Forum: Platinen Einschicht Kupfer Platinen und Teilentladungsmessung im Bereich Hochspannung


von Arnaud K. (arnaud1)


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Hallo Zusammen,
Ich arbeite in einem Projekt, wo ich ungefähr 3 oder 4 kleine Stücke 
Einschichte Kupfer Platinen benutze, um Bauteile in Reihe zu schalten. 
Eingentlich sollten diese Kupfer Platinen hier nacheinander in einem 
bestimmten Abstand so gelegt werden, sodass diese Bauteile dazwischen 
gelötet wird und das Ziel ist hier, diese Bauteile in Reihe mit diesen 
kleinen Stücke Platinen zu schalten.
Das gesamte Bauteil muss im Hochspannung Bereich benutzt werden und das 
andere Ziel für das Projekt ist,  dass das gesamte Bauteil weniger 
Teilentladungen bei der Messung hat. Deswegen habe ich so gedacht, die 
unbenutzte Leiterbahne mit einem Kupferdraht zu decken, indem ich 
einfach einen Kupferdraht auf diese Leiterbahne löte. Da diese 
Leiterbahne Scharfe Kanten haben und Teilentladungen kommen auch von 
scharfe Kanten. Das es hier kleine Stücke Platinen geht, ist die 
unbenutzte Leiterbahne pro Platine nur eine Linie von 1 cm so ungefähr. 
Deswegen wäre  Laut meiner Idee nur einen Kupferdraht von 1cm ungefähr 
darauf zu löten.
Ich weisse nicht, ob es eine gute Idee ist. wenn Jemand eine bessere 
Idee hat. wäre sehr Hilfreich.

Viele Grüße
Arnaud

: Bearbeitet durch User
von Falk B. (falk)


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Naja, mein Trolldetektor zuckt ein wenig.

Ein Bild deines Ausbaus wäre sehr hilfreich. Generell ist es so, daß bei 
Hochspannung

a) keine Metallteile auf freiem Potential liegen sollten
b) Metall- als auch Isolationsteile möglichst rund ohne scharfe Kanten 
sein sollten.

Das Ganze ist natürlich von der Feldstärke abhängig. Bei 1kV passiert da 
noch nicht viel, oder der Aufbau muss SEHR klein sein, damit da 
Teileintladungen auftreten. Bei 10kV knistert es schon mal fix. Bei 
deutlich über 10kV muss man wissen was man tut.

>Deswegen habe ich so gedacht, die
>unbenutzte Leiterbahne mit einem Kupferdraht zu decken, indem ich
>einfach einen Kupferdraht auf diese Leiterbahne löte.

Warum haben deine Platinen unbenutzte Leiterbahnen?
Ein Bild ist nötig. Außerdem eine Angabe der Spannung.

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo  Arnaud und Falk.

Falk B. schrieb:
> Naja, mein Trolldetektor zuckt ein wenig.

Wer anständig fragt, hat auch eine vernünftige Antwort verdient.

> Ein Bild deines Ausbaus wäre sehr hilfreich. Generell ist es so, daß bei
> Hochspannung

Richtig.


> a) keine Metallteile auf freiem Potential liegen sollten

Nein, so allgemein kann man das nicht sagen. Bei der Potentialsteuerung 
von Stoßspannungsbelastungen wird das sogar extra so gemacht. Beispiel 
aus vielen Lehrbüchern, die Hochspannungsdurchführung. Es werden in die 
Isolierung leitende Zwischenlagen eingebracht, so dass sich die 
Stoßspannung umgekehrt proportional zur Kapazität der Zwischenlagen  zu 
Innenleiter oder einer Außenhülse verteilt. Damit kann man die 
Spannungsbelastung der Isolierung im Bereich des Innenleiters etwas 
verringern bzw. über die Isolierung vergleichmäßigen.

Aber Du hast Recht, wenn man leitfähige, nicht notwendigerweise 
metallische, Teile einbringt, die nicht an ein Potential angebunden 
sind, wird das ganze unübersichtlich, und es wird schwer zu wissen was 
man tut.

> b) Metall- als auch Isolationsteile möglichst rund ohne scharfe Kanten
> sein sollten.

Richtig.

> Das Ganze ist natürlich von der Feldstärke abhängig. Bei 1kV passiert da
> noch nicht viel, oder der Aufbau muss SEHR klein sein, damit da
> Teileintladungen auftreten. Bei 10kV knistert es schon mal fix. Bei
> deutlich über 10kV muss man wissen was man tut.
>

Das stimmt. Allerdings, bei praktischer Anwendung in einer uralten 
verdreckten Industrieanlage liegt die Grenze deutlich unter 1kV. ;O)

Sollte aber bei einem Laboraufbau hoffentlich kein Problem sein.

>>Deswegen habe ich so gedacht, die
>>unbenutzte Leiterbahne mit einem Kupferdraht zu decken, indem ich
>>einfach einen Kupferdraht auf diese Leiterbahne löte.
>
> Warum haben deine Platinen unbenutzte Leiterbahnen?
> Ein Bild ist nötig. Außerdem eine Angabe der Spannung.

Richtig.

An  Arnaud:
Irgendwie habe ich mir das jetzt so vorgestellt, dass Du, um dem 
Kanteneffekt bei Leiterbahnen zu entgehen, einen runden
Kupferdraht längst an der Kante der Leiterbahn herum verlöten möchtes, 
um diese zu verrunden.

Das wäre eine theoretische Lösung, die aber praktisch nicht so leicht 
gut umzusetzen ist. Auch wenn Du sehr sorgfältig arbeitest: Eine winzige 
Stufe am Übergang Leiterbahn zu Draht wird sich nicht vermeiden lassen, 
Lötzinn kann schnell Nasen und Spitzen bilden, und die Inhomogenität 
durch das dielektrische Material der Leiterplatte neben Luft bleibt. Und 
Dein Draht hat zwei Enden, die irgendwie sehr glatt zusammengelötet 
werden müssen. Diese Stelle so plazieren, dass die lokale Feldstärke 
dort nicht sooo extrem wird, und gut mechanisch nacharbeiten.

Wenn Du Versuchsanordnungen in der Nähe des Teilentladungseinsatzes 
betreibst, so werden diese nicht nur verrundet, sogar extrem poliert, 
und es ist auf extreme Sauberkeit zu achten. Teilentladungen können auch 
an Staub ansetzten.

Praktisch versucht man dem zu entgehen, indem man genug Abstandsreserven 
einführt. Leiterbahnen bleiben aber ein Problem, weil die naturgemäß 
immer sehr kleine Radien an den Kanten haben, und der Sprung in der 
Dielektrizitätskonstante Leiterplattenmaterial zu Luft das ganze noch 
einmal verkompliziert.....im extremen Extremfall: Auch Epoxyd 
Leiterplatten sind nicht homogen, weil sie meistens aus 
Glasfasermaterial in einer Epoxydharzmatrix bestehen. Von Lunkern 
spreche ich jetzt mal nicht....

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.l02.de

: Bearbeitet durch User
von Hp M. (nachtmix)


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Arnaud K. schrieb:
> Da diese
> Leiterbahne Scharfe Kanten haben und Teilentladungen kommen auch von
> scharfe Kanten

Die scharfen Kanten verschwinden, wenn du die fertig gelötete Platine 
lackierst oder beschichtest.

von Arnaud K. (arnaud1)


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Hp M. schrieb:
> Arnaud K. schrieb:
>> Da diese
>> Leiterbahne Scharfe Kanten haben und Teilentladungen kommen auch von
>> scharfe Kanten
>
> Die scharfen Kanten verschwinden, wenn du die fertig gelötete Platine
> lackierst oder beschichtest.
Interessant, ich hatte noch nicht über die Lackierung oder Beschichtung 
von fertigen Platine gehört. Wie werden diese fertige gelötete Platine 
bitte lackiert oder beschichten? Wenn Sie mir ein bisschen erklären 
können. Danke

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Arnaud.

Arnaud K. schrieb:

> Interessant, ich hatte noch nicht über die Lackierung oder Beschichtung
> von fertigen Platine gehört. Wie werden diese fertige gelötete Platine
> bitte lackiert oder beschichten?

Das Zeug nennt sich "Conformal coating", als ein Beispiel "Dow Corning 
3140 RTV Coating" oder RTV DISPERSION COATING T-84 von Wacker. Das Zeug 
ist so ähnlich wie Sanitärsilikon (das nicht Eessigsäurevernetztende), 
aber frisch viel dünnflüssiger.

Die Platine wird darin eingetunkt, mit einem Pinsel eingepinselt oder 
aus einer Spritze damit bedeckt, je nachdem was am praktikabelsten ist.
Es ist, je nach den Umständen und Verfahren auch möglich, nur Teile 
einer Platine damit zu behandeln oder aber die Platine in einer Form 
komplett zu vergiessen.

Weil das Material zuerst noch sehr dünnflüssig ist, verteilt es sich von 
selber gut auf der Platine und rinnt um Bauteile herum und unter diese.
Dadurch ergibt sich nach aushärten eine fast blasenfreie Silikonschicht 
als Schutz gegen Feuchtigkeit und Kriechströme*). Die Schicht ist einige 
zehntel bis einige Millimeter dick, je nach Untergrund und Effekt der 
Oberflächenspannung. Für dickere Schichten mehrmals auftragen, nach 
zwichenzeitlichem Aushärten.

Es gibt auch noch andere Systeme, entweder als Ein- oder als 
Zweikomponentensystem. Beispiele wären Acryl, PUR und Epoxydmassen. 
Einige können sehr hart werden, andere behalten eine puddingähnliche 
Konsistenz.
Namen z.B. "Elektra PU157".

Für detailiertere Informationen empfehle ich die Datenblätter für 
"conformal Coating" im Speziellen und "Vergussmassen Elektronik" oder 
"Vergussmassen Hochspannung" im allgemeinen. Google oder Metager bringt 
passendes.....

Von wegen Teilentladungen:
Die Massen umhüllen natürlich metallische scharfe Kanten und haben eine 
relative Dielektrizitätskonstante >1. Das entschärft das 
Teilentladungsproblem dort geringfügig, weil wegen der relativen 
Dielektrizitätskonstanten dort lokal die Feldstärke etwas herabgesetzt 
wird, und zusätzlich das Material im allgemeinen eine deutlich größere 
Feldstärke verträgt als Luft. Vorausgesetzt natürlich, Du hast dort 
keine Luftblasen in der Umhüllung. Das Epoxyd der Platine bzw. des 
Lötstopplackes spielt natürlich mit hinein. Es hat auch eine relative 
Dielektrizitätskonstante >1, aber wie die sich zur relativen 
Dielektrizitätskonstante des Coatings verhält, keine Ahnung. Bedenke, je 
nach Schichtung der verschiedenen Isoliermaterialien quer zur 
elektrischen Feldstärke: Die elektrische Feldstärke in Bereichen mit 
höherer relativer Dielektrizitätskonstante sinkt, aber weil das 
Wegintegral der Feldstärke durch die Isolierung ja gleich bleiben muss, 
steigt sie dann in anderen Bereichen an. Und das ganze ist noch oft 
nichtlinear, weil es von der Geometrie der Elektroden abhängt, und die 
ist selten so, dass der Verlauf linear wird.

Daher ist aber das Coating im Effekt eher wenig verglichen damit, 
scharfe metallische Kanten überhaupt zu vermeiden. Zusammen mit der 
Gefahr, an einer kritischen Stelle eine Luftblase zu haben, wodurch 
die Feldstärke lokal dann stärker angehoben werden könnte, als ohne das 
Coating.

*) Nachtrag: "Kriechströme" durch ein Material hindurch bilden eine 
Raumladung aus, die lokal tatsächlich eine scharfe Kante "verrunden" 
kann bzw. die Feldstärke lokal reduzieren kann. Das hängt aber sehr an 
der Geometrie und dem Isoliermaterial, das dafür teilweise leitend sein 
muss und unterschiedliche Eigenschaften für Elektronen und 
Elektronenfehlstellen aufweisen kannn. Isolatoren sind oft irgendwie 
intrinische Halbleiter....Je nach Situation kann der Fall damit auch 
verschlimmert werden. Ausserdem muss das Material so beschaffen sein, 
dass es von den Kriechströmen nicht zersetzt wird. Eine andere Nummer 
ist die Erwärmung. Die kann, je nach Material und Stärke, zum Effekt 
beitragen oder aber zerstörerisch sein.

Mit diesen Effekten erfolgreich zu spielen bedeutet, sehr gute 
theoretische Kenntnisse zu haben, Zeit und Software, das ganze 
durchzurechnen, und letzteres verlangt auch, dass Du entweder ein gutes 
Mathematisches Modell Deiner Versuchsanordnung hast bzw. durch 
entsprechende Fertigungsverfahren Dich einem Modell auch im Detail sehr 
weit annähern kannst.
Vermutlich wirst Du um einige praktische Versuche nicht herum kommen.

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.l02.de

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