Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Kleine Schaltung gesucht


von Wolfg. N. (anton_messmer)


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Hallöchen,

irgendwie stehe ich auf dem berühmten Schlauch, ich finde keine Lösung 
hierfür ohne µC. Am liebsten würde ich das Problem mit Timer 555 lösen, 
davon habe ich jede Menge, blicke aber gerade nicht durch.

Das Problem:

Nach Anlegen der Betriebsspannung (12V) soll eine Schaltung nach etwa 10 
Sekunden einen Kontakt für auch etwa 10 Sek. schliessen, oder ein High 
oder Low-Signal für etwa 10 Sek. erzeugen. Solange die Betriebsspannung 
anliegt soll nichts weiter passieren. Erst nach Abschalten und wieder 
neu Anlegen der Betriebsspannung soll der selbe Zyklus ablaufen.
Die angegebenen Zeiten sind unkritisch und können gerne bis 50% länger 
und auch ungleich lang sein.

Hat vielleicht jemand ein zündene Idee?

Mit Dank von Wolfgang

von H. H. (Gast)


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Mache es mit zwei 555ern, einer als Einschaltverzögerung, der zweite als 
Monoflop.

von Peter D. (peda)


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Einfache ICs haben oft Probleme, das Anlegen der VCC sauber zu erkennen. 
Manche haben dann auch eine Zeitlang ein völlig undefiniertes Verhalten.

Die Spannung ist auch nie plötzlich da und nicht da. Sie hat eine 
Anstiegsphase und eine Abfallphase. Bzw. bei Kontaktprellen muß sie noch 
nichtmal monoton steigen oder fallen. Der Worst-Case ist, wenn die 
Spannung nicht komplett bis auf 0V absinkt, sondern nur auf wenige Volt 
einbricht.

Am sichersten erkennt man daher den Spannungsausfall mit einem MC mit 
internem Unterspannungsreset (Brown Out Reset). Nur damit ist 
garantiert, daß jeder Ablauf das geforderte Zeitverhalten hat. Die 
Schwellspannung läßt sich oft aus verschiedenen Werten über 
programmierbare Bits auswählen.

Man kann auch Logik-ICs nehmen, die über einen Supervisor-IC getriggert 
werden. Nur erhöht das deutlich den Schaltungsaufwand.

Varianten mit dem 555 haben generell das Problem, daß die Pausen relativ 
lang sein müssen, um alle Kondensatoren wieder zu entladen. Sonst ist 
das Verhalten undefiniert.
Monoflops (z.B. CD4538) sind schon deutlich besser. Sie laden die 
Kondensatoren immer voll um, unabhängig vom Triggerzeitpunkt.

von H. H. (Gast)


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Peter D. schrieb:
> Varianten mit dem 555 haben generell das Problem, daß die Pausen relativ
> lang sein müssen, um alle Kondensatoren wieder zu entladen.

Dafür sorgt man mittels Dioden nach Vcc.

Hochpräzise muss es wohl eh nicht sein, der TE schrieb ja "etwa 10s".

von Peter D. (peda)


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H. H. schrieb:
> Dafür sorgt man mittels Dioden nach Vcc.

Dazu muß aber erstmal die VCC auch genügend Strom aufnehmen können. 
Sonst sorgt das nur dafür, daß ein kurzer Abfall die Schaltung gar nicht 
erst auslöst, d.h der geforderte Puls bleibt aus.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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H. H. schrieb:
> Mache es mit zwei 555ern, einer als Einschaltverzögerung, der zweite als
> Monoflop.
Ich würde 2 RC-Glieder und 3 Schmitttrigger-NOR (zwei davon als Inverter 
geschaltet) nehmen:
1
+12V --o---o-------------o---------------
2
       |   |             |                         
3
    D1 -   R1           === C2                         
4
       ^   |             |                           
5
       |   |   Inv1      |       Inv2                       
6
       o---o---|>---     o---o---|>---          
7
       |                 |   |    
8
      === C1          D2 -   R2   
9
       |                 ^   |     
10
       |                 |   |   
11
GND ---o-----------------o---o------ 
12
           ____
13
  Inv1 ---| >1 |o--------- Out
14
  Inv2 ---|____|
15
16
Power ____------------------------------------
17
Inv1  ____--------_____________________________
18
Inv2 _____________________-----------------------
19
Out  _____________--------____________________

Die beiden Dioden sind zur schnelleren Entladung von C1 und C2, damit 
die Schaltung nach dem Abschalten schnell wieder eingeschaltet werden 
kann. Materialbedarf: 6 passive Bauteile und 1 IC.

Peter D. schrieb:
> Dazu muß aber erstmal die VCC auch genügend Strom aufnehmen können.
Zur Not muss eine Betriebsanzeige mit einer LED her...

: Bearbeitet durch Moderator
von H. H. (Gast)


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Peter D. schrieb:
> Dazu muß aber erstmal die VCC auch genügend Strom aufnehmen können.

Der 555 braucht ja nicht wenig davon.

von Michael B. (laberkopp)


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H. H. schrieb:
> Mache es mit zwei 555ern

Es gäbe sogar NE556, aber einfacher ist wohl ein LM393, der die an einem 
Kondensator langsam steigende Spannung mit 2 Grenzwerten vergleicht: der 
eine ist die nach 10 Sekunden erreichte Kondensatorspannung, der andere 
nach 20 Sekunden. Bleibt noch die Verknüpfung ohne weitere Bauteile, in 
dem der erste Komparator die Vergleichsspannung des zweiten manipuliert. 
Leichte Hysterese an den Umschaltpunkten verhindert Flattern beim 
Umschalten. Und so ein LM393 kann auch übliche Relais ohne weiteren 
verstärkenden Transistor schalten, ähnlich dem NE555.

Es gibt natürlich auch andere Komparatoren mit anderen Vorzügen  wie 
geringerer Stromaufnahme, R2R Eingängen, was hier wohl nicht nötig ist, 
wenn man Grundlagen berücksichtigt, wie den Kondensator nicht über einen 
Widerstand auf VCC aufzuladen sondern über einen Spannungsteiler maximal 
auf VCC-1.5V (VCC/2 würde ich nehmen).

Mit echtem Fensterkomparator LTC1042, MAX9065 entfällt die Verknüpfung, 
aber die sind schlecht beschaffbar.

von H. H. (Gast)


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Lothar M. schrieb:
> H. H. schrieb:
>> Mache es mit zwei 555ern, einer als Einschaltverzögerung, der zweite als
>> Monoflop.

> Ich würde 2 RC-Glieder und 3 Schmitttrigger-NAND (zwei davon als
> Inverter geschaltet) nehmen:

Es gibt viele Wege nach Rom, aber der TE hat eben 555er, reichlich.

von Jens G. (jensig)


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Peter D. schrieb:
> H. H. schrieb:
>> Dafür sorgt man mittels Dioden nach Vcc.
>
> Dazu muß aber erstmal die VCC auch genügend Strom aufnehmen können.

Ach, das macht man mit einem npn parallel zum C, mit einem R parallel zu 
B-E, und einem Extra-C von B zu Vcc. Sobald Vcc "schnell genug" 
ansteigt, entlädt es erstmal denn C des 555. Ok, zu viel Brumm oder 
sonstige Störungen darf es auf Vcc nicht geben, sonst wird ja ständig 
reseted, aber das wäre ohnehin nur eine Frage des sauberen 
Designs/Aufbau.

von Klaus H. (hildek)


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Wolfg. M. schrieb:
> irgendwie stehe ich auf dem berühmten Schlauch, ich finde keine Lösung
> hierfür ohne µC.
Tja, das wäre aber die sinnvollste Variante.  😀

Peter D. schrieb:
> Am sichersten erkennt man daher den Spannungsausfall mit einem MC mit
> internem Unterspannungsreset (Brown Out Reset). Nur damit ist
> garantiert, daß jeder Ablauf das geforderte Zeitverhalten hat. Die
> Schwellspannung läßt sich oft aus verschiedenen Werten über
> programmierbare Bits auswählen.

Das wäre auch meine Lösung.
Und manchmal ist es auch von Interesse, dass es klein baut. Hier: ein 
kleiner IC mit einem 100n Blockkondensator. Fertig, kein zweiter 555, 
keine großen Kondensatoren für die Zeit, keine weitere Außenbeschaltung 
- und zuverlässig.

BTW: ich habe keinen 555 im Fundus - den letzten, den ich in der Hand 
nehmen musste (vor ~10 Jahren) habe ich durch eine Schaltung mit einem 
Tiny25 ersetzt ...

von H. H. (Gast)


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Klaus H. schrieb:
> Hier: ein
> kleiner IC mit einem 100n Blockkondensator. Fertig,

Nicht fertig, der µC verträgt keine 12V. Und wenn es am Ende gilt ein 
Relais zu schalten, dann macht das ein 555 gleich so, der µC braucht 
noch einen Trieber.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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H. H. schrieb:
> Und wenn es am Ende gilt ein Relais zu schalten
An dieser Stelle beginnt die übliche Ratestunde.

Es könnte nämlich wie geschrieben auch sein, dass ein nicht näher 
definiertes Low- oder High-Signal ausreicht. Und es könnte sogar sein, 
dass die 5V sowieso schon irgendwo im unbekannten System herumgurken.

Wobei die 12V dann doch sehr auf einen Einsatz im KFZ hindeuten, was 
dann allerdings noch mehr Aufwand bei der Versorgung mit sich brächte... 
;-)

H. H. schrieb:
> aber der TE hat eben 555er, reichlich.
Ja, es wird Zeit, dass die wegkommen.

von Karl B. (gustav)


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Genau das Gegenteil wird hier beschrieben.
Den Startzyklus nach Anlegen von Vcc unterdrücken.
https://www.themt.de/el-0230-time-49.html#csc

Kann man auf Belange des TO modifizieren.

ciao
gustav

von Wolfg. N. (anton_messmer)


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Zunächst herzlichen Dank für die vielen interessanten Hinweise. Da ich 
aber keine Bauteile extra bestellen möchte, habe ich mich für die erste 
Idee (von H.H.(hhinz)) mit zwei 555 entschieden.

Tolles Forum, tolle Leute, klasse
Wolfgang

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Wolfg. M. schrieb:
> habe ich mich für die erste Idee (von H.H.(hhinz)) mit zwei 555
> entschieden.
Es wäre sehr nett, wenn du deine konkrete Schaltung (wenn du sie dann am 
laufen hast) hier mal postest.

von Klaus H. (hildek)


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H. H. schrieb:
> Nicht fertig, der µC verträgt keine 12V.

Ok, erwischt. Und 12V auf 5V Wandlung auch noch. Aber irgendwelche 
Maßnahmen bei der Stromversorgung im Fall eines KfZ-Einsatzes braucht 
auch der 555.

von H. H. (Gast)


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Klaus H. schrieb:
> H. H. schrieb:
>> Nicht fertig, der µC verträgt keine 12V.
>
> Ok, erwischt. Und 12V auf 5V Wandlung auch noch. Aber irgendwelche
> Maßnahmen bei der Stromversorgung im Fall eines KfZ-Einsatzes braucht
> auch der 555.

Und bei Einsatz im Orbit...

Bestimmt geht es um ein Zubehör für die Ariane VI.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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H. H. schrieb:
> Bestimmt geht es um ein Zubehör für die Ariane VI.
Wird die auch mit Bleiakkus gestartet?

: Bearbeitet durch Moderator
von H. H. (Gast)


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Lothar M. schrieb:
> H. H. schrieb:
>> Bestimmt geht es um ein Zubehör für die Ariane VI.
> Wird die auch mit Bleiakkus gestartet?

Klar, ist doch bewährte Technik.

von Harald W. (wilhelms)


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H. H. schrieb:

> Und wenn es am Ende gilt ein Relais zu schalten,
> dann macht das ein 555 gleich so,

Das wäre für mich der einzige Grund, einen 555 zu verwenden.
Aber man solle bei dem nie vergessen, einen Kerko parallel
zu dessen Anschlusspins zu Schalten. Ansonsten gibts hässliche
Störimpulse auf der Betriebsspannung.

von Harald W. (wilhelms)


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Lothar M. schrieb:

>> Bestimmt geht es um ein Zubehör für die Ariane VI.
> Wird die auch mit Bleiakkus gestartet?

Das könnte bei der Ariane I durchaus der Fall gewesen sein. :-)
Kinder, wie die Zeit vergeht...

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