anderen in Bipolartechnik), weil die NPN-Endstufen keinen Stromfluß 
rückwärts erlauben. Das braucht man aber in bestimmten Betriebszuständen 
mit PWM. Moderne ICs mit MOSFETs brauchen das nicht zwingend, denn dort 
wirken die parasitären Bodydioden, außerdem können die MOSFETs auch 
aktiv Strom im Inversbetrieb leiten.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


Lesenswert?

Einige Rohm Chips, wie der BA6219 und der BA6238, haben die Dioden 
integriert. Das sind übrigens recht robuste Treiber im praktischen SIP 
Gehäuse.

von H. H. (Gast)


Lesenswert?

Falk B. schrieb:
> Naja, das ist eine andere Art von Klemmung.

Das sind Klemmdioden, sie klemmen auf Vcc+0,7V und Vee-0,7V.
Wo siehst du da eine "andere Art"?

von Falk B. (falk)


Lesenswert?

H. H. schrieb:
> Das sind Klemmdioden, sie klemmen auf Vcc+0,7V und Vee-0,7V.
> Wo siehst du da eine "andere Art"?

Es ist schon ein Unterschied, ob ich einen aktiv schaltenden Ausgang mit 
zwei normalen Dioden gegen VCC und GND begrenze oder eine 
Versorgungsspannung mit einer Z-Diode.

von H. H. (Gast)


Lesenswert?

Falk B. schrieb:
> H. H. schrieb:
>> Das sind Klemmdioden, sie klemmen auf Vcc+0,7V und Vee-0,7V.
>> Wo siehst du da eine "andere Art"?
>
> Es ist schon ein Unterschied, ob ich einen aktiv schaltenden Ausgang mit
> zwei normalen Dioden gegen VCC und GND begrenze oder eine
> Versorgungsspannung mit einer Z-Diode.

Also hast du den Begriff Klemmschaltung falsch verstanden.

von Richard (Gast)


Lesenswert?

Danke schonmal für eure Antworten!

D.h. der Begriff Clamping/Klemmen/Clamper etc wird auch für 
unterschiedliche Dinge verwendet? Das hier beschriebene Clamping mit den 
Dioden bei den H-Brücken hat wohl gar nichts mit diesen Themen hier zu 
tun:
https://en.wikipedia.org/wiki/Clamper_%28electronics%29

Ist das korrekt?

von Falk B. (falk)


Lesenswert?

Richard schrieb:
> Ist das korrekt?

Nein. Ganz allgemein bedeutet Klemmen ein Begrenzen der Spannung, meist 
mit Dioden oder Z-Dioden.

von Richard (Gast)


Lesenswert?

Falk B. schrieb:
> Das Klemmen (Begrenzen) der Spannung, welche vom Motor im
> Generatorbetrieb zurückgeliefert wird. Wenn dort eine große Schwungmasse
> dran hängt muss deren Energie irgendwo hin.
>
> 1.) Hartes Bremsen durch Kurzschluß des Motors. Die Energie wird im
> wesentlichen in den Motorwicklungen im Wärme umgesetzt. Das kann und
> will man oft nicht, auch deshalb, weil das mechanisch für alle
> Komponenten am stressigsten ist.

OK, danke für diese ausführliche Antwort. Ich habe hier jetzt 2 Bilder:

1.) wenn ein Motor läuft und es wird hart gebremst (Phasen 
kurzgeschlossen), muss die kinetische Energie des Motors irgendwohin, 
der Motor arbeitet in dem Fall wie ein Generator. Durch Dioden könnte 
diese Energie abgeleitet werden.

2.) Wenn man eine Induktivität abschaltet (und die Motorwicklung ist ja 
induktiv), dann entstehen Induktionsspannungen auf Grund von U = L * 
di/dt. Grund: Die in der Induktivität gespeicherte Energie muss 
irgendwohin, die Induktivität versucht den Strom weiter zu treiben. 
Diese Energie wird üblicherweise durch Freilaufdioden abgeleitet.

Punkt 1 und 2 sind ja nicht das gleiche oder? Das sind ja 
unterschiedliche Mechanismen / Gründe, und für beides wird irgendwie 
eine Diode verwendet, um die "Energie" abzuleiten.

Wir das besprochene "Clamping" hier aus beiden Gründen gemacht?

von Falk B. (falk)


Lesenswert?

Richard schrieb:
> OK, danke für diese ausführliche Antwort. Ich habe hier jetzt 2 Bilder:
>
> 1.) wenn ein Motor läuft und es wird hart gebremst (Phasen
> kurzgeschlossen), muss die kinetische Energie des Motors irgendwohin,
> der Motor arbeitet in dem Fall wie ein Generator. Durch Dioden könnte
> diese Energie abgeleitet werden.

Nein. Wenn er kurzgeschlossen wird, brauchst du keine Dioden bzw. die 
können nichts sinnvolles bewirken.

> 2.) Wenn man eine Induktivität abschaltet (und die Motorwicklung ist ja
> induktiv), dann entstehen Induktionsspannungen auf Grund von U = L *
> di/dt. Grund: Die in der Induktivität gespeicherte Energie muss
> irgendwohin, die Induktivität versucht den Strom weiter zu treiben.
> Diese Energie wird üblicherweise durch Freilaufdioden abgeleitet.

Ja.

> Punkt 1 und 2 sind ja nicht das gleiche oder?

Nein.

> Das sind ja
> unterschiedliche Mechanismen / Gründe, und für beides wird irgendwie
> eine Diode verwendet, um die "Energie" abzuleiten.

Spannung zu begrenzen. Klar fließt dann Strom und somit Energie.

> Wir das besprochene "Clamping" hier aus beiden Gründen gemacht?

Nur der 2.

von Wolfgang (Gast)


Lesenswert?

Mark S. schrieb:
> Und der regelmäßig explodiert.

Wenn man nicht in der Lage ist, den passend zu beschalten oder der 
Treiber für den Motor zu klein ist, kann das regelmäßig passieren - ja.

von Wolfgang (Gast)


Lesenswert?

Falk B. schrieb:
>> Diese Energie wird üblicherweise durch Freilaufdioden abgeleitet.
>
> Ja.

Nein, es wird verhindert, dass eine hohe Induktionsspannung entsteht, 
indem der Strom über die Dioden weiter fließen kann. Die Freilaufdioden 
halten das dI/dt klein, sobald sie leiten. Die Energie baut sich durch 
die ohmschen Verluste in der Spule ab, d.h. Energie wird in Wärme 
umgewandelt.

von Richard (Gast)


Lesenswert?

Wolfgang schrieb:
> Nein, es wird verhindert, dass eine hohe Induktionsspannung entsteht,
> indem der Strom über die Dioden weiter fließen kann. Die Freilaufdioden
> halten das dI/dt klein, sobald sie leiten. Die Energie baut sich durch
> die ohmschen Verluste in der Spule ab, d.h. Energie wird in Wärme
> umgewandelt.

Klingt verständlich, danke!

Falk B. schrieb:
> Richard schrieb:
>> OK, danke für diese ausführliche Antwort. Ich habe hier jetzt 2 Bilder:
>>
>> 1.) wenn ein Motor läuft und es wird hart gebremst (Phasen
>> kurzgeschlossen), muss die kinetische Energie des Motors irgendwohin,
>> der Motor arbeitet in dem Fall wie ein Generator. Durch Dioden könnte
>> diese Energie abgeleitet werden.
>
> Nein. Wenn er kurzgeschlossen wird, brauchst du keine Dioden bzw. die
> können nichts sinnvolles bewirken.

OK, das sogenannte "Clamping" wird also nur für den Fall gemacht, dass 
beim Abschalten einer Induktivität die induzierte Spannung begrenzt 
wird. Beim Ableiten der Energie über die Freilaufdiode liegt so lange 
NUR DIE Durchflussspannung über der Diode, bis die gesamte Energie 
abgeleitet ist. Den Strom dafür muss die Diode natürlich aushalten...
Das Clamping wird in diesem Fall einfach durch die Freilaufdioden 
realisiert, oder?

Ist das korrekt?

Wie wird dann der zweite Fall abgefangen, wenn die beiden 
Motoranschlüsse kurzgeschlossen sind, da wird doch auch eine ggf große 
Energiemenge einfach in den Leitungen in Wärme umgewandelt... Solange 
die Leitungen diesen Stromfluss "aushalten", ist das nicht weiter 
tragisch? Einzige Zusatzmaßnahme ist hier eventuell, dass man diesen 
Zustand eher meidet?

Wenn man eine PWM langsam zurückregelt und den Motor dadurch bremst, 
wirkt er ja auch als Generator - hier wird die Energie etwas "langsamer" 
und schonender in das Speisesystem zurückgeführt... Oder?

Danke!

von Falk B. (falk)


Lesenswert?

Richard schrieb:
> OK, das sogenannte "Clamping" wird also nur für den Fall gemacht, dass
> beim Abschalten einer Induktivität die induzierte Spannung begrenzt
> wird. Beim Ableiten der Energie über die Freilaufdiode liegt so lange
> NUR DIE Durchflussspannung über der Diode, bis die gesamte Energie
> abgeleitet ist. Den Strom dafür muss die Diode natürlich aushalten...
> Das Clamping wird in diesem Fall einfach durch die Freilaufdioden
> realisiert, oder?

Ja.

> Wie wird dann der zweite Fall abgefangen, wenn die beiden
> Motoranschlüsse kurzgeschlossen sind, da wird doch auch eine ggf große
> Energiemenge einfach in den Leitungen in Wärme umgewandelt... Solange
> die Leitungen diesen Stromfluss "aushalten", ist das nicht weiter
> tragisch?

Naja. Wenn es ein kleiner Motor ist und das nicht oft passiert kann das 
OK sein. Bei größeren Motoren überhitzt dir irgendwann die Wicklung. 
Außerdem ist es mechanisch eine starke Belastung.

> Einzige Zusatzmaßnahme ist hier eventuell, dass man diesen
> Zustand eher meidet?
>
> Wenn man eine PWM langsam zurückregelt und den Motor dadurch bremst,
> wirkt er ja auch als Generator

Ja.

> - hier wird die Energie etwas "langsamer"
> und schonender in das Speisesystem zurückgeführt... Oder?

Das ist aber der entscheidende Unterschied. Bei der Kurzschlußbremsung 
wird alle Energie im Motor in Wärme umgewandelt, bei der "sanften" 
Bremsung kann man in die Versorgung zurückspeisen. So wie es die E-Autos 
machen. Die laden den Akku, damit kann Energie zurückgewonnen werden, 
neudeutsch Recuperation.

von Richard (Gast)


Lesenswert?

Falk B. schrieb:
> Richard schrieb:
>> OK, das sogenannte "Clamping" wird also nur für den Fall gemacht, dass
>> beim Abschalten einer Induktivität die induzierte Spannung begrenzt
>> wird. Beim Ableiten der Energie über die Freilaufdiode liegt so lange
>> NUR DIE Durchflussspannung über der Diode, bis die gesamte Energie
>> abgeleitet ist. Den Strom dafür muss die Diode natürlich aushalten...
>> Das Clamping wird in diesem Fall einfach durch die Freilaufdioden
>> realisiert, oder?
>
> Ja.

Hallo Falk,

ganz bis ins letzte Detail ist mir das noch nicht klar:

1.) Wenn man eine induktive Last abschaltet, entsteht aus den 
beschriebenen Gründen eine Induktionsspannung welche durch die 
Freilaufdiode begrenzt wird, OK. (Unabhängig vom Motor, das kann in der 
Betrachtung auch eine andere induktive Last sein)

2.) Was aber ist mit der Spannung, die auf Grund der Rotation des Motors 
bei Abschalten induziert wird? Also die Umwandlung der mechanischen in 
elektrische Energie? Wird diese zur Induktionsspannung aus Punkt 1 
addiert, und BEIDE werden durch die Freilaufdiode "geklemmt"?

Das ist das was mir irgendwie noch unklar ist, es sind hier 2 
verschiedene Spannungen aus meiner Sicht?!

Danke!

von Falk B. (falk)


Lesenswert?

Richard schrieb:
> ganz bis ins letzte Detail ist mir das noch nicht klar:
>
> 2.) Was aber ist mit der Spannung, die auf Grund der Rotation des Motors
> bei Abschalten induziert wird?

Die ist ähnlich, aber nicht ganz gleich.
Man muss bei Motoren und deren Ansteuerung mittels PWM zwei Effekte 
unterscheiden.

1.) PWM. In der EIN-Phase liegt die Versorgungsspannung an der 
Indukivität (Motorwicklung) an, der Strom steigt. In der AUS-Phase, in 
welcher der Motor kurzgeschlossen ist, wird der aber NICHT gebremst, 
denn der Strom fließt ja noch in positiver Richtung, fällt aber. Die 
magnetische Energie der Wicklung wird in mechanische Energie 
umgewandelt. Sozusagen ein magnetisches Schwungrad.

2.) Wenn der Strom negativ wird, dann arbeitet der Motor als Generator. 
Hier induziert nicht das Abschalten des Stroms die Spannung, sondern die 
Bewegung des Motors (Läufers), auch wenn das je nach Motortyp leicht 
unterschiedlich im Detail passiert.

> Also die Umwandlung der mechanischen in
> elektrische Energie? Wird diese zur Induktionsspannung aus Punkt 1
> addiert,

Nein.

> und BEIDE werden durch die Freilaufdiode "geklemmt"?

Ja. Wobei man hier aufpassen muss. Ein Motor an einem Ein-Quadranten 
Steller, sprich, einfacher Transistor, kann NICHT rückspeisen! Der 
erzeugt dann eine Spannung, die proportional der Drehzahl ist und im 
Normalfall kleiner 100% Nennspannung. Erst mittels 
Zwei-Quadraten-Endstufe aus 2 Transistoren UND PWM kann man auch bei 
kleinen Drehzahlen wieder rückspeisen.

Motoransteuerung mit PWM

> Das ist das was mir irgendwie noch unklar ist, es sind hier 2
> verschiedene Spannungen aus meiner Sicht?!

Ja.

von Richard (Gast)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Falk B. schrieb:
>> und BEIDE werden durch die Freilaufdiode "geklemmt"?
>
> Ja. Wobei man hier aufpassen muss. Ein Motor an einem Ein-Quadranten
> Steller, sprich, einfacher Transistor, kann NICHT rückspeisen! Der
> erzeugt dann eine Spannung, die proportional der Drehzahl ist und im
> Normalfall kleiner 100% Nennspannung. Erst mittels
> Zwei-Quadraten-Endstufe aus 2 Transistoren UND PWM kann man auch bei
> kleinen Drehzahlen wieder rückspeisen.

OK, ich meine hier auch einen Vierquadrantensteller, also eine 
Vollbrücke.
Siehe Anhang.

Falk B. schrieb:
> 1.) PWM. In der EIN-Phase liegt die Versorgungsspannung an der
> Indukivität (Motorwicklung) an, der Strom steigt. In der AUS-Phase, in
> welcher der Motor kurzgeschlossen ist, wird der aber NICHT gebremst,
> denn der Strom fließt ja noch in positiver Richtung, fällt aber. Die
> magnetische Energie der Wicklung wird in mechanische Energie
> umgewandelt. Sozusagen ein magnetisches Schwungrad.

für die konkrete Vollbrücke im Anhang bedeutet PWM Betrieb (z.B. für 
eine Laufrichtung): PWM Signal an T1, T4 dauerhaft geschalten, T2 und T3 
gesperrt. Warum ist der Motor dann über die Ausphase der PWM 
kurzgeschlossen? Weil T1 dann für diese Zeit sperrt und der Kurzschuss 
über D2 erfolgt?

Ich dachte, wenn der (rotierende) Motor kurzgeschlossen wird, wird er 
gebremst?

von Falk B. (falk)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Richard schrieb:

> OK, ich meine hier auch einen Vierquadrantensteller, also eine
> Vollbrücke.
> Siehe Anhang.

Ist das Gleiche wie Zwei-Quadrantensteller, nur daß man auch die 
Richtung wechseln kann.

> Falk B. schrieb:
>> 1.) PWM. In der EIN-Phase liegt die Versorgungsspannung an der
>> Indukivität (Motorwicklung) an, der Strom steigt. In der AUS-Phase, in
>> welcher der Motor kurzgeschlossen ist, wird der aber NICHT gebremst,
>> denn der Strom fließt ja noch in positiver Richtung, fällt aber. Die
>> magnetische Energie der Wicklung wird in mechanische Energie
>> umgewandelt. Sozusagen ein magnetisches Schwungrad.
>
> für die konkrete Vollbrücke im Anhang bedeutet PWM Betrieb (z.B. für
> eine Laufrichtung): PWM Signal an T1, T4 dauerhaft geschalten,

Kann man machen, ist aber eher ungünstig. Man schaltet immer eine 
Halbbrücke als Gesamteinheit. Also PWM an T1/T2 (invertiert mit Totzeit, 
das macht meist der Treiber selber), T3/T4 schalten nur statisch die 
Richtung um.

> T2 und T3
> gesperrt. Warum ist der Motor dann über die Ausphase der PWM
> kurzgeschlossen?

Ist er nicht. In deiner Beschreibung wäre ja dann der Motor im echten 
mechanischen Freilauf (passive PWM) und die Energie der Wicklung wird in 
die Versorgung zurück gespeist. Diese Betriebsart wird manchmal 
verwendet, hat aber weniger Leitung am Motor. Siehe Anhang. So fließt 
der Stom in der EIN-Phase (rot) und AUS-Phase (blau) der PWM.

Die aktive PWM schaltet immer T2/T2 (invertiert) und T4 dauerhaft ein. 
Siehe Anhang. Dann wird die Energie der Wicklung in mechanische Energie 
umgewandelt.

> Ich dachte, wenn der (rotierende) Motor kurzgeschlossen wird, wird er
> gebremst?

Wird er auch. Aber erst wenn der Strom in den Wicklungen negativ wird.

von Richard (Gast)


Lesenswert?

Vielen Dank Falk!

Deine Beschreibungen in diesem Forum sind immer wieder sehr hilfreich!

von Falk B. (falk)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Ich hab mal was simuliert. Basierend auf einem einfachen DC Motor 
Modell.

https://www.precisionmicrodrives.com/ab-025

Hier sieht man das prinzipielle Verhalten des DC-Motors beim 
Beschleunigen und Bremsen mit voller Spannung. Am Anfang wird der Strom 
nur durch den ohmschen Widerstand der Wicklung begrenzt, das ist der 
gefürchtete Blockierstrom. Den muss der Treiber aushalten oder 
elektronisch begrenzen. Die Wicklungsinduktivität kann nur den Anstieg 
etwas verlangsamen. Wenn der Motor in Bewegung kommt, steigt die 
Drehzahl und damit die induzierte Spannung in der Wicklung (EMF) und die 
Stromaufnahme sink deutlich. Beim Bremsen wird der Motor zum Generator 
und liefert Strom, der hier aber nahezu komplett im Wicklungswiderstand 
R1 verheizt wird.

V(EMF) ist linear proportional zur Drehzahl
I(R1) ist linear proportional zum Drehmoment
V(Torque) ist das Drehmoment (elektrischer Ersatzparameter)
I(R2) ist die Drehzahl (elektrischer Ersatzparameter)

Mit PWM ist es praktisch der gleiche Verlauf, mit dem Unterschied, daß 
der Wechselanteil des Stroms sichtbar ist. Je größer die 
Wicklungsinduktivität oder PWM-Frequenz, umso kleiner wird der. Wie 
bereits gesagt, in den AUS-Phasen der PWM ist der Motor zwar 
kurzgeschlossen, der Strom fließt aber dennoch weiter in positiver 
Richtung und treibt den Motor an, auch wenn der Strom leicht fällt. Die 
Energiequelle ist die Wicklungsinduktivität L1. Erst beim Abschalten der 
PWM und dauerhaftem Kurzschluss wird der Strom negativ und es wird 
gebremst.

Wie man am Modell sieht, gibt es zwei wesentliche Zeitkonstanten in 
einem (DC) Motor. Die elektrische der Wicklung und die mechanische des 
Rotors. Letztere ist in den allermeisten Fällen deutlich größer, so 
Faktor 10-100.

In der 3. Simulation sieht man einen Ein Quadraten Steller. Der kann 
nicht aktiv bremsen, nur einen mechanischen Freilauf gewähren. Darum 
fällt die Drahzahl auch relativ langsam.

Im Zip-Archiv sind alle Daten zusammengefaßt.

: Bearbeitet durch User
von Falk B. (falk)


Lesenswert?


von Richard (Gast)


Lesenswert?

Hallo!

Vielen Dank für die ausführlichen Infos!

Eine kleine frage ist noch offen geblieben: Wenn ich einen DC Motor mit 
PWM zurückregeln (bremsen) will, dann wird ja abhängig von PWM High/Low 
gebremst bzw Energie in die Versorgung rückgespeist.

Wenn z.B. bei der weiter oben abgebildeten H-Brücke an T2 ein PWM Signal 
gelegt wird, und T4 ist fix durchgeschalten, dann ist:
 - bei PWM High an T2 der Motor kurzgeschlossen (Bremswirkung)
 - bei PWM LOW an T2 fließt Strom über D1 zurück in die Versorgung 
(Rückgewinnung)

wenn ich z.B. 25% Duty Cylce habe, dann wird zu 25% gebremst und zu 75% 
rückgeführt, kann man das so sagen? Das würde aber bedeuten, dass bei 0% 
Duty Cycle (sprich Dauer Low Signal bzw T2 durchgehend sperrend) die 
ganze Energie vom Generator zurückgespeist. Ist dann überhaupt eine 
"Bremswirkung" bemerkbar? Ist der Motor dann leichtgängig und "lauft nur 
durch Reibungsverluste aus" oder gibt es trotzdem eine "Bremswirkung", 
die aber kleiner ist, als wenn aktiv T2 eingeschalten wird?

Danke!

von Falk B. (falk)


Lesenswert?

Richard schrieb:

> Wenn z.B. bei der weiter oben abgebildeten H-Brücke an T2 ein PWM Signal
> gelegt wird, und T4 ist fix durchgeschalten, dann ist:
>  - bei PWM High an T2 der Motor kurzgeschlossen (Bremswirkung)
>  - bei PWM LOW an T2 fließt Strom über D1 zurück in die Versorgung
> (Rückgewinnung)

Nicht so einfach. Wenn man rückspeisen will, muss die PWM aktiv sein, 
sie darf nicht dauerhaft auf LOW oder HIGH stehen. Denn nur so kann bei 
niedrigen und mittleren Drehzahlen der Motor mit seinen Wicklungen als 
Hochsetzsteller arbeiten und ausreichend Spannung für die Rückspeisung 
erzeugen.

> wenn ich z.B. 25% Duty Cylce habe, dann wird zu 25% gebremst und zu 75%
> rückgeführt, kann man das so sagen?

Nein. Die Rechnung ist komplizierter.

> Das würde aber bedeuten, dass bei 0%
> Duty Cycle (sprich Dauer Low Signal bzw T2 durchgehend sperrend) die
> ganze Energie vom Generator zurückgespeist.

Eben nicht. Siehe oben.

> Ist dann überhaupt eine
> "Bremswirkung" bemerkbar?

Nö, denn dann ist der Motor im mechanischen Freilauf und es wird 
praktisch gar nichts zurück gespeist.

> Ist der Motor dann leichtgängig und "lauft nur
> durch Reibungsverluste aus"

JA!

> oder gibt es trotzdem eine "Bremswirkung",
> die aber kleiner ist, als wenn aktiv T2 eingeschalten wird?

Nein.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.