Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Überschalg bei EMV Surge Prüfung


von Dirk F. (dirkf)


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Hallo,
in unserem Gerät sind Leistungsbauteile im TO247 Gehäuse über eine 
Isolierfolie an einen geerdeten Kühlkörper mit einer Metallschraube M3 
angeschraubt (s.Foto).

Bei der EMV Surge Prüfung 4 KV L1 gegen PE (Safety Norm) hat es einen 
Überschlag vom IGBT auf den Kühlkörper gegeben.
Spannungsbegrenzer (Funkenstrecke L zu PE) ist nicht vorhanden.

Gibt es eine andere Möglichkeit, diese Überschläge zu vermeiden ?
Eine Kunststoffschraube ist nicht fest genug.

von Christoph Z. (rayelec)


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Zeile ev. kleben oder klemmen?

von Alal A. (multipla)


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Dirk F. schrieb:
> Gibt es eine andere Möglichkeit, diese Überschläge zu vermeiden ?

Welche Wärmeleitpaste verwendest du denn noch zwischen Bauteil und 
Folie? Die sollte natürlich auch nicht-leitend sein...

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Dirk F. schrieb:
> (s.Foto).
Wie sieht der konkrete mechanische Aufbau aus?
Welche Wärmeleitpaste wurde verwendet?

von H. H. (hhinz)


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Dirk F. schrieb:
> Eine Kunststoffschraube ist nicht fest genug.

Es gibt da recht verschiedene. GFK-Schrauben getestet?

von Wolfgang R. (Firma: www.wolfgangrobel.de) (mikemcbike)


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Da hilft meiner Meinung nach nur Klemmen. Die Metallschraube ist zu nah 
am Kühlpad.

von Dirk F. (dirkf)


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Alal A. schrieb:
> Welche Wärmeleitpaste verwendest du denn noch zwischen Bauteil und
> Folie? Die sollte natürlich auch nicht-leitend sein...

Keine.
Isolierfolie BSC80 HTG 2GF50  von Aismalibar  (>=4KV) mit Füller 
beidseitig.

von Dirk F. (dirkf)


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H. H. schrieb:
> GFK-Schrauben getestet?

Guter Vorschlag.

von Alal A. (multipla)


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Dirk F. schrieb:
> Guter Vorschlag.

Das macht doch keinen Unterschied, das Loch in der Folie ist immer noch 
da, die Strecke zum Kühlkörper ist gleich, egal ob Metall- oder 
GFK-Schraube...
Durch die hohe Spannung ist es über den Füller durchgeschlagen, entweder 
muss das Loch zum Kühlkörper weg (-> Bauteil klemmen) oder du musst eine 
andere Folien-Pasten/Fillerkombination nehmen

: Bearbeitet durch User
von H. H. (hhinz)


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Alal A. schrieb:
> Das macht doch keinen Unterschied,

Kühlkörper dann nicht mehr geerdet?

von Peter D. (peda)


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Beim Bohren oder Gewindeschneiden kann sich ein Grat lösen und in die 
Isolierfolie gequetscht werden.
Ich nehme daher Aluminiumoxidscheiben.

https://www.fischerelektronik.de/web_fischer/de_DE/K%C3%BChlk%C3%B6rper/E01.06/Aluminiumoxidscheiben/search.xhtml

von Alal A. (multipla)


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H. H. schrieb:
> Kühlkörper dann nicht mehr geerdet?

Wo ist das Verb in deinem Beitrag? Der Kühlkörper ist ganz sicher nicht 
durch die Befestigungsschrauben der IGBTs geerdet.
Wenn der Kühlkörper nicht geerdet ist, kann dort auch bei der 
Spannungsprüfung nichts mehr durchschlagen.

von H. H. (hhinz)


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Alal A. schrieb:
> Wo ist das Verb in deinem Beitrag?

https://en.wikipedia.org/wiki/Alal

von Lu (oszi45)


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Da die Überschläge in der Nähe des Lochs sind, würde ich den beliebten 
Fehler "schlecht entgratet" vermuten. Kühlkörper und Isolation sind oft 
auch wunder Punkt, wenn etwas repariert werden soll. Deswegen bessere 
Lösung suchen!

von Dirk F. (dirkf)


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H. H. schrieb:
> Kühlkörper dann nicht mehr geerdet?

Der Kühlkörper ist an anderer Stelle geerdet.

von H. H. (hhinz)


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Dirk F. schrieb:
> H. H. schrieb:
>> Kühlkörper dann nicht mehr geerdet?
>
> Der Kühlkörper ist an anderer Stelle geerdet.

Dann bringen Kunststoffschrauben ja auch nur wenig, so wie 
Schaftschrauben aus Metall.

von Dirk F. (dirkf)


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Wolfgang R. schrieb:
> Da hilft meiner Meinung nach nur Klemmen. Die Metallschraube ist zu nah
> am Kühlpad.

Für Klammern ist leider kein Platz vorhanden.

von H. H. (hhinz)


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Kühlkörper aus Keramik verwenden?

von H. H. (hhinz)


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Dirk F. schrieb:
> Leistungsbauteile im TO247 Gehäuse

Was für welche sind das denn? Evtl gibts ja was passendes in isoliertem 
Gehäuse.

von Dirk F. (dirkf)


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H. H. schrieb:
> Was für welche sind das denn? Evtl gibts ja was passendes in isoliertem
> Gehäuse.

IGBT IXYH55N120A4
Diode APT30DQ120BG
Doppeldiode DSP25-12A

von Michael B. (laberkopp)



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Dirk F. schrieb:
> in unserem Gerät sind Leistungsbauteile im TO247 Gehäuse über eine
> Isolierfolie an einen geerdeten Kühlkörper mit einer Metallschraube M3
> angeschraubt (s.Foto).

Die allermeisten Elektronikgerätehersteller verzichten inzwischen auf 
die Nutzung des Schraubloches und legen eine vollflächige Isolierscheibe 
drunter oder stecken das Bauteil in einen Isolierschlauch.

Festgehalten wird das Bauteil dann von der Plastikseite aus, entweder 
per Federklammer oder per Blechstreifen der über 2 nebeneinanderliegende 
TO247 geht wie bei dir und in der Mitte mit nur einer Schraube 
festgeschraubt wird.

Denn Schraube im Loch ergibt ungleichmässigen Anpressdruck und schlechte 
Kühlung, mittig iben drauf drücken, ggf. noch federnd hingegen besten 
Kontakt.

: Bearbeitet durch User
von R. L. (roland123)


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wie dick ist der Kühlkörper?
kannst du das Loch für das Gewinde auf ein paar mm Tiefe größer bohren?

von Udo K. (udok)


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Wie kommen die 4 kV überhaupt an den IGBT?  Normalerweise hat man da 
Varistoren oder TVS Dioden am Eingang, die die Überspannung begrenzen...

von Dirk F. (dirkf)


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R. L. schrieb:
> kannst du das Loch für das Gewinde auf ein paar mm Tiefe größer bohren?

Ah, ich verstehe.
Eine zusätzliche Kegelsenkung im Gewindeloch anbringen, um den Abstand 
zu vergrößern.
 Gute Idee.
Setzt aber eine Kunststoffschraube voraus.

von Dirk F. (dirkf)


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Udo K. schrieb:
> Wie kommen die 4 kV überhaupt an den IGBT?  Normalerweise hat man da
> Varistoren oder TVS Dioden am Eingang, die die Überspannung begrenzen...

Varistor zwischen L1-L2  ist vorhanden.
Deshalb ist bei der Surge Prüfung L1 nach L2 auch nichts passiert.

Varistoren direkt nach PE mach man wohl nicht.  Nur mit einer 
Funkenstrecke.
Dafür ist kein Platz da.

2 KV Surge L1 nach PE wurde ja auch überstanden.
Normale Industrienorm.

Nur für die Safety Prüfung mit 4 KV hats geknallt.  Prüfung trotzdem 
bestanden, da der sicher Zustand erhalten blieb.

von Lu (oszi45)


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Hast einen gütigen Prüfer gehabt, der nur den IST-Zustand bewertet hat. 
Aus Reparatur-Erfahrung sollte man solche Probleme umgehen, da nicht 
jeder Techniker, der später irgendwo ein Teil tauscht, eine 4kV 
Prüfanlage herumschleppt.

von Rainer D. (rainer4x4)


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4kV über eine 2mm Strecke? Ihr Optimisten!

von Dirk F. (dirkf)


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Lu schrieb:
> Hast einen gütigen Prüfer gehabt

Steht so in der Norm DIN EN 61000-6-7

von Carypt C. (carypt)


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ich weiß es eben nicht genaues, aber man verwendet auch Epoxikleber als 
Wärmeleitpaste, vielleicht kann die auch gegen Überschlag abdichten. ich 
habe letztens mal das Angebot von einem 
Kleber-als-Wärmeleitpaste-Anbieter überflogen. Epotek 
https://www.epotek.com/wp-content/uploads/2021/01/Optimizing-Thermal-Management%E2%80%A6-with-EPO-TEK%C2%AE-Thermally-Conductive-Adhesives.pdf

von Karl B. (gustav)


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Ich nehm Isoliernippel.
Aber die Sache mit dem Bohrgrat ist auch hier schon vorgekommen.
Deswegen bekommt die Metallschraube noch einen Isolierschlauch 
drübergeschrumpft.

ciao
gustav

von H. H. (hhinz)


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Rainer D. schrieb:
> 4kV über eine 2mm Strecke? Ihr Optimisten!

Das ist keine Oberfläche oder Luftstrecke.

von Rainer D. (rainer4x4)


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H. H. schrieb:
> Das ist keine Oberfläche oder Luftstrecke.
Nun, 4kV auf 2mm, da reichen schon schmutzige Fingerabdrücke, oder 
Abrieb von den Pins anderer Bauteile auf dem Isokörper des Halbleiters, 
odgl.

: Bearbeitet durch User
von Lu (oszi45)


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"Steht so in der Norm" Eure Diskussion finde ich ja ganz interessant, 
aber beim nächsten Bauteiltausch beim Kunden (am Ende der Welt) kann die 
Aktion mächtig schiefgehen! Wer hatte schon Geräte für die 4kV-Prüfung 
in der Hosentasche?

von Dieter W. (dds5)


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Der Surge-Test ist Bestandteil der Typprüfung, bei einer Stückprüfung 
hat der nichts verloren.

von Gerd E. (robberknight)


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Außerdem wird man bei einem sicherheitskritischen Gerät wie hier im Feld 
keinen Tausch auf Komponentenebene machen, sondern vermutlich das ganze 
Gerät oder Modul tauschen inkl. Gehäuse. Eben weil man solche Dinge wie 
die korrekte Isolation, korrekte Montage der Isolations+Kühlfolien, 
Spanfreiheit der Gewinde etc. im Feld nur schwer sicherstellen kann.

von Lu (oszi45)


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Dieter W. schrieb:
> hat der nichts verloren

Es wäre nicht der 1. Betriebselektriker, der Geräte kaputtgeprüft hat. 
Wenn man wenig Ärger haben will, entwickelt man anders. Ein Flug ans 
Ende der Welt mit Hotelübernachtung verursacht Kosten und 
Produktionsausfall...

von Benjamin K. (bentschie)


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H. H. schrieb:
> Rainer D. schrieb:
>> 4kV über eine 2mm Strecke? Ihr Optimisten!
>
> Das ist keine Oberfläche oder Luftstrecke.

Sondern was?
Wir betrachten das auch immer als Luft- und Kriechstrecke.
Das sind 2mm Abstand zwischen Drain und PE. Mit unklaren Verhältnissen.
Wenn das Isolierpad eine kleine Beschädigung hat oder nur ein Haar 
dreufliegt, ist das sofort Luftstrecke.

: Bearbeitet durch User
von Hans W. (Firma: Wilhelm.Consulting) (hans-)


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Dirk F. schrieb:
> Lu schrieb:
>> Hast einen gütigen Prüfer gehabt
>
> Steht so in der Norm DIN EN 61000-6-7

Naja, da steht drinnen, dass wenn du vor der Prüfung sagst, dass das 
defekt werden darf, dann darf er während der Prüfung das druchnicken... 
anders herum nicht.

Ich glaube "gütiger Prüfer" war da so gemeint :)

73

von H. H. (hhinz)


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Benjamin K. schrieb:
> Wenn das Isolierpad eine kleine Beschädigung hat oder nur ein Haar
> dreufliegt, ist das sofort Luftstrecke.

Dann ist es ja gut, dass der Fehler durch den Test entdeckt wird.

von Christian M. (likeme)


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Ein Spezialist hat bei uns mal die Schrauben so arg festgezogen das das 
Wärmeleitpad regelrecht zerdrückt worden ist. Vorher die Bauteile 
ausrichten und dann DEFINIERT festschrauben. Glimmer ist da wesentlich 
robuster.

von Michael (Gast)


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Benjamin K. schrieb:
> Wir betrachten das auch immer als Luft- und Kriechstrecke.

Kann man machen. Führt dann aber zu absurden Luft und Kriechstrecken und 
zu äußerst unhandlichen Konstruktionen.

Bereits ein Streifen Tesafilm isoliert ganz locker 1KV.
Beim TO ist ganz offesichtlich durch schlechte Verarbeitung oder 
ungeeignete Materalien ein Überschlag passiert.
Das kann man jetzt bis zum Exzess theoretisieren und nach 'immer einmal 
mehr' rufen, oder man macht es eben einfach richtig.

BSC80 HTG 2GF50 ist laut DB bis min 4kV Isolierend.
Das ist arg knapp.
Nach meiner Ansicht ist es auch nicht zur Schraube durchgeschlagen, 
sondern vom Heat Spreader zum Kühlkörper.
Und zwar genau da wo der Anpressdruck der Schraube das Material so weit 
komprimiert hat das es eben nicht mehr 180µm dick war und 4KV aushalten 
konnte.

Also einfach ein besseres Material nehmen und die Anzugsmomente im Blick 
behalten.

von Jakob L. (jakob)


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Warum gibt es eigentlich so wenig Leistungshalbleiter mit isoliertem 
Gehäuse? Ist natürlich klar dass man damit einen höheren thermischen 
Widerstand (und damit auch eine geringere Maximalleistung) ins 
Datenblatt schreiben müsste - aber die Gesamt-Performance sollte immer 
noch mindestens genauso gut sein wie mit Metallgehäuse und zusätzlicher 
Isolierscheibe (und gegebenenfalls 2x Wärmeleitpaste). Für den Kunden 
hätte man damit weniger Montageaufwand, weniger Risiko dass das Gerät 
beim Test durchfällt und noch dazu eine geringere 
Fehlerwahrscheinlichkeit/weniger Ausschuss in der Produktion.

von H. H. (hhinz)


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Jakob L. schrieb:
> Leistungshalbleiter mit isoliertem
> Gehäuse

Meistens nur 2,5kVAC garantiert.

von Jakob L. (jakob)


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H. H. schrieb:
> Jakob L. schrieb:
>> Leistungshalbleiter mit isoliertem
>> Gehäuse
>
> Meistens nur 2,5kVAC garantiert.

Na ja wenn die üblichen Normen 4 kV (zumindest als kurzzeitigen Surge) 
fordern dann könnte ein Hersteller durchaus auf die Idee kommen, dafür 
passend spezifizierte Teile auf den Markt zu bringen. So groß ist der 
Unterschied zwischen 2.5 kVAC (also ca. 3.5 kV Peak) und 4 kV dann auch 
nicht.

von H. H. (hhinz)


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Jakob L. schrieb:
> H. H. schrieb:
>> Jakob L. schrieb:
>>> Leistungshalbleiter mit isoliertem
>>> Gehäuse
>>
>> Meistens nur 2,5kVAC garantiert.
>
> Na ja wenn die üblichen Normen 4 kV (zumindest als kurzzeitigen Surge)
> fordern dann könnte ein Hersteller durchaus auf die Idee kommen, dafür
> passend spezifizierte Teile auf den Markt zu bringen. So groß ist der
> Unterschied zwischen 2.5 kVAC (also ca. 3.5 kV Peak) und 4 kV dann auch
> nicht.

Es gibt ja welche, aber eben sehr wenige, und nicht mechanisch 
kompatibel zu TO-247. Siehe ISOPLUS264 bei Littelfuse/IXYS.

von Michael B. (laberkopp)


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Jakob L. schrieb:
> - aber die Gesamt-Performance sollte immer noch mindestens genauso gut
> sein wie mit Metallgehäuse und zusätzlicher Isolierscheibe

Nein.

TO220F etc. erreichen die Isolierung ja durch Gehäuse-Epoxy, das ist 
dicker und schlechter als Kapton-Folie etc.

Aber wer verballert heute noch Leistung ? Man will maschinenbestückbare 
SMD Bauteile, die ihre Verluste über die Platine loswerden können, alles 
andere wäre Handarbeit und damit viel zu teuer.

Lieber dann aufwändigere Schaltungstechnik, Schaltregler statt 
Linearregler, ClassD statt ClassAB.

von H. H. (hhinz)


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Michael B. schrieb:
> TO220F etc. erreichen die Isolierung ja durch Gehäuse-Epoxy, das ist
> dicker und schlechter als Kapton-Folie etc.

Es gibt auch wärmeleitfähige Keramik, z.B. bei den Triacs von ST. Aber 
auch da meist nur bis 2,5kVAC.

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