Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Verständnisfrage für Powermodule


von Tobias (elektrolepek)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Hallo zusammen,

bitte den Thread gerne verschieben, ich bin mir nicht sicher, ob der in 
dem Unterforum gut aufgehoben ist.....

Ich beschäftige mich gerade mit PowerModulen und habe dazu einige 
Fragen.

Bitte einmal einen Blick in das angehängte Bild werfen.

Das "Substrate" ist ein Cu-Ceramic-Cu Stack.

1) Hat das "Substrate" für Leistungsmodule die gleiche Funktion wie der 
Leadframe in diskreten Elementen (Verbindung des „Chips“ mit der 
„Außenwelt“)?
2) Warum befindet sich auch Cu auf der Unterseite des Substrates? Es ist 
keine elektrische Leitfähigkeit notwendig (und auch nicht gewollt). 
Hängt es nur mit dem CTE der Materialien zusammen?
3) Was ist der Hauptzweck der Baseplate? Ich schätze, es geht darum, 
eine „solide Grundlage“ für alles darüber zu schaffen, aber ist es nicht 
möglich, das Substrat „stark“ genug zu machen, um die Grundplatte zu 
entfernen und das Substrat über das TIM direkt mit dem Kühlkörper zu 
verbinden?

Danke und Gruß,
Tobias

: Verschoben durch Moderator
von Rainer W. (rawi)


Lesenswert?

Tobias schrieb:
> 2) Warum befindet sich auch Cu auf der Unterseite des Substrates? Es ist
> keine elektrische Leitfähigkeit notwendig (und auch nicht gewollt).

Das Cu verteilt die Wärme gleichmäßig über die ganze Fläche, so dass 
Hot-Spots vermieden werden und damit die Fläche maximal gleichmäßig für 
die Wärmeübertragung genutzt wird.

von Peter D. (peda)


Lesenswert?

Kupfer ist ein guter Wärmeleiter und wird gerne zur Wärmeverteilung 
genommen, z.B. Kochtöpfe mit Kupferboden.

von Tobias (elektrolepek)


Lesenswert?

Rainer W. schrieb:
> Tobias schrieb:
>> 2) Warum befindet sich auch Cu auf der Unterseite des Substrates? Es ist
>> keine elektrische Leitfähigkeit notwendig (und auch nicht gewollt).
>
> Das Cu verteilt die Wärme gleichmäßig über die ganze Fläche, so dass
> Hot-Spots vermieden werden und damit die Fläche maximal gleichmäßig für
> die Wärmeübertragung genutzt wird.

Ah verstehe, das macht Sinn.

Wie muss ich mir das vorstellen?

Die Wärme vom Chip wird auf die obere Cu Schicht übertragen. Durch den 
hohen K (Wärmeleitfähigkeits) Wert fällt es der Wärme leicht sich im Cu 
zu verteilen. Das Cu überträgt die Wärme dann an die Keramik und diese 
leitet die Wärme dann über die unter Cu Schicht weiter an die Baseplate. 
Mein Verständnis so korrekt?

Sind dann folgende Schlussfolgerungen richtig?

1) Der K Wert von Keramik (natürlich abhängig davon welche Keramik 
genau)ist deutlich schlechter als der von Kupfer, deswegen muss die 
Keramik mehr Volumen haben um die ankommende "Wärmemenge" aufnehmen und 
weiterleiten zu können

2) Die Keramik ist für die elektrische Isolation notwendig.

3) Der CTE hat thematisch damit erstmal nichts zu tun bzgl. der 
Wärmeleitfähigkeit. Der CTE wird dann relevant, wenn es um den internen 
Stress durch Ausdehnung geht, richtig?

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Tobias schrieb:
> Die Wärme vom Chip wird auf die obere Cu Schicht übertragen.
Die obere CU-Schicht dient vor allem der Stromweiterleitung.

Tobias schrieb:
> Warum befindet sich auch Cu auf der Unterseite des Substrates?
Stichwort "unterschiedliche Wärmeausdehnung" und "Bimetall": die untere 
CU-Schicht ist aus Symmetreigründen dafür da, dass sich die 
"Durchbiegung oben" und die "Durchbiegung unten" idealerweise aufheben.

Tobias schrieb:
> Der K Wert von Keramik (natürlich abhängig davon welche Keramik
> genau) ist deutlich schlechter als der von Kupfer, deswegen muss die
> Keramik mehr Volumen haben um die ankommende "Wärmemenge" aufnehmen und
> weiterleiten zu können
Wenn etwas irgendwas anderes schlecht leitet, dann muss es möglichst 
dünn sein, damit es keinen übermäßigen Widerstand ausübt. Oder 
andersrum: weil Keramik schlecht leitet, dann sollte aus thermischer 
Sicht seine Schichtdicke idealerweise gegen 0 gehen. Weil sie aber 
zugleich der isolierende und stabilisierende Träger der Schaltung ist, 
braucht sie eine Mindestdicke.

- https://www.keramverband.de/brevier_dt/5/4/5_4.htm

von Tobias (elektrolepek)


Lesenswert?

Lothar M. schrieb:
> Tobias schrieb:
>> Die Wärme vom Chip wird auf die obere Cu Schicht übertragen.
> Die obere CU-Schicht dient vor allem der Stromweiterleitung.
>
> Tobias schrieb:
>> Warum befindet sich auch Cu auf der Unterseite des Substrates?
> Stichwort "unterschiedliche Wärmeausdehnung" und "Bimetall": die untere
> CU-Schicht ist aus Symmetreigründen dafür da, dass sich die
> "Durchbiegung oben" und die "Durchbiegung unten" idealerweise aufheben.
>
> Tobias schrieb:
>> Der K Wert von Keramik (natürlich abhängig davon welche Keramik
>> genau) ist deutlich schlechter als der von Kupfer, deswegen muss die
>> Keramik mehr Volumen haben um die ankommende "Wärmemenge" aufnehmen und
>> weiterleiten zu können
> Wenn etwas irgendwas anderes schlecht leitet, dann muss es möglichst
> dünn sein, damit es keinen übermäßigen Widerstand ausübt. Oder
> andersrum: weil Keramik schlecht leitet, dann sollte aus thermischer
> Sicht seine Schichtdicke idealerweise gegen 0 gehen. Weil sie aber
> zugleich der isolierende und stabilisierende Träger der Schaltung ist,
> braucht sie eine Mindestdicke.
>
> - https://www.keramverband.de/brevier_dt/5/4/5_4.htm

Hallo Lothar,

super erklärt. Vielen Dank dafür

von Tobias (elektrolepek)


Lesenswert?

Jetzt habe ich aber noch eine Frage:

OEMs fordern, dass das Substrat mit Silber metalisiert wird bevor es 
dann auf die Baseplate gebondet wird.

Kann sich jemand erklären warum das so ist? Was bringt die Ag 
Metalisierung bzw. wo wäre das Problem direkt das Kupfer auf die 
Baseplate zu bonden?

von Gerald B. (gerald_b)


Lesenswert?

Tobias schrieb:
> OEMs fordern, dass das Substrat mit Silber metalisiert wird bevor es
> dann auf die Baseplate gebondet wird.
>
> Kann sich jemand erklären warum das so ist?

Frag dazu am Besten den OEM.
Ich könnte mir vorstellen, das eine chem. aufgebrachte, stromlose 
Versilberung gut haftet, so das sich das nicht irgendwann im Ganzen 
ablöst.
Wenn das Konstrukt bspw. für Automotive verwendet werden soll, dann muß 
es halt auch Vibrationen abkönnen. Du kannst dann ja nicht mehr die 
Keramik mit 2K irgendwo anpappen, sondern nur noch die Metallisierung, 
die das dann auch halten muß.

von Jens G. (jensig)


Lesenswert?

Lothar M. schrieb:
>> Der K Wert von Keramik (natürlich abhängig davon welche Keramik
>> genau) ist deutlich schlechter als der von Kupfer, deswegen muss die

Naja, AlN ist nun auch nicht so sehr viel schlechter als Kupfer. Nur 1/3 
schlechter, und kommt damit etwa dem Al selbst gleich.
Aber wer es auf die Spitze treiben will, der nehme Diamant ;-) Wenn ich 
mich noch recht erinnere, sogar besser als Cu.

von H. H. (hhinz)


Lesenswert?

Jens G. schrieb:
> Aber wer es auf die Spitze treiben will, der nehme Diamant ;-) Wenn ich
> mich noch recht erinnere, sogar besser als Cu.

Viel besser!

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.