Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Retro Mixer, BPT Kanäle mit Line Pegel anzapfen - Spice Hilfe


von Florian S. (Firma: TU Ilmenau) (flsc)



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Hello, dies ist mein zweites Projekt rund um das Retro Mischpult Eminent 
200 von Dynacord (mein Exemplar wurde 1981 produziert). Dieses reizte 
mich primär wegen des integrierten Bandechos, jedoch lernte ich auch den 
Sound des Pultes gerade im Sättigungsbereich schätzen. Es gibt ja einige 
Retro Kleinmixer, die gerne so oder ähnlich eingesetzt werden (Boss 
KM60, Boss BX,...).

Leider fiel mir schnell auf, dass das Pult insgesamt schwer mit 
Line-Pegel zurechtkommt - am Direct Out meines Mackie Pultes ist dessen 
Dynamikbereich z.B. kaum zu nutzen - bei korrekt ausgesteuertem Pegel am 
Mackie Eingang bekomme ich den Fader vor dem Direct Out vll bis zur 
-40dB Marke um den Dynacord Kanal nicht in die Zerre zu schicken.

Ich möchte das Teil nun gerne für Line-Pegel anpassen und dabei die 8 
Kanalzüge des Dynacords so anzapfen, dass ich sie einzeln als 
Insert-Effekte für die Kanalzüge des Mackie Pults nutzen kann - das 
Dynacord im Grunde zur 'Performance' (~LP/HP EQ, Overdrive, Abzweigung 
zum Bandecho) und das Mackie um Gain/EQ/Routing etc.zu machen.

Praktisch soll das heißen, dass ich die geeigenten Punkte in der 
Schaltung finden möchte, um Signale auf Line-Pegel im Kanal einzuspeisen 
und wieder abzugreifen. Ich hätte hierzu je einen Spannungsfolger zur 
Impedanzanpassung am jewieligen Abgriffs/Einspeisepunkt platziert.

Jeder Kanal besteht aus aus drei Doppel-BPT Stufen (Input-[Fader]-EQ 
Lo+Hi/-Final-[Echo Send]). Anbei der Schaltplan und die LT Spice Datei.
Die Kanalzüge sind nach dem Echo Fader und dem Kanal-Output alle mit 
langen starren Drahtbahnen verbunden (nicht isoliert) und führen zur 
Master Mittelstufe (siehe Bild).

Mein Plan wäre nun, diese Verbindung zu entfernen, die Kanäle einzeln 
abzugreifen und anschließend wieder zur Summe zusammenzuführen (falls 
man das Teil doch mal wieder 'Standalone' nutzen möchte). Die jetztige 
Echo Summe würde ich genauso ersetzen -ohne extra Abgriff).

Ich habe das Experiment schonmal gewagt und das den zugehörigen OpAmp 
(LM324 zum unkomplizierten Test) über einen LM317 Spannungsregler von 
der 33V Versorgungsschiene im Pult versorgt. Funktionierte soweit, 
jedoch brachte ich 'kaum Pegel (ohne Übersteuerung) rein' und beim 
Abgriff vor der letzten Transistorstufe (isoliert von der Einstreung der 
anderen Kanäle) kam auch nur ein sehr schwacher Pegel zurück - wie zu 
erwarten.

Da ich ja sowieso die Opamps eingeplant und versorgt habe, könnte ich 
mit diesen natürlich entsprechend verstärken bzw. kontrolliert am Input 
abschwächen. Über die beste Lösung bin ich mir aber überhaupt nicht 
sicher,d eshalb wäre ich sehr dankbar für Tips (/Dos/Donts).

Ich hätte verschiedene Ansätze für den Eingang im Sinn:
1) erste Transistorstufe umgehen, Line Pegel direkt auf Fader anlegen, 
im Original-Schaltplan sind dort 1V Signalspannung vermerkt, d.h. die 
original-Dimensionierung dort entspricht wenigsten ungefähr (Pro) 
Line-Pegel .

2) Original Eingang mit höherem Emitter-R (R104 im Bild) ,z.B. 13kOhm 
statt 3k - funktioniert auf LT Spice aber scheint etwas unkonverntionell 
und bringt die ganze restliche Dimensionierung wohl durcheinander....

3) Spannugnsteiler vor Eingang - scheint mir irgendwie 'schmutzig' da 
ich erst meinen Pegel kaputt mache um ihn dann wieder zu verstärken 
(oder ist das der 'Charakter' ....)

Beim Ausgang bin ich mir noch unsicher, aber ein Nicht/Invertierender 
Verstärker mit kleinem Poti nach der letzten Stufe dürfte ja einige 
Möglichkeitne offen halten? Wie kann ich den OpAmp sinnvoll in/hinter 
die BPT Schaltung klemmen? Nach diesem würde ich abgreifen (Line-Pegel) 
und dann wieder zur Summe mischen .

Einen der Kanalzüge habe ich zum Probieren mal ausgebaut und 
Tisch-tauglich gemacht.

Die Spice Datei anbei zeigt die Spannungsregelung, den Kanalzug 
(gelabelt wie im Schaltplan) und die einfachen Spannungsfolger mit 
Koppel-C.
Würde mich sehr über Vorschläge/Anmerkungen freuen. Grüße

: Bearbeitet durch User
von Mark S. (voltwide)


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Trenne auf zwischen C104 und dem heissen Ende des Vol-Potis. Damit wird 
dein Kanalzug nahezu beliebig übersteuerungsfest.

von Florian S. (Firma: TU Ilmenau) (flsc)


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Mark S. schrieb:
> Trenne auf zwischen C104 und dem heissen Ende des Vol-Potis. Damit wird
> dein Kanalzug nahezu beliebig übersteuerungsfest.

Also erste BPT Stufe übergehen, Verbindung durch den C104 auflösen und 
dann mit dem Line-Pegel direkt auf den Vol-Poti?

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Florian S. schrieb:
> Verbindung durch den C104 auflösen und
> dann mit dem Line-Pegel direkt auf den Vol-Poti?

Den C104 würde ich noch drinlassen. Auftrennen davor und z.B. mit 
Insertklinke (mit Schaltkontakt), die den Eminent-Vorverstärker bei 
nicht gesteckter Klinke auf C104 durchstellt. Steckste die Klinke, wird 
der VV abgetrennt und dein Linepegel von der Klinke geht direkt auf 
C104.

: Bearbeitet durch User
von Marcel V. (mavin)


Angehängte Dateien:

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Wenn R123 wirklich 22k groß ist, dann kommen die Spannungsangaben an 
Kollektor und Emitter von T105 nicht hin. Am roten Knotenpunkt herrschen 
nur etwa 3V. Der Arbeitswiderstand R122 von T105 hat 33k, damit würde 
T105 nie richtig vorgespannt werden.

Wenn R123 nur 2k2 hätte, dann käme es hin. Vielleicht wurde auf dem 
Schaltplan bei 22k nur das Komma vergessen.

von Florian S. (Firma: TU Ilmenau) (flsc)


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Marcel V. schrieb im Beitrag
> Wenn R123 nur 2k2 hätte, dann käme es hin. Vielleicht wurde auf dem
> Schaltplan bei 22k nur das Komma vergessen.

Da liegst du richtig, der Widerstand zeigt 3 mal rot +gold, also 22 mal 
100 Ohm=2,2k . Danke fürs scharf hinsehen.

Muss auch auch anmerken, dass das Dokument die Pulte ab August '76 
dokumentiert während meines '81 produziert wurde...

Heißt, bei korrektem Pegel am Einspeisepunkt erwartest du am Ausgang 
einen Line-tauglichen Pegel?

: Bearbeitet durch User
von Max I. (powermeter)


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Unabhängig vom eigentlichen Thema:

Tausche auf jeden Fall die Roederstein-Elkos aus, die machen gerne 
sporadischen, vielseitigen Ärger. Gar nicht erst messen, tauschen! In 
IMG_20231229_193635_753.jpg C103/113.

von Florian S. (Firma: TU Ilmenau) (flsc)


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Matthias S. schrieb:
> Den C104 würde ich noch drinlassen. Auftrennen davor und z.B. mit
> Insertklinke (mit Schaltkontakt)

Gute Idee, wollte tatsächlich auf ähnliche Weise auch die Standalone 
Nutzbarkeit bewahren. Da gab es eine unorthodoxe Idee, die aber in einem 
anderen Thread besser aufgehoben sein dürfte.

Bezüglich der Nutzung als Inserts wäre mein 'chique' Hardware-Ansatz, 
die Kanalzüge über eine DSUB25 Buchse (auf 8 Stereo zu den Mackie 
Inserts) nach außen zu legen. Da gibt es halt leider keine 
Schaltkontakte :(

Vll die alte Schaltung über Jumper wiederherstellbar halten?

von Florian S. (Firma: TU Ilmenau) (flsc)


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Max I. schrieb:
> Unabhängig vom eigentlichen Thema:
>
> Tausche auf jeden Fall die Roederstein-Elkos aus, die machen gerne
> sporadischen, vielseitigen Ärger. Gar nicht erst messen, tauschen! In
> IMG_20231229_193635_753.jpg C103/113.

Schade, die sehen so schön 'Retro' aus :D

Was würdest du als Ersatz Elkos empfehlen?
Oder letztlich egal, da diese nur stabilisieren, nicht Teil des 
Signalweges sind?

: Bearbeitet durch User
von Max I. (powermeter)


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Florian S. schrieb:
> Schade, die sehen so schön 'Retro' aus :D

Sie verhalten sich leider auch sehr "Retro" :)

> Was würdest du als Ersatz Elkos empfehlen?
> Oder letztlich egal, da diese nur stabilisieren, nicht Teil des
> Signalweges sind?

Relativ egal, da Trafonetzteil. Im Sinne der Haltbarkeit nimm 105°C 
Panasonic, gerne auch ein/zwei Spannungs- bzw. Kapazitätsstufen größer, 
soweit der Platz es zulässt. Wenn du der Gesamtschaltung noch was gutes 
tun willst, spendiere noch 100 nF Folie parallel zu den Elkos. In dieser 
Bauform...

https://www.mouser.de/ProductDetail/Panasonic/ECQ-E2104JB?qs=9ouE0kzBZ2oQjehLqxFKxg%3D%3D

...geht das bequem auf der Rückseite.

von Max I. (powermeter)


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Florian S. schrieb:
> DSUB25 Buchse (auf 8 Stereo zu den Mackie
> Inserts) nach außen zu legen. Da gibt es halt leider keine
> Schaltkontakte :(

Für "Originalbetrieb" passenden Stecker bauen.

von Florian S. (Firma: TU Ilmenau) (flsc)


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Max I. schrieb:
> Relativ egal, da Trafonetzteil. Im Sinne der Haltbarkeit nimm 105°C
> Panasonic, gerne auch ein/zwei Spannungs- bzw. Kapazitätsstufen größer,
> soweit der Platz es zulässt. Wenn du der Gesamtschaltung noch was gutes
> tun willst, spendiere noch 100 nF Folie parallel zu den Elkos. In dieser
> Bauform...
>
> 
https://www.mouser.de/ProductDetail/Panasonic/ECQ-E2104JB?qs=9ouE0kzBZ2oQjehLqxFKxg%3D%3D
>
> ...geht das bequem auf der Rückseite.

Top, danke für die Empfehlung - an der Stelle eine Zwischenfrage zu den 
anderen Kapazitäten für meine Peripherie:

Ich hätte als Koppelkondensatoren mit 4.7uF als PET Folie besorgt (z.B. 
https://www.reichelt.de/mks4-pet-kondensator-4-7-f-10-63-vdc-rm-15-mks4-63-4-7--p172804.html?&nbc=1) 
. Passt das oder geht das günstiger oder anders besser?

Eingangswiderstand und und Kondensator muss man ja als HP betrachten und 
C so wählen, dass die Grenzfrequenz ausreichend tief liegt. Bei meinem 
Versuch mit 1uF Folie (war spontan verfügbar) zwischen 
Eingangs-Spannungsfolger und Kanalzug hatte ich z.B. eine recht 
deutliche Absenkung im Bass bemerkt.

: Bearbeitet durch User
von Florian S. (Firma: TU Ilmenau) (flsc)


Angehängte Dateien:

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Hier noch eine Angabe aus dem Datenblatt, die eingangs Sinn gemacht 
hätte: für die 8 Kanäle werden 2,3mV Eingangsempfindlichkeit und 260kOhm 
Eingangsimpedanz (schätze mal bei 1kHz?) genannt.

Letzteres ist schon deutlich höher als das Meiste heutzutage Übliche?

: Bearbeitet durch User
von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Florian S. schrieb:
> Vll die alte Schaltung über Jumper wiederherstellbar halten?

Wenn du Eingänge und Ausgänge auf den SubD 25 legst, reicht ein 
passender Kurzschlusstecker für den Standalone Betrieb. Ist halt völlig 
neben der Norm, sollte aber klappen.

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