Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Schrittmotor Daten finden


von Tobias M. (auron)


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Ich habe einen Schrittmotor aus einem alten Panasonic 5,25" Floppy 
Laufwerk, den ich gerne mit microstepping ansprechen möchte um die 
präzision zu erhöhen.

Model: FMD02700B4
Hersteller: Matsushita(Pansonic)

Das Internet kennt dazu nichts, ausser diese Seite 
[http://projects.scorchingbay.nz/dokuwiki/electronic/actuator/stepper/fmd02700b4], 
aber da wird auch nur geraten.

Bekannt:
18° pro Schritt

Ausgemessen: (eine Phase, LCR-Meter)
50 Ohm
28 mH

Das Originalboard fährt ihn nur mit full Steps und 12V an.
Dann pegelt sich der Strom bei etwa 245 mA ein.

Was mir fehlt ist, wie viel Strom ich da wohl reinschicken darf, ohne 
dass er mir durchschmort. Microstepping frisst ja bekanntlich 
Drehmoment, und mit den 240 mA ist das ganze zu unpräzise - gerade bei 
den Zwischenschritten.

Ich habe mich auch das Erste mal mit einer Stromsonde am Oszi probiert, 
die end-Werte sind plausibel, aber ansonsten ergibt das für mich keinen 
Sinn. Ich vermute, ich hab irgendwo was falsch gemacht, oder eine zu 
günstige Stromsonde verwendet.

Blau ist die Spannung über der Motor-Phase, gelb der Strom.
Mich irritiert insbesondere, dass es 150ms dauern soll, bis der Strom 
sich aufgebaut hat, und auch, dass Strom und Spannungskurve eigentlich 
komplett Deckungsgleich sind. Hab die Spannung schon nach oben 
verschoben, damit man es überhaupt auseinanderhalten kann. Ich meine 
mich zu erinnern, dass der Strom der Spannung hinterhereilen sollte bei 
Spulen.

Angesteuert hab ich das ganze mit einem Labornetzteil (switching), das 
auf 12v und 300mA beschränkt war.

Konkrete Fragen:
Ist die Messung am Oszi irgendwie plausibel?
Kann man aus den Daten irgendwie den maximalen Strom herausfinden, oder 
was müsste ich tun, um diesen zu ermitteln?
Schadet es dem Motor, wenn ich nur eine Phase ansteuere, und langsam die 
Spannung (und damit den Strom) erhöhe bis ich eine merkliche Erwärmung 
feststelle?
Wo sollte ich besser aufhören, auch wenn der Motor noch nicht heiß ist?

Vielen Dank für eure Hilfe,
Tobias

: Verschoben durch Moderator
von Rainer W. (rawi)


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Tobias M. schrieb:
> Ich habe einen Schrittmotor aus einem alten Panasonic 5,25" Floppy
> Laufwerk, den ich gerne mit microstepping ansprechen möchte um die
> präzision zu erhöhen.

Die Präzision kannst du mit Microstepping nicht erhöhen, nur die 
Auflösung.
Wie gleichmäßig die Mikroschritte zwischen den Vollschrittpositionen 
verteilt liegen, hängt vom Aufbau des Motors ab, ist aber selten 
spezifiziert.

> Kann man aus den Daten irgendwie den maximalen Strom herausfinden, oder
> was müsste ich tun, um diesen zu ermitteln?

Du kannst dir die Eigenerwärmung angucken (Spulenwiderstand messen) und 
das Sättigungsverhalten der Spuleninduktivität - alles bei stehendem 
Motor.

Die Drahtstärke ist hoffentlich so bemessen, dass sie nicht das 
schwächste Glied ist.

Und schön langsam den Strom steigern, damit sich immer ein ausreichend 
stationärer Zustand einstellt ;-)

: Bearbeitet durch User
von H. H. (Gast)


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Rainer W. schrieb:
> Du kannst dir die Eigenerwärmung angucken (Spulenwiderstand messen)

Und dann von Isolierstoffklasse B ausgehen.

von K. S. (the_yrr)


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Tobias M. schrieb:
> Angesteuert hab ich das ganze mit einem Labornetzteil (switching)

Wie hast du damit den Puls erzeugt? Einfach Netzteil an/aus, oder doch 
mit der original Steuerung? Je nachdem misst du viel, nur nicht die 
Spule.

von Tobias M. (auron)


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K. S. schrieb:
> Wie hast du damit den Puls erzeugt? Einfach Netzteil an/aus, oder doch
> mit der original Steuerung? Je nachdem misst du viel, nur nicht die
> Spule.

Ja, einfach den "on" Knopf auf dem Netzteil. Ist ein KIPRIM DC310S. Die 
Stromsonde ein Hantek cc-65. (mir ist bewusst dass das alles eher 
Einsteigerklasse ist, aber mehr gibt mein Budget nicht her)
Um den Stom für die Messung etwas zu "boosten" hab ich das Kabel 5-fach 
durch die Stromzange gewickelt. Damit hab ich natürlich eine 
zusatz-Spule gebastelt, aber bei "einfach durch" sah es ähnlich aus, nur 
halt verrauschter.

Habe ich richtig gedeutet, dass die Messung irgendwie Quatsch ist?

von Tobias M. (auron)


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Rainer W. schrieb:
> Du kannst dir die Eigenerwärmung angucken (Spulenwiderstand messen) und
> das Sättigungsverhalten der Spuleninduktivität - alles bei stehendem
> Motor.

OK, Danke.
Die Sättigung hatte ich ja gehofft mit der Oszi Messung zu sehen.
Aber da ist kein Knick und starker Anstieg des Stromes...
Oder ich hab's falsch verstanden. Bin mehr so Bitschubser, bei analogem 
tue ich mir meistens setwas schwer.

von Michael B. (laberkopp)


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Tobias M. schrieb:
> Was mir fehlt ist, wie viel Strom ich da wohl reinschicken darf, ohne
> dass er mir durchschmort

250mA ?

Der offizielle Strom wird ermittelt, in dem man so viel durchschickt (2 
Spulen oder eine Spule Faktor 1.414) bis sich der Motor um 70 GradC über 
Umgebungstemperatur erwärmt. Da gerade kleine Motoren nicht viel 
Oberfläche haben, wird teilweisen von Montage auf einem Metallkörper 
(Flopppy-Druckgussrahmen) ausgegangen, ein lose rumliegender Motor wird 
früher heiss.

Da 70GradC im inneren der Wicklung durch Messung des Drahtwiderstands 
ermittelt werden bei bekanntem Temperaturkoeffizienten von Kupfer ist 
die Oberfläche kühler, aber nicht viel (vielleicht 10 GradC, also 
+60GradC).

In der Realität ist die Lebensdauer bei einem so heiss betriebenen Motor 
nicht besonders hoch, man bleibt besser drunter, halber Strom macht nur 
noch +35 GradC und 10-fache Lebensdauer. Aber der Strom ist dann nicht 
werbewirksam.

von Tobias M. (auron)


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Ah super, wieder was gelernt. Danke.

Ich schreibe das Verstandene nochmal zusammen, in der Hoffnung, dass es 
auch anderen was hilft. Bitte korrigiert mich, wenn ich Unfug schreibe.

Temperaturkoeffizient von Kupfer ist (vereinfacht) 0,4% pro Grad, sagt 
Wikipedia. Zumindest im Bereich 0-50°C
Wenn ich also jetzt mal konservativ bin, und bei +20° stoppe, dann sind 
das  +8% mehr Widerstand, oder Faktor 1,08.

In meinem Beispiel, bei 50Ohm Anfangswiderstand bei Umgebungstemperatur 
müsste ich also aufhören sobald ich 54 Ohm messe.

Wegen U=R*I kann ich das ganze sogar im Betrieb machen, ich erhöhe also 
schrittweise den Strom im Labornetzteil, warte jeweils ein wenig bis die 
Spannung sich nicht mehr ändert, und sobald U/I >= 54 ist notiere ich 
den Strom und höre auf.

Alternativ, fall ich keine regelbare Stromquelle habe, könnte ich auch 
die Spannung schrittweise erhöhen, den Strom messen (warten bis er 
eingependelt ist) und ebenfalls aufhören, soald U/I über den errechneten 
Wert geht.

Mit dieser "Formel" kann ich dann ja eigentlich bei jedem unbekannten 
Motor zumindest eine untere Schranke für die maximal zulässigen Ampere 
herausfinden, ganz ohne Kenntnis der spezifizierten Ampere oder Volt.

von Michael B. (laberkopp)


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Tobias M. schrieb:
> Mit dieser "Formel" kann ich dann ja eigentlich bei jedem unbekannten
> Motor zumindest eine untere Schranke für die maximal zulässigen Ampere
> herausfinden, ganz ohne Kenntnis der spezifizierten Ampere oder Volt.

Im Prinzip ja.

Bei Motore mit Lüfter muss der Lüfter laufen um dessen Kühlwirkung 
nutzen und einrechnen zu können.

+20K ist übrigens sehr Konservativ. Du bekommst damit nicht mal 1/3 des 
Nenndrehmoments.

von Thorsten O. (Firma: mechapro GmbH) (ostermann) Benutzerseite


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Hallo Tobias,

Tobias M. schrieb:
> Ausgemessen: (eine Phase, LCR-Meter)
> 50 Ohm
> 28 mH
>
> Das Originalboard fährt ihn nur mit full Steps und 12V an.
> Dann pegelt sich der Strom bei etwa 245 mA ein.

12V/50R=240mA. Passt also.

> Was mir fehlt ist, wie viel Strom ich da wohl reinschicken darf, ohne
> dass er mir durchschmort. Microstepping frisst ja bekanntlich
> Drehmoment, ...

Wie kommst du denn auf das dünne Brett? Der Motor ist mit seinen 50R 
einfach nicht dynamisch genug. Um den sinnvoll mit Mikroschritt 
ansteuern zu können musst du schon 48V verwenden. Aber besser ist es, du 
nimmst gleich einen moderneren Motor mit Nennspannung <5V.

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Ostermann

von Harald W. (wilhelms)


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Thorsten O. schrieb:

> Wie kommst du denn auf das dünne Brett? Der Motor ist mit seinen 50R
> einfach nicht dynamisch genug. Um den sinnvoll mit Mikroschritt
> ansteuern zu können musst du schon 48V verwenden. Aber besser ist es, du
> nimmst gleich einen moderneren Motor mit Nennspannung <5V.
>
> Mit freundlichen Grüßen
> Thorsten Ostermann

Aussagen von diesem User halte ich für absolut zuverlässig,
was für einige andere Beiträge in diesem Thread nicht gilt.
:-)

von Tobias M. (auron)


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Thorsten O. schrieb:
> Wie kommst du denn auf das dünne Brett? Der Motor ist mit seinen 50R
> einfach nicht dynamisch genug. Um den sinnvoll mit Mikroschritt
> ansteuern zu können musst du schon 48V verwenden. Aber besser ist es, du
> nimmst gleich einen moderneren Motor mit Nennspannung <5V.

Hallo Thorsten,

nunja, wenn man "antiker" Hardware (5.25 Floppy) arbeitet, dann hat man 
halt das, was man hat. ;-)

Ich habe das auch mal auf einer Spule ausgemessen, und der Motor ist bei 
12,5v und 201mA  schon bei +62°. Die 12v/240mA, die ich gemessen hatte, 
waren nicht "warmgelaufen".
Dass ich mehr Spannung brauche, hatte ich schon vermutet, aber um so 
wichtiger sind halt die fehlenden Daten.
Bis so gegen 36V könnte ich auch mit meinem TMC2008 Board noch gehen, 
mal sehen...

Ich sehe aber in der Tat langsam ein, dass es vielleicht unmöglich ist, 
und habe auch schon alternative Schrittmotoren in die Planung 
einbezogen. Die einfachste Lösung ist da, eine Spindel mit weniger 
Vorschub zu verwenden.
Das Ganze wird damit leider nicht einfacher nachzubauen, und erfordert 
dann  mehr mechanisches Geschick und sehr präzise Bohrungen. Der neue 
Motor plus Spindel passt mit Sicherheit nicht in die alte Halterung, 
falls überhaupt in den beschränkten Platz in der Floppy. Und eine neue 
Führung brauche ich dann auch...

tldr; eine elektrische Lösung wäre mir lieber, aber wenns nicht geht, 
dann baue ich halt die Mechanik um.

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