Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Symmetrischer vs asymmetrischer Pegel


von TM6 F. (tm6_f)


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Guten Abend,

Mir ist in der Arbeit IO Link untergekommen.
Die arbeiten mit 0 und 24V als Pegel..

RS232 hat +/-12V,die Differenz also auch 24V.

IO Link schafft wohl mit ungeschirmten Leitungen (ist so Standard) 5m 
und mehr.
Geschwindigkeit sind beim schnellsten Protokoll 115200 Baud.

Macht es bezogen auf die Störfestigkeit überhaupt einen Unterschied wo 
man high und Low hat oder ist am Ende der Abstand der beiden Pegel 
entscheidend?

Vielen Dank euch vorab für die Einschätzung :-)

von Sebastian R. (sebastian_r569)


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Bei der Pegelwahl von IO-Link geht's nicht um Störfestigkeit, sondern 
darum, dass es eine "Erweiterung" zum einfachen Schaltausgang ist.

RS232 ist theoretisch genau so robust umsetzbar, nur dass IO Link eben 
schon direkt für industrielle Umfelder mit max. 20m Leitungslänge 
gedacht ist und die Wandler und auch das Protokoll entsprechend robust 
sind.

RS485 beweist ja, dass deutlich weniger Pegel auch störfest sein kann.

von Rainer W. (rawi)


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Sebastian R. schrieb:
> RS485 beweist ja, dass deutlich weniger Pegel auch störfest sein kann.

RS485 benutzt im Gegensatz zu RS232 differentielle Übertragung, d.h. 
Störungen aus der Umgebung wirken sich bei RS485 nicht auf das Signal, 
sondern nur auf den Gleichtaktanteil aus, bei RS232 sind die Störungen 
dem Signal überlagert.

von Sebastian R. (sebastian_r569)


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Rainer W. schrieb:
> RS485 benutzt im Gegensatz zu RS232 differentielle Übertragung,

Äh, ja. Natürlich. Ganz übersehen.

von Bruno V. (bruno_v)


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TM6 F. schrieb:
> Macht es bezogen auf die Störfestigkeit überhaupt einen Unterschied wo
> man high und Low hat oder ist am Ende der Abstand der beiden Pegel
> entscheidend?

Der Abstand ist nur ein Aspekt von vielen und hat ganz andere 
Auswirkungen als Du denkst: er verringert Probleme mit 
Masse-Unterschieden durch Stromfluss.

RS232 funktioniert auch mit MBaud mehrere Meter. Zudem sind es 
nicht+-12V sondern nur > +-5.5V.

Ein "Problem" bei RS232 sind die relativ weiten Spezifikationen und 
Implementierungen, die sich nicht an den Standard halten. Dann gehen oft 
selbst 20m@115k nicht zuverlässig.

Vorteilhaft ist es, wenn die Leitung mit etwa 100R ("Wellenwiderstand" 
des Kabels) abgeschlossen ist. Das lässt sich nur schwer mit 12V oder 
gar 24V durchhalten.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Bruno V. schrieb:
> Vorteilhaft ist es, wenn die Leitung mit etwa 100R ("Wellenwiderstand"
> des Kabels) abgeschlossen ist. Das lässt sich nur schwer mit 12V oder
> gar 24V durchhalten.
Und vor Allem: die Treiber der RS232 Sender sind gar nicht für so eine 
Belasung ausgelegt. Die rechnen mit dem "üblichen" 3kOhm 
Eingangswiderstand des Empfänger plus ein paar parasitären Kapazitäten 
des Kabels.

Weil RS232 aber eine unidirektionale Punkt zu Punkt Verbindung ist, 
könnte man auch über eine Serienterminierung nachdenken. Allerdings sind 
die  Senderbausteine üblicherweise in ihrer Anstiegszeit sowieso 
begrenzt, dass da eigentlich keine Maßnahmen nötig sind. Mehr dazu dort 
auf Seite 16:
- https://www.ti.com/lit/an/slla037a/slla037a.pdf

von Bruno V. (bruno_v)


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Lothar M. schrieb:
> Und vor Allem: die Treiber der RS232 Sender sind gar nicht für so eine
> Belasung ausgelegt. Die rechnen mit dem "üblichen" 3kOhm
> Eingangswiderstand des Empfänger plus ein paar parasitären Kapazitäten
> des Kabels.

Wobei RS232-Treiber den Strom ja meist per "Widerstand" begrenzen und 
dadurch sehr gutmütig sind. Einen Kurzschluss (oder 100R) vertragen sie 
meist problemlos. Problematisch waren bei mir bisher nur 
Laptop-Schnittstellen, die beim negativen Pegel anfangen zu "pumpen". 
Der typische Sägezahn einer Ladungspumpe in Überlast.

von Steve van de Grens (roehrmond)


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Ich denke, die Spannungspegel gegenüber der Erde (also ob es nun 0..24V 
oder -12..+12V sind) macht keinen Unterschied.

Man spricht da gerne vom Signal-zu-Rauschen Abstand.

Man kann mit anderen Maßnahmen noch viel mehr raus holen: Siehe 
Ethernet, USB und DSL.

Meiner Meinung nach waren die hohen Spannungspegel von RS232 von Anfang 
an eine Fehlkonstruktion. Zu viel Aufwand für zu wenig Nutzen. Man hätte 
besser symmetrische Leitungen (wie bei RS485) nehmen sollen, das hätte 
viel leid erspart.

Beim Nachfolger USB hat man das dann ja auch getan, und es hat sich so 
bewährt.

: Bearbeitet durch User
von Steve van de Grens (roehrmond)


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Bruno V. schrieb:
> Vorteilhaft ist es, wenn die Leitung mit etwa 100R ("Wellenwiderstand"
> des Kabels) abgeschlossen ist. Das lässt sich nur schwer mit 12V oder
> gar 24V durchhalten.

Ja, leider würdest du damit die Schnittstellentreiber überlasten. Ich 
sage ja: Fehlkonstruktion.

Mit kommt es so vor, als ob die Erfinder dieser RS232 Schnittstelle 
keine Ahnung von Nachrichtentechnik hatten. Zu der Zeit waren dir 
Grundlagen und das Wissen, wie man es einfach besser macht sicher längst 
da.

: Bearbeitet durch User
von Bruno V. (bruno_v)


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> Meiner Meinung nach waren die hohen Spannungspegel von RS232 von Anfang
> an eine Fehlkonstruktion. Zu viel Aufwand für zu wenig Nutzen.

Naja, die Spannungen waren damals eh üblich (OPs waren quasi nie Single 
Supply.)

> Man hätte besser symmetrische Leitungen (wie bei RS485) nehmen sollen, das hätte 
viel leid erspart.

Doppelt so viele Leitungen und deutlich mehr Aufwand auf beiden Seiten.

Die relativ hohe Spannung verbessert (entgegen intuitiver Annahme) nicht 
das Signal-/Störverhältnis von Einstrahlung etc. Aber es hilft bei 
GND-Anhebungen von wenigen Volt.

Es ging vermutlich darum, schaltungstechnisch einfach ("Transistoren") 
für kurze Strecken und kleine Baudraten zu funktionieren. Dass es heute 
noch in vielen uC, oft mit 1 Mbaud > 10m betrieben wird, teilweise nur 
per TTL-Inverter (*) statt MAX232&Co, ist ein Indiz, dass es so schlecht 
nicht sein kann.

(* also als Kopplung mit einer PC-RS232)

: Bearbeitet durch User
von TM6 F. (tm6_f)


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Guten Abend,
Danke für eure Ausführungen, manches hat mein "falsches Weltbild" ganz 
schön zerstört.
Wirklich interessant welche Faktoren da rein spielen, damit ist meine 
Frage wohl beantwortet :-) und fürs nächste Projekt benutz ich mal RS422

Danke noch mal

von Purzel H. (hacky)


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Ich kann RS422 auch empfehlen, ist mein Standard Bus.

Man sollte beachten, dass jeder Bus seine Anwendung hat. Und seine 
Geschichte. USB ist zB auf 5m begrenzt. Das reicht oft nicht waehrend 
RS232 gerne 20m oder so macht. Und oft reichen auch 9600 Baud.
Ich lass RS422 auf vielleicht 10m laufen, 4800, 19200 oder 56kBaud. Kann 
halt mehrere Devices.

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