Forum: Offtopic Biomass Satellit - was geht denn da ab?


von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Am Mittwoch wurde ja von Arianespace der neue 'Biomass' Satellit der ESA 
gestartet, der mittels 12m Spiegel und bis zu 120W auf dem 70cm Band ein 
Radar für Wälder bereitstellt.
Dabei wird die Sendefrequenz des Radars mit 435Mhz +/- 3Mhz angegeben. 
Und nun heisst es, das Radar muss über Nordamerika und Europa 
abgeschaltet werden, weil es in Konflikt mit 'militärischen 
Einrichtungen' zur Beobachtung von Weltraumschrott stehe.
https://de.wikipedia.org/wiki/Biomass
Da staunt der geneigte Funkamateur, denn erstens gibt es ja das ISM Band 
bei 433,92Mhz und als sekundäre Nutzer ja wir Funkamateure mit 
zahlreichen Relais und anderen Aktivitäten auf dem 70cm Band 430-440Mhz.
Ist das also nur Schikane des US Militärs oder hat das wirklich 
technische Gründe? Weiß da ein informierter User mehr?

: Bearbeitet durch User
von Ralf X. (ralf0815)


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von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Ralf X. schrieb:
> Das ist doch hier gar nicht schlecht beschrieben

Das habe ich schon gelesen, aber da steht nicht, warum das 70cm Band 
problematisch sei, denn wir benutzen es ja im täglichen Gebrauch. Ok, 
der Satellit würde mit seiner Leistung evtl. die Funkamateure 
beeinträchtigen, aber wir stören ja mit unseren Aussendungen auf 70cm 
auch nicht das US Militär.
Die nächste Frage wäre dann, ob die ESA Typen das schon vorher gewusst 
haben. Immerhin kann die ESA damit Europa ja offensichtlich nicht 
scannen - tolle Sache für 500 Mill. Mäuse.

: Bearbeitet durch User
von Hmmm (hmmm)


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Matthias S. schrieb:
> Das habe ich schon gelesen, aber da steht nicht, warum das 70cm Band
> problematisch sei, denn wir benutzen es ja im täglichen Gebrauch.

Problematisch ist nicht das 70cm-Band, sondern dass es dort zwei 
unterschiedliche Radarsysteme gibt.

Das eine sendet mit hoher Leistung und hohem Antennengewinn von der Erde 
in Richtung Weltall und will die Echos von dort auswerten.

Das andere sendet mit hoher Leistung und hohem Antennengewinn aus dem 
Weltall in Richtung Erde und will die Echos von dort auswerten.

Siehst Du jetzt das Problem?

von Udo (grindstone)


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Hmmm schrieb:
> Das eine sendet mit hoher Leistung und hohem Antennengewinn von der Erde
> in Richtung Weltall und will die Echos von dort auswerten.
>
> Das andere sendet mit hoher Leistung und hohem Antennengewinn aus dem
> Weltall in Richtung Erde und will die Echos von dort auswerten.
>
> Siehst Du jetzt das Problem?
Und warum hat man das nicht VOR dem Start berücksichtigt? Mir drängt 
sich da der Verdacht von ein paar "Fachidioten" auf, die ausschließlich 
ihren eigenen Bereich im Blick haben.

von Rene K. (xdraconix)


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Warum sollen die das vorher nicht gewusst haben?! Natürlich haben die 
das gewusst und den Schritt gegangen den Satelliten über diesen gewissen 
Gebieten auszuschalten.

Sowieso hat ein anderer Staat das Recht zu fordern das sein Land nicht 
gescannt wird - machen wir mit chinesischen Satelliten ja auch so, die 
werden über uns ja auch "abgeschaltet". Ich verstehe dein Problem daran 
nicht?! Erkläre es mir mal?

Wenn jemand mit ner Drohne über dein Grundstück fliegt und deinen Garten 
sowie Terrasse abscannt um die Daten dann einem dritten zur Berechnung 
zur Verfügung zu stellen ist das völlig okay für dich?

von Helmut H. (helmuth)


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Udo schrieb:
> Hmmm schrieb:
>> Das eine sendet mit hoher Leistung und hohem Antennengewinn von der Erde
>> in Richtung Weltall und will die Echos von dort auswerten.
>>
>> Das andere sendet mit hoher Leistung und hohem Antennengewinn aus dem
>> Weltall in Richtung Erde und will die Echos von dort auswerten.
>>
>> Siehst Du jetzt das Problem?
> Und warum hat man das nicht VOR dem Start berücksichtigt?

"Um solche Frequenzkonflikte zu lösen, existiert eine Sonderorganisation 
der Vereinten Nationen, die International Telecommunication Union (ITU). 
Die hat dem seit vielen Jahren betriebenen Militärradar Priorität 
gegenüber dem neuen Forschungssatelliten eingeräumt"

https://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/weltraum-biomass-esa-muss-satelliten-abschalten-weil-er-us-militaer-stoert-a-9d4aec6b-71a1-40c6-bab5-d9e5eb24eb15

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Udo schrieb:
>> Siehst Du jetzt das Problem?
> Und warum hat man das nicht VOR dem Start berücksichtigt? Mir drängt
> sich da der Verdacht von ein paar "Fachidioten" auf, die ausschließlich
> ihren eigenen Bereich im Blick haben.

Ja ich sehe das Problem (sonst gäbe es ja diesen Thread nicht), aber 
ebenso wie Udo wundere ich mich, das man das nicht berücksichtigt hat. 
Immerhin ist ein Satellit der ESA ja vor allem dann sinnvoll, wenn er 
auch Europa abtasten kann. Der Spaß kostet uns eine halbe Milliarde 
Euro.
Rene K. schrieb:
> machen wir mit chinesischen Satelliten ja auch so, die
> werden über uns ja auch "abgeschaltet".

Du glaubst an den Osterhasen? Wer sollte kontrollieren oder gar 
einschreiten, wenn der Satellit nicht abgeschaltet wird?

: Bearbeitet durch User
von Lu (oszi45)


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Matthias S. schrieb:
> Du glaubst an den Osterhasen?

Kommt auf die Eier an. Mit dem Radar von oben kann man sicher auch die 
Eier unter den Bäumen oder irgendwelches getarntes Blech besser sehen. 
Das mögen manche nicht, ist meine Vermutung. Außerdem kann Radar schön 
die Empfänger unten zustopfen.

von Marcel V. (mavin)


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Matthias S. schrieb:
> Wer sollte kontrollieren oder gar einschreiten, wenn der Satellit nicht
> abgeschaltet wird?

Wenn der Biomass Satellit über Nordamerika nicht abgeschaltet wird, dann 
stört der die Empfänger des nordamerikanischen Militär und darf dann vom 
Militär einfach abgeknallt werden!

Das ist vertraglich so festgelegt! Da muss man nichts mehr 
kontrollieren. Die Störungen im sensiblen Frequenzbereich spüren diese 
Gebiete ganz automatisch, auch ohne Kontrolle!

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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https://de.wikipedia.org/wiki/Biomass
Vermutlich war das 70cm-Band noch die ruhigste Region im Spektrum. Da 
senden nur ein paar Funkamateure und ISM-Geräte kleiner Sendeleistung.
https://de.wikipedia.org/wiki/ISM-Band
Der Satellit bewegt sich zwischen 634km und 666km über der Erde, da ist 
die Streckendämpfung auch schon günstig, wenn einer nicht gerade mit der 
Antenne nach oben sendet.
Eine 12m-Schüssel, Auflösung 200m pro "Pixel", 50km breiter 
Beobachtungsstreifen. Damit kann man keine einzelnen Bäume sehen, das 
macht nur eine statistische Aussage über den Bewuchs.

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Lu.

Lu schrieb:

> Kommt auf die Eier an. Mit dem Radar von oben kann man sicher auch die
> Eier unter den Bäumen oder irgendwelches getarntes Blech besser sehen.
> Das mögen manche nicht, ist meine Vermutung.

Auch mit abgeschaltetem Radar Sender kann übrigens rein passiv gut 
gelauscht werden...man wird sich also überlegen müssen, welche Systeme 
man stummschaltet, wenn der Satellit über dem Horizont ist.

> Außerdem kann Radar schön
> die Empfänger unten zustopfen.

Das gilt umgekehrt für Sender unten und Empfänger oben aber auch.

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.l02.de

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Marcel V. schrieb:
> Wenn der Biomass Satellit über Nordamerika nicht abgeschaltet wird, dann
> stört der die Empfänger des nordamerikanischen Militär und darf dann vom
> Militär einfach abgeknallt werden!

Es ging dabei aber nicht um Biomass, sondern um chinesische Satelliten, 
die über Europa abgeschaltet werden sollten - daher auch die Frage nach 
dem Osterhasen:
Matthias S. schrieb:
> Rene K. schrieb:
>> machen wir mit chinesischen Satelliten ja auch so, die
>> werden über uns ja auch "abgeschaltet".
>
> Du glaubst an den Osterhasen? Wer sollte kontrollieren oder gar
> einschreiten, wenn der Satellit nicht abgeschaltet wird?

Also bitte den Kontext nicht verwechseln.

von Jens G. (jensig)


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Udo schrieb:
> Und warum hat man das nicht VOR dem Start berücksichtigt? Mir drängt
> sich da der Verdacht von ein paar "Fachidioten" auf, die ausschließlich
> ihren eigenen Bereich im Blick haben.

Steht doch in dem Wiki-Artikel drin, dass diese Frequenz "besonders 
empfindlich" für diesen Zweck ist. Wenn diese Frequenz bzw. -bereich 
bereits für andere Dienste gedacht ist, und man hat keine sinnvolle 
Alternative, dann muss man eben Abstriche machen.

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Jens G.

Jens G. schrieb:

> Steht doch in dem Wiki-Artikel drin, dass diese Frequenz "besonders
> empfindlich" für diesen Zweck ist. Wenn diese Frequenz bzw. -bereich
> bereits für andere Dienste gedacht ist, und man hat keine sinnvolle
> Alternative, dann muss man eben Abstriche machen.

Für die USA und Europa existieren schon gute Kataster *). Das ist aber 
in weiten Bereichen der Erde nicht der Fall.
In den USA und Europa stehen aber die meisten einschlägigen 
Radarsysteme, und somit kann man es sich dort eher leisten, "Mut zur 
Lücke" zu haben.

Eine Alternative könnte es aber sein, die Radare zu synchronisieren, so 
dass zumindest Zwei den anderen Puls immer dann bekommen, wenn sie 
selber Senden.
Natürlich können sich auch die Echos noch ins Gehege kommen, und bei 
Dauerstrich oder gechirpten Signalen können die noch weiter 
durcheinanderlaufen. Und bei mehr als zwei Stationen wird auch die 
Laufzeit erschweren, eine gemeinsame Synchronisation zu finden.

Eine weitere Alternative könnte ein verkämmter Betrieb sein. z.B. in den 
geraden Minuten Radar vom Boden nach Oben, in den ungeraden vom Weltall 
nach unten.
Führt aber bei der Weltraumseite zu mehr Zeitbedarf insgesammt, 
insbesondere weil man eventuell mehr Überflüge für das gleiche Ergebnis 
braucht, und umgekehrt vom Boden nach oben könnte es Lücken in der 
Überwachung bedeuten.

Mal abgesehen davon das die Anlagen das auch können müssen, was aber 
vermutlich bei den bodeninstallierten Systemen so automatisch nicht der 
Fall ist, weil bei ihrer Errichtung das Problem noch nicht existierte 
bzw. es ökonomisch nicht machbar wäre, die ganzen Anlagen für diesen 
Spezialfall auszurüsten.

 *) Speziell für Deutschland z.B. https://www.d-copernicus.de/

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.l02.de

: Bearbeitet durch User
von Martin L. (makersting)


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Bernd W. schrieb:
> Für die USA und Europa existieren schon gute Kataster *).

Gerade deswegen ließen sich mit den vorhandenen Daten systematische 
Fehler in den Satellitenmessungen minimieren, stelle ich mir vor.

von Matthias B. (turboholics)


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Rene K. schrieb:
> Wenn jemand mit ner Drohne über dein Grundstück fliegt und deinen Garten
> sowie Terrasse abscannt um die Daten dann einem dritten zur Berechnung
> zur Verfügung zu stellen ist das völlig okay für dich?

Genau das hat die Gemeinde bei uns machen lassen, um versiegelte Flächen 
berechnen zu können. Zwecks Berechnung Abwassergebühren.

VG

von Martin L. (makersting)


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Was mir noch einfällt: Keine Beschwerden zB auch Jp, China u. Rusl.. Mir 
einscheint unglaubwürdig, dass die nicht gleichwertig betroffen sind.

Und was ist das funktechnische Problem. In Ausführungen hier wir 
angedeutet, ein Radar stört einen anderen Radar beim Anstrahlen. Wie 
funktioniert das bspw. bei der Schiffahrt?

Etgo: Die Begründung für das Auslassen weiter Erdteile ist mir 
unplausibel.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Ich hatte ja gefragt, ob da jemand mehr weiss, was anscheinend nicht der 
Fall ist, denn Wikipedia Artikel kann ich ja auch selber lesen.
Das einzige, was ich zur Weltraumschrott Überwachung auf 70cm gefunden 
habe, ist eine Anlage in Großbritannien, die auf 443Mhz läuft, alle 
anderen sind im 10+ Ghz Bereich angesiedelt, was zur Erkennung kleineren 
Schrotts ja auch sinnvoll ist.
https://en.wikipedia.org/wiki/United_States_Space_Surveillance_Network

Marcel V. schrieb:
> dann
> stört der die Empfänger des nordamerikanischen Militär und darf dann vom
> Militär einfach abgeknallt werden!

Auja, abknallen triggert uns, oder? Das dabei noch mehr Weltraumschrott 
entsteht und das wir uns deswegen über die Chinesen so aufgeregt haben, 
ist dabei zweitrangig.

: Bearbeitet durch User
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