Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Kondensator (1 µF) an Vlcp / IBIAS über DIP-Schalter zuschaltbar


von Friedrich (gfriedrich)


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Hallo zusammen,
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ich habe ein Layout, das mehrere pin-kompatible ICs unterstützen soll. Je nach bestücktem IC gelten folgende Empfehlungen aus den jeweiligen Datenblättern:
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Pin Vlcp:
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"Approximately –1.5 V generated by the negative voltage circuit inside the chip is output to the terminal. To maintain the voltage, insert a capacitor around 1 µF between Vlcp and GND."
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Der Kondensator ist erforderlich bei manchen ICs, bei anderen muss der Pin offen bleiben.
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Pin IBIAS:
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"Approximately 1.1 V generated by the voltage circuit inside the chip is output to this terminal. Insert a capacitor of about 1 µF between IBIAS and GND. If you are not going to insert this capacitor, be sure to leave this terminal open. In this case, the readout noise is increased to 1.5 mV rms."
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Auch hier: manche ICs brauchen den Kondensator, andere dürfen ihn nicht angeschlossen haben.
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Geplante Lösung:
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Ich möchte die Kondensatoren über DIP-Schalter zuschaltbar machen:
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Vlcp ── DIP ── 1 µF ── GND
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IBIAS ── DIP ── 1 µF ── GND
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So kann ich bei der Bestückung entscheiden, ob ein Kondensator verbunden wird oder nicht – je nach verwendetem IC. Die DIP-Schalter werden einmalig vor Inbetriebnahme gesetzt (nicht im laufenden Betrieb).
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Hinweis zur Platzierung:
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Durch die DIP-Schalter kann der Kondensator nicht direkt am IC-Pin platziert werden – die Entfernung vom Pin zum Kondensator beträgt ca. 12 mm Leiterbahnlänge. Ich frage mich, ob das in dieser Art von Anwendung kritisch ist.
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Meine Frage an euch:
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Hat jemand schon praktische Erfahrung, ob das mit mechanischen Schaltern (z. B. DIP-Schalter, Kontaktwiderstand ~100 mΩ) in so einem Fall zuverlässig funktioniert?
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Theoretisch sollte es unkritisch sein:
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- Der Strom an diesen Pins ist sehr gering (die Spannung wird vom IC erzeugt).
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- Die RC-Zeitkonstante ist vernachlässigbar.
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- Schalterkontaktwiderstand sollte bei stabiler Mechanik keine Rolle spielen.
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- 12 mm Abstand sind elektrisch nicht ideal – aber vielleicht in diesem Fall noch ok?
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Aber: Ich möchte sicher sein, dass es keine Nebeneffekte gibt wie:
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- Instabilität der internen Spannungsquellen,
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- erhöhte Rauschpegel (besonders bei IBIAS),
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- oder Startprobleme im Power-Up.
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Ich würde mich freuen, wenn jemand das so oder ähnlich schon umgesetzt hat – oder Erfahrungswerte mit alternativen Lösungen (z. B. Jumper, SMD-Optionen, MOSFET-Schalter) teilen kann.
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Vielen Dank & viele Grüße
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GF

von Hobby B. (bastler2022)


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Friedrich schrieb:
> Geplante Lösung:
> Ich möchte die Kondensatoren über DIP-Schalter zuschaltbar machen:
> Vlcp ── DIP ── 1 µF ── GND
> IBIAS ── DIP ── 1 µF ── GND


> So kann ich bei der Bestückung entscheiden, ob ein Kondensator verbunden
> wird oder nicht – je nach verwendetem IC. Die DIP-Schalter werden
> einmalig vor Inbetriebnahme gesetzt (nicht im laufenden Betrieb).

Wäre es nicht einfacher nur zu bestücken wenn Erforderlich?
Oder eine Lötbrücke zu nutzen, spart Platz.

Gruß bastler2022

von Friedrich (gfriedrich)


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Theoretisch hast du recht – nur bei Bedarf zu bestücken oder einfach 
eine Lötbrücke zu setzen wäre platz- und kostentechnisch natürlich 
optimal.

In meinem Fall ist das Ganze aber etwas komplexer:

Ich habe mehrere pin-kompatible ICs, bei denen je nach Typ bis zu drei 
dieser Pins (Vlcp, IBIAS1, IBIAS2) entweder mit einem Kondensator 
beschaltet werden müssen – oder komplett offen bleiben sollen.

Wenn ich das alles nur über Bestückung bzw. Lötbrücken löse, bräuchte 
ich für jede Kombination faktisch eine eigene PCB-Version oder eigene 
Bestückungsvariante, was den Aufwand im Projekt (und bei der Fertigung) 
deutlich erhöht.

Mit DIP-Schaltern (oder einer ähnlichen Umschaltlösung) kann ich eine 
einzige universelle PCB nutzen und je nach IC-Typ einfach die passenden 
Optionen aktivieren – ohne löten, ohne Varianten, ohne Risiko von 
Fehlbestückung.

Klar, es ist ein Trade-off (Platz vs. Flexibilität), aber in meinem Fall 
überwiegt der Vorteil der konfigurierbaren Lösung.

Trotzdem danke für deinen Hinweis – für einfache Fälle ist deine 
Variante auf jeden Fall sinnvoll!

Gruß
GF

von Frank K. (fchk)


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Die pinkompatiblen ICs werden gelötet? Dann hast Du eh 
Bestückungsvarianten, und dann machen die Kondensatoren, die entweder 
bestückt oder nicht bestückt werden, den Kohl auch nicht fett.

Schalter sind nur dann sinnvoll, wenn sie auch tatsächlich benutzt 
werden. Die haben auch eine nennenswerte Induktivität und einen 
nennenswerten Übergangswiderstand. Für Logikschaltungen völlig 
unkritisch, bei Analogschaltungen müsste man das ausprobieren. Und die 
Zuverläsigkeit sinkt natürlich auch.

Ich würde es mit einer Leiterplatte und n Bestückungsvarianten lösen.

fchk

von Luka M. (lucami)


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Frank K. schrieb:
> Schalter sind nur dann sinnvoll, wenn sie auch tatsächlich benutzt
> werden. Die haben auch eine nennenswerte Induktivität und einen
> nennenswerten Übergangswiderstand. Für Logikschaltungen völlig
> unkritisch, bei Analogschaltungen müsste man das ausprobieren. Und die
> Zuverläsigkeit sinkt natürlich auch.
>
> Ich würde es mit einer Leiterplatte und n Bestückungsvarianten lösen.
Ja, ich stimme völlig zu. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Schalter bei 
analogen Schaltungen zu viel Unsicherheit mit sich bringen können. Ich 
würde es auch vorziehen, mehrere Optionen für die Leiterplattenmontage 
zu wählen - so ist es sicherer und flexibler.

von Friedrich (gfriedrich)


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Danke für eure Einschätzung!

In meinem Fall ist es allerdings etwas anders:

Die ICs werden nicht gelötet, sondern über einen Sockel/Adapter 
eingesetzt – also tauschbar. Die ICs kosten je nach Variante zwischen 
150 und 900 €.
Daher möchte ich natürlich nur einen einzigen, universellen PCB-Entwurf 
realisieren.

Die Idee war also, das Board über DIP-Schalter konfigurierbar zu machen:
Einmalig die DIP-Stellungen je nach IC-Variante setzen, den passenden IC 
einsetzen – und fertig.

Mir ist bewusst, dass DIP-Schalter gewisse Nachteile haben 
(Übergangswiderstand, Induktivität, Zuverlässigkeit), aber bei den 
betroffenen Pins handelt es sich ja nicht um schnelle oder empfindliche 
Signalleitungen – eher um "Hilfs-Pins" für interne Spannungen, bei denen 
nur eine einfache 1 µF-Stabilisierung gefragt ist. Deshalb hatte ich 
gehofft, dass es ausreicht.

Aber ja, so wie es aussieht, muss ich die DIP-Schalter-Lösung wohl 
verwerfen, wenn Stabilität, Rauschen oder Zuverlässigkeit im sensiblen 
Analogbereich tatsächlich darunter leiden könnten.
Ich warte noch auf Rückmeldung vom Hersteller - das kann etwas dauern – 
vielleicht haben die ja eine Empfehlung für so einen Fall.

Trotzdem danke für eure Einschätzung – die Überlegung mit 
Bestückungsvarianten ist auf jeden Fall die klassisch saubere Lösung.

Danke
GF

von Frank K. (fchk)


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Friedrich schrieb:

> Die ICs werden nicht gelötet, sondern über einen Sockel/Adapter

Was für einen Adapter? Eventuell kannst Du da auch die Kondensatoren mit 
draufsetzen.

Oder Du könntest sowas hier ausprobieren
https://www.digikey.de/de/products/detail/harwin-inc/D2899-42/6797663
und als Stecksockel für betrahtete Kondensatoren verwenden. Hängt auch 
von der Dicke der Anschlusspins ab. Bei bedrahteten Folienkondensatoren 
könnte das funktionieren, sowas wie das hier: (passt vom Rastermaß 
5.08mm)
https://www.digikey.de/de/products/detail/vishay-beyschlag-draloric-bc-components/BFC237076105/5389996

Das wäre möglicherweise HF-technisch besser.

fchk

von Andreas H. (signore_rossi)


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Steht denn in den Datenblättern, dass die Pins, die in anderen Varianten 
Kondensatoren brauchen, offen sein müssen? Vielleicht sind die ja 
einfach unbenutzt. Dann wird auch ein C am Pin nicht stören.

Edit: Anscheinend geht es um Hamamatsu S13488 (-01) und kompatible 
lineare CMOS Bildsensoren. 
https://www.hamamatsu.com/content/dam/hamamatsu-photonics/sites/documents/99_SALES_LIBRARY/ssd/s13488-01_kmpd1167e.pdf

: Bearbeitet durch User
von Soul E. (soul_eye)


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Friedrich schrieb:
> Mir ist bewusst, dass DIP-Schalter gewisse Nachteile haben
> (Übergangswiderstand, Induktivität, Zuverlässigkeit), aber bei den
> betroffenen Pins handelt es sich ja nicht um schnelle oder empfindliche
> Signalleitungen – eher um "Hilfs-Pins" für interne Spannungen, bei denen
> nur eine einfache 1 µF-Stabilisierung gefragt ist.

Je nachdem, was das für Spannungen sind, handelt es sich sogar um sehr 
kritische Signale. Nimm z.B eine schnelle CPU, die sich ihre core 
voltage selber erzeugt. Da hängt dann extern ein Kondensator dran. Wenn 
dann bei jedem Rechenschritt eine Million Transistoren umschalten, dann 
ziehen die alle ruckartig aus ebendiesem Kondensator Strom. Bei einem 
ARM-Core hast Du dann mal eben 120 MHz Ripple da drauf. Mit langer 
Zuleitung oder gar DIP-Schalter geht das krachend schief.

: Bearbeitet durch User
von Friedrich (gfriedrich)


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@Frank K.

Danke dir für den interessanten Hinweis!

Ich verwende tatsächlich einen speziellen IC-Sockel, damit die 
unterschiedlichen Varianten gesteckt werden können – aber der Sockel 
selbst ist natürlich fest auf dem Board verlötet.
Daher macht es in meinem Fall keinen großen Unterschied, ob der 
Kondensator direkt auf der Platine sitzt oder auf dem Sockel – die 
elektrische Verbindung geht in beiden Fällen übers PCB.

Den Vorschlag mit den Stecksockeln für bedrahtete Kondensatoren finde 
ich spannend, aber leider ist mein größtes Problem:
Ich habe nur max. 2 mm Bauhöhe zur Verfügung, da das Ganze in ein sehr 
flaches Gehäuse eingebaut wird.
Damit scheiden größere Stecklösungen oder aufrecht stehende 
Folienkondensatoren leider aus – das passt mechanisch einfach nicht.

Trotzdem danke für den Input! Vielleicht lässt sich die Idee in anderen 
Projekten mal nutzen, wo etwas mehr Platz vorhanden ist.


@Andreas H.

Genau, es geht um die linearen CMOS-Bildsensoren von Hamamatsu.

Und ja – das ist tatsächlich der kritische Punkt:
In den Datenblättern steht explizit, dass die Pins wirklich offen 
bleiben müssen.


@Seol E.

Danke dir – aber in meinem Fall handelt es sich nicht um dynamisch 
belastete Core-Spannungen wie bei CPUs.
Der Hinweis auf mögliche Störungen bei langen Leitungen ist 
grundsätzlich berechtigt – danke dafür!

Gruß, GF

von Markus E. (markus_e176)


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Eine mögliche Alternative wären noch gewöhnliche Jumper (wegen Bauhöhe 
an gewinkelter zweipoliger Steckerleiste). Bei den Bauteilpreisen fällt 
der Kostenunterschied wohl nicht ins Gewicht, aber je nach Aufbau 
könnten die weniger Induktivität haben oder mehr Möglichkeiten im Layout 
eröffnen.
Den DC-Widerstand kann ich nicht bewerten...
Und falsche Einstellungen sind leichter zu prüfen bzw. offensichtlicher 
als bei Schalterstellung.

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