Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Spice Simulation LM741 vs UA741


von Andreas M. (amesser)


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Moin,

ich habe jetzt einige Stunden an einer sehr einfachen 
Schaltungssimulation verbracht, da diese unerwartete Ergebnisse 
lieferte. Ergebnisse, die mit der realen Schaltung wohl auch nicht 
übereinstimmen. (Ich habe das Original nicht, aber man findet dazu doch 
einige Informationen im Netz.) Der Beitrag hier ist eher zur 
Dokumentation gedacht, möglicherweise interessant für andere.

Konkret geht es um den Tremolo/Chorus Oszillator im Solina String 
Ensemble. Hier der Spice Code:
1
* Power supply
2
V15p V15p 0 DC  15V
3
V15n V15n 0 DC -15V
4
5
* Tremolo oscillator
6
7
C100 0 U98_n 68n
8
* 2.2Meg + 1Meg Trimpot tuned to equal amplitudes of U88_o and U78_o
9
R101 U98_n Z 3.0Meg
10
R97  U98_p Z 56k
11
R99  0 U98_p 15k
12
13
XU98 U98_p U98_n V15p V15n Z UA741

Simuliert man das Ganze mit dem LM741 Modell von National Semi, dann 
bekommt man ein Frequenz von ~13 Hz. Simuliert man es mit dem Modell vom 
UA741 bekommt man eine Frequenz von ~6Hz. (Letzteres ist wohl die 
Erwartungshaltung vom realen Gerät).

(Ich habe jetzt irgendwie ein Dejavu, als ob ich das schon mal 
festgestellt hatte und irgendwo schrieb. Egal, finde ich nicht mehr) Im 
LM741 Modell fallen mir zwei 250k Widerstände in Reihe zwischen dem 
invertierten und nicht-invertierten Eingang auf. Ich denke diese sind 
die Ursache für den Unterschied in der Simulation. Weis nicht warum die 
da drinnen sind, der Eingangswiderstand des LM741 ist lt. Datenblatt 
mindestens 2MOhm, der Input Bias Strom bei 25°C 80nA. Möglicherweise ist 
das Modell für den gesamten Temperaturbereich von -55 bis +125°C 
ausgelegt. Achja, beide Modelle kommen von der TI Webseite...

Jedenfalls scheint es für das Verhalten bei Zimmertemperatur hier nicht 
wirklich zu taugen. Für mich sind allerdings MOhm an den Eingängen von 
einem 741 auch eher ein sehr mutiges Design.

Andreas

von Harald W. (wilhelms)


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Andreas M. schrieb:

> ich habe jetzt einige Stunden an einer sehr einfachen
> Schaltungssimulation verbracht, da diese unerwartete Ergebnisse
> lieferte.

Unterschiede bei Ergebnissen von ltspice liegen wohl eher an den
mehr oder weniger guten Modellen als an den unterschiedlichen
741-OPVs.

von Michael B. (laberkopp)


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Andreas M. schrieb:
> Simuliert man das Ganze mit dem LM741 Modell von National Semi, dann
> bekommt man ein Frequenz von ~13 Hz. Simuliert man es mit dem Modell vom
> UA741 bekommt man eine Frequenz von ~6Hz.

Ja, so wird das in echt auch sein, unterschiedliche Chips 
unterschiedlicher Hersteller (oder sogar desselben) erheben in 
schlechten Schaltungen unterschiedliche Ergebnisse.

von Lutz V. (lvw)


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Da es um das Schaltverhalten der OP`s geht, vermute ich mal, dass der 
Grund für die Unterschiede evtl. in der unterschiedlichen Modellierung 
der Slew-Rate liegt. Das Großsignalverhalten (Sättigungs- und 
Speicher-Effekte) ist zu meist kritischer in der Modellierung als das 
Kleinsignalverhalten bei Linear-Verstärkern.

von H. H. (hhinz)


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Andreas M. schrieb:
> Hier der Spice Code:

Und die 741 Modelle?

von Andreas M. (amesser)


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von H. H. (hhinz)


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Andreas M. schrieb:
> https://www.ti.com/lit/zip/snom211

Schon die Eingangsstufe ist Müll:

R1 1 3 250K
R2 3 2 250K

von Arno R. (arnor)


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Lutz V. schrieb:
> Da es um das Schaltverhalten der OP`s geht, vermute ich mal, dass der
> Grund für die Unterschiede evtl. in der unterschiedlichen Modellierung
> der Slew-Rate liegt.

Bei 6Hz bzw. 13Hz? Da hat doch selbst die geringste bekannte Slew-Rate 
keinen Einfluß. Das sieht man auch an den Ausgangssignalen.

Aber man sieht auch, daß trotz gleicher Dreiecksamplitude der 
Zeitverlauf ein ganz anderer ist. Die eine Kurve ist schön dreieckig, 
die andere läuft schon bald gegen einen Endwert. Da ist also eine ganz 
andere ohmsche Last an der zeitbestimmenden Kapazität.

: Bearbeitet durch User
von Lutz V. (lvw)


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Arno R. schrieb:
> Lutz V. schrieb:
>> Da es um das Schaltverhalten der OP`s geht, vermute ich mal, dass der
>> Grund für die Unterschiede evtl. in der unterschiedlichen Modellierung
>> der Slew-Rate liegt.
>
> Bei 6Hz bzw. 13Hz? Da hat doch selbst die geringste bekannte Slew-Rate
> keinen Einfluß. Das sieht man auch an den Ausgangssignalen.

Au weia .....da hab ich doch glatt milli-sec (stat sec) auf der 
Zeitachse gelesen. Fragt nicht, warum....

von Dieter P. (low_pow)


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LTSpice 4.23 ( klassisch alt ) hat unter
/LTC/LTspiceIV/examples/Educational

LM741.asc

auch das Innenleben eines LM741 als Beispiel.

Die Grenzen von Rechenmodellen kann ich nicht
beurteilen.

von H. H. (hhinz)


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Dieter P. schrieb:
> LTSpice 4.23 ( klassisch alt ) hat unter
> /LTC/LTspiceIV/examples/Educational
>
> LM741.asc
>
> auch das Innenleben eines LM741 als Beispiel.

Und damit klappt die Simulation auch gut.


> Die Grenzen von Rechenmodellen kann ich nicht
> beurteilen.

Ist auch gar nicht so einfach. Aber offensichtlichen Murks kann man 
schon erkennen.

von Andreas M. (amesser)


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H. H. schrieb:
> Schon die Eingangsstufe ist Müll:
>
> R1 1 3 250K
> R2 3 2 250K

H. H. schrieb:
> Ist auch gar nicht so einfach. Aber offensichtlichen Murks kann man
> schon erkennen.

Ja das war ja letztlich auch meine Vermutung. Ich hatte den Fehler die 
ganzen Zeit in meiner Schaltungsbeschreibung gesucht. Auf die Idee, dass 
ein offiziell von TI ausgeliefertes SPICE Modell fehlerhaft sein könnte 
bin ich erstmal nicht gekommen.

von Udo K. (udok)


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Viele LTSpice Modelle sind leider Murks.  Wenn es Probleme gibt, teste 
ich als erstes andere Opamp Modelle. Die neueren TI Modelle konvergieren 
etwa extrem schlecht.  Oder das TI TL072 Modell hat einen falschen 
Common Mode Eingangsbereich.  Die neueren Modelle sind lieblos 
zusammengeklopft, von Leuten ohne viel Hintergrundwissen. Die 
Transistormodelle sind noch aus dem letzten Jahrtausend, und haben kein 
Sättigungsverhalten, Temperaturverhalten oder Rauschen modelliert. 
Selbst die Stromverstärkung passt oft nicht für die aktuellen Varianten. 
Ich verwende fast immer die Modelle, die von Linear stammen, und suche 
mir einen Opamp aus, der ungefähr von der Bandbreite und den Biasströmen 
hinkommt.  Stabilitätsuntersuchungen sind immer wieder frustrierend, da 
muss man oft die Option reltol=100u setzen und die Schaltung mit 
Strompulsen quälen. Mehr als eine grobe Abschätzung, ob die Schaltung im 
Prinzip funktioniert ist nur mit viel Aufwand möglich. Oft ist es 
befriedigender und schneller einen Prototyp der Schaltung 
zusammenzulöten.

von Dieter P. (low_pow)


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Für mich ist es nicht überraschend, das etwa die Modelle von TI nicht 
ohne
Probleme bei LTSpice passen.Ist auch ein Konkurrent zu LTSpice, mit 
eigener
Software Namens Tina.Sicher, manche Teile sind auch schon älter
( LM741 ca 40 Jahre ! ) und viele Daten nach heutigen Maßstäben halt
nicht in den Rechenmodellen vorhanden.
Neue Bauteile soll man dann halt nur bei einem Hersteller kaufen, und
nicht durch Konkurrenzprodukte einfach austauschen können.

von H. H. (hhinz)


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Dieter P. schrieb:
> Für mich ist es nicht überraschend, das etwa die Modelle von TI nicht
> ohne
> Probleme bei LTSpice passen.

Der o.g. Murks ist universeller Natur.


> manche Teile sind auch schon älter
> ( LM741 ca 40 Jahre ! )

Der ist schon etwas älter, Bj 1968!

: Bearbeitet durch User
von Bernhard (bernhard_123)


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H. H. schrieb:
> Der ist schon etwas älter, Bj 1968!

... und entwickelt besonders von Dave Fullagar bei Fairchild als µA741.

Im Fairchild-Datenbuch von 1970 ist bereits das gleiche Schaltbild 
angegeben, das auch NSC für den LM741 angibt und das Dieter P. oben 
gezeigt hat.

Bernhard

von H. H. (hhinz)


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Bernhard schrieb:
> H. H. schrieb:
>> Der ist schon etwas älter, Bj 1968!
>
> ... und entwickelt besonders von Dave Fullagar bei Fairchild als µA741.
>
> Im Fairchild-Datenbuch von 1970 ist bereits das gleiche Schaltbild
> angegeben, das auch NSC für den LM741 angibt und das Dieter P. oben
> gezeigt hat.

NS war offizielle Second Source.

von Bernhard (bernhard_123)


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Einige Entwickler kannten sich ohnehin persönlich und manche, z. B. 
Robert „Bob“ Widlar, hat für beide Firmen (Fairchild und National 
Semiconductor Corp.) gearbeitet.

Die machten schon ziemlich geniale Schaltungen mit den damals zur 
Verfügung stehenden Mittel.

: Bearbeitet durch User
von H. H. (hhinz)


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Hier der Vergleich ohne die beiden Widerstände. Es sind die Spannungen 
an den Ausgängen und an den Kondensatoren zu sehen, für beide Modelle.

: Bearbeitet durch User
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