Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Relais mit TLE75008 ansteuern


von Josef (josefo)



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Angehängt ist ein erläuternder Stromlaufplan.

Ich möchte mit einem TLE75008 Treiber Relais schalten, die sich in ca. 
10-20m Entfernung befinden. Ich bin mir allerdings unsicher, ob ich den 
TLE für meine Relais verwenden kann und wenn ja, wie die Beschaltung 
aussehen sollte. Im Stromlaufplan sind 4 beispielhafte Varianten K1..K4 
dargestellt.

Der TLE hat (s. Screenshot) eine eingebaute Klemmdiode (Klemmspannung 
42V bis 55V). Dadurch sollte man ohne Freilaufdiode für die Relais 
auskommen können, oder?

Meine Relais (s. Datenblatt unten) haben 85 +/-8 Ohm Spulenwiderstand. 
Bei 12V also max. 156 mA. Der TLE darf Lasten mit 260 mA bzw. 220 mA 
("max. energy dissipation, repetitive") treiben. Das wäre also ok.


Variante K1:
Das Relais hat eine Freilaufdiode und wird am Ausgang (Open-Drain) des 
TLE angeschlossen. Durch die Freilaufdiode D1 am Relais sieht der TLE 
lediglich die Leitungsinduktivität. Ist bei 10-20m Kabel die 
Induktivität klein genug, dass ich direkt an den TLE gehen kann?

K2:
Wenn der TLE schon die interne Klemmung hat, dann kann ich die 
Freilaufdiode am Relais doch auch weg lassen, oder?
Das Datenblatt nennt eine Formel um die Demagnetisierungsenergie zu 
bestimmen, aber dafür müsste ich die Relais-Induktivität kennen. Wie 
messe ich die oder kann man sie aus dem Datenblatt ableiten?

K3:
Das Relais und auch der TLE-Ausgang bekommen Freilaufdioden D2 und D3. 
Die interne Klemmung im TLE wird somit nicht verwendet. Das wären aber 
zusätzliche Bauteile, die man vielleicht gar nicht bräuchte und die 
Relais würden auch langsamer abschalten? Ist diese Variante 
übervorsichtig?

K4:
Wie K3 aber es gibt zusätzlich einen Kondensator direkt an der 
TLE-Freilaufdiode, die die Spannungsspitze aufnehmen würde.



Datenblatt zum TLE75008:
https://www.infineon.com/cms/en/product/power/smart-power-switches/multichannel-spi-switches-controller/tle75008-esd/?intc=0560030

https://www.infineon.com/dgdl/Infineon-TLE75008-ESD-DataSheet-v01_10-EN.pdf?fileId=5546d4626102d35a01610988ad8e78eb

Datenblatt zum Bosch Relais 0 332 014 125:
https://www.mikrocontroller.net/attachment/534713/Datenblatt-0-332-014-125.pdf

: Bearbeitet durch User
von Josef (josefo)


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Wenn ich in die Formel ungünstige Werte einsetze (E<=10mJ; Vs=12V; 
Vdscl=42V; R=77 Ohm; I=Vs/R), dann müsste die Spuleninduktivität 
mindestens 0.74H sein, um dem TLE zu schaden. Kann das stimmen?
Eine so große Induktivität wird das Relais und die Zuleitung wohl nicht 
haben, dann wäre also alles ok und ich könnte Variante K2 (Relais 
direkt, keine Freilaufdioden) verwenden, oder?

: Bearbeitet durch User
von H. H. (Gast)


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Miss die Induktivität, bei geschlossener Armatur.

von Gregor J. (Firma: Jasinski) (gregor_jasinski)


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Josef schrieb:
> Wenn ich in die Formel ungünstige Werte einsetze (E<=10mJ; Vs=12V;
> Vdscl=42V; R=77 Ohm; I=Vs/R), dann müsste die Spuleninduktivität
> mindestens 0.74H sein, um dem TLE zu schaden. Kann das stimmen?
> Eine so große Induktivität wird das Relais und die Zuleitung wohl nicht
> haben, dann wäre also alles ok und ich könnte Variante K2 (Relais
> direkt, keine Freilaufdioden) verwenden, oder?

Man muss die Schaltung so bauen bzw. mit Schutz ausstatten, dass solche 
Berechnungen quasi keine oder kaum eine Rolle spielen. Das Sparen an 
Teilen wie z.B. Freilaufdioden ist genau der falsche Ansatz bei 
20m-langen Leitungen – man sollte es genau umgekehrt machen, den 
internen IC-Schutz nach außen verlagern bzw. durch diskrete Bauteile 
schon vorher abfangen, um den IC so weitestgehend oder vollständig von 
dieser Aufgabe zu entlasten. Auch der 12V-Spannungsversorgungsschiene 
muss man einen kleinen, aber adäquaten Schutz verpassen. Darüberhinaus 
sollte man sich nicht nur auf die internen Schutzmechanismen, die im 
Silizium des Halbleiters in Miniform verbaut sind und so schön vom 
Hersteller in seinem Datenblatt angepriesen werden, verlassen – durch 
die massive, lange Beanspruchung dieser Schutzzellen, was hier quasi 
vorprogrammiert ist, wird der IC irgendwann mal – ohne es vorher 
irgendwie anzukündigen – einen Durchbruch erleiden – den Zeitpunkt, wann 
es passiert, kennt man leider nicht, hängt im Wesentlichen aber auch mit 
der Häufigkeit und Art des Schaltens der Relais zusammen, auch die Größe 
der Last spielt dabei eine Rolle. Die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls 
des Hauptbauteils ist hier auch noch deutlich erhöht, da man ja gleich 
alles 8x bzw. 4x hat – wenn das Schalten immer wieder mal zufällig 
zusammenkommt, so wird die Belastung oder der Stress für den IC in 
diesen Zeitintervallen auch ungleichmäßig höher sein – eines Tages ist 
das Glas dann voll und er überlebt den Stress bei einem Schaltvorgang 
dann einfach nicht mehr. Man muss kein Prophet sein, um das vorhersagen 
zu können, es beruht hier einfach nur auf Wahrscheinlichkeiten und 
Erfahrungswerten – selbstverständlich kann so ein nigelnagelneuer IC 
auch mal beim ersten Schalten einer einfachen, ohmschen Last mit 200mA, 
die auch ohne 20m-Leitung schön dicht am IC-Gehäuse sitzt, kaputtgehen, 
nur ist das wiederum dann sehr oder extrem unwahrscheinlich – meistens 
werden solche seltenen Exemplare auch schon bei der Herstellung durch 
entsprechende Tests so gut wie alle herausgefischt und dem 
Abfall/Recycling zugeführt.

: Bearbeitet durch User
von Michael B. (laberkopp)


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Josef schrieb:
> Dadurch sollte man ohne Freilaufdiode für die Relais auskommen können,
> oder?

Die Variante 1 stort am meisten, Variante 4 am wenigsten. Wann der 
plötzliche Spannungssprung beim abschalten dich und deine Elektronik 
stört, musst du ausprobieren.

Eine Freilaufdiode am Relais ist nicht verkehrt
.

Josef schrieb:
> und die Relais würden auch langsamer abschalten

Und, ist das irgendwie schlimm oder bloss theoretisierendes FUD ?

von Peter S. (hw-coach) Flattr this


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physikalisch sollte die Ableitdiode am Treiber IC sitzen.
Alternative kannst Du statt Diode einen Widerstand verwenden - muß man 
dann etwas tiefer ins Detail gehen, schont aber das Relai. DIODE = 
Abschaltvorgang länger!

Welche Energie der Baustein aufnimmt, hängt vom thermischen Konzept ab 
(s. 2. Anhang) - entspricht auch meiner Erfahrung.
Gerne geht der BAustein kapput, vor allem wenn sich Schaltvorgänge in 
kurzen Intervallen häufen. ENERGIE = erhitzen, manchmal zuviel.

DIODE oder Widerstand: Was nicht zu sehen ist, wohin kann die Energie 
abfließen? Es muß aureichend Kapazität vorhanden sein oder ein 
Clampschutz (VDR, Suppressor, ..) auf der 12V Ebene.

Bei der langen Leitung auf Nummersicher gehen - R od. D einbauen, kostet 
wenig hilft viel.

von Josef (josefo)


Angehängte Dateien:

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Vielen Danke für die konstruktiven Beiträge bisher.

Michael B. schrieb:
> Josef schrieb:
>> und die Relais würden auch langsamer abschalten
>
> Und, ist das irgendwie schlimm oder bloss theoretisierendes FUD ?

Abschaltdauer ist für meine Anwendung egal.

Variante K4 scheint eher von euch empfohlen zu sein und im Angang sind 
weitere Modifikationen davon.

Sollte die Suppressordiode direkt an 12V hängen (K5), über einen 
Widerstand an 12V (K6; damit ein Großteil der Energie in der TVS Diode 
hängen bleibt), oder gar nicht die Versorgungsspannung angeschlossen 
sein (K7). Die Diode muss natürlich an den 12V Relaisspannung noch 
sicher abgeschaltet sein, aber man könnte sie zu einem Wert unterhalb 
der im TLE eingebauten Ableitdiode auswählen, sodass der TLE geschont 
wird. Ist das richtig?
Schaltet ohne "Vorspannen" (K7) die TVS Diode noch ausreichend schnell?

Die untere Schutzdiode D2 könnte man wohl weglassen, wenn es keine 
Verpolung gibt und keine negativen Pulse von außen hinein kommen. Man 
könnte sie aber vielleicht auch verwenden.

von Gregor J. (Firma: Jasinski) (gregor_jasinski)


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Josef schrieb:
> Variante K4 scheint eher von euch empfohlen zu sein und im Angang sind
> weitere Modifikationen davon.

Man sieht förmlich wie Du Dich damit quälst – ich könnte Dir eine 
fertige Lösung posten, es wäre dann aber einfach nur ein fertiges 
Kotelett und nach dem Verspeisen würdest Du bei Deinem nächsten Problem 
wieder auf ein fertiges Kotelett warten (müssen). Warum opferst Du nicht 
so einen Treiber-IC mit einem Relais und ein wenig von Deiner Zeit, 
baust Dir eine Endstufe testweise auf zwei kleinen Platinen, die mit der 
echten oder vergleichbaren 20m-Leitung verbunden sind, auf, holst Dein 
Oszilloskop aus dem Regal und machst einige Schaltvorgänge mit echten 
Lasten und angeschlossener Sonde an den besagten, problematischen 
Stellen der Schaltung? Wenn man dann verschiedene Schutzbauteile 
probeweise hier und dort mal anschließt, sieht man in der Regel auch auf 
dem Bildschirm, was dort passiert, wie sich das verändert und ob es am 
Ende tatsächlich hinreichend schützen könnte. Diese spezielle Erfahrung 
wird Dir keiner schenken können, auch nicht mit einer Fertiglösung, die 
super funktionieren würde. Und danach hat man in der Regel eine 
Erkenntnis gewonnen, ist in seinem Wissen etwas reicher und damit 
insgesamt auch etwas gefestigter und sicherer, wenn etwas ähnliches 
wieder auf der Agenda stehen sollte, und das wird es bald bestimmt 
wieder – die Wahrscheinlichkeit sagt es nämlich voraus.

PS: Widerstände in Reihe – so wie dieser 100Ω-Widerstand – sollte man 
sich am besten gleich schön abschminken, denn die Energie bzw. 
überschüssige Spannung muss unmittelbar und direkt in die Schutzdioden 
fließen bzw. über diese nivelliert/vernichtet werden; und noch ein Tipp: 
außer TVS-Dioden, die auch ihre großen Nachteile haben, gibt es noch 
andere Dioden, die bessere Kennlinien aufweisen und Spannungsspitzen 
teilweise sogar noch besser begrenzen können – eine mit 1,5-5W reicht da 
bestimmt allemal für den IC, wenn sie in der Nähe von Pin 20 sitzt; 
werden noch weitere Halbleiter mit diesen 12V versorgt, dann dort noch 
eine verwenden – der ganze Schutz hier wird wohl nicht mehr als 1 Euro 
kosten; Abblockkondensatoren nicht inbegriffen, aber die sollte man hier 
sowieso reichlich verteilen, auch verschiedene, damit ein größeres 
Frequenzspektrum damit abgedeckt werden kann; auch explizite 
Freilaufdioden direkt am IC nicht vergessen – für jeden Kanal eine

: Bearbeitet durch User
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