Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Berührungslose Temperaturmessung; Messwerte auslesen


von Thomas T. (runout)


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Hallo Gemeinde,

es gibt berührungslose Temperaturmesser in Handheld-Form.
Die sind günstig (<100€) und hinreichend genau.

ABER:
Die Teile haben keine Schnittstelle zum Auslesen des Temperaturwerts...

Hat jemand in so ein Teil schon mal reingeschaut?
Haben die die eine serielle Schnittstelle (intern)?
Könnte man irgendwo den Rohwert abgreifen (schlecht)?

Welch Marken sind besonders gut hackbar...

Fragen über Fragen.
Das Internet ("Teardown a ...") gibt auch nix verwertbares her.

Viele Grüße

von Simon (simonberlin)


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Sowas?

SparkFun IR Thermometer Evaluation Board - MLX90614

https://www.sparkfun.com/products/10740

von Patrick C. (pcrom)


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Es gibt verschiedene mit I2C interface.
Aber fuer viele Anwendungen kannst du (durch messprinzip) genauigkeit 
vergessen weil man die reflektierungscoefficient von Material nicht 
genau kennt. Auch wenn man einen teuren FLIR camera nehmt

Patrick

von Thomas T. (runout)


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Naja,

bei fast allen ist ist der Korrekturfaktor einstellbar.
In meinem Fall, Messing ca. 0,5

Die Geräte habe meistens so einen schwarzen Blob drauf,
ohne Zugriff auf irgendwas. I2C/UART

Das Schöne am Fertiggerät:
optische Anordnung/Fokus und Peilung mit Laser-LED -> alles Fertig.

von Rainer W. (rawi)


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Patrick C. schrieb:
> Aber fuer viele Anwendungen kannst du (durch messprinzip) genauigkeit
> vergessen weil man die reflektierungscoefficient von Material nicht
> genau kennt.

Was hat die Temperaturmessung mit dem Reflektionskoeffizienten zu tun.
Reflektionen der Umgebung stören eher, wenn sie die IR-Abstrahlung des 
Messobjektes überdecken.
Meinst du vielleicht den Emissionsgrad der Oberfläche?
https://de.wikipedia.org/wiki/Emissionsgrad

: Bearbeitet durch User
von Uwe B. (uwebre)


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Thomas T. schrieb:
> es gibt berührungslose Temperaturmesser in Handheld-Form.
> Die sind günstig (<100€) und hinreichend genau.
>
> ABER:
> Die Teile haben keine Schnittstelle zum Auslesen des Temperaturwerts...

Wenn es ein industrielle Anwendung sein soll und es ein Stromausgang 
sein darf kann ich Calex empfehlen. Es gibt verschiedenen 
Tempeaturbereiche und verschiedene Optiken.

Neben dem Emissionsgrad sind üblicherweise noch weitere Kriterien zu 
beachten, genannt seien Integrationszeit und Meßfleckgröße.

https://de.rs-online.com/web/c/?pn=1&searchTerm=calex

Uwe

: Bearbeitet durch User
von Falk B. (falk)


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Thomas T. schrieb:
> Hallo Gemeinde,
>
> es gibt berührungslose Temperaturmesser in Handheld-Form.
> Die sind günstig (<100€) und hinreichend genau.
>
> ABER:
> Die Teile haben keine Schnittstelle zum Auslesen des Temperaturwerts...

Doch. Wenn man die richtigen kauft.

https://www.optris.de/cs

Kostet kaum mehr als 100 Euro, plus ca. 50 Euro für das USB-Interface 
(was eigenlich Wucher ist!). Meine Versuche, das mit einem FT232 oder 
ähnlichem zu ersetzen sind gescheitert, lief mit der Originalsoftware 
nicht. Geht aber vermutlich bei Ansteuerung mit eigener Software.

von Dieter W. (dds5)


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Rainer W. schrieb:
> Was hat die Temperaturmessung mit dem Reflektionskoeffizienten zu tun.
> Reflektionen der Umgebung stören eher, wenn sie die IR-Abstrahlung des
> Messobjektes überdecken.
> Meinst du vielleicht den Emissionsgrad der Oberfläche?

Da gibt es einen unmittelbaren Zusammenhang: Reflektion, Emission und 
Transmission (nur bei durchlässigen Materialien) ergeben in Summe immer 
1 bzw. 100%.
Etwas anderes lässt die Physik nicht zu.

von Michael B. (laberkopp)


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Thomas T. schrieb:
> es gibt berührungslose Temperaturmesser in Handheld-Form.
> Die sind günstig (<100€) und hinreichend genau.
> ABER:
> Die Teile haben keine Schnittstelle zum Auslesen des Temperaturwerts...
> Hat jemand in so ein Teil schon mal reingeschaut?
> Haben die die eine serielle Schnittstelle (intern)?
> Könnte man irgendwo den Rohwert abgreifen (schlecht)?
> Welch Marken sind besonders gut hackbar

Thermopile mit PlastikLinse davor, gibt es ohne Drumrum

https://www.excelitas.com/de/product-category/thermopile-sensors

aber genau sind die nicht, der Emissionsfaktor ist normalerweise nicht 
bekannt und verfälscht das Ergebnis im zig-Prozentbereich.

von Rainer W. (rawi)


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Dieter W. schrieb:
> Da gibt es einen unmittelbaren Zusammenhang: Reflektion, Emission und
> Transmission (nur bei durchlässigen Materialien) ergeben in Summe immer
> 1 bzw. 100%.

Da hast du natürlich Recht. Aber ohne Information zur (IR)-Transmission 
reicht die Info zum Reflektionsverhalten eben nicht, um auf die Emission 
zu schließen.
Für die Temperaturmessung über die IR-Abstrahlung kann der Effekt mit 
der Reflektion aus der Umgebung bei relativ niedrigen Temperaturen 
trotzdem ein ernstes Problem sein, so dass ein hoher Emissionsgrad 
wünschenswert ist.
Eine Beschichtung mit hohem Emissionsgrad hilft da (Beispiel 
Leslie-Würfel, z.B. Aufkleber/Beschichtung - deutlich größer als der 
Messfleck).

Leider sagt Thomas nicht, um welchen Temperaturbereich es bei ihm geht 
und was für Oberflächen er messen möchte.

: Bearbeitet durch User
von Carypt C. (carypt)


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der reflektionskoeffizient ist ganz normale strahlenoptik , in diesem 
fall das brechungsgesetz, mit den reflektionswinkeln oder 
brechungswinkeln, eben abhängig von den optischen dichteunterschieden. 
die von innen kommende strahlung wird auch an der oberfläche 
zurückreflektiert, abhängig von der rauhigkeit oder der dichteänderung 
an der oberfläche. das ist erstmal schwer zu glauben.

von Uwe B. (uwebre)


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Michael B. schrieb:
> aber genau sind die nicht, der Emissionsfaktor ist normalerweise nicht
> bekannt und verfälscht das Ergebnis im zig-Prozentbereich.

Doch, Strahlungsthermometer können sehr genau messen und werden in der 
Industrie vielfältig und in großer Stückzahl eingesetzt.
Die Geräte kommen allerdings nicht aus dem Baumarkt.

Wichtig ist die richtige Auswahl von Spektralbereich und Optik.
Der Spektralbereich spielt besonders bei Messung von Temperaturen an 
Metallen (es geht hier ja um Messing) eine Rolle, wobei hier auch der zu 
messende Temperaturbereich drin vorkommt.
Bei geeigneter Auslegung kann man auch z.B. die Temperatur von Gasen 
oder Flammen recht präzise messen. Müllverbrennungsanlagen und 
Stahlindustrie seien genannt.

Den Emissionsgrad kann man bei kritischen Oberflächen recht einfach 
ermitteln indem man die Oberflächentemperatur testweise zusätzlich z.b. 
mit einem Thermoelement ermittelt.

Mit "Tricks" kann man auch Temperaturen von spiegelnden 
Metalloberflächen messen, dazu bringt man im Hintergrund einen schwarzen 
Strahler mit bekannter Temperatur an (dessen Strahlung in die Optik des 
Pyrometers gespiegelt wird) und verrechnet die Werte. So eine Anlage 
haben wir für die Messung von Temperaturen an Galetten zur 
Synthesefaserherstellung realisiert.
Ähnlich lassen sich auch Temperaturen an Objekten messen die den 
Meßfleck nicht  ausfüllen.

Vielleicht äußert sich Thomas noch zu der geplanten Anwendung?

Im großen Auktionshaus finden sich immer mal KT15 Pyrometer von 
Heitronics für überschaubares Geld. Diese "amtlichen" Geräte habe eine 
RS232 Schnittstelle zur Parametrierung und zur Datenausgabe sowie einen 
Analogausgang. Integrationszeit (0.05s bis 10s) und Emissionsgrad lassen 
sich einstellen.

Der Suffix gibt den Spektralbreich an:
Ein KT15.99 misst einen recht "universellen" Spektralbereich, nicht gut 
für Metalle. Die angebotenen KT15.43 sind eher für Glas und Keramik. 
(7.5 bis 8.2µ), könnten aber bei Messing funktionieren.

Uwe

von Thomas T. (runout)


Angehängte Dateien:

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Ich liebe dieses Forum... :-)
Soviele gut verwertbare Tipps.

Also, in guter alter Salamitaktik:
Das Thema heißt "Hülsen(mund)glühen" und betrifft Wiederladen.
Möglicherweise nicht jedermanns Sache, deswegen die Zurückhaltung.

Im Anhang sind ein paar Bilder.
Der Royer-Wandler geht mit 48V und hat ca. 1kW (Input).
Damit kann man die Hülse komplett schmelzen.
Die Wendel ist wassergekühlt und kann Dauerbetrieb.

Weichglühtemperatur -> 450-680°C.
Meßabstand (geplant) ca. 5-10cm

90°-Erfassungswinkel, vom reinen Sensor her, ist nicht zu gebrauchen.
Der Mess-Spot sollte auf der Oberfläche des Hülsenmunds sein.

Die Messung ist genau genommen nur vergleichend.
Man macht Versuche mit Thermolacken (thermochromatische Farben)
und gleicht damit den Messwert ab.

Wie es aussieht, muss ich ca. 200€ in die Hand nehmen
für einen Fertigsensor in "M12".

Grüße
Thomas

: Bearbeitet durch User
von Uwe B. (uwebre)


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Thomas T. schrieb:
> Wie es aussieht, muss ich ca. 200€ in die Hand nehmen
> für einen Fertigsensor in "M12".

Bedenke daß diese einfachen Strahlungsthermometer zumeist im Bereich 
8-14µm empfindlich sind. Das kann bei Metallen einen Fehler von bis zu 
fast 10% geben.

Wie wird die Hülse in der Spule fixiert? gibt es da evtl. die 
Möglichkeit mit einem Thermoelement berührend zu messen?

Uwe

von Uli S. (uli12us)


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Wie wäre es, wenn man einen ganz simplen Infrarotthermometer in der 10€ 
Klasse nimmt und mit ner kleinen Kamera das Anzeigefenster filmt und 
auswertet. So eine Kamera für Raspi oder so ist recht billig zu haben.
Bloss die Auswertung eventuell nicht ganz so einfach. Aber das wissen 
sicher die Programmierprofis besser. Falls es nicht anders geht, wären 
zur Not auch einfach ein paar Fotozellen an der entsprechenden Stelle 
zur Erkennung, welche Zahl da grade erscheint geeignet. Ist halt dann 
viel mehr Bastelei.

von Thomas T. (runout)


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Hallo, hier meine Vorauswahl:

1. (billig)
TPiS 1T 1256 L5.5 DigiPile-Sensor
17-Bit-OneWire, 5° Öffnungswinkel
https://www.excelitas.com/de/product/tpis-1t-1256-l55-digipile-sensor

2.
sowas: ohne Gebastel
0..1000°C -> 0..5V
https://de.rs-online.com/web/p/infrarot-temperatursensoren/2387241?gb=b

3.
oder sowas: ohne Gebastel
https://www.calex.co.uk/site/wp-content/uploads/2015/08/pyronfc-datasheet.pdf

Berührende Messung dürfte ausscheiden.
zu träge, Messung in einem sehr starken 100Hz Feld...

Grüße
Thomas

von Uwe B. (uwebre)


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Thomas T. schrieb:

> 1. (billig)
> TPiS 1T 1256 L5.5 DigiPile-Sensor
> 17-Bit-OneWire, 5° Öffnungswinkel
> https://www.excelitas.com/de/product/tpis-1t-1256-l55-digipile-sensor

Interessantes Teil, vor Allem bei dem Preis. (12,56 Euro bei Digi-Key)
Misst auch im interessierenden Spektralbereich. Der Filter scheint aber 
arg breitbandig zu sein. (Sichtbares Licht...)
Hauptanwendung scheint Fiebermessung zu sein.

> https://de.rs-online.com/web/p/infrarot-temperatursensoren/2387241?gb=b
> https://www.calex.co.uk/site/wp-content/uploads/2015/08/pyronfc-datasheet.pdf

Dürften beide recht ungenaue Daten liefern wegen ungünstigem Filter 
(8-14µ) zu dem bescheidenen Emissionsgrad von Messing:

Messing poliert: 0.03
Messing matt: 0.22
Messing oxidiert: 0.6

Interessant ist wo die Schießhülsen liegen.

> Berührende Messung dürfte ausscheiden.
> zu träge, Messung in einem sehr starken 100Hz Feld...

Vermutlich schwierig.

Vielleicht würde es reichen die zugeführte Energie zu regeln. Der 
Temperaturbereich zum Weichglühen ist ja recht breit.
Wie machen es die "Wettbewerber?

Uwe

von Thomas T. (runout)


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Uwe B. schrieb:
> Wie machen es die "Wettbewerber?

Naja, die zaubern richtig:
https://www.youtube.com/watch?v=lOf4eSIQfi0&t=33s

Bei diesen "Annealern" wird mit einem  Einlernprozess gearbeitet.
Online-Temperaturmessung bei jedem Glühen geht nicht.

Es darf auch nix wirklich glühen/leuchten.
Man sieht dann unterhalbdes geglühten Bereich einen schönen
Ring an dem die Anlassfarbe umschlägt.
Wenn der bei allen Hülsen auf der gleichen Höhe sitzt,
ist, für meine Ansprüche, alles gut.

Die Hülsen sind vorher im US-Reinigungsbad und sind blank aber nicht 
poliert.
Man könnte bei ca. 0,1 Emissionsgrad landen.

Danke für die Hinweise.
Thomas

von Uwe B. (uwebre)


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Thomas T. schrieb:
> Uwe B. schrieb:
>> Wie machen es die "Wettbewerber?
>
> Naja, die zaubern richtig:
> https://www.youtube.com/watch?v=lOf4eSIQfi0&t=33s

Was haben die ihre Zulieferer genervt für das Video ;-)
Und dann kommt da so ein hässliches Gerät bei heraus.

> Bei diesen "Annealern" wird mit einem  Einlernprozess gearbeitet.
> Online-Temperaturmessung bei jedem Glühen geht nicht.

Habe ich mir gedacht.

> Es darf auch nix wirklich glühen/leuchten.
> Man sieht dann unterhalbdes geglühten Bereich einen schönen
> Ring an dem die Anlassfarbe umschlägt.
> Wenn der bei allen Hülsen auf der gleichen Höhe sitzt,
> ist, für meine Ansprüche, alles gut.

Das wäre doch etwas für eine einfache (Raspberry-) Kamera mit etwas 
Bildverarbeitung.
Mach mal ein Video von dem Prozess.

Uwe

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