Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Analog-Signale von Platine A zu Platine B übertragen


von Peter M. (pm4812)


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Hallo zusammen,

ich habe folgende Frage - vorzugsweise an die EMV/Analog-Gurus:

Ich habe eine eine Signal-Konditionierungs-Platine "A" mit Filtern und 
ähnlichem, die aus Strom-Signalen +-10 V Spannungs-Signale und aus +-80V 
Spannungs-Signalen +-10V Spannungs-Signale macht. Die Filter fangen bei 
5 kHz an (-3dB) und sind für -60 dB bei 26 kHz ausgelegt.

Des weiteren gibt es eine "Mess-Platine B", mit einem ADC (16 Bit), der 
die Signale mit min. 20 kHz bis max. 40 kHz samplet und an einen 
Microcontroller übergibt.

Aufgrund des mechanischen Aufbaus sind die beiden Platinen (Kante - 
Kante) ca. 8 cm von einander entfernt. Ich muss also ein kurzes Stück 
(in einem 19'' Gehäuse) mit einem Kabel überbrücken.

Was für Kabel nehme ich da am besten, damit ich mir die schön sauber 
gefliterten Signale, die ich mühsam und mit teuren Komponenten 
aufbereitet habe, nicht bei der Übertragung von A nach B wieder mit EMV 
- z.B. vom Netzteil im Gehäuse oder anderen "Musikanten" versaue?

Aufgrund meiner natürlichen Faulheit würde ich ja gerne FFC Kabel 
verwenden, habe aber schwere Bedenken, dass die sehr stör-anfällig sind. 
Ich könnte aber ein Abschirm-Blech drüber bauen? Meine Erfahrung 
diesbezüglich ist minimal, darum höre ich mir gerne an, was ihr 
vorschlagt.

Danke
pm

von Foobar (asdfasd)


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Setz halt die Filter direkt vor den ADC (also auf Platine B). 
Ansonsten, bei Audio-Signalen sind Koax-Kabel üblich.  Nicht zu 
hochohmig auslegen hilft auch.

: Bearbeitet durch User
von Christian S. (roehrenvorheizer)


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zweiadriges abgeschirmtes Kabel, Schirm einseitig an Masse.

mfg

von Peter M. (pm4812)


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Danke für die Hinweise.
@Foobar: ja, hatte ich auch schon dran gedacht
@Christian S.: ja, das währe wohl die Beste Lösung, aber ich hab 8 
Kanäle ... Da werde ich wohl eher die Platinen ändern und die Filter vor 
den ADC setzen

von Michael B. (laberkopp)


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Peter M. schrieb:
> Was für Kabel nehme ich da am besten,

Flachband ist schon gut, denn das wichtigste ist: keine Fläche zwischen 
Signal und Massebezug, keine Fläche zwischen Stromversorgung und 
Rückleiter, denn jede Fläche ist eine Antenne.

Fatal ist Stromversorgung von links und Signale nach rechts und Masse 
nach unten, jeweils mit Einzeladern.

Wenn eine Störung von aussen gleich auf Massebezug und Signal einwirkt, 
sieht dein ADC die Störung nicht.

Noch besser als Flachband ist Flachband mit jeder zweiten Ader als Bezug 
der danebenliegenden Ader und noch besser als das ist verdrillte 
Leitung, jede Leitung um ihren Bezug gedrillt, und noch besser ist eine 
Abschirmung um alles und noch besser ist eine Abschirmung um jedes Paar.

Aber auch dem CD Player reicht ein Flachbandkabel in seinem 19" Gehäuse 
vom Laufwerk zur Platine.

von Rainer W. (rawi)


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Peter M. schrieb:
> Was für Kabel nehme ich da am besten, damit ich mir die schön sauber
> gefliterten Signale, die ich mühsam und mit teuren Komponenten
> aufbereitet habe, nicht bei der Übertragung von A nach B wieder mit EMV
> - z.B. vom Netzteil im Gehäuse oder anderen "Musikanten" versaue?

Elektromagnetische Verträglichkeit kann dir nichts versauen, ganz im 
Gegenteil. Wenn deine Leitungen so gut gegen Einstrahlungen geschützt 
sind, dass sie von den vorhandenen Störfeldern nicht übermäßig viel 
einfangen und leitungsgebundene Störungen (z.B. auf Grund des 
Massekonzeptes) nicht in deinen Signalweg gelangen können, ist alles 
gut. Welches SNR besitzt dein ADC-Eingang bei Vollaussteuerung? Das ist 
das Maß der Dinge.
Völlig unklar ist, warum du deine Signale erst filterst (Platine A) und 
dahinter noch Störungen einspeist ("lange" Leitungen) bevor du zum ADC 
gehst. Wie sieht die Eingangsstufe von deinem ADC aus 
(Impedanz(wandler?), Multiplexer(?), S&H(?))

Wenn deine Platine einen hochohmigen Eingang besitzt, sollte dort 
wenigstens ein Kondensator sitzen. Welche Ausgangsimpedanz besitzt das 
Signal auf Platine A? Das Massekonzept wurde schon angesprochen.

: Bearbeitet durch User
von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Unsere alten Audiokarten (Wave88) für den PCI Slot hatten die 
Vorverstärker in der externen Anschlussbox und haben die Ausgänge 
niederohmig geschirmmt an die AD Wandler auf der PCI Karte geschickt. Je 
niederohmiger die Übertragung auf dem Kabel ist, umso störunanfälliger 
ist das. Das Verbindungskabel war zwar wg. der 8 Kanäle (plus Versorgung 
plus Midi plus SP/DIF) ein ganz schöner Docht, aber Störungen hat es nie 
eingefangen.
Wenn du also Impedanzwandler auf Platine A baust, ist das Kabel mit 
seinen paar cm Länge sicher kein Problem. Am besten, wie o.a., immer mit 
GND zwischen den Signalleitungen.

von Jens G. (jensig)


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Peter M. schrieb:
> Aufgrund des mechanischen Aufbaus sind die beiden Platinen (Kante -
> Kante) ca. 8 cm von einander entfernt. Ich muss also ein kurzes Stück
> (in einem 19'' Gehäuse) mit einem Kabel überbrücken.

Und wie stellst Du sicher, daß nicht die Platinen selbst schon Störungen 
einfangen? Solange Du Dir darüber keinen Kopf gemacht hast, brauchst Du 
Dir um die 8cm Abstand keinen Kopf machen.

von Peter M. (pm4812)


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Danke für die vielen Anregungen und Hinweise.

Ich beantworte die Fragen mal eure Fragen:
@Michael B: ja, ein geschirmtes, 2-adriges Kabel, mit dem Schirm 
einseitig auf Masse ist wohl das beste. Die Erfahrung hab ich auch schon 
im Schaltschrank-Bau gemacht. Ich bin mir halt noch nicht ganz sicher 
wie viel Aufwand ich treiben will. Bisher habe ich 0.5mm Pitch FFC mit 
jeweils einer Masse-Ader zwischen den Signalen vorgesehen für die 
Verbindung. Das wäre halt am einfachsten zu bauen. Die Stecker lötet der 
Fertiger auf die Platine und ich muss nur die Flachband-Kabel kaufen.

@Rainer W: ja, du hast recht. Ich verwende (gewohnheitsgemäß) 
fälschlicherweise immer "EMV" für Störungen die durch elektromagnische 
Ausstrahlungen von anderen Geräten irgendwo eingekoppelt werden und 
Probleme verursachen, z.B. durch ein Netzteil im Gehäuse. ADC ist ein 
AD7606 
(https://www.analog.com/media/en/technical-documentation/data-sheets/ad7606_7606-6_7606-4.pdf)
Ich speise ja nicht absichtlich Störungen ein. Ich speise ggf. ungewollt 
Störungen ein, weil ich keine Ahnung habe wie man das so aufbaut, dass 
keine Störungen eingespeist werden ;) und ich frage hier um einen 
Eindruck davon zu bekommen, wie man in der Analogtechnik denken muss, 
weil ich in dem Bereich nicht viel Erfahrung habe.  Mein Gedanke war 
(gestern abend): "hmm, ob das so gut ist, wenn du die Analogsignale über 
FFC Kabel zum ADC führst, wenn man sich da mal nicht irgendwelchen Mist 
einfängt. Schaun wir mal, was die Experten zu dem Thema sagen ..."
Massekonzept: es gibt eine zentrale geerdete Grundplatte, zu der alle 
Masseflächen auf den Platinen (so niederohmig wie möglich) verbunden 
sind. Die Platinen sind 4-Lagig, die 2. Innenlage wird für die 
Spannungsversorgung genutzt, alle anderen Lagen sind mit Masse 
verbunden. die 1. Innenlage wird nicht für Signale verwendet nur für 
Masse (wegen der schnellen Signale wie SPI, USB auf der Top-Lage)

@Matthias S: die Filter sind mit OpAmps in "Sallen Key" Schaltung 
aufgebaut , die Ausgänge der OpAmps wären also quasi wie 
Impedanzwandler. Ansonsten Danke, deine Erfahrungswerte helfen auch 
weiter. Das was du beschreibst erinnert mich an die Messkarten von NI, 
da war teilweise ein 100 poliges Kabel (mit Ferritkernen) angeschlossen, 
über das auch viele analogsignale parallel geführt wurden.

@Jens G: im Moment nur dadurch dass die Netzteile ganz links im Gehäuse 
und die Messtechnik ganz rechts im Gehäuse untergebracht wird. Und durch 
die allseitig geerteten Alu-Bleche. Ggf. würde ich noch abschirm-Bleche 
vorsehen und den "Müll" der Schaltnetzteile mit Blechen abfangen

von Stephan S. (uxdx)


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Michael B. schrieb:
> Noch besser als Flachband ist Flachband mit jeder zweiten Ader als Bezug
> der danebenliegenden Ader und noch besser als das ist verdrillte
> Leitung, jede Leitung um ihren Bezug gedrillt, und noch besser ist eine
> Abschirmung um alles und noch besser ist eine Abschirmung um jedes Paar.

Ich hätte auch zuerst an verdrillte Kabel gedacht, schlachte mal ein 
paar Zentimeter Netzwerk-Kabel, in Cat7 wären die einzelnen Paare sogar 
noch abgeschirmt. Anschluss an der Platine mit Schneidklemm-Technik.

: Bearbeitet durch User
von Klaus H. (hildek)


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Es gibt auch Flachbandkabel mit Schirm, z.B.: 
https://de.farnell.com/3m/3517-20/bandkabel-20kont-30-5m/dp/8608130

Längere Kabel an eine niederohmige Quelle angeschlossen wirken wie ein 
Lineal, das man an der Tischkante festhält und am anderen Ende 
anschlägt: es verhält sich wie eine Stimmgabel.
Dazu sind hier aber die 8cm zu kurz, bei langen Leitungen bzw. sehr 
hohen Frequenzen kann das aber schon mal Ärger machen.

von Michael B. (laberkopp)


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Stephan S. schrieb:
> Ich hätte auch zuerst an verdrillte Kabel gedacht, schlachte mal ein
> paar Zentimeter Netzwerk-Kabel, in Cat7

Na ja, kaum ein Drill in 8cm, das lohnt nicht bei so kurzer Distanz.

von Peter M. (pm4812)


Angehängte Dateien:

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@Stephan S. daran hatte ich auch schon gedacht, ich hab hier sogar schon 
eine RJ45 Crimpzange, Stecker und Weidmüller CAT6 (THR) Buchsen 
rumliegen. Das wäre mein Notfall-Plan gewesen, da kann ich in einem CAT6 
Kabel SFTP jeweils 4 Kanäle anschließen.

@Klaus H. danke für den Hinweis!
Mit FFC meine ich allerdings die FlatFlexCable - quasi sowas wie einen 
"geraden Flex PCB" (siehe Bilder). Aber dein Hinweis war trozdem gut, 
die gibt es auch in geschirmt (Mouser 538-15366-0321). Muss mich mal 
einlesen, ob das was taugt ...

von Rainer W. (rawi)


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Peter M. schrieb:
> ADC ist ein AD7606

Der hat differentielle Eingänge. Mit verdrillten Leitungen bist du dann 
doch gut davor, evtl. noch ein sym. TP-Filter auf Platine B.

von Stephan S. (uxdx)


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Michael B. schrieb:
> Stephan S. schrieb:
>> Ich hätte auch zuerst an verdrillte Kabel gedacht, schlachte mal ein
>> paar Zentimeter Netzwerk-Kabel, in Cat7
>
> Na ja, kaum ein Drill in 8cm, das lohnt nicht bei so kurzer Distanz.

Die kann man leicht nachverdrillen

von Stephan S. (uxdx)


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von Peter M. (pm4812)


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Rainer W. schrieb:
> Der hat differentielle Eingänge. Mit verdrillten Leitungen bist du dann
> doch gut davor, evtl. noch ein sym. TP-Filter auf Platine B.

ne, der ist single ended. Die GNG-Pins neben den Analog-In Pins sind 
"ground sensing" pins. Was auch immer das nun wieder genau bedeutet ...
>>Analog Input Ground Pins. These pins correspond to Analog Input Pin V1
and Analog Input Pin V2. All analog input AGND pins should connect to
the AGND plane of a system.<<

Aber ich benutze die wie differentielle Eingänge, weil der Referenz-Pin 
von den vorgeschalteten INA826 auf Gnd liegt und ich beide Pins bis zum 
InAmp durch verbinde. Falls diese Überlegung bullshit ist, dann ist es 
halt immer noch eine Masse-Leitung zwischen den Signalen. Und das ist ja 
auch nicht verkehrt.

Aber ich denke ich hab eine Entscheidung getroffen, auf Basis von dem 
was ich hier jetzt als Input bekommen habe.
Ich werde FFC Kabel nehmen, erstmal die einfachen, das Gehäuse schon so 
konstruieren, dass ich ein Abschirm-Blech drüber setzen kann, das auf 
Masse liegt. Das müsste dann eig. so wirken wie die Cans auf RF-PCBs. 
Und dann schau ich halt mal mit dem Scope was passiert.
Grund dafür: das ist am einfachsten zu bauen. Die Stecker lötet der 
Fertiger auf den PCB, das Blech lasse ich biegen. Ich muss nur FFC Kabel 
kaufen.

Wenn das nichts taugt, dann hab ich ja nun entsprechende Vorschläge 
erhalten, wie ich das Thema "eskalieren" kann, bis hin zu einem 
2-adrigen, verdrillten und geschirmten Kabel für jeden Kanal. Wobei das 
dann halt schon echt elendes Gefrickel ist, acht so kurze Kabel (z.B. 
aus Lapp LICY 2x0.25mm²) herzustellen ...

Danke für euren Input. Wenn es jemand interessiert was draus geworden 
ist kann ich gerne berichten!

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Peter M. schrieb:
> Ich verwende (gewohnheitsgemäß)
> fälschlicherweise immer "EMV" für Störungen die durch elektromagnische
> Ausstrahlungen von anderen Geräten irgendwo eingekoppelt werden

Das andere Ende wäre dann 'EMI', also elektromagnetische Interferenz. Du 
willst also EMV erreichen und EMI minimieren :-P

: Bearbeitet durch User
von Bernd G. (Gast)


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Peter M. schrieb:
> Aber ich benutze die wie differentielle Eingänge, weil der Referenz-Pin
> von den vorgeschalteten INA826 auf Gnd liegt und ich beide Pins bis zum
> InAmp durch verbinde.

funktioniert aber nur bei einem guten GND.

Peter M. schrieb:
> Was für Kabel nehme ich da am besten, damit ich mir die schön sauber
> gefliterten Signale, die ich mühsam und mit teuren Komponenten
> aufbereitet habe,

Mit mühsam bei Mondschein mundgeblasenen sauerstoffreien Kupferkabeln.

von Peter M. (pm4812)


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Matthias S. schrieb:
> Das andere Ende wäre dann 'EMI', also elektromagnetische Interferenz. Du
> willst also EMV erreichen und EMI minimieren :-P

Jupp, genau dieses.
Aber die Chefs hier machen das auch so ;-) , siehe: 
https://www.mikrocontroller.net/articles/Snubber >>damit werden sowohl 
kabelgebundene Störungen als auch eine Abstrahlung (EMV) wirksam 
unterdrückt.<< (in der Einleitung)

Bernd schrieb:
> Mit mühsam bei Mondschein mundgeblasenen sauerstoffreien Kupferkabeln.
Janee, mit so billigem Zeug geb ich mich nicht ab. Ich verwende 
ausschließlich bei Neumond von graubärtigen Jungfrauen mundgeblasene 
sauerstoff-freie Kupferkabel mit Schimgeflecht aus Einhornhaar. Man muss 
ja auch ein bischen auf die Qualität achten, Gell?

: Bearbeitet durch User
von Bernd G. (Gast)


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Peter M. schrieb:
> Aber die Chefs hier machen das auch so ;-) , siehe:
> https://www.mikrocontroller.net/articles/Snubber >>damit werden sowohl
> kabelgebundene Störungen als auch eine Abstrahlung (EMV) wirksam
> unterdrückt.<< (in der Einleitung)

Mit einem Abschlusswiderstand?(!)

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