Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Dokumentationsdefizit bei Werkstoffen


von Stefan H. (Firma: dm2sh) (stefan_helmert)


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Hallo,

ich Elektronik-Bereich ist es selbstverständlich zu Halbleitern 
detailierte Datenblätter zu bekommen. Bei Werkstoffen gibt es diese 
leider nur sehr selten. BASF ist da zum Glück ein eher positives 
Beispiel. Ansonsten sieht es recht mau aus.

Fast nie bekommt man zu 3D-Druck-Filament brauchbare Informationen. Bei 
Polypropylen gibt es 3 Grundvarianten: isotaktisch, syndiotaktisch, 
ataktisch. Will man PP-Filament bestellen, findet man keine Angabe, 
welche Variante es ist, bzw. wie das Mischungsverhältnis daraus ist. 
Auch zum Molekulargewicht gibt es keine Angabe. Es ist zwar meistens 
gefärbt, aber es steht nichts über den Farbstoff oder anderen Zusätzen 
dazu.

Bie TPU ist die Situation noch schlimmer. Da gibt es viel mehr Varianten 
(Ether, Ester; aliphatisch, aromatisch), Zusammensetzungen, Aditive usw. 
Meist steht nur der Härtgrad da.

Warum ist die Informationslage bei Werkstoffen so schlecht? Werden da 
einfach die Reste vom Werkstattboden aufgekehrt und eingeschmolzen, mit 
dem Gedanken: "Die Makerdeppen haben eh keine Ahnung davon."?

Warum gibt es da kaum eine (open source material) Community?

von F. (radarange)


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Ich teile deine Ansichten, aber eines siehst du falsch:
Du kaufst keinen Werkstoff, du kaufst ein Produkt.

Der Hersteller verkauft dir ein Produkt; die Zusammensetzung des 
Produkts ist weitgehend Geschäftsgeheimnis, der Hersteller will ja 
nicht, dass du einfach irgendwo anders hingehst und das zu günstigerem 
Preis von einem anderen Lieferanten kaufst. Daher gibt es kaum 
Informationen zur konkreten Zusammensetzung.
Hinzu kommt noch, dass viele Hersteller auch echt wenig Ahnung haben und 
die Eigenschaften ihrer Produkte nicht kennen. Ich wäre mir nicht einmal 
sicher, ob die angegebenen Shore-Härten der Filamente tatsächlich 
stimmen. So ungefähr wird das schon passen, aber ob die tatsächlich von 
allen ordentlich mit dem vorgeschriebenen Testaufbau nachgemessen 
werden? Man bekommt von den Herstellern ja nicht einmal Informationen 
zur Schlagzähigkeit oder zum E-Modul, was oftmals wirklich helfen würde. 
Also: Ausprobieren, selber messen bzw. in der Anwendung Dauerlasttests 
durchführen, um herauszufinden, ob das Material geeignet ist.

von Michael B. (laberkopp)


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Stefan H. schrieb:
> Warum ist die Informationslage bei Werkstoffen so schlecht?

Weil deine Handler schlecht sind.

Es gibt auch üble Elektronikhändler wie Pollin, wo man die Katze im Sack 
kauft.

Ich bekomme von meinen Werkstoffhândlern, dabei geht es aber meist um 
Metalle und nicht Plastik, detaillierte Datenblätter mit chemischer 
Analyse und mechanischen Eigenschaften und Verfahrenshinweisen z.B. zum 
härten.

Aber 3d Filamentdruck ist primär Kinderspielzeug und Händler sollen 
billig sein. Die wissen nicht, was sie für Würste verkaufen.

von Stefan M. (schwanzlurch)


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Evtl. kann man das auch mit einem Anruf bzw. email klären. Ich kaufe 
mein Filament hier https://3dk.berlin/de/ Da gibt es auch Datenblätter 
mit div. mechanischen Werkstoffkennwerten wobei das hier angegebene 
E-Modul eher ein Sekantenmodul sein sollte. Was im Prinzip fehlt sind 
die Wertstreuungen.

Die Infos die du möchtest sind evtl. zu spezifisch, die Masse der Käufer 
interessiert sich nicht dafür. Ich würde wie gesagt dort mal hin mailen, 
der Händler ist meiner Erfahrung nach kompetent und hilfsbereit.

Gruß,

S. Lurch

von Irgend W. (Firma: egal) (irgendwer)


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F. schrieb:
> Hinzu kommt noch, dass viele Hersteller auch echt wenig Ahnung haben und
> die Eigenschaften ihrer Produkte nicht kennen.

F. schrieb:
> von einem anderen Lieferanten kaufst.

Die Hersteller dürften das meistens schon wissen. Nur die Quellen wo 
"Normalo" einkauft, sind eher reine Händler die das Zeug selbst irgendwo 
gekauft haben. Ggf. sogar über mehrere Zwischenhändler. Und wenn man 
Pech hat, wird unter demselben Namen auch noch Zeugs von 
unterschiedlichen Herstellern verkauft. Spätestes hier wird der 
Verkäufer sehr vorsichtig damit sein, irgendwelche Detailspezifikationen 
an den Kunden zu geben, weil die Nachbestellung schon wieder anders sein 
kann.

F. schrieb:
> Du kaufst keinen Werkstoff, du kaufst ein Produkt.
!

von Manfred K. (4for)


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mal bei PRUSA geguckt?
da gibts immerhin technische Datenbl#tter für deren Filamente..

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


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Stefan H. schrieb:

> Bie TPU ist die Situation noch schlimmer. Da gibt es viel mehr Varianten
> (Ether, Ester; aliphatisch, aromatisch), Zusammensetzungen, Aditive usw.
> Meist steht nur der Härtgrad da.
>
> Warum ist die Informationslage bei Werkstoffen so schlecht? Werden da
> einfach die Reste vom Werkstattboden aufgekehrt und eingeschmolzen, mit
> dem Gedanken: "Die Makerdeppen haben eh keine Ahnung davon."?

Wie laberkopp schon schrieb liegt das an Deinen Händlern.

Ich bekomme hier von den Herstellern oder Compoundierern für unsere 
Kunststoffgranulate äußerst detaillierte Eigenschaftsangaben und 
weitreichende Verarbeitungshinweise (gerade auch bei TPU).

Das hat einen guten Grund: Ansonsten wären die schlicht nicht 
verkäuflich.
Werkzeughersteller und Spritzereien müssen diese Daten haben, um die 
Kunststoffe sauber verarbeiten zu können.

Die Filamenthersteller sind meist kleine Buden, die sich eine 
Analyse/Bemusterung einer Charge nicht leisten können oder wollen.

Im industriellen Umfeld der Kunststoffverarbeitung ist das undenkbar. Da 
reichen oft schon wenige Grad Abweichung, um höherwerige Thermoplaste zu 
zerstören.

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