Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik OPVs, driftet der Biasstrom bei Alterung?


von Jan K. (keksstein)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Hallo zusammen,

ich bin durch das Forum vor einiger Zeit auf eine Idee gestoßen die ich 
interessant fand.

MC Tonabnehmer für Plattenspieler geben oft sehr kleine Spannungen aus, 
üblich sind ~100uV bis 500uV. Ziel ist es das Signal möglichst Rauscharm 
zu verstärken, die Innenwiderstände dieser Tonabnehmer liegen meistens 
unter 10 Ohm, ich will schon lange einen Vorverstärker bauen der 
vergleichbar wenig rauscht wie der Innenwiderstand meines TAs.

Jetzt gibt es aber auch Tonabnehmer mit relativ hochohmigen Spulen die 
trotzdem nur im Bereich von 300uV liegen, diese müssen mit >1kOhm 
abgeschlossen werden, deshalb sind Übertrager nicht unbedingt die beste 
Wahl.

Die Idee ist jetzt ~20 Low Noise OPVs parallel zu schalten, natürlich 
bekommt jeder ein eigenes GK Netzwerk und das Rauschen wird minimiert. 
Der ADA4898-2 würde sich anbieten, nicht billig aber das gibt die 
Bastelkasse her. :-)

Im Worst case fall würden bei 20 parallelen OPVs ca. 8uA Biasstrom durch 
den Tonabnehmer fließen. Ich denke nicht das er dadurch beschädigt oder 
Vormagnetisiert wird, super ist das aber nicht.
Die Idee ist jetzt hochohmige Widerstände >100kOhm zwischen die 
Versorgungspins des OPVs zu legen, mit einem Trimmer in der Mitte könnte 
man den Biasstrom auf theoretische 0 kompensieren, siehe Anhang. 
(Versorgung +-5V) Es gibt einen Temperaturabhängigen Offsetstrom, der 
ist aber nicht sonderlich kritisch weil er im Bereich von xnA/K liegt.

Was ich nicht abschätzen kann, ändert sich der Biasstrom wesentlich über 
Alterung? Ich wüsste nicht warum, dazu müssten ja die Transistoren im 
Differenzverstärker ihren hfe deutlich ändern. Aber sicher bin ich mir 
da nicht.

Danke & Gruß,
Jan

von Jens G. (jensig)


Lesenswert?

Jan K. schrieb:
> Im Worst case fall würden bei 20 parallelen OPVs ca. 8uA Biasstrom durch
> den Tonabnehmer fließen. Ich denke nicht das er dadurch beschädigt oder
> Vormagnetisiert wird, super ist das aber nicht.

Schädlich werden die 8µA nicht sein.
Mit einem C zur DC-Abtrennung wären es aber 0µA durch den TA.

> Was ich nicht abschätzen kann, ändert sich der Biasstrom wesentlich über
> Alterung? Ich wüsste nicht warum, dazu müssten ja die Transistoren im
> Differenzverstärker ihren hfe deutlich ändern. Aber sicher bin ich mir
> da nicht.

Nicht wesentlich. Ist schließlich keine Präzisionsanwendung ...

von Jan K. (keksstein)


Lesenswert?

Danke!

>Schädlich werden die 8µA nicht sein.
>Mit einem C zur DC-Abtrennung wären es aber 0µA durch den TA.

Das Problem ist das der C wegen Rauschen zu tiefen Frequenzen möglichst 
groß sein müsste, geschätzt >100uF, sonst wird die Schaltung zu 
hochohmig bei 20Hz. Das geht nur mit Elkos, keine Ahnung ob die bei uV 
irgendwelche Schmutzeffekte mitbringen, oder mit MLCCs, die sind aber 
keine tolle Wahl bei Audio. Folien sind riesig und würden eher Störungen 
einkoppeln,

>Nicht wesentlich. Ist schließlich keine Präzisionsanwendung ...

Also kann ich davon ausgehen das meine ~8uA nach 20 Jahren nicht 
irgendwann 30uA sind?

Gruß,
Jan

von Michael B. (laberkopp)


Lesenswert?

Jan K. schrieb:
> ändert sich der Biasstrom wesentlich über Alterung?

Wesentlich nicht, ein bisschen schon.

Jan K. schrieb:
> Die Idee ist jetzt ~20 Low Noise OPVs parallel zu schalten,

Unsinn, nimm lieber EINEN guten (ausgemessen gut).

"Die Parallelschaltung von Transistoren wird oft als Methode zur 
Reduzierung
des Rauschens genannt. Allerdings schwanken die Rauschwerte der 
Transistoren
erheblich, wenige sind gut, viele mittel, manche schlecht. Und wenn man
unselektierte parallel schaltet, wird das Ergebnis vom Schlechten 
bestimmt,
es wäre besser gewesen, wenn man nur den Guten als einzelnen verwendet 
hätte.
Parallelschaltung macht also nur bei selektiert Guten Sinn."

Moving Coil ist eigentlich seit 50 Jahren gelöst, Vorverstärker sind so 
gut, daß die Rille der limitierende Faktor wird.

https://www.hagtech.com/pdf/bugle2.pdf

von Heinrich K. (minrich)


Lesenswert?

Nein, davon kannst Du leider nicht ausgehen. Die Langzeitdrift von 
Offsetstrom wie -spannung ist nicht vorhersagbar. Und je nach 
Einzelexemplar auch grundverschieden in Polarität und Betrag.

von Jan K. (keksstein)


Lesenswert?

>Unsinn, nimm lieber EINEN guten (ausgemessen gut).

Die mitteln sich aus, das Prinzip ist seit Röhrenzeiten erprobt.
IM DB stehen ja noch worst case Angaben.

>Nein, davon kannst Du leider nicht ausgehen. Die Langzeitdrift von
>Offsetstrom wie -spannung ist nicht vorhersagbar. Und je nach
>Einzelexemplar auch grundverschieden in Polarität und Betrag.

Ok, Mist. Lässt sich sagen ob die worst case Angabe im DB das mit 
einbezieht?

von Michael B. (laberkopp)


Lesenswert?

Jan K. schrieb:
> Die mitteln sich aus

LIEST du eigentlich was man schreibt oder geht es dir am Arsch vorbei ?

von Luca E. (derlucae98)


Lesenswert?

Michael B. schrieb:
> LIEST du eigentlich was man schreibt oder geht es dir am Arsch vorbei ?

Der Holzweg ist gefestigt.

von Jan K. (keksstein)


Lesenswert?

Michael B. schrieb:
> LIEST du eigentlich was man schreibt oder geht es dir am Arsch vorbei ?

Und du? Ich habe dir oben etwas dazu geschrieben. Sowieso kein Grund die 
guten Manieren zu verlieren, selbst hätte ich deinen Beitrag überlesen.

Also nochmal:
Das sind auf niedriges Rauschen getrimmte OPVs, wie die im Normalfall 
performen steht im DB. Es ist völlig egal ob manche ein wenig mehr 
Rauschen, bei 20 Stück mittelt sich das aus, auch bei diskreten 
Halbleitern. Wenn es dich interessiert schau dir die Schaltpläne von 
Großseriengeräten an die das so machen:

Revox B252
Accuphase C-27
Yamaha HX-10000

Mit Sicherheit wird da nichts weiter selektiert bei der Fertigung.

Deine verlinkte Schaltung ist alleine durch die 100 Ohm am Eingang 
limitiert, ohne ins DB des verwendeten OPV zu sehen. Gehen tut das aber 
natürlich auch, es rauscht halt ein wenig mehr.

von Joachim B. (jar)


Lesenswert?

Jan K. schrieb:
> mit einem Trimmer

auch der driftet, entweder läßt die Kontaktfeder nach bricht oder 
oxidiert, vor allem neuere 10-gang Spindeltrimmer sind nicht besonders 
langlebig.

von Jobst M. (jobstens-de)


Lesenswert?

Jan K. schrieb:
> Das Problem ist das der C wegen Rauschen zu tiefen Frequenzen möglichst
> groß sein müsste, geschätzt >100uF, sonst wird die Schaltung zu
> hochohmig bei 20Hz. Das geht nur mit Elkos, keine Ahnung ob die bei uV
> irgendwelche Schmutzeffekte mitbringen, oder mit MLCCs, die sind aber
> keine tolle Wahl bei Audio. Folien sind riesig und würden eher Störungen
> einkoppeln,

1. Man könnte eine aktive Korrektur einbauen. Also etwas, was die 
Eingangsspannung auf 0V treibt. Allerdings muss man auch hier aufpassen, 
dass man sich hier keine zusätzlichen Störungen einfängt. Evtl. ein GIC

2. Würde ich mal überlegen, ob der Gewinn von SNR (im Verhältnis zu 
einem der OPVs) -gerade bei Schallplatte- gegenüber den Problemen und 
Verschlechterungen an anderer Stelle, ein sinnvoller Schritt ist. Im 
blödesten Fall holst Du Dir mit Spezialschaltungen mehr Verschlechterung 
rein, als Du mit den parallel geschalteten OPVs überhaupt gewinnen 
kannst.

3. Bei 20Hz nimmt die Wahrnehmung sowohl durch Ohr, als auch durch die 
Technik bereits stark ab. Ein erhöhtes Rauschen dürfte hier, gerade im 
Gegensatz zum Rumpeln der Platte, kaum ein Problem darstellen.

4. Ob Du Dir mit Folienkondensatoren Störungen einhandelst, hängt von 
Deinem Aufbau ab. Außerdem musst Du ja nicht die 1500V Exemplare 
benutzen. Die wesentlich kleineren 63V Teile kannst Du auch nehmen. Ob 
100µF reichen, rechne ich jetzt aber nicht nach.
BTW: WIMA streicht gerade eine ganze Menge Kondensatoren aus seinem 
Programm.

Ich würde es einfach halten und nur einen dieser besonders rauscharmen 
OPVs einsetzen.

Gruß
Jobst

von Christian S. (roehrenvorheizer)


Lesenswert?

Jobst M. schrieb:
> Bei 20Hz nimmt die Wahrnehmung sowohl durch Ohr, als auch durch die
> Technik bereits stark ab.

Schon wenn ich mit dem Sinusgenerator mal wieder die 35 
Hz-Resonanzfrequenz meiner Bassreflexlautsprecher nachempfinden möchte, 
muß ich mir schon Mühe geben, diese überhaupt wahr zu nehmen, wenn ich 
die Membanbewegung unter etwa 3 mm ss halten möchte.

Hörbar werden derartig tiefe Frequenzen meistens erst, wenn zusätzlich 
eine Raumresonanz angeregt wird.

mfg

: Bearbeitet durch User
von Jan K. (keksstein)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Jobst M. schrieb:
> 1. Man könnte eine aktive Korrektur einbauen. Also etwas, was die
> Eingangsspannung auf 0V treibt. Allerdings muss man auch hier aufpassen,
> dass man sich hier keine zusätzlichen Störungen einfängt. Evtl. ein GIC

Danke für den Tipp!
Ich glaube das hier eine einfache Lösung eher zum Ziel führt, meine 
Version mit hochohmigen Widerständen ist auch nicht optimal. (weil sie 
je nach Quellwiderstand Störungen von der Versorgung einkoppelt)
Die OPVs sollen an +-5V, ich habe jetzt ~4V Referenzen (LM4030-4.096) 
eingeplant die eine saubere Stör und Rauscharme Spannung bereitstellen 
für den Bias canceling Spannungsteiler.

Im Anhang mal ein Schaltplanausschnitt der Accuphase C-7, ohne den 
Trimmer würden sogar ~50-100uA durch den Tonabnehmer fließen. Die Idee 
ist ähnlich wie bei mir.

Jobst M. schrieb:
> 2. Würde ich mal überlegen, ob der Gewinn von SNR (im Verhältnis zu
> einem der OPVs) -gerade bei Schallplatte- gegenüber den Problemen und
> Verschlechterungen an anderer Stelle, ein sinnvoller Schritt ist.

Ja das stimmt natürlich, ein einzelner OPV wie der LT1115 ist gut genug 
auch für Low Output MCs. Ich habe mir aber in den Kopf gesetzt das man 
auch ohne Nadel in der Rille kein Rauschen hört, ist auch ein bisschen 
Faszination an der Sache.

Christian S. schrieb:
> Schon wenn ich mit dem Sinusgenerator mal wieder die 35
> Hz-Resonanzfrequenz meiner Bassreflexlautsprecher nachempfinden möchte,
> muß ich mir schon Mühe geben, diese überhaupt wahr zu nehmen, wenn ich
> die Membanbewegung unter etwa 3 mm ss halten möchte.
>
> Hörbar werden derartig tiefe Frequenzen meistens erst, wenn zusätzlich
> eine Raumresonanz angeregt wird.

Hängt natürlich stark vom Lautsprecher ab, dank großer Membranfläche 
geht es bei mir bis unter 20Hz, Raummoden gibt es praktisch nicht mehr. 
(der Raum ist akustisch optimiert worden)
Fairerhalber würde ich aber einen Subsonicfilter nutzen, bei Platten 
kommt unter 20Hz nur noch rumpeln.

Gruß,
Jan

von Udo K. (udok)


Lesenswert?

Jan K. schrieb:
> Danke für den Tipp!
> Ich glaube das hier eine einfache Lösung eher zum Ziel führt, meine
> Version mit hochohmigen Widerständen ist auch nicht optimal. (weil sie
> je nach Quellwiderstand Störungen von der Versorgung einkoppelt)
> Die OPVs sollen an +-5V, ich habe jetzt ~4V Referenzen (LM4030-4.096)
> eingeplant die eine saubere Stör und Rauscharme Spannung bereitstellen
> für den Bias canceling Spannungsteiler.

Das ist keine einfache Lösung, sondern eine aus dem Internet 
zusammenkopierte Lösung, von viele Leuten mit wenig Ahnung.
Um mit State of the Art MC Vorverstärkern (ca. -141 dBu ungewichtetes 
Rauschen ohne RIAA oder 3.3 Ohm Quellwiderstand) gleichzuziehen müsstest 
du ca. 128 NE5532 parallel schalten - und das für Links und Rechts.  Das 
wird ziemlich mühselig und teuer und braucht viel Strom.
Die +-5 Volt Versorgung würde ich auf mindestens +-15 Volt raufdrehen - 
sonst läufst du bei jedem Kratzer ins Clipping.  Die 4V Referenz könnte 
dir das Rauschen zusammenhauen - ohne das ich es jetzt nachgerechnet 
habe.  Den Eingangskoppelkondensator (ca. 100-300uF) willst du auf jeden 
Fall haben, der schützt dir auch deine Eingangsstufe und den 
Tonabnehmer.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.