Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Spannung zwischen BNC-Masse und Schutzleiter


von Josef E. (seyd)


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Hallo zusammen,
vermutlich wurde das hier schon mal diskutiert und ich habe es nur nicht 
gefunden. Daher entschuldige ich mich schon mal prophylaktisch.

Angeregt durch einen Youtube-Beitrag, habe ich mal selbst nachgemessen.
https://www.youtube.com/watch?v=hKB_buROM7s&t=8s

Ich habe den  Billig-Funktionsgenerator FG-100 DDS, der über USB mit 
Spannung versorgt wird, an zwei verschiedene USB-Steckernetzteile 
angeschlossen und die Spannung zwischen der BNC-Masse und dem 
Schutzleiter gemessen.
iphone-Steckernetzteil: ca. 60 V AC
OWON-Steckernetzteil: ca. 90 V AC
Im Fall des OWON-Steckernetzteils leuchtet die Glimmlampe eines 
Spannungsprüfers bei Berührung der BNC-Masse auf. Das Leuchten wird 
stärker, wenn der Schutzleiter zusätzlich berührt wird.

Soweit die Ausgangslage. Im Youtube-Beitrag wird als Ursache die 
Gleichtaktstörung bei Schaltnetzteilen genannt.
Meine Frage: Welche Konsequenzen hat der Effekt auf die tägliche Arbeit 
mit Geräten, die über Steckernetzteile betrieben werden?

von Hans W. (Firma: Wilhelm.Consulting) (hans-)


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Das ist ganz normal.

Je nachdem wie groß die Entstörkondensatoren sind, kannst du damit mehr 
oder weniger einfach deine zu messende Schaltung zerstören.

Wenn du z.B deine scope Probe an einen Eingangspin hängst, dann hast du 
im Prinzip diese Spannung über den unbekannten Kondensator und der z.B 
1M Eingangsimpedanz an dem Pin. Ist das dann ein ADC Eingang ohne Schutz 
Dioden, dann kann sowas durchaus die Oxidschichten schädigen oder auch 
kaputt machen.

Vor allem bei den STM32F0 ist mir das schon öffter negativ aufgefallen. 
Bei mir war es aber ein lötkolben... Schaltung hatte noch Erde - der 
Lötkolben aber unabsichtlicherweise nicht.

Der IC war dann zwar nicht kaputt - die Stromaufnahme im deepsleep war 
danach aber exorbitant hoch.

73

von Wolf17 (wolf17)


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Entscheidend ist der AC Strom. Ab etwa 100µA merkt man das kribbeln.
Es gibt durchaus Netzteile mit 10µA AC. Besonders gute verwenden zur 
Entstörung teure Schirmlagen statt billiger Y-Kondensatoren.

Dass nicht reihenweise eingebaute Elektronik davon stirbt, liegt daran, 
dass die ICs praktisch immer interne (teils parasitäre Body-)Dioden an 
den Pins zur Versorgungsspannung haben.
Selbst kleine diskrete Transistoren sind bei mA nicht gefährdet.
Anders sieht es bei ungeschützen Gates von FETs oder MOSFETs aus.
Aber die sind noch leichter durch statische Entladung zu beschädigen.

: Bearbeitet durch User
von Torsten B. (butterbrotstern)


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> Entscheidend ist der AC Strom. Ab etwa 100µA merkt man das kribbeln.
Nein, entscheidend ist der Impulsstrom, der beim Herstellen einer 
Verbindung fließt, der kann x00 mA für einige µs betragen. Der 
Y-Kondensator stellt einen kapazitiven Spannungsteiler dar. Wenn im 
Augenblick der Verbindungsherstellung die Netzspannung im Scheitel liegt 
(325V), sind beide Cs auf 162,5V aufgeladen und werden dann schlagartig 
entladen / aufgeladen.

Einzige Lösung: Netzteil mit 3-poligem Netz-Anschluss.
Aber selbst das hilft nicht immer, ich kenne Netzteile mit 3-poligem 
Mickeymouse-Stecker, bei denen der PE nicht beschaltet ist. Es hilft 
also nur messen.

Dieser Zusammenhang wurde schon x-fach beschrieben.

: Bearbeitet durch User
von Harald W. (wilhelms)


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Josef E. schrieb:

> die Spannung zwischen der BNC-Masse und dem Schutzleiter gemessen.
> iphone-Steckernetzteil: ca. 60 V AC
> OWON-Steckernetzteil: ca. 90 V AC

Vermutlich mit einem hochohmigen Multimeter. Miss mal mit einem
Zeigerinstrument und Du wirst sehen, das dann die Spannung
deutlich niedriger ist. Wie bereits gesagt, durch diese Spannung
kann man durchaus seine zu messenden Geräte beschädigen. Für
Menschen sind sie aber ungefährlich. Ich würde ein solches Gerät
mit einem konventionellen Traqfonetzteil versorgen.

von Motopick (motopick)


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Josef E. schrieb:
> Ich habe den  Billig-Funktionsgenerator FG-100 DDS, der über USB mit
> Spannung versorgt wird, an zwei verschiedene USB-Steckernetzteile
> angeschlossen und die Spannung zwischen der BNC-Masse und dem
> Schutzleiter gemessen.
> iphone-Steckernetzteil: ca. 60 V AC
> OWON-Steckernetzteil: ca. 90 V AC
> Im Fall des OWON-Steckernetzteils leuchtet die Glimmlampe eines
> Spannungsprüfers bei Berührung der BNC-Masse auf. Das Leuchten wird
> stärker, wenn der Schutzleiter zusätzlich berührt wird.

Wenn dir deine Elektronik lieb & teuer ist, solltest du dir entweder
ein klassisches Netzteil mit einem Transformator kaufen, oder
halt eins selber bauen. Bei einem Messgeraet ist so etwas naemlich
nicht tolerabel. Auch wenn manche hier schreiben, dass waere normal.
Normal ist das naemlich nur fuer solche (Murks-)Netzteile.

von Frederic S. (frederics)


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Du kannst die BNC Masse auch mit einem zusätzlichen Kabel Erden. Ggf 
über einen kleinen Widerstand
so 100 Ohm.
z.B. über einen Schuko Stecker bei dem nur die Schutzerde angeschlossen 
ist.

Bei nahezu allen professionellen Oszis oder Frequenzgeneratoren ist der 
BNC Ground mit Schutzerde verbunden.

von Andreas M. (elektronenbremser)


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Hans W. schrieb:
> die Entstörkondensatoren

Beschreibe mal wo die eingebaut sein sollen!

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Andreas M. schrieb:
> Beschreibe mal wo die eingebaut sein sollen!
1
L
2
O----------+
3
           | Y Kondensator
4
          === 
5
           |           GND Sekundär
6
           +------------O
7
           |
8
          === Y
9
N          |
10
O----------+
Sind so gut wie in jedem Steckernetzteil ohne PE

: Bearbeitet durch User
von H. H. (Gast)


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Matthias S. schrieb:
> Andreas M. schrieb:
>> Beschreibe mal wo die eingebaut sein sollen!
> L
> O----------+
>            | Y Kondensator
>           ===
>            |           GND Sekundär
>            +------------O
>            |
>           === Y
> N          |
> O----------+
> Sind so gut wie in jedem Steckernetzteil ohne PE

Nö, der hängt bei solchen Wandwarzen vom DC-Zwischenkreis zum 
DC-Ausgangskreis.
https://electronics.stackexchange.com/questions/339618/differerent-connection-for-y-capacitor-emi-filter

von Josef E. (seyd)


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H. H. schrieb:
> Nö, der hängt bei solchen Wandwarzen vom DC-Zwischenkreis zum
> DC-Ausgangskreis.
> 
https://electronics.stackexchange.com/questions/339618/differerent-connection-for-y-capacitor-emi-filter

In dem Link ist in dem unteren Schaltbild auf der Primärseite des Trafos 
eine Wicklung eingezeichnet, deren eines Ende NC, also not connected 
ist. Ist das eine Schirmwicklung zur Reduzierung der 
Gleichtaktstörungen?

von H. H. (Gast)


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Josef E. schrieb:
> In dem Link ist in dem unteren Schaltbild auf der Primärseite des Trafos
> eine Wicklung eingezeichnet, deren eines Ende NC, also not connected
> ist. Ist das eine Schirmwicklung zur Reduzierung der
> Gleichtaktstörungen?

Nein, das stammt aus einer Application Note, in der ein Trafo von der 
Stange verwendet wird. Da bleibt eben auch mal was ungenutzt.

von Mark S. (voltwide)


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Die besagten Y-Kondensatoren haben häufig einen Wert von 1nF. Den 
resultierenden Ableitstrom kann man z.B. mit LTspice bestimmen. Er ist 
übrigens keineswegs sinusförmig.

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