Vor kurzem wieder mitbekommen, wie ein befreundeter Elektriker einen Stromschlag bekommen hat. Nichts passiert zum Glück, es hat nur kurz "gebitzelt". Da kam mir aber die Frage auf, wie das überhaupt möglich ist. Der Kollege hatte isolierende Schuhe mit Gummisohlen an und hat die Phase nur mit einer Hand berührt, es gab keine leitende Verbindung zwischen seinen Händen. Hab bereits das Thema hier gelesen, aber eine zufriedenstellende Antwort hab ich nicht ausmachen können: Beitrag "Warum bekommt man einen Stromschlag?" Dort wird als Grund die kapazitive Kopplung genannt, bzw. eigentlich wusste niemand so richtig eine Antwort. Laut dem Human-body-model (https://de.wikipedia.org/wiki/ESD-Simulationsmodelle) kann man einen Mensch mit einer Parallelschaltung eines 100pF-300pF Kondensators mit einem 1500Ohm Widerstand vergleichen. Gehen wir mal vom schlechtesten Fall aus: Wir haben eine Kapazität von 300pF, tragen keine Schuhe, verschwitzte Hände, also einen Widerstand von etwa 1500Ohm (Hand -> Fuß -> Erde). Bei 50Hz und 230V ergibt das einen Strom von: I1 = U/Z1 = 230V/(Xc || R) = 150mA Macht Sinn, das will man nicht erleben. Nächstes Beispiel, wir tragen isolierende Schuhe, der Widerstand zu Erde sollte im MOhm-Bereich sein, kann damit vernachlässigt werden, die 300pF Kapazität bleiben: I2 = U/Z2 = 230V/Xc = 21,6µA Die Wahrnehmbarkeitsschwelle (siehe Bild) liegt bei 0,5mA, den Strom sollte man also eigentlich überhaupt nicht spüren. Letztes Beispiel, wir tragen immer noch Schuhe, diesmal haben wir aber einen heißen Sommertag und die Schuhe tragen wir schon seit ein paar Stunden. Gehen wir mal von einem Widerstand von 100kOhm aus. I2 = U/Z3 = 230V/(Xc || R) = 2,3mA Das sollte man merken. Aber die, die schon mal an 230V gekommen sind, wissen wie unangenehm das ist. Sind das wirklich schon diese 2mA? Da fliegt ja noch nicht mal der FI. Wo kommt der zusätzliche Strom her? Ist der Widerstand von 100kOhm für isolierende Schuhe noch zu hoch? Gibt es vielleicht eine Studie/einen Artikel, in dem das Thema behandelt wird?
Hörensagen. Unmöglich festzustellen, ob die Schuhe tatsächlich isolierten, worauf er gestanden ist, was er zum Zeitpunkt unbewusst angefasst hat, etc.
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ich vermute mal das der Strom nicht übers Schuhwerk zur Erde geflossen ist sondern von der Hand gegen irgend ein Metallteil des Verteilerschrankes zur Erde. Hier mal etwas zu den Isolationswiderständen und Einteilung der Schuhe: >Von einem antistatischen Schuh spricht man, wenn der Durchgangswiderstand zwischen 100 Kiloohm und 1 Gigaohm liegt. Ist der Widerstand geringer, spricht man von einem leitenden Schuh. Ist der Durchgangswiderstand höher, handelt es sich um sogenannte isolierende Schuhe. Dies folgt aus der Norm EN ISO 20345. >Welchen Durchgangswiderstand ein ESD-Schuh aufweisen muss, wird in einer anderen Norm definiert, der IEC 61340-5-1. Danach ist ein Schuh ESD-fähig, wenn der Durchgangswiderstand zwischen 100 Kiloohm und 35 Megaohm liegt. Ein ESD-Schuh ist also immer auch antistatisch, aber ein antistatischer Schuh besitzt nicht automatisch die ESD-Fähigkeit. Ich habe mir jetzt nicht Herstellerangaben ihrer Isolationswerte angeschaut und unter welchen Bedingungen Sie sie gerantieren.
Kann natürlich sein, dass der Strom irgendwo anders gegen Erde geflossen ist. Ich selber hab aber auch schon den ein oder anderen Stromschlag bekommen während ich Messungen unter Spannung durchgeführt hab. Kein Trenntrafo benutzt, aber 1-Hand-Regel (der linke Arm befindet sich hinter dem Rücken). Fahrlässig ich weiß, mittlerweile hab ich einen Trenntrafo. Ich bin mir zu 100% sicher, dass der Strom nur über meine Hand und meine Schuhe gegen Erde geflossen sein kann. In meinem Fall waren es vielleicht wirklich nur die 2mA, da auch der FI nicht geflogen ist, aber das hat dann schon ordentlich weh getan dafür. Laut der Theorie oben sind es ja sogar nur 2mA im schlechtesten Fall, meine Schuhe hatten mit Sicherheit einen größeren Widerstand als 100kOhm.
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Benjamin M. schrieb: > Da kam mir aber die Frage auf, wie das überhaupt möglich ist. Warum leuchtet der Phasenprüfer, obwohl der Elektriker Gummisohlen an hat, und der Lügenstift schon 0.5mA braucht und 60V kostet.
Michael B. schrieb: > und der Lügenstift schon 0.5mA braucht und 60V kostet. Die Lügenstifte, die ich kenne, haben einen 1MOhm Widerstand verbaut. Die Glimmlampe leuchtet bereits bei Strömen im µA-Bereich, da reicht auch der Stromfluss verursacht durch die 100pF-300pF Kapazität des Körpers.
Mal die Piepmätze fragen, die auf Hochspannungsleitungen sitzen.
Mit gut leitenden Schuhen wär wahrscheinlich nix passiert. Wenn die isolieren, am besten noch auf Wollteppichen im Winter bei niedriger Luftfeuchtigkeit baut sich im Körper ein Potential auf, das durchaus mehrere kV betragen kann. Wenn man dann an irgendwas geerdetes langt, baut sich das wieder ab, bei dem geringen Strom, der da fliesst, passiert ausser nem leichten Schlag zum Glück nix. Aber irgendwelche Elektronik sieht das durchaus anders, drum sollte man, bevor man da was anfasst erstmal die Wasserleitung, Heizung oder ähnliches berühren.
Entscheidend ist auch, in welcher Millisekunde man an die Wechselspannung fasst.
Benjamin M. schrieb: > sollte man also eigentlich überhaupt nicht spüren. 300pF hast Du stehend gegenueber der Erde. Stehst Du aber 0,7m neben einer metallenen Strassenlaternen, sind es 600pF. Beim Aufladen des Koerpers gibt es einen Inrush-Current. Der wird nur vom Körperwiderstand begrenzt. Also 150mA sind moeglich, aber deutlich kürzer.
> Ich selber hab aber auch schon den ein oder anderen Stromschlag > bekommen während ich Messungen unter Spannung durchgeführt hab. Wie geht das, wenn man korrekt funktionierendes Werkzeug benutzt? > Mal die Piepmätze fragen, die auf Hochspannungsleitungen sitzen. Die setzen sich ab etwa 110kV auch nicht mehr auf die Leiterseile, sondern nur noch auf die Erdseile und auf die Masten weil sie ab dem Bereich die kapazitiven Ströme gegen die Umgebungsluft fühlen. Aber das ist für die nur unangenehm (hoch belastete 380kV Leitungen sind auch gerne mal 150°C heiß), selbst wenn die sich kurz auf eine 380kV Leitung setzen, sterben sie davon nicht. Ich selbst hatte so einen Fall bei einer sehr alten Elektroinstallation an einer Verteilerdose für den Lichtkreis. Alles freigeschaltet (dachte ich jedenfalls) und wollte dann eine zweite Leitung für eine zweite Lampe anschließen und der blaue N fühlte sich "irgendwie komisch" an. Also kein Schmerz oder woran man es sofort gemerkt hätte, aber so ein ganz leichtes Kribbeln zwischen den Fingern, in etwa wie wenn im Sommer irgend ein Käfer in die Bude fliegt und man den wieder rausschmeißt (ohne ihn platt zu machen), schwer zu beschreiben. N bzw. blau gegen Erdung gemessen, sind da volle 230V zuhause, herzlichen Glückwunsch. Ich nochmal zur Verteilung, komplett aufgemacht, heilloses Durcheinander... mehrere blaue Drähte auf irgendwelchen Diazed... aber auch 3x63A Diazed. Ich kein Bock mehr auf die Scheiße, hab mir die 3x63A Diazed erstmal in die Tasche gesteckt. Danach hat's auch am blauen Draht, den man nun irgendwie nicht mehr N nennen konnte, nicht mehr gekribbelt. Eigentlich hätte man an dem Punkt alles rausreißen und neu machen müssen, keine Ahnung was der Spaß kostet und wer diese Scheiße mal zusammengefrickelt hat. Passiert ist wohl deswegen nichts, weil ich beim Bauen auf einem Teppich stand (die Verteilerdose war direkt über dem Lichtschalter), aber irgendwo an die Erdung gekommen oder angelehnt, hätte ich ordentlich eine gefeuert bekommen und davon war ich auch alles andere als begeistert. Aber so lernt man, in Zukunft gleich alles komplett zu messen was man aufschraubt (den Lichtkreis hatte ich frei gemessen, aber jetzt aus der Erinnerung wohl nur am Lichtschalter) und nicht erst, nachdem einem irgendwas komisch vorkommt. Das Licht war irgendwo zwischen den tatsächlich vorher freigeschalteten Lichtkreis und "einen anderen N" geklemmt, den "komischen N" mit den 230V drauf, den ich da gefunden habe, der war für irgendwas anderes, aber nicht für's Licht. Den Strom für die zweite Lampe gab es dann mit einem Kabel direkt von der ersten, alles andere war mir dann zu dumm.
Andreas M. schrieb: > Mal die Piepmätze fragen, die auf Hochspannungsleitungen sitzen. Für die ist das eine angenehm kribbelnde Fußmassage. https://www.welt.de/gesundheit/article13545017/Kranke-Indonesier-legen-sich-auf-elektrische-Gleise.html
Ben B. schrieb: >> Ich selber hab aber auch schon den ein oder anderen Stromschlag >> bekommen während ich Messungen unter Spannung durchgeführt hab. > Wie geht das, wenn man korrekt funktionierendes Werkzeug benutzt? In dem man in einem engeren Gehäuse hantiert und aus Versehen spannungsführende Anschlüsse erwischt. Hatte das Gerät ausgeschaltet, aber das Netzkabel aus Bequemlichkeit stecken gelassen. Auf dem Anschluss am Schalter lag natürlich trotzdem noch L, auch wenn die Schaltung an sich spannungsfrei war. Ben B. schrieb: > Also kein Schmerz oder woran man es sofort gemerkt hätte, aber so ein > ganz leichtes Kribbeln zwischen den Fingern, in etwa wie wenn im Sommer > irgend ein Käfer in die Bude fliegt und man den wieder rausschmeißt Dann war dieses leichte Kribbeln wahrscheinlich die wenigen mA, die fließen wenn man relativ gut gegen Erde isoliert ist. Nochmal Glück gehabt.
Eben mal aus reinem Interesse mit dem Lügenstift experimentiert. Mit Schuhen auf einem Stapel Kissen gestanden (darunter zwei Lagen Teppich), die Glimmlampe leuchtet unverdrossen. Der Widerstand wird irgendwo bei unendlich liegen. Der Lügenstift leuchtet hier sogar minimalst (total abdunkeln), wenn er in der Steckdose steckt und man ihn am Ende nicht berührt.
Andreas M. schrieb: > Mal die Piepmätze fragen, die auf Hochspannungsleitungen sitzen. Das frage ich mich auch. Und die Ami´s reparieren vom Hubschrauber aus. Und in Deutschland bekommt mann schon eine gewischt, wenn mann seiner Frau an die Wäsche geht. Mal sehen wann das gelöscht wird, weil die Mod´s mal wieder keine Ironie verstehen. HolgerR
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Gustav K. schrieb: > Eben mal aus reinem Interesse mit dem Lügenstift experimentiert. > Mit > Schuhen auf einem Stapel Kissen gestanden (darunter zwei Lagen Teppich), > die Glimmlampe leuchtet unverdrossen. Der Widerstand wird irgendwo bei > unendlich liegen. > > Der Lügenstift leuchtet hier sogar minimalst (total abdunkeln), wenn er > in der Steckdose steckt und man ihn am Ende nicht berührt. Häng halt mal DC ran, dann leuchtet er nicht mehr. Vor paar Jahren mal mit Keithley 237 gespielt, Glimmlampen brauchen gewissen Minimalstrom, unterhalb brennen die nicht mehr. Dann steigt Spannung, bis wieder zündet und ausgeht, vermutlich wegen Kapazität im Triax-Kabel oder an der Endstufe vom K237.
🍅🍅 🍅. schrieb: > Häng halt mal DC ran, dann leuchtet er nicht mehr. Dann leuchtet nur eine der zwei Elektroden! Bei Wechselspannung leuchten beide abwechselnd je nach Halbwelle.
Bei DC kann sein, daß er wirklich nicht mehr leuchtet, da die Kopplung mit der Erde über die Luftstrecke kapazitiv ist. Ohne Frequenz wird diese Kapazität nicht mehr umgeladen und dadurch fließt auch kein Strom, der irgendwas leuchten lassen könnte.
Benjamin M. schrieb: > Dann war dieses leichte Kribbeln wahrscheinlich die wenigen mA, die > fließen wenn man relativ gut gegen Erde isoliert ist. Man könnte sich ja mal auf einen Stapel Kissen stellen und dann die Phase berühren. Fließen durch den Kissenstapel paar mA? Kribbelt es nur, oder schüttelt es einen? Wer hat es ausprobiert und kann berichten?
Scheissegal! Er hat sich nicht an die essentiellen Sicherheitsregeln gehalten! Damit britzelt es halt; selber schuld! Schon klar, ist deutlich, aber soll auch so sein! Grüße Ove
Gustav K. schrieb: > Wer hat es ausprobiert und kann berichten? Bei mir Gustav K. schrieb: > Kribbelt es nur, oder schüttelt es einen? Wer hat es ausprobiert und > kann berichten? Bei mir im Büro reicht das Holzparkett, ich kann Phase berühren ohne Kribbeln.
Lord Magnet schrieb: > Bei mir im Büro reicht das Holzparkett, ich kann Phase berühren ohne > Kribbeln. Das allmorgendliche Ritual zum Wachwerden? :))
Nur bei polnischen Handwerkern. Aber die stehen dafür nicht isoliert, ihr Weicheier!
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