Forum: HF, Funk und Felder Wer kennt sich mit HFSS und CST aus?


von Tobias P. (hubertus)


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Hallo,

ich versuche, einen Microstrip Resonator zu simulieren, ein SOLR (square 
open loop resonator). Ich habe sowohl in CST als auch in HFSS die exakt 
gleiche Geometrie gemalt, siehe Bilder im Anhang. Das Substrat ist 
quadratisch, 40x40 mm, und 0.508mm dick mit er=3.66 in beiden 
Simulationen.
Die beiden Mikrostrips links und rechts sind in beiden Simulationen 
1.1mm breit, sodass sie 50 Ohm haben sollen. Der Resonator in der Mitte 
hat eine Seitenlänge von 10mm und einen Gap von 1 mm, die Breite der 
Leiterbahn ist 1 mm.
Eigentlich soll der Resonator lose angekoppelt werden, um ihn möglichst 
wenig zu verstimmen, damit die Resonanzfrequenz bestimmt werden kann.

Ich habe nun mit beiden Tools simuliert, und ich erhalte total 
unterschiedliche Ergebnisse. Da der Luftspalt zwischen den beiden 
Ankopplungsleitungen und dem Resonator recht klein ist, müsste auch die 
Kopplung recht stark sein, deshalb meldet CST auch erwartungsgemäss 
einen hohen S21, siehe Beilage csts21. Schötzungsweise hat dieser SOLR 
eine Resonanzfrequenz von gut 2.6 GHz, wie man an dem Peak erkennt.

Mit HFSS sieht die selbe Simulation aber völlig anders aus.
a) der Dip bei rund 3.5 GHz, welcher eigentlich erwartungsgemäss da sein 
sollte, und bei CST auch richtig heraus kommt, fehlt komplett.
b) der Peak liegt gut 500 MHz tiefer.
c) S21 bei der Peakfrequenz ist ca. -20dB, obwohl auch hier die Kopplung 
stark sein sollte.

Ich kann mir im Moment nicht erklären, woher diese Abweichungen kommen, 
und frage mich natürlich auch, welchem Tool man glauben darf?
in HFSS habe ich den "Interpolating Sweep" benutzt, mit 5001 Punkten. 
CST verwendet den "Fast Reduced Order" Frequency Domain Sweep, ebenfalls 
mit 5001 Punkten. Das grosse Rätsel für mich ist, woher die Abweichung 
kommt, und wie man das korrigieren kann.
Weder HFSS noch CST geben Warnungen aus, bei beiden wird Konvergenz 
gemeldet und das adaptive Meshing wird auch erfolgreich abgeschlossen.

Hat jemand Ideen?

von Bernhard S. (gmb)


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Tobias P. schrieb:
> Ich kann mir im Moment nicht erklären, woher diese Abweichungen kommen,
> und frage mich natürlich auch, welchem Tool man glauben darf?

Eine so krasse Abweichung bei so einer recht einfachen Struktur kann 
nicht sein - bei einem der Tools hast du etwas falsch gemacht, das ist 
wohl sicher.

Hast du Erfahrung mit beiden Tools? Hast du bei anderen Simulationen 
bisher eine Übereinstimmung zwischen HFSS und CST gehabt?

Poste doch die Original - Simulationsfiles, hier gibt es vielleicht den 
ein oder anderen der mal drüber schauen kann.

von Tobias P. (hubertus)


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Ich finde die Abweichung eben auch zu krass.
Ich habe mit beiden Tools Erfahrung, aber mit HFSS habe ich bis jetzt 
nur Hohlleiter und solches Zeug gemacht, keine Mikrostrips, deshalb kann 
es gut sein, dass ich da was falsch gemacht habe.
Habe nun noch ein bisschen mit den Solver Einstellungen herum gepröbelt 
und mehr Mesh Refinement Passes eingestellt, jetzt ist die Frequenz 
circa ein wenig höher, aber die Abweichung ist immer noch da.
In der Beilage mal meine beiden Simulationsfiles.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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In der Microwave&RF gab es in den letzten Jahren mehrere 
Veröffentlichungen zu ähnlichen Microstrip-Berechnungen. Autoren aus 
Nahost in Zusammenarbeit mit der Uni Magdeburg. Darunter auch zwei 
Ingenieurinnen aus Marokko, was mir besonders auffiel.

Mal gegoogled:
https://www.mwrf.com/technologies/components/article/21848926/tiny-microstrip-antenna-covers-wlan-lte-and-wimax
https://www.mwrf.com/technologies/passive-components/article/21846874/develop-a-bpf-from-a-compact-dgs-lpf

und weitere, zu finden mit der Suche nach "Magdeburg" auf den Seiten von 
mwrf
https://www.mwrf.com/search?filters={%22text%22:%22Magdeburg%22,%22type%22:[],%22websiteSchedule%22:[]}

von GHz N. (ghz-nerd)


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Mit wievielen Mesh Zellen sind die jeweiligen gaps aufgelöst?

von Tobias P. (hubertus)


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GHz N. schrieb:
> Mit wievielen Mesh Zellen sind die jeweiligen gaps aufgelöst?

In der Beilage 2 Screenprints von HFSS und CST, wo man das Mesh sieht.
Meiner Meinung nach sollten die beiden Meshes etwa gleichwertig sein.
Das ist das automatisch generierte Mesh anch der adaptiven Anpassung, 
d.h. hier wurde am Mesh nichts von Hand optimiert.

von Tobias P. (hubertus)


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Christoph db1uq K. schrieb:
> In der Microwave&RF gab es in den letzten Jahren mehrere
> Veröffentlichungen zu ähnlichen Microstrip-Berechnungen. Autoren aus
> Nahost in Zusammenarbeit mit der Uni Magdeburg. Darunter auch zwei
> Ingenieurinnen aus Marokko, was mir besonders auffiel.
>
> Mal gegoogled:
> 
https://www.mwrf.com/technologies/components/article/21848926/tiny-microstrip-antenna-covers-wlan-lte-and-wimax
> 
https://www.mwrf.com/technologies/passive-components/article/21846874/develop-a-bpf-from-a-compact-dgs-lpf
>
> und weitere, zu finden mit der Suche nach "Magdeburg" auf den Seiten von
> mwrf
> 
https://www.mwrf.com/search?filters={%22text%22:%22Magdeburg%22,%22type%22:[],%22websiteSchedule%22:[]}

danke für die Links, die sind durchaus interessant!

von GHz N. (ghz-nerd)


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Tobias P. schrieb:

> In der Beilage 2 Screenprints von HFSS und CST, wo man das Mesh sieht.
> Meiner Meinung nach sollten die beiden Meshes etwa gleichwertig sein.
> Das ist das automatisch generierte Mesh anch der adaptiven Anpassung,
> d.h. hier wurde am Mesh nichts von Hand optimiert.

Interessant ist die Tatsache, dass die beiden adaptiven Anpassungen 
nicht dieselbe Meinung haben, welches die "interessanten" Bereiche sind 
(siehe Bild)...
In beiden Fällen scheint mir das Mesh um den Resonator selbst aber schon 
grenzwertig grob, wenn das Ziel darin besteht, die Resonanzfrequenz 
halbwegs genau vorherzusagen.

Ausserdem sieht es in den Mesh-Bildern so aus, als seien die Gaps 
zwischen Microstrip und Resonator in der HFSS Simulation grösser als in 
der CST Version sind... Vielleicht lohnt es sich, nochmals nachzumessen 
und die Parametrisierung zu überprüfen...

von Tobias P. (hubertus)


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GHz N. schrieb:
> Ausserdem sieht es in den Mesh-Bildern so aus, als seien die Gaps
> zwischen Microstrip und Resonator in der HFSS Simulation grösser als in
> der CST Version sind... Vielleicht lohnt es sich, nochmals nachzumessen
> und die Parametrisierung zu überprüfen...

das täuscht, ich habe grade nachgemessen, in beiden Simulationen ist der 
Gap 0.5mm. Wodurch eigentlich eine recht starke Koppling resultieren 
sollte!

GHz N. schrieb:
> Interessant ist die Tatsache, dass die beiden adaptiven Anpassungen
> nicht dieselbe Meinung haben, welches die "interessanten" Bereiche sind

ich denke, der interessanteste Teil sollte eigentlich der Gap im 
Resonator sein, aber diesen lösen beide Programme nur mit wenigen Zellen 
auf.
Eigentlich würde ich ja erwarten, dass das adaptive Meshing "merkt", wo 
das Mesh noch verfeinert werden muss, scheint aber in dem Fall nicht so 
gut zu funktionieren.

Bleibt dann die Frage, welcher der beiden Simulationen man überhaupt 
glauben darf bzw was ich tun kann, damit es funktioniert. Hast du eine 
Idee?

von Michael (tangreth)


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Wie es in einem der Screenshots aussieht werden bei CST Waveguide Ports 
für die Simulation verwendet. Die Port Definition sieht mir hier etwas 
fragwürdig aus und kann durchaus zu solchen falschen Ergebnissen führen. 
Am besten mal in der Hilfe nachschauen, welche Höhe und Breite die 
Waveguide Ports haben sollten. Vielleicht auch nochmal die Boundaries am 
Port in beiden Tools kontrollieren, ob die zu dem entsprechenden Port 
passen.

: Bearbeitet durch User
von GHz N. (ghz-nerd)


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Tobias P. schrieb:
> Bleibt dann die Frage, welcher der beiden Simulationen man überhaupt
> glauben darf bzw was ich tun kann, damit es funktioniert. Hast du eine
> Idee?

Der Hinweis mit der Port-Definition ist sehr wichtig, da schliesse ich 
mich Michael an.
In CST kannst du die berechnete bzw. für die Sim verwendete "port mode" 
in der 3D Ansichtanzeigen lassen, so lässt sich üblicherweise schnell 
erkennen, ob etwas schiefgelaufen ist. Generell eignet sich das Plotten 
der E-Feld-Verteilung als Plausibilitätsprüfung. Ich würde ein paar 
"field monitors' auf und neben den Resonanzfrequenzen erstellen und 
anschauen.
Wenn das so weit ok aussieht, kannst du noch schauen, ob sich mit 
manuellem verfeinern des Resonator-Meshes (via "local mesh properties" 
o.Ä.) in Sachen S-Parameter noch etwas tut.

von Tobias P. (hubertus)


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Die Definition der Ports in CST ist definitiv richtig, weil
a) die Feldverteilung OK ist
b) die Impedanz des Ports korrekt zu 50 Ohm berechnet wird.
Ich denke auch, dass die CST-Simulation mit grosser Sicherheit korrekt 
ist, weil ich mit CST schon mal so ein Filter entworfen habe:

https://hb9fsx.ch/wp-content/uploads/2018/01/rf_filter_pcb.jpg

https://hb9fsx.ch/wp-content/uploads/2018/01/rffilter_spar.png

Jetzt wollte ich es mit HFSS machen, um damit ein wenig fitter zu 
werden, aber das klappt noch nicht ganz (-:

von Matthias B. (dl4bm)


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Ausgehend vom Mesh hast Du bei CST schon den Solver im Frequenzbereich 
benutzt. Vielleicht kannst Du das ganze nochmal im Zeitbereich 
simulieren, die Ergebnisse sollten sich decken.
(normalerweise ist es ungünstig, resonante Strukturen im TD zu 
simulieren, aber hier soll das ganze nur als Plausibilitätscheck dienen)

von Purzel H. (hacky)


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Als vieljaehriger CST Benutzer...
Es gibt viele Parameter. Einen Waveguideport wuerde ich erst nach einer 
Verifikation verwenden. Fuer das Verhalten passt der schon. Allerdings 
strahlt ein halboffener Wellenleiter schon ab. Das Substrat wird 
ultimativ an einem Koax betrieben, oder effektiv an einem Wellenleiter 
in einer etwas anderen Konfiguration ?
Was ich zB machen muss, ist die Leitfaehigkeit des Materials der Messung 
anpassen. Ja, es gibt eine Kupfer Leitfaehigkeit, die passt theoretisch 
sicher, aber dann gibt es eben auch noch eine Oberflaechenrauhigkeit. 
Sowie die Rauhigkeit des Randes des Tracks. Die geht zusaetzlich in die 
Leitfaehigkeit ein. Das S11 beinhaltet die Leitfaehigkeit, resp dessen 
Verluste.
Der andere Punkt ist die Gitterung. Man wuerde annehmen, dass die 
Resultate bei schrittweise dichterer Gitterung konvergieren. Und sich 
bei beiden Tools annaehern.
Allenfalls wichtig bei Resonatoren, bei einer Messung. Ich hab grad 
nicht die Guete abgelesen. Bei Resonatoren wird das Feld ja ueberhoeht. 
Irgendwann, ab irgend einer Guete wird die Verlustleistung wichtig, denn 
das Material erwaermt sich, und bekommt schlechtere Werte. Beides, das 
Kupfer, ebenso wie das Dielektrikum. Schlussendlich wird die Leistung im 
Resonator verbraten. Und wenn man da 100mW reinlaesst... Dabei ist 
uebrigens zu beachten, dass die CST Resultate auf 1Watt normiert sind.

Grad nochmals nachgeschaut.. Die Gitterung ist massiv zu grob. Ich wollt 
im Luftspalt mindestens 4 Gitterzellen, lieber mehr. Meine 
(Hohlraum-)Resonatoren rechne ich mit vielleicht 600k Zellen. Man sollt 
auch noch adaptive Gitterung waehlen.

: Bearbeitet durch User
von Tobias P. (hubertus)


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Hallo,

adaptives Meshing ist natürlich aktiviert und laut Angaben von CST 
konvergiert es auch. Der Port ist zu 99.9% auch richtig, eine Support 
Dame bei CST hat mir vor Jahren mal ein Beispiel geschickt, wo das auch 
so gehandhabt wurde.
Darum würde ich dem CST Resultat in dem Falle wirklich glauben. Aber dem 
HFSS Resultat glaube ich nicht. :-(

von GHz N. (ghz-nerd)


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Tobias P. schrieb:
> Hallo,
>
> adaptives Meshing ist natürlich aktiviert und laut Angaben von CST
> konvergiert es auch. Der Port ist zu 99.9% auch richtig, eine Support
> Dame bei CST hat mir vor Jahren mal ein Beispiel geschickt, wo das auch
> so gehandhabt wurde.
> Darum würde ich dem CST Resultat in dem Falle wirklich glauben. Aber dem
> HFSS Resultat glaube ich nicht. :-(

Meine Einschätzung:

Das CST-Resultat wiedergibt den korrekten grundsätzlichen Verlauf der 
Frequenzantwort, könnte aber durchaus ein etwas feineres Mesh vertragen. 
Das
Default-Konvergenzkriterium ist schliesslich willkürlich festgelegt d.h 
CST-Erfahrungswert, meistens (!) ausreichend und nicht unnötig langsam.

Beim HFSS Resultat sind sicher die grösseren Fragezeichen, allerdings 
lässt sich ohne ein Bild der berechneten Feldverteilung nicht wirklich 
sagen, was da schief läuft.

von Tobias P. (hubertus)


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GHz N. schrieb:
> allerdings
> lässt sich ohne ein Bild der berechneten Feldverteilung nicht wirklich
> sagen, was da schief läuft.

Hier ein Screenprint des Betrags des E-Felds bei der Resonanzfrequenz.

von GHz N. (ghz-nerd)


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ok... Die Feldverteilung sieht nicht völlig verkehrt aus, allerdings 
fällt hier die Grobheit Meshs noch deutlicher auf. Ich würde hier mal 
manuell die Meshdichte eine Stufe hochschrauben und dann weiterschauen

von Karl (Gast)


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Tobias P. schrieb:
> Meiner Meinung nach sollten die beiden Meshes etwa gleichwertig sein.

gespiegelt sieht das so aus.

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