Forum: Platinen Reflow löten Probleme


von Jules (mikroscience)


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Hallo liebes Forum,

Ich habe eine Frage zu meinem aktuellen Projekt.
Und zwar habe ich eine Platine samt SMD-Schablone bestellt um die 
Lötpaste mittels der Schablone korrekt aufzuspachteln. Heizplatte und 
Heißluftstation (Atten ST-862D) sind vorhanden. Als Lötpaste habe ich 
folgende verwendet:
https://eleshop.de/thermally-stable-solder-paste-no-clean-sn96-5-ag0-3-t4.html

Mir ist das Reflow Löten bekannt; für meine Masterthesis vor 4 Jahren 
habe ich Dutzende Prototypen Reflow gelötet, das bis Größe 0603 und 
diese mussten pillepalle sein wegen spezifischen Umgebungstemperaturen 
(<100K).

Allerdings scheine ich entweder aus der Übung zu sein oder ich vergesse 
irgendwas… :(

Die Symptome sind dass die Lötpaste zwar schmilzt, aber sich auch an 
vielen Stellen "verklumpt" bzw Brücken macht..
Die Schmelztemperatur der verwendeten Paste ist 220 Grad Celsius.
Die Paste schmilzt und man sieht zum Teil auch den Kapillar Effekt wenn 
sich das Lot die Beinchen "hochzieht" aber trotzdem verklumpt es an 
manchen Stellen.

Ich habe dann die Temperatur von 220 auf 300 und auf 400 erhöht und klar 
die Lötpaste ist dann irgendwann leicht verkokelt. Aber die Verklumpung 
schmilzt nicht weg!
Selbst mit einer Heizplatte untendrunter, bei der die Paste schon 
angefangen hat sich zu verlaufen habe ich probiert.
Aber es tut sich einfach nichts bzgl dieses Verklumpen.

Mache ich gerade irgendwas falsch oder kann es eventuell an der 
verwendeten Lötpaste liegen ? "Chipquik TS391SNL50 No-clean Lötpaste 
bleifrei"

Dieses Projekt ist ein Hobby Projekt und hat keine speziellen 
Anforderungen bzgl Umgebung.

Anbei Bilder der Platine.

Vielen Dank
Grüße gehen raus.

von Max G. (l0wside) Benutzerseite


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Das sieht aus nach definitiv zu wenig Flux und vielleicht auch ein 
bisschen viel Paste.
Wie alt ist die Paste denn? Hilft es, wenn du einmal mit dem Flux-Stift 
drübergehst?

von Roland E. (roland0815)


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Schablone zu dick, d.h. zu viel Paste.

Temperaturen über 250°C an der Paste verbrennen nur das Flussmittel und 
tragen nicht mehr zur Verbesserung der Fließfähigkeit bei.

von Jules (mikroscience)


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Hallo,

Stencil ist 130 um dick.
Die Paste ist ganz Neu und war ungeöffnet. In der Paste ist doch schon 
Flux drin. Ich kann es mal mit dem Flux Stift probieren aber die Platine 
ist eh hin, das ganze wurde viel zu warm..

von H. H. (hhinz)


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Jules schrieb:
> Die Paste ist ganz Neu und war ungeöffnet.

Überlagert?

von Jules (mikroscience)


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Die war stets bei Raumtemperatur gelagert. In der Beschreibung steht 
auch dass die nicht in den Kühlschrank muss..

Ja dass das Flussmittel bei hohen Temperaturen weggeht konnte ich dann 
auch beobachten, aber das erklärt auch warum nichts mehr passiert ist.

von Heinz-Maria (waselfingen)


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Viel zuviel Paste. offenbar sind die Schablonenöffnungen gegenüber den 
Pads nicht reduziert. Schablone viel zu dick, 100 µm wären angezeigt.
Der Rest dürfte wegen der riesigen Pads irgendwann Grabsteine wachsen 
lassen.
Je größer der potenzielle Meniskus, desto größer die Anzahl der 
Grabsteine.
Sieht mir so aus, als wäre es zu kurz oder zu kalt gelötet.

Wo kommen hier immer diese riesigen Pads her? Sind die aus der 
Bibliothek für das Grobmotorikerhandlöten?

: Bearbeitet durch User
von Jens K. (jensky)


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Jules schrieb:
> Stencil ist 130 um dick.

nimm mal 100 um und reduziere die Padgröße bei 1:1 um 15%

von Jules (mikroscience)


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Heinz-Maria schrieb:
> Viel zuviel Paste. offenbar sind die Schablonenöffnungen gegenüber
> den
> Pads nicht reduziert. Schablone viel zu dick, 100 µm wären angezeigt.

> Sieht mir so aus, als wäre es zu kurz oder zu kalt gelötet.

Hm neue Schablone und neue PCB würde ich nur ungern finanziell in Kauf 
nehmen.. Gibt es noch eine andere Möglichkeit wie ich das retten kann?

Ich habe noch so eine feine Spritze für Lötpaste rumliegen; ich könnte 
versuchen die Pads daher alle händig mit weniger Paste aufzutragen..

Also zu kalt gelötet definitiv nicht;
über 250 Grad / Luftzufuhr auf gering um die Bauteile nicht wegzupusten; 
und von der Dauer war es ja schon fast zu lang denke ich.
Ich werde nochmal ein versuch wagen und mich Ende der Woche melden.

> Wo kommen hier immer diese riesigen Pads her? Sind die aus der
> Bibliothek für das Grobmotorikerhandlöten?

Aus den Standard Bibliotheken aus KiCad.


Vielen Dank an alle.

von Heinz-Maria (waselfingen)


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Jules schrieb:
> Aus den Standard Bibliotheken...

Das ist das große Elend aller mir bekannten CAD-Systeme. Ein Praktiker
hat die in keinem Falle entworfen.
Grundsätzlich gilt: selbst machen. Da weiß man am Ende wenigstens, wer 
schuld ist.

von Herbert Z. (herbertz)


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Heinz-Maria schrieb:
> Wo kommen hier immer diese riesigen Pads her? Sind die aus der
> Bibliothek für das Grobmotorikerhandlöten?

Absolut "ätzend"...

von Heinz-Maria (waselfingen)


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Jules schrieb:
> Hm neue Schablone und neue PCB würde ich nur ungern finanziell in Kauf
> nehmen..

Das fällt in die Kategorie Lehrgeld.

von Kevin M. (arduinolover)


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Du wirst ja keine 1000 Stück bauen, besorg dir anständiges Flussmittel 
und löte die Brücken von Hand mit dem Lötkolben nach. Mit ausreichend 
Flussmittel gehen sie oft schon von allein weg, ansonsten hilft auch 
Entlötlitze, um das überschüssige Lot aufzunehmen.

von Harald A. (embedded)


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CR44 von Reichelt liefert sehr gute Ergebnisse.

von Vanye R. (vanye_rijan)


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> Das ist das große Elend aller mir bekannten CAD-Systeme. Ein Praktiker
> hat die in keinem Falle entworfen.

Jep! Die meisten hier glauben das sie die Modelle irgendwo aus dem 
Internet runterladen koennen oder schon beim Layoutprogramm dabei sind. 
:-D
Dabei muss man das selber machen weil sowas immer an die eigene 
Fertigung/Workflow angepasst ist und je kleiner die Teile werden umso 
wichtiger wird das.

Vanye

von Maurice S. (wiminisse)


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So ein QFP32 ist ja eigentlich noch relativ grobes Zeug.

Wenn Du keine neun Schablone bestellen willst, dann probiere folgendes 
aus:
Verdünne Deine Paste mit Flussmittelcreme,
z.B. ERSA FMKANC32-005, bze. F-SW32.

Versuche es mal mit 15 bis 20% Anteil der Paste. Schön durchmischen. Die 
Paste ist dann natürlich flüssiger und lässt sich (meiner Meinung nach) 
wieder besser auftragen. Ich habe damit schon überlagerte Paste wieder 
benutzbar gemacht und sogar QFNs Problemlos gelötet (ok, zugegeben: Die 
Paste war noch verbleit. Das macht vieles einfacher).

von Roland E. (roland0815)


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Ja, das fällt unter 'Erfahrungen sammeln'.
Ein erfahrener Bestücker sieht an den Gerberdaten was faul ist, und 
macht sich die Schablone passend.

Bestellt dir einfach eine korrekte Schablone, oder arbeite von Hand 
nach.
[X]Das war jetzt einfach.

von Keks F. (keksliebhaber)


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Vanye R. schrieb:
>> Das ist das große Elend aller mir bekannten CAD-Systeme. Ein
> Praktiker
>> hat die in keinem Falle entworfen.
>
> Jep! Die meisten hier glauben das sie die Modelle irgendwo aus dem
> Internet runterladen koennen oder schon beim Layoutprogramm dabei sind.
> :-D
> Dabei muss man das selber machen weil sowas immer an die eigene
> Fertigung/Workflow angepasst ist und je kleiner die Teile werden umso
> wichtiger wird das.
> Vanye

Niemand weiß, welches Footprint hier genutzt worden ist. KiCAD hat 
welche für das Löten mit dem Lötkolben, entsprechend dem Postfix.

Auf mich wirkt das, als wurde das Temperaturprofil nicht eingehalten. 
Gleichzeitig kann der IC auch fehlgelagert worden sein.

Es sieht bei dem Hühnerfutter stellenweise nach zu viel Paste aus, beim 
IC erscheinen die Flächen Teils fast leer vom Zinn.

von Rainer W. (rawi)


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Max G. schrieb:
> ... und vielleicht auch ein bisschen viel Paste.

Das hast du sehr höflich und zurückhaltend formuliert.

von Rainer W. (rawi)


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Jules schrieb:
> Hm neue Schablone und neue PCB würde ich nur ungern finanziell in Kauf
> nehmen.. Gibt es noch eine andere Möglichkeit wie ich das retten kann?

Was ist denn dein Problem?
Geht es um hunderte Platinen oder um dieses eine Exemplar?

> Ich habe noch so eine feine Spritze für Lötpaste rumliegen; ich könnte
> versuchen die Pads daher alle händig mit weniger Paste aufzutragen..

Um diese Platine zu retten, brauchst du Flussmittel (Gel), Entlötlitze 
und vorzugsweise eine breite, flache Lötspitze (Stichwort: 
Drag-Soldering)

von Veit D. (devil-elec)


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Hallo,

reichlich Flussmittel und eine Lötspitze mit Hohlkehle. Gern auch 
Flussmittel-Gel. Gel bleibt deutlich länger auf der Platine verfügbar. 
Hohlkehle ist für Nachlötarbeiten perfekt. Man kann mehr Zinn aufnehmen 
bzw. verteilen. Mit Entlötlitze kann man zu viel Lötzinn wegnehmen, mach 
ich kaum noch seitdem ich eine Hohlkehle habe. Bin voll Fan von.

von Rainer W. (rawi)


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Veit D. schrieb:
> Man kann mehr Zinn aufnehmen bzw. verteilen.

Zinn ist mehr als genug da. Mit der Hohlkehle bekommst du die Massen 
eher mühselig weg.

> Mit Entlötlitze kann man zu viel Lötzinn wegnehmen
Muss man aber nicht. Falls die Entlötlitz nicht ausgerechnet über 1.5mm 
breit ist, lässt sich das auch gut dosieren.

von F. (radarange)


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Entlötlitze ist total blöd für solche Sachen, das schadet mehr, als es 
nützt. Die Hohlkehle ist hingegen ein guter Tipp, aber auch mit 
Flussmittel und einer breiten Spitze lässt sich das überschüssige Lot 
gut aufnehmen.
Mit der Entlötlitze läuft man sehr schnell Gefahr, zu viel Lot zu 
entfernen und dann wieder nachlöten zu müssen, total umständlich. 
Außerdem ist die thermische Belastung für Platine und Bauteil relativ 
hoch und man sieht nicht, was man tut, weil ja die Entlötlitze im Weg 
liegt.
Eine saubere Hohlkehle zieht man über die Pins, bis sie kein Lötzinn 
mehr aufnimmt, reinigt sie dann und wiederholt das. Meist verbleibt dann 
genau die richtige Menge Lot an den Pins und fertig. Mit einer großen 
Meißelspitze o.ä. geht das natürlich auch, nur nimmt die Hohlehle so 
viel Lot auf, dass es sehr schnell geht. Mit einer Meißelspitze würde 
ich jeden Pin separat kurz berühren: wenn genügend Flussmittel 
aufgebracht wurde und die Spitze sauber ist, dann wandert etwas Lötzinn 
vom Pin zur Spitze, danach muss diese natürlich wieder gereinigt werden, 
damit sie das Lot vom nächsten Pin aufnehmen kann.

von Herbert Z. (herbertz)


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Ich muss leider sagen, dass ich davon abgekommen bin Hühnerfutter per 
Lötprozess für daheim löten zu wollen. Wenn das so ausschaut wie auf den 
Bildern, dann wäre ich nie und nimmer zufrieden. Da löte ich lieber von 
Hand wenn sich SMD nicht vermeiden lässt und ansonsten eben THT.
Trotzdem wünsche ich dem TE viel Erfolg, dass er da noch was retten 
kann.
MfG

von Flip B. (frickelfreak)


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Ich bin nicht sicher, ob ich das schon erwähnt habe, aber wenn die 
letzte zinnbrücke auch mit Flussmittel nicht wegzubekommen ist, neige 
ich die platine auch gerne mal in die senkrechte in die höhe und nehme 
die Schwerkraft zur hilfe.

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