Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Störsignal am Vorverstärker Kassettendeck


von Rene M. (reneindd)



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Hallo alle zusammen,

ich habe hier ein Problem mit einem Kassettendeck RFT SK3930:
ich benutze das Gerät nun schon seit 30 Jahren und mir ist aufgefallen, 
das der Ausgabepegel beim Abspielen viel zu gering ist, weiß nicht mehr 
ob das ein Fehler ist der sich allmählich eingeschlichen und langsam 
verstärkt hat, oder ob das schlagartig passiert ist.

Ich habe nach Pegeldiagramm durchgemessen und da fällt auf, am Eingang 
sollen 15 mV sein - 17 passt auch, aber am Ausgang sind nur 189 statt 
525 mV, und das bei Maximalanschlag der beiden Trimmer, die hier in 
dieser Vorverstärkerschaltung verbaut sind. Die Pegelanzeige am Gerät 
hatte schon gar nichts mehr angezeigt.

Weiterhin lässt sich in dem Vorverstärker mit DDR OV B2761 - Aquivalent 
zu TAA2761 eine Störspannung von 2,46 MHz 53 mV messen, aber eben auch 
nur ab negativem Eingang-OV in der ganzen Schaltung bis Ausgang, alle 
gelb markierten Leiterbahnen im Schaltplan, der Rest des Gerätes ist 
frei davon.

Bild 01 - Schaltplan,
Bild 03 - so wie die Kurve sein sollte an beiden OV-Eingängen,
Bild 05 - wie es sein sollte am Ausgang
Bild 06 - +Eingang defekte Schaltung, ist auch ok
Bild 07 - Pegel 0 2,46.. -Eingang 2,46 MHz Signal ist auch ohne 
Einganspegel im Play-Modus vorhanden
Bild 07 - Pegel -Eingang 2,46 MHz moduliert mit 500Hz Testsignal
Bild 08 - Ausgangssignal mit zu geringem Pegel

Was ich schon gemacht hab, die blau markierten Kondensatoren 
ausgewechselt, allerdings die Ausgelöteten haben Messwerte die ok sind. 
Betriebsspanung ist auch ok.

Da der Fehler symmetrisch über beide Kanäle auftritt sollte man ja 
meinen, daß ein Bauelement betroffen sein sollte was auch beide 
gleichermaßen beeinflusst, aber ich finde da nichts, obwohl nicht 
markiert, aber C237 ist in Ordnung.

Na & schliesslich der Operationsverstärker, im baugleichen Deck welches 
funktioniert, sowie in dem Defekten hab ich Fassungen für V218 eingebaut 
und dann die OV's getauscht, das eine läuft, das andere nicht, egal 
welcher Schaltkreis.

Was noch auffällt, bei negativer Rückkopplung sollten doch am OV an den 
Eingängen gleiche Signale sein, iss aber nicht, obwohl das Ding in 
Ordnung ist. Also ich bin da irgenwie in einer Sackgasse. Übersehe ich 
denn Irgendwas?

Die Frage: hängt der verringerte Pegel von dieser Schwingung ab und wie 
lässt sich so ein Fehler eingrenzen?

von Arno R. (arnor)


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Es sieht wohl so aus als ob der B2761 auf ~2,5MHz schwingen würde. Laut 
seinem Bodediagramm (Anhang, gestrichelte Kurve) ist das auch möglich 
wenn der OPV direkt gegengekoppelt wird (V=1) und noch ein wenig 
Phasendrehung durch die Rückkopplung oder kapazitive Last auftritt.

Als mögliche Ursache käme eines der Potis R259/R260 mit Kontaktproblemen 
in Frage. Wenn die Masseverbindung unterbrochen ist, dann geht die 
Verstärkung der Stufe gegen 1.

von Jens G. (jensig)


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Tja, dann sind wohl die Steuerspannungen für die Diodennetzwerke so 
gestellt, daß sich wohl eine geringe Verstärkung ergibt (und die OPV 
wohl dann ins Schwingen geraden, wenn v zu niedrig). Also messen, was 
dort für Steuerspannungen herrschen bei R281-R284, denn die beeinflußt 
ja beide Kanäle.
(bin mir nicht sicher, ob das eine Verstärkungsregelung sein soll in 
PIN-Dioden-Manier, oder einfach nur die Fe/Cr-Umschaltung)

: Bearbeitet durch User
von Rene M. (reneindd)


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Hallo Arno & Jens,

super, lieben Dank für eure Tipps und Wow - ich hab wieder Pegel !!!!!

Seht mal auf dem Foto das war das Deck vor 2 Jahren. Also ich hab das 
gute Stück 1989 von meinem (na fast ersten) selbst verdienten Stern 
Radio Rochlitz Geld gekauft, 3500 Ostmark. Etwas mehr als ein Jahr 
später kostete das Ganze dann blos noch 300 DM, also glaub ich - 
irgendwiesowars.

Deshalb häng ich wohl so dran, das Ding ist wirklich über 30 Jahre 
regelmäßig gelaufen.
Ich hab nun vor 2 Jahren, das Laufwerk gewechselt da das Alte nicht mehr 
gut lief. Das Foto seht ihr oben, die 30 Jahre sind glaub ich zu 
erkennen. Vor kurzen hatte ich ein Nakamichi 482 in Arbeit, und hab das 
mit meinem alten 3930 verglichen, immer Kassette rein Play, hören, Stop, 
Kassette raus anderes Deck, Rew. Stop, Play usw..
nach so ca. einer halben Stunde meinte ich doch beim Nakamichi einen 
Tick mehr Brillanz raus zu hören. Also das Sonneberger Gerät ist da fast 
gleichauf, aber man muss schon wirklich gut hinhören um einen 
Unterschied zu finden.

Na jedenfalls Jens du hast Recht, die Doppeldioden sind mit Widerständen 
zusammen für die Wiedergabeentzerreung zuständig und schalten zwischen 
70 & 120 µs um.

Das weitere Paar, und dort lag nun der Haase wirklich im Pfeffer, ist 
zuständig für eine leichte Dämfung des "Zwitscherns" im Cue / Review 
Modus:

Und zwar ist am Laufwerk ein Geber; Schalter für den CUE/REV Status.
Eine frühere Version des Laufwerks hatte den Geber PLAY den es bei 
meinem Laufwerk nicht mehr gab, direkt daneben.

Ist mir jetzt bei der Signalverfolgung aufgefallen, das da zwei 
idendentische Einpassungen für Schalter sind und bei dem 
funktionierenden Deck gibt es auch zwei Schalter. Über den Schalter wird 
nun die Spannung zwischen R284/ R283 bei CUE/REV. von -15V auf +15V 
umgeschalten, von da geht es zu den Doppeldioden.

Ich hab nun beim Laufwerkswechsel bei meinem etwas neueren 3930 den 
Taster von CUE/REV auf Play gesteckt und jedesmal bei Play wurde dann 
halt die Verstärkung abgesenkt, deshalb dann die 2,.. Mhz, iss aber auch 
eine tückische Fußangel.

Wobei die Mhz am Ende aber keine Rolle sielen, ich hatt mich nur so 
drauf versteift.
Aber sag mal Arno, wo kann man das am Bodediagramm ablesen, das der OV 
die Neigung hat bei geringer Verstärkung zu schwingen, kannst Du mir das 
erklären? So tief steck ich noch nicht in der Materie.

Auf jeden Fall schon mal vielen Dank, macht Spaß wenn's läuft! ;)

von Arno R. (arnor)


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Rene M. schrieb:
> Aber sag mal Arno, wo kann man das am Bodediagramm ablesen, das der OV
> die Neigung hat bei geringer Verstärkung zu schwingen

Naja, zunächst mal muss der OPV bei der gemessenen Schwingfrequenz 
(2,5MHz) noch eine Verstärkung >1 haben, ein LM358 z.B. schafft das 
nicht. Dann ist eine möglichst kleine Phasenreserve "hilfreich", um mit 
möglichst wenig zusätzlicher äußerer Phasendrehung die nötigen 180° zu 
erreichen und damit die Schwingbedingungen zu erfüllen.

Im Diagramm sieht man, daß der OPV ein Verstärkungs-Bandbreite-Produkt 
von etwa 3MHz hat, passt also. Die Phase zeigt das Diagramm wohl auch. 
Im Bereich des konstanten -20dB/dec-Abfalls der Verstärkung sollte die 
Phase konstant 90° betragen. Das kann man nur mit Mühe zwischen 100kHz 
und 1MHz erkennen. Wenn man diesen Bereich also als ~90° ansieht, dann 
erkennt man einen steilen Anstieg der Phasendrehung bis über 180° in der 
Nähe der Transitfrequenz - die besten Voraussetzungen für einen 
Oszillator.

Wenn man den OPV nun voll gegenkoppelt, also die Verstärkung auf +1 
(=0dB) einstellt, arbeitet dieser genau am dem Punkt an dem die 
Schwingbedingung am leichtesten zu erfüllen ist. Verstärkung 1, Phase 
180°. Bei höheren Verstärkungen nimmt die innere Phasendrehung ab, die 
Schaltung wird deswegen stabiler.

: Bearbeitet durch User
von Axel S. (a-za-z0-9)


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Rene M. schrieb:
> wo kann man das am Bodediagramm ablesen, das der OV
> die Neigung hat bei geringer Verstärkung zu schwingen

Man kann das auch im Datenbuch nachlesen :)

Die typisch 18pF Kompensationskapazität reichen nicht für 1-Stabilität, 
vulgo die Verwendung als Spannungsfolger. Die minimale Verstärkung für 
stabilen Betrieb ist ca. 3 fach. Mein Buch (ISBN 3-341-00363-9) spricht 
sogar explizit von Schwingen bei ca. 2MHz :)

Was du siehst, ist eigentlich ein Fehler bei der Auslegung der 
Schaltung, den bei dir der fehlende Schalter getriggert hat.

Speziell bei diesen OPV ist die Leerlaufverstärkung auch von der 
Belastung abhängig. Man könnte auch den Kollektorwiderstand am Ausgang 
etwas verringern um die Schwingneigung zu unterdrücken.

Ach so, zu deiner eigentlich Frage: dazu braucht man die Skalierung der 
2. Y-Achse. Die fehlt bei Arnos Bild, aber im Datenblatt des TA765 ist 
sie vorhanden. Dann schaut man den Punkt an (die Frequenz), bei der die 
Phasenverschiebung 180° ist. Wenn dabei die Leerlaufverstärkung > 1 
(>0dB) ist, dann besteht Schwingneigung bei kompletter Rückkopplung.

Oder anders gesagt: die eingestellte Verstärkung muß mindestens so hoch 
sein wie die Leerlaufverstärkung bei 180° Phasendrehung. Dann ist das 
Ding stabil.

: Bearbeitet durch User
von Arno R. (arnor)


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Axel S. schrieb:
> Die typisch 18pF Kompensationskapazität reichen nicht für 1-Stabilität,
> vulgo die Verwendung als Spannungsfolger.

Ja, deswegen hat man auch 30pF integriert, Damit wird dann wie üblich
1-Stabilität mit kleiner Phasenreserve erreicht. Siehe Anhänge.

Bei den entsprechenden DDR-Typen sind etwa 20pF integriert und bekommt 
damit vergleichbare Eigenschaften, wohl weil die integrierten 
Transistoren selbst größere Kapazitäten haben.

von Rene M. (reneindd)


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Vielen Dank an Alle, Problem ist gelöst & ich werd mich mal weiter mit 
den Thema Operationsverstärker beschäftigen, euer Wissen zu dem Thema 
war auch sehr hilfreich für mich !!!!!

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