Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Schraubenkompressor: VFD-Antriebe deutlich stromsparender?


von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Hi!

Ich bräuchte einmal einen Rat von jemandem, der vielleicht Erfahrung mit 
Schraubenkompressoren hat.

Wenn man sich einen Schraubenkompressor zwischen 7,5 und 11kW 
elektrischer Antriebsleistung zulegen möchte, spart man deutlich an 
Strom, wenn man ein Gerät mit variabler Drehzahl (über 
Frequenzumrichter) anschafft oder nimmt sich das bei gleicher 
entnommener Luftmenge nicht viel im Vergleich zu einem Modell mit 
konstanter Drehzahl?

Die Betriebsweise dieser Kompressoren ist ja so, daß vor allem die nicht 
geregelten Modelle eine recht lange Nachlaufzeit zur Ölkühlung haben. 
Heißt sie starten via Stern/Dreieck-Anlauf, füllen mit voller Leistung 
ihren Tank auf Solldruck und laufen dann lastlos etwa drei Minuten nach 
bevor sie abschalten. Wenn der Druck im Tank in dieser Zeit wieder unter 
die Einschaltschwelle fällt, wechseln sie nur zwischen Lastbetrieb mit 
voller Leistung und lastlosem Nachlaufbetrieb, der Antrieb bleibt 
eingeschaltet.

Die geregelten Modelle können sich in bestimmten Grenzen der entnommenen 
Luftmenge anpassen und laufen dann entweder konstant mit verminderter 
Leistung durch (wenn die entnommene Luftmenge konstant und hoch genug 
dafür ist) oder sie füllen den Tank mit verminderter Drehzahl, laufen 
mit verminderter Drehzahl nach usw.

Weiß jemand, ob letztere Versionen deutlich stromsparender sind oder 
kommt es dabei viel mehr auf die entnommene Luftmenge an als auf die 
Betriebsweise des Verdichters?

Danke!

von Martin S. (sirnails)


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Die Arbeit steckt in der Verdichtung der Luft. Dabei ist es unerheblich, 
ob kontinuierlich oder im Staccato befüllt wird. Walzenkompressoren 
haben den Vorteil, dass sie leiser sind und vor allem keine Druckspitzen 
aufbauen, die gerade bei Lackierarbeiten zu vermeiden sind.

Der Vorteil geregelter Kompressoren ist, dass sie keinen Zweipunktregler 
haben und damit nicht ständig um den Solldruck herum oszillieren. Auch 
das kann für gewisse Anwendungen notwendig sein.

Der Nachlauf ist auf den Verbrauch wenig erheblich. Wie du schon sagst 
kühlt der Motor hier nurnoch und leistet kaum Arbeit mehr.

Druckluft ist eine der teuersten Energieformen. Da fällt der Rest kaum 
ins Gewicht.

von Cha-woma M. (Firma: --------------) (cha-ar-196)


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Martin S. schrieb:
> Druckluft ist eine der teuersten Energieformen. Da fällt der Rest kaum
> ins Gewicht.

Genau, deshalb sollte man bei Druckluft die Leckage-Minimierung ständig 
im Auge behalten.
Vorteil der geregelten Kompressoren ist der konstante Druck. Die 
Druckzylinder können deshalb kleiner ausfallen.

: Bearbeitet durch User
von Max M. (jens2001)


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Ben B. schrieb:
> deutlich stromsparender

Was ist bei dir "deutlich"?

Natürlich sparen sie etwas Strom. Aber vor allem ist das Durchlaufen mit 
verminderter Drehzahl schonender für den Schraubenkompressor. 
Start/Stop-Betrieb mögen die nämlich garnicht. Darum auch die lange 
Nachlaufzeit.

Die Frage ist Läuft das Ding im 24/7-Betrieb oder nur Stundenweise.
Wir haben einen 20kW Kompressor zum Betrieb 
einerTrockeneis-Strahlanlage.
Die wird max. 5-6 Std am Tag und das auch nur 3-4 Tg im Monat benutzt 
(Trockeneis muss immer extra bestellt werden).
Wenn die Strahlanlage in Betrieb ist geht der Kompressor zwar 
zwischendurch in den Leerlauf schaltet sich aber nie ganz ab.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Hintergrund ist, daß ein befreundeter Bestücker gerade seine Firma 
upgradet und sich eine neue Maschine hingestellt hat, die einen 
"typischen" Werkstattkompressor deutlich überfordert. Angegeben ist der 
Verbrauch der Maschine mit 400 Normal-Litern pro Minute, das finde ich 
schon nicht gerade wenig und der Werkstattkompressor schafft diese 
Luftmenge bei 5,5 bar nicht. Es gibt auch Überlegungen zur Anschaffung 
einer zweiten Maschine in dem Fall, daß die erste gute Ergebnisse 
liefert, was den Bedarf noch verdoppeln würde. Deswegen klare Tendenz 
zum Schraubenkompressor und keine Kolbenmaschine mehr, der Geräuschpegel 
ist auch nicht ganz unerheblich bei der Entscheidung.

Der Druckluftbedarf ist also mit einer CNC-Bude vergleichbar, relativ 
konstante Luftmenge über eine längere Zeit, aber bei weitem nicht 24/7. 
Ziel ist natürlich eine möglichst hohe Auslastung der Maschine, dann 
würde sie den Kompressor so 7..9 Stunden am Tag brauchen. Während der 
Rüstarbeiten kommt man praktisch ohne Druckluft an der Maschine aus.

Daß Druckluft eine der teuersten Ressourcen in so einem Unternehmen 
darstellt, weiß ich... deswegen kommt mir ja die Frage, ob VFD-Antriebe 
an dieser Stelle ein spürbares Einsparpotential bieten oder ob man 
darauf verzichten kann.

Der Anschaffungspreis der Maschine ist nicht besonders kritisch (man 
bekommt gute Maschinen mit wenig Betriebsstunden für erstaunlich wenig 
Geld), aber wenn eine Maschine ohne VFD-Antrieb nicht zu wesentlich 
höheren Betriebskosten führt, kann man aus einem breiteren Angebot an 
Maschinen wählen und ggf. noch ein paar Euro bei der Anschaffung sparen. 
Das Gegenteil wäre, wenn ein VFD-Modell deutlich weniger Strom brauchen 
würde, gibt man lieber etwas mehr bei der Anschaffung aus und spart das 
hinterher bei den Betriebskosten wieder ein. Aber das weiß ich eben 
nicht und er auch nicht, daher frage ich lieber mal anstatt auf die 
harte Tour zu lernen, daß man sich bei seiner eigenen Einschätzung 
geirrt hat.

von Wolf17 (wolf17)


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Bestimmt gibt es Tabellen, wie der Energieverbrauch bei konstant 5,5bar 
Erzeugung und wie bei 6,0bar ist, weil ständig zwischen 5,5 und 6,5? 
zykliert wird.

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Ohne wirklich Ahnung zu haben: Ich schaetz' mal, es wird massgeblich 
drauf ankommen, wie lange dann der Frequenzumrichter tatsaechlich 
funktioniert, bzw. wie oft der ersetzt werden muss...

Gruss
WK

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Hm, das müsste man sich dann für jede Maschine raussuchen, die in Frage 
käme... mühsam.

Ich vermute, daß solche Kompressoren mit konstanter Drehzahl zwischen 
6,5 und 8 bar schwanken. Ich kenne zwar auch eine CNC-Bude, die einen 
Schraubenkompressor mit VFD-Antrieb (und 500L-Bombe darunter) betreibt, 
der schwankt lt. Display zwischen 7,2 und 7,5 bar. Bei 7,5 bar schaltet 
er ab (Nachlaufbetrieb und später auch Stillstand) und bei 7,2 bar fängt 
er an, seine Drehzahl sehr schnell zu erhöhen, möchte wohl nicht unter 7 
bar fallen. Aber das sagt alles leider nichts darüber aus, wieviel Strom 
das Ding im Vergleich zu einem Modell spart, was lediglich über das 
Entlastungsventil gesteuert zwischen 7,0 und 7,5 bar schwanken würde.

Edit:
> Ich schaetz' mal, es wird massgeblich drauf ankommen, wie lange dann
> der Frequenzumrichter tatsaechlich funktioniert, bzw. wie oft der
> ersetzt werden muss...
Darüber habe ich auch nachgedacht, so einen Stern-Dreieck-Anlauf 
repariert man im Schlaf und ein Frequenzumrichter kost' teuer Geld wenn 
er den Arsch hochreißt. Allerdings muss ich dazu sagen, die CNC-Bude 
betreibt ihren drehzahlvariablen Kompressor jetzt bestimmt schon 6..7 
Jahre, hat das Ding auch leider nicht ultimativ pfleglich behandelt, 
aber nie ein Problem damit gehabt.

: Bearbeitet durch User
von Martin S. (sirnails)


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Ben B. schrieb:
> relativ konstante Luftmenge

Das halte ich für ein Gerücht. So viel Druckluft braucht eine CNC nicht. 
Eigentlich nur beim Auspusten der Bauteile und beim Werkzeugwechsel bzw. 
Spannen beim automatischen Futter.

Also hier kann m.E.n. ein geregelter kompressor seine Stärken gar nicht 
ausspielen.

Ich denke es dürfte sinnvoller sein, einen recht großen Tank zu haben, 
damit der kompressor möglichst lange eingeschaltet bleibt.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Ja, eine CNC-Maschine hat Verbrauchsspitzen beim Werkzeugwechsel, aber 
auch einen relativ konstanten Verbrauch durch irgendwelche pneumatisch 
gesteuerten Zylinder oder Blasluft für die Lineale (damit sich dort kein 
Dreck ablagert).

Der Verbrauch der Bestückungsmaschine würde sich auch deutlich 
reduzieren lassen wenn man das Venturi-Rohr zur Unterdruckerzeugung 
durch eine Unterdruckpumpe ersetzt - aber das ist Bastelarbeit mit nicht 
genau bekannten Größen (Fördermenge, minimal benötigter Unterdruck bei 
welcher Fördermenge) und das Venturi-Rohr hat eine erstaunlich hohe 
Fördermenge bei recht hohem Unterdruck. Das ist eine Idee, aber eine für 
später wenn man mal viel Zeit zum Basteln haben sollte, erstmal soll das 
Ding laufen.

von Uwe B. (uwebre)


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Ben B. schrieb:
> Ich bräuchte einmal einen Rat von jemandem, der vielleicht Erfahrung mit
> Schraubenkompressoren hat.

Boge hat da allerhand Erfahrung zu und teilt sie sogar:
http://www.drucklufttechnik.de/

Uwe

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Danke Dir, schaue ich mir an - aber Boge hat auch ein großes Interesse 
daran, ihre möglichst etwas hochpreisigeren Kompressoren zu verkaufen. 
:)

Ich glaube aber wir haben erstmal ein sehr gutes Angebot für einen 
ungeregelten Schraubenverdichter. Wenn der sich als ungeeignet 
herausstellen sollte, lässt er sich ohne Verlust wieder abgeben.

Danke euch allen aber trotzdem für eure Meinungen. Es war zumindest mal 
keine dabei wie "lasst das bloß bleiben mit ungeregelt weil da bezahlt 
man sich am Strom dumm und dämlich" oder so.

von Uwe B. (uwebre)


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Ben B. schrieb:
> Danke Dir, schaue ich mir an - aber Boge hat auch ein großes Interesse
> daran, ihre möglichst etwas hochpreisigeren Kompressoren zu verkaufen.

Du kannst das Druckluft-Kompendium von Boge bewerten bevor du es dir 
angeschaut hast? Ist ja toll...

Nebenbei, interessehalber, was ist das für eine Maschine die über einen 
längeren Zeitraum eine solche Menge Druckluft verputzt. 
Venturi-Vakuumpumpen kann ich mir in der Elektronikfertigung nicht 
wirklich gut vorstellen.
Die Teile sind zwar einfach und billig, haben aber einen dramatischen 
Wirkungsgrad. Sie finden hauptsächlich Anwendung in Handlingaufgaben.

Eine Venturi-Vakuumpumpe mit einem Druckluftverbrauch von 400 Nl/min ist 
ja schon etwas größer

Uwe

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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> Du kannst das Druckluft-Kompendium von Boge bewerten
> bevor du es dir angeschaut hast? Ist ja toll...
Bewerten ist das falsche Wort... Boge ist halt ein Hersteller und ich 
kann Hersteller einschätzen. Bekanntlich geht sowas pleite wenn nichts 
(aus dem eigenen Sortiment) verkauft wird.

> Nebenbei, interessehalber, was ist das für eine Maschine die über
> einen längeren Zeitraum eine solche Menge Druckluft verputzt.
Eine Siemens Siplace S20. Nicht mehr das brandaktuellste Modell, aber 
eine schöne Maschine, die nochmal frisch überholt wurde und im Vergleich 
mit einem China Pick&Place-Automaten richtig Teile raushaut.

Das Venturi-Rohr sitzt direkt am Kopf und sorgt dort für den Unterdruck 
(komisch... mir fällt gerade auf... bei manchen Menschen, die einem so 
über den Weg laufen, muss es auch irgendwo ein Venturi-Rohr geben). Das 
ist ein kleines unscheinbares Teil und dank Schalldämpfer auch nicht mal 
laut, schon krass was da an Luft durch geht, allerdings schafft die 
Maschine damit wohl 200mbar absolut bei geschlossener Düse und ich 
glaube noch 400mbar bei einer komplett offen Düse und der Kopf hat 12 
Stück davon.

von Armin X. (werweiswas)


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Ohne jetzt bei Boge nachgelesen zu haben...

Was sprich dagegen einen Kompressor zu beschaffen, der die notwendige 
Menge eben nicht schafft und im Dauerbetrieb durchlaufen zu lassen.
Den jetzigen, der auch zu klein ist, taktend dazuschalten lassen um die 
Spitzen zu füllen.

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