Forum: Fahrzeugelektronik GENAUE Funktion Scheibenwischermotor Stufe 2


von Thomas R. (thomasr)


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Die Grundschaltung eines Scheibenwischermotors dürfte allgemein bekannt 
sein (Bild). Aber warum GENAU hat der DC Motor beim Anschluß der 
Versorgung zwischen 53b und 31 mehr Leistung/Drehzahl als bei Anschluß 
an 53/31?

Die Bürsten stehen sich damit nicht mehr gegenüber (Bild) und dabei wird 
doch weniger Ankerwicklung durchströmt?

Oder ist der Ankerwiderstand dann so gering daß die gestiegenen 
Amperewindungen das übertreffen?

Wie GENAU sind die Zusammenhänge?

von Jens G. (jensig)


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Thomas R. schrieb:

> Wie GENAU sind die Zusammenhänge?

Ich kenne mich mit der konkreten Stufenumschaltung bei 
Scheibenwischermotoren nicht weiter aus. Aber wenn mit der Umschaltung 
zw. Wicklungen mit unterschiedlichen Windungszahlen umgeschaltet wird, 
dann gibts auch unterschiedliche Gegen-EMK, also auch unterschiedliche 
max. Drehzahlen. Einfach mal die Theorie hinter solch einem E-Motor 
angucken - gibts überall im Internet.

von Philipp G. (geiserp01)


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Weil dann eine Wicklung mehr dazu kommt.

von H. H. (hhinz)


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Thomas R. schrieb:
> Ankerwiderstand

Spielt keine wesentliche Rolle, wichtiger ist die geringere Spannung 
durch Gegeninduktion.

von Philipp G. (geiserp01)


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Philipp G. schrieb:
> Weil dann eine Wicklung mehr dazu kommt.

Korrektur: Sind zwei unterschiedliche Wicklungen. quasi low und high wie 
beim Lüftermotor.

Es wird jeweils nur eine Wicklung bestromt.

: Bearbeitet durch User
von H. H. (hhinz)


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Philipp G. schrieb:
> Philipp G. schrieb:
>> Weil dann eine Wicklung mehr dazu kommt.
>
> Korrektur: Sind zwei unterschiedliche Wicklungen. quasi low und high wie
> beim Lüftermotor.
>
> Es wird jeweils nur eine Wicklung bestromt.

Unsinn.

von Otto K. (opto_pussy)


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H. H. schrieb:
> Unsinn.

Wenn beide Vorschläge von Philipp Unsinn sind, darf ich dann mal 
vorsichtig bei unserer hochgeschätzten Foren-Eminenz Herrn Hinz mal 
nachfragen, wie die Geschwindigkeitsumschaltung denn sonst funktioniert 
soll?

Ein knappes "Unsinn" als Antwort erscheint mir ein wenig dürftig.

Beitrag #7849647 wurde vom Autor gelöscht.
von Thomas R. (thomasr)


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GENAU deshalb frage ich ja: die Zusammenhänge sind wohl nicht trivial.

Das sind praktisch immer DC Motoren mit Permanentmagneten im Stator, da 
gibt es keine "zwei Wicklungen". Die einzige "Wicklung" ist der 
rotierende Anker und der hat eben eine weitere "Anzapfung/Bürste" bei 
ca. 45° von der normalen Bürstenposition.

Aber warum das nun dann mehr Leistung bringt?

von H. H. (hhinz)


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Thomas R. schrieb:
> Aber warum das nun dann mehr Leistung bringt?

Bringt es nicht, sogar weniger Drehmoment, aber mehr Drehzahl.

von Thomas R. (thomasr)


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H. H. schrieb:
> Thomas R. schrieb:
>> Aber warum das nun dann mehr Leistung bringt?
>
> Bringt es nicht, sogar weniger Drehmoment, aber mehr Drehzahl.

Da sagt mein Netzgerät aber etwas anderes!

Ein recht spezieller Anwendungsfall: der Scheibenwischermotor wird als 
Antrieb für eine Fäkalienpumpe auf dem Schiff genutzt, da ist Drehmoment 
sehr wichtig damit das zerkleinern auch funktioniert (wobei das 
Membranpumpen sind, die zerquetschen eher).

Eine wurde ohne Masseleitung geliefert; die hätte dann mit den beiden 
53er Anschlüssen angeklemmt werden können/sollen. Die andere hatte den 
53 stillgelegt und nur den 53b und den 31 am Gehäuse angeschlossen.

Daher die "Forschung" nach den Zusammenhängen.

Für diese Anwendung besser die langsame Stufe verwenden oder die 
"schnelle"??

: Bearbeitet durch User
von H. H. (hhinz)


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Thomas R. schrieb:
> Da sagt mein Netzgerät aber etwas anderes!

Das kann Drehzahl und Drehmoment messen?


> Für diese Anwendung besser die langsame Stufe verwenden oder die
> "schnelle"??

Mit solcherlei Pumpen hab ich keine Erfahrung.

von Giovanni (sqrt_minus_eins)


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Otto K. schrieb:
> Ein knappes "Unsinn" als Antwort erscheint mir ein wenig dürftig.

Sinn/Unsinn:
Eine Erklärung zu finden in einem Patent von AEG aus 1912.

https://worldwide.espacenet.com/patent/search/family/025698213/publication/CH63029A?q=pn%3DCH63029A

Die Bürsten beim Wischermotor werden nicht wirklich verschoben sondern 
es gibt eine 3. Bürste. Unsymmetrisch, aber egal. Hauptsache es wird 
gewischt.

Thomas R. schrieb:
> Eine wurde ohne Masseleitung geliefert; die hätte dann mit den beiden
> 53er Anschlüssen angeklemmt werden können/sollen. Die andere hatte den
> 53 stillgelegt und nur den 53b angeschlossen.

Wie: eine Pumpe angeschlossen an 31-53. Die andere an 31-53b. Welche 
läuft jetzt schneller? Welche nimmt mehr Strom auf (bei gleicher Last)?

: Bearbeitet durch User
von H. H. (hhinz)


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Giovanni schrieb:
> Eine Erklärung zu finden in einem Patent von AEG aus 1912.
>
> 
https://worldwide.espacenet.com/patent/search/family/025698213/publication/CH63029A?q=pn%3DCH63029A

Da bleiben die Bürsten aber gegenüberliegend.

von Thomas R. (thomasr)


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Hinz hat schon recht: ich kann nur mit der Hand bremsen und das ist 
nicht sehr zuverlässig/konstant. Der Anschluß an 53b/31 erscheint aber 
nicht nur schneller sondern auch stärker als an 53/31.

Aber das wüßte ich gern ohne gleich einen Motorenteststand aufbauen zu 
müssen. Entsprechend würde ich die beiden Motoren mit den richtigen 
Anschlußleitungen versehen (die kommen als Ersatz aufs Schiff; außer 
Feuer gibt es auf einem Schiff nichts schlimmeres als eine nicht 
funktionierende Toilette).

Leider findet sich im Netz nichts vernünftiges zu dem Thema.

von Giovanni (sqrt_minus_eins)


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H. H. schrieb:
> Giovanni schrieb:
>> Eine Erklärung zu finden in einem Patent von AEG aus 1912.
>>
>>
> 
https://worldwide.espacenet.com/patent/search/family/025698213/publication/CH63029A?q=pn%3DCH63029A
>
> Da bleiben die Bürsten aber gegenüberliegend.

Aber verschoben - und darum geht es. Beim Wischer keine mechanische 
Verschiebung daher unsymmetrisch, da wahrscheinlich der Wirkungsgrad 
nicht so wichtig ist.

Hatte ich doch geschrieben?

von H. H. (hhinz)


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Thomas R. schrieb:
> Der Anschluß an 53b/31 erscheint aber
> nicht nur schneller sondern auch stärker als an 53/31.

Entscheidend ist die Temperatur der Wicklung. Mit der "schiefen" Bürste 
hast du einen schlechteren Wirkungsgrad.

von Thomas R. (thomasr)


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H. H. schrieb:
> Thomas R. schrieb:
>> Der Anschluß an 53b/31 erscheint aber
>> nicht nur schneller sondern auch stärker als an 53/31.
>
> Entscheidend ist die Temperatur der Wicklung. Mit der "schiefen" Bürste
> hast du einen schlechteren Wirkungsgrad.

Das ist nachvollziehbar aber gerade bei der kurzen Betriebsdauer völlig 
wumpe. Wie gesagt, Drehmoment ist das wichtigste. Man kann die Steuerung 
auf beliebig lange Betriebszeiten einstellen (und damit die Fördermenge) 
aber nicht das Drehmoment beeinflussen.

Daß so eine "Allerweltsanwendung" nicht besser beschrieben wird....

von H. H. (hhinz)


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Thomas R. schrieb:
> Drehmoment ist das wichtigste.

Wohl eher das Blockiermoment. Das wird bei gegenüberliegenden Bürsten 
größer sein.


Edit: Ist so, siehe Anhang.

: Bearbeitet durch User
von Thomas R. (thomasr)


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Genau diese Kennlinie habe ich gesucht! Im Bereich des üblichen 
Arbeitspunktes sind die Momente gar nicht so unterschiedlich (wohl aber 
die Leistungsaufnahme) aber im Blockierfall gewinnt tatsächlich die 
"Stufe 1".

Und das ist bei dieser Anwendung ausschlaggebend. Werde ich dann so 
ausführen. Danke!

von Carypt C. (carypt)


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Oh Mann, ich werd aus dem Kennfeld gar nicht schlau.

ich interpretiere blau als die Drehzahl-zu-Torque-Relation, stimmt, die 
kleinere Drehzahl entwickelt nahe Stillstand 50Nm, die schnellere nur 
40Nm.

Was sollen die graue Parabel und die roten Linien anzeigen ? Für welche 
Beziehungen stehen sie ?

von T. L. (lawman)


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Vielleicht hilft das weiter.

von Giovanni (sqrt_minus_eins)


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Carypt C. schrieb:
> Oh Mann, ich werd aus dem Kennfeld gar nicht schlau.
>
> ich interpretiere blau als die Drehzahl-zu-Torque-Relation, stimmt, die
> kleinere Drehzahl entwickelt nahe Stillstand 50Nm, die schnellere nur
> 40Nm.
>
> Was sollen die graue Parabel und die roten Linien anzeigen ? Für welche
> Beziehungen stehen sie ?

Der Nennpunkt liegt bei 3 Nm, also ganz links

Farben:
* ROT: Strom
* BLAU: Drehzahl
* SCHWARZ: Leistung = Drehzahl x Drehmoment.

Linien:
* durchgezogene Linien: 53 - Normal
* strichlierte Linien: 53b - Schnell

Ich hätte vermutet, dass der Strom bei Drehmoment Null auch Null ist. 
Nehme an es kommt durch das Reibungsmoment vom Getriebe.

: Bearbeitet durch User
von Thomas R. (thomasr)


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Die blaue Kurve ist für die Drehzahl über dem Drehmoment.
Die rote Kurve für Stromaufnahme über Drehmoment.

In den Daten ist als "Nennmoment" 3Nm angegeben.
Zeichne eine senkrechte Kurve bei 3Nm ein:
die trifft dann die blaue Kurve bei 46 bzw. 23 U/min und die rote bei 3 
bzw. 4 A

Die Nennleistungsaufnahme ist der reine Leerlauf, alles andere ergibt 
sich aus dem Diagramm.

Die Leistungskurve (Parabel) zeigt die abgegebene mechanische 
Maximalleistung. Diese Motoren haben absichtlich einen schlechten 
Wirkungsgrad weil sie auch im Blockadezustand (Wischer auf der Scheibe 
festgefroren) nicht die Sicherung sofort auslösen dürfen. Die werden 
dann nur sauheiß!

Beispiel: bei 25Nm werden gerade ca. 40 Watt mechanisch abgegeben, dafür 
aber ca. 240 Watt aufgenommen!

von Philipp G. (geiserp01)


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T. L. schrieb:
> Vielleicht hilft das weiter.

Demzufolge doch zwei Wicklungen?

von H. H. (hhinz)


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Philipp G. schrieb:
> T. L. schrieb:
>> Vielleicht hilft das weiter.
>
> Demzufolge doch zwei Wicklungen?

Nein!

von Wolf17 (wolf17)


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Könnte es so sein, oder weiß jemand genaueres:

Auf dem Läufer sind mehrere Wicklungen im unterschiedlichem Drehwinkel. 
Alle Wicklungsenden sind mit der Nachbarwicklung verbunden und mit einem 
Kollektorsegment kontaktiert.
Bei Verwendung der 180° Kohlen fließt der größte Strom durch die eine 
Wicklung die in genau richtigem Winkel zum Permanentmagnetfeld liegt und 
für maximales Drehmoment sorgt. Durch die anderen Wicklunge in Reihe 
fließt ein deutlich geringerer Strom.
Bei Nutzung des verschobenen Kohlenpaars muss der Strom durch mehrere 
Wicklungen in Reihe und ist deshalb kleiner.

von H. H. (hhinz)


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Wolf17 schrieb:
> Könnte es so sein,

Nein, du hast phantasiert.


> oder weiß jemand genaueres:

"Wicklungsschema Gleichstrommaschine"

von Wolf17 (wolf17)


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H. H. schrieb:
> Nein, du hast phantasiert.
>> oder weiß jemand genaueres:
> "Wicklungsschema Gleichstrommaschine"
Wie das üblicherweise funktioniert ist mir klar, aber wie erklärt sich 
das dann hier mit dem verdrehten Kohlenpaar und dem schlechten 
Wirkungsgrad?
Oder werden durch das verschobene Kohlenpaar einfach bei unverändertem 
Wicklungsschema nur zum Magnetfeld "ungünstiger gelegene" Windungen 
bestromt?
https://c.wgr.de/d/03e8817c1c4aed250bb138486050d4792ea2287a13f41b65933e8a18872a254c.pdf/Maschinenwicklung.pdf

: Bearbeitet durch User
von H. H. (hhinz)


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Wolf17 schrieb:
> Oder werden durch das verschobene Kohlenpaar einfach bei unverändertem
> Wicklungsschema nur zum Magnetfeld "ungünstiger gelegene" Windungen
> bestromt?

So kann man das sagen.

von Carypt C. (carypt)


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Ah, ja, jetzt verstehe ich, wenn die Stromgerade rot links also wenig 
Drehmoment hat, dann ist aber zugleich auch der Rotor bei Höchstdrehzahl 
(30 rpm). Wenn der Rotor zum Stillstand kommt (rechts) hat er zwar das 
höchste Drehmoment (50Nm) und die Stromstärke ist auch maximal, weil die 
Ankerspule längst in Sättigung ist und keinen 
Selbstinduktivitätswiderstand mehr entgegesetzt.

ich danke für die Erklärung, mit der Konvention mechanische Leistung war 
ich nicht vertraut. Man hätte die Angaben auch in der Grafik machen 
können.

: Bearbeitet durch User
von H. H. (hhinz)


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Carypt C. schrieb:
> Wenn der Rotor zum Stillstand kommt (rechts) hat er zwar das
> höchste Drehmoment (50Nm) und die Stromstärke ist auch maximal, weil die
> Ankerspule längst in Sättigung ist und keinen
> Selbstinduktivitätswiderstand mehr entgegesetzt.

Das ist natürlich Unsinn.

von Darius (dariusd)


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Hallo

Als generelle Empfehlung kann man, besonders bei Gleichstrom- und 
Universalmaschinen (Motoren) empfehlen wirklich alte Literatur aus der 
"Vorleistungselektronik" Zeit zu nutzen, und sich dort (es gibt bei der 
wirklich tiefgehenden Literatur aber auch keinen anderen Bereich) auf 
Motoren der kW Größenordnungen zu konzentrieren - z.B. die noch rein 
Elektromechanisch und rein mit "Eisen und Magnetismus" betriebenen 
E-Loks oder Motoren bei der Herstellung (Walzung) von Stahlblechen 
(Coils) in der Papierproduktion usw.

Allerdings:
Früher wurde in solcher "Ingenieursliteratur" eher noch unverständlicher 
und mit noch höheren Voraussetzungen (manchmal meine ich bewusst 
"schlimm" und ausschließend)  an den Lesenden geschrieben als es "heute" 
der Fall ist...

In den Details sind E-Motoren und auch Generatoren(gerade die 
"veralteten" ? Gleichstrom und Universalmaschinen) sehr anspruchsvoll 
und alles andere als Leicht zu verstehen.
Es gibt (in der Praxis gab) sehr viele Möglichkeiten aus ein und den 
selben Motor mit "Tricks" oder rein technologisch recht einfache 
Modifikationen (die allerdings schon beim Bau eingebaut werden mußten) 
alle möglichen Drehmomente, Kurven, und Eigenschaften ohne jegliche 
Leistungselektronik "nur" mit Wicklungstricks, "Eisen" (Induktivitäten, 
Transformatorähnlichen Konstrukten,...) und reinen ohmschen Widerständen 
(allerdings "etwas" oberhalb der 1/4W  Klasse...) von außen aus Motoren 
"herauszuholen".

Die Theorie (wohl auch viel teures und risikobehaftetes  try and error 
und einfach nur Erfahrung) ist allerdings wirklich extrem heftig, sehr 
abstrakt und Mathematik verseucht- alles andere als intuitiv.

: Bearbeitet durch User
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