Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik China-Netzteil A15W bei AliExpress


von Michael B. (auchduliebergott)


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Es handelt sich um ein Linear geregeltes Netzteil mit dem LowDrop-Regler 
LT1085.
Der Ausgang ist belastbar mit 12V / 1 A (nicht 1,25 A, siehe unten)

Bestelltext: bei AliExpress:
A15W HIFI LT1085 LPS 15VA Lineares Netzteil DC 5V/6V/9V/12V/15V/18V/24V

Dieses Gerät wird als HighEnd-Netzteil mit störungsfreier 
Ausgangsspannung beworben und kostet ca. 32 €. Die bestellbaren 
Spannungswerte liegen zwischen 5V und 24V.
Das Gerät kommt in einem soliden Alu-Gehäuse mit einer 5 mm dicken 
Alu-Frontplatte (letzteres ist überflüssiges HighEnd-Design, aber zu 
diesem Preis ...)

Die Schaltung habe ich (ohne Anspruch auf Richtigkeit) aufgenommen 
(Anlage) und es handelt sich um ein ganz normales lineares Netzteil mit 
entstörten Gleichrichter-Dioden.
Bei einer 12V-Ausführung wurde ein Einstellpoti mit 10 K eingesetzt, was 
viel zu hoch ist, denn 1 K reicht für 12V völlig aus. Das funktioniert 
zwar auch mit 10K, aber die Einstellgenauigkeit wird unnötigerweise 
reduziert.

Das Gerät kommt mit einer Anleitung in deutscher und englischer Sprache.
Wie so oft bei automatisch übersetzten Texten, ist die Anleitung zum 
Teil unverständlich und auch völlig falsch. Es wird ein Dauerstrom von 4 
A angegeben, was bei einem 15W -Netzteil mit 12V natürlich völlig 
unmöglich ist.

Im Gerät ist unverständlicherweise eine 1,5A-Sicherung eingesetzt 
worden, wodurch der Betrieb unsicher wird. Ein Versuch bei 1,25 A 
Nennstrom (15W / 12V = 1,25A) führte zur Zerstörung der Primärwicklung 
des Trafos. Dass die 1,5A-Sicherung nicht vorher anspricht ist kein 
Wunder, denn richtig wäre eine träge Sicherung von ca. 100 mA.

Ansonsten sieht die Platine und das Layout ordentlich aus, auch wenn es 
infolge der Lackierung der Leiterplatte nicht möglich ist, die Abstände 
zwischen Hoch- und  Niederspannung nachzuprüfen.

Macht man den Hersteller auf die Fehler in der Bedienungsanleitung und 
Sicherung aufmerksam, erfolgt leider keinerlei Reaktion.

Scheinbar ein Einzelfall: Ein Gerät, welches ich bestellt habe, hatte 
den Fehler, dass der LT1085 zwar mit einer Isolationsschicht auf dem 
Gehäuse montiert war, aber man hatte vergessen, die 
Kunststoff-Isolierung bei der Schraubenbefestigung des Reglers zu 
montieren. Somit war die Kühlfahne des Reglers nicht gegenüber dem 
Gehäuse isoliert. Auch dieser Hinweis an den Hersteller blieb völlig 
unkommentiert.

Die verschiedenen Spannungen, die man bestellen kann, werden durch die 
entsprechende Bestückung mit einem geeigneten Trafo realisiert. Das 
12V-Netzteil wird z.B. mit einem Trafo 2 x 15V, die parallel geschaltet 
sind, geliefert.

 Empfehlung:
1. Wer ein solches Gerät kauft, sollte die Bedienungsanleitung sofort 
entsorgen.
2. Die Sicherung muss auf jeden Fall auf ihren Wert überprüft werden und 
sie muss ggf. gegen eine ca. 100mA-Sicherung T ausgetauscht werden.
3. Es muss geprüft werden, ob die Kühlfahne des Reglers wirklich 
gegenüber dem Gehäuse isoliert ist.

Ansonsten hat man mit dem Gerät nach der Revision ein gutes und auch 
preiswertes Linear-Netzteil. Das Gerät ist jedenfalls wesentlich 
günstiger, als die abenteuerlich teuren "HighEnd"-Netzteile aus der 
HiFi-Szene...

von Arno R. (arnor)


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Michael B. schrieb:
> Ein Versuch bei 1,25 A
> Nennstrom (15W / 12V = 1,25A) führte zur Zerstörung der Primärwicklung
> des Trafos.

Der Trafo ist nur für 220V~ ausgelegt, sowas würde ich nicht kaufen, da 
hier die Spannung immer deutlich über 230V~ liegt. Damit steigt der 
Magnetisierstrom stark an und die Primärwicklung wird überlastet. Es ist 
wohl die Thermosicherung (130°) gekommen.

von Hannes J. (Firma: _⌨_) (pnuebergang)


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Michael B. schrieb:
> Es handelt sich um ein Linear geregeltes Netzteil mit dem LowDrop-Regler
> LT1085.

Low Dropout. Allerdings ist das bei der Beschaltung nicht relevant. Du 
hast 21V am Eingang gemessen bei 12V Ausgang. Das ist weit von der 1V 
Dropout-Differenzspannung entfernt.

Die Schaltung könnte man auch mit einem LM317 bauen. Im Prinzip ist es 
die Schaltung aus dem Datenblatt.

> Bestelltext: bei AliExpress:
> A15W HIFI LT1085 LPS 15VA Lineares Netzteil DC 5V/6V/9V/12V/15V/18V/24V

Du kannst hier ruhig einen Link rein stellen. Zum Beispiel
https://de.aliexpress.com/item/1005006666853966.html
https://de.aliexpress.com/item/1005006778559485.html

Nach den Bildern zu urteilen würde ich dem Netzschalter nicht ohne 
weiteres trauen.

> Dieses Gerät wird als HighEnd-Netzteil mit störungsfreier
> Ausgangsspannung beworben und kostet ca. 32 €.

Na ja. "HiFi" und so ... Die Zielgruppe dürfte nach Aussehen kaufen und 
den Innereien des Netzgerätes magische Kräfte zuschreiben, steht ja HiFI 
drauf.

> Macht man den Hersteller auf die Fehler in der Bedienungsanleitung und
> Sicherung aufmerksam, erfolgt leider keinerlei Reaktion.

> Auch dieser Hinweis an den Hersteller blieb völlig
> unkommentiert.

Im Englischen würde man milde lächelnd und "Oh you sweet summer child" 
sagen.

> 1. Wer ein solches Gerät kauft, sollte die Bedienungsanleitung sofort
> entsorgen.

Sofort? Was passiert wenn nicht?

von Arno R. (arnor)


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Arno R. schrieb:
> Der Trafo ist nur für 220V~ ausgelegt, sowas würde ich nicht kaufen, da
> hier die Spannung immer deutlich über 230V~ liegt. Damit steigt der
> Magnetisierstrom stark an und die Primärwicklung wird überlastet.

Das ist wohl auch den Chinesen schon aufgefallen, denn es gibt solche 
Kisten wahlweise für 220V~ oder 230V~:
https://de.aliexpress.com/item/32632029226.html?

von Michael B. (auchduliebergott)


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Hallo Hannes J.,
die Spannung von 21V ergibt sich bei unbelasteten Ausgang! Sie senkt 
sich deutlich in Abhängigkeit von der Last.

"Sofort" entsorgen meint hier: Bloß nicht lesen!

Der Netzschalter sollte in der Tat einmal näher untersucht werden....

von Michael B. (auchduliebergott)


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Hallo Arno R.,

in der Tat! Das ist mir noch nicht aufgefallen!
Hier werden wohl die alten 220V-Trafos verscherbelt.
Da wäre ja mal interessant, nachzumessen, welche Verlustleistung das 
Gerät im Leerlauf bei 230 V hat...

von Thomas F. (tommf)


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Lassen sich die folgenden Punkte aus der Beschreibung von 
https://de.aliexpress.com/item/32632029226.html eigentlich am realen 
Gerät nachvollziehen?
1
Detaillierte Steuerung:Integrierte Digital-Spannungsschaltung für präzise Spannungsanpassungen.
2
3
Flexible Ausgangsspannungen:Auswahl zwischen 5V bis 24V für versatile Anwendungen in der Home-Audio.
Kann da tatsächlich die Ausgangsspannung ohne Wechseln von Widerständen 
geändert werden? Eigentlich müsste dafür auch der Trafo wegen der dann 
nicht passenden Eingangsspannung gewechselt werden oder man muss mit 
einer u.U. wesentlich geringeren zulässigen Ausgangsleistung leben.

von Michael B. (auchduliebergott)


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Hallo Thomas F.,

von einer digitalen Einstellung kann natürlich überhaupt keine Rede 
sein.

Die Aussage "Flexible Ausgangsspannungen: Auswahl zwischen 5V bis 24V 
für versatile Anwendungen in der Home-Audio" ist nicht ganz falsch, denn 
man kann aus diesen unterschiedlichen Spannungswerten "auswählen".

Selbstverständlich werden bei gleicher Schaltung für die verschiedenen 
Spannungen verschiedene Trafos bestückt.

von Johannes F. (jofe)


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Michael B. schrieb:
> Hier werden wohl die alten 220V-Trafos verscherbelt.

Nö. Die Netzspannung in China ist 220 V.

von Markus W. (naggusm)


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Der arme LDO... ich kann auf den Bildern keine relevant große Heatsink 
sehen. Das sind rund 9V bei 1A was der wegdrücken muss...

von Michael B. (auchduliebergott)


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Hallo Markus,

doch, das gesamte Alu-Gehäuse ist der Kühlkörper. Der LT1085 ist auf dem 
Gehäuse montiert... Die Kühlung ist m.E. OK!

von Michael B. (auchduliebergott)


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Hallo Johannes,

das war mir bislang unbekannt und erklärt einiges....

von Ralf X. (ralf0815)


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Michael B. schrieb:
> Hallo Johannes,
>
> das war mir bislang unbekannt und erklärt einiges....

Einfach mal hier schauen, was alles auf der Weltkarte hellblau 
eingefärbt ist:

https://de.wikipedia.org/wiki/Netzspannung#/media/Datei:World_Map_of_Mains_Voltages_and_Frequencies,_Detailed.svg

von Michael B. (laberkopp)


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Michael B. schrieb:
> Ansonsten hat man mit dem Gerät nach der Revision ein gutes und auch
> preiswertes Linear-Netzteil

Nur halt seit 2020 nicht EU konform.

Lassen wir ChatGPT kurz aus der Richtlinie zitieren:

Die EU-Vorschriften für Steckernetzteile (externes Netzteil, auch 
"External Power Supplies" – EPS genannt) bezüglich Leerlaufstromaufnahme 
und Wirkungsgrad unter Nennlast sind in der Verordnung (EU) 2019/1782 
geregelt. Diese trat am 1. April 2020 in Kraft und ersetzt die frühere 
Verordnung (EG) Nr. 278/2009.

Wichtige Anforderungen laut Verordnung (EU) 2019/1782:

1. Leerlaufstromaufnahme (No-load Power Consumption):

Für Leistung ≤ 49 W:
< 0,10 Watt

Für Leistung > 49 W:
< 0,21 Watt


2. Mindestwirkungsgrad unter Nennlast (Average Active Efficiency):

Die Mindestwirkungsgrade variieren je nach Nennausgangsleistung. Die 
Formel zur Berechnung des Mindestwirkungsgrads lautet:

> Mindestwirkungsgrad = 0,071 × ln(P) + 0,67,
wobei P die Nennausgangsleistung in Watt ist und ln der natürliche 
Logarithmus.



Beispiel für 10-Watt-Netzteil:
0,071 × ln(10) + 0,67 ≈ 0,071 × 2,3026 + 0,67 ≈ 0,83 bzw. 83 %

Zusätzliche Anforderungen:

Gilt für alle externen Netzteile, die in der EU verkauft oder in Verkehr 
gebracht werden.

CE-Kennzeichnung muss vorliegen (Erfüllung der Ökodesign-Richtlinie 
2009/125/EG).


Daher gibt es keine linear geregelten Netzteile mehr, zumindest keine 
legalen.

von Armin X. (werweiswas)


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Michael B. schrieb:
> Im Gerät ist unverständlicherweise eine 1,5A-Sicherung eingesetzt
> worden, wodurch der Betrieb unsicher wird. Ein Versuch bei 1,25 A
> Nennstrom (15W / 12V = 1,25A) führte zur Zerstörung der Primärwicklung
> des Trafos. Dass die 1,5A-Sicherung nicht vorher anspricht ist kein
> Wunder, denn richtig wäre eine träge Sicherung von ca. 100 mA.

So eine primärseitige Sicherung schützt NIEMALS das angeschlossene Gerät 
bzw den im Gerät verbauten Trafo(gegen Überlastung).
Die schützt lediglich davor, dass so ein spektakulär hochgeht.

: Bearbeitet durch User
von Thorsten M. (pappkamerad)


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Johannes F. schrieb:
> Michael B. schrieb:
>> Hier werden wohl die alten 220V-Trafos verscherbelt.
>
> Nö. Die Netzspannung in China ist 220 V.

Wobei das nur der Nennwert ist, die Grenzen sind asymetrisch nach oben 
verschoben, mit unseren 230V kompatibel.

von Karl B. (gustav)


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Ein C13 Gerätesteckverbinder. Wo ist da PE angeschlossen?
PE-Verbindung zum Metallgehäuse fehlt.
https://de.aliexpress.com/item/32632029226.html
Es wird SK I vorgespiegelt.
Es müsste dann zumindest eine Steckverbindung C17 sein und dann SK II.

Armin X. schrieb:
> So eine primärseitige Sicherung schützt NIEMALS das angeschlossene Gerät
> bzw den im Gerät verbauten Trafo(gegen Überlastung).

Da ich gerade Trafo wickle:
Leerlauf 32 mA Vollast 80 mA primär.
Dann Kurzschluss sekundär bei 2,5 V  5A
Und auf der Wicklung mit 0,05 CuL für 24V  mithin noch 400 mA im 
Kurzschlussfalle.
Letztere Wicklung kurzgeschlossen löste mir eine Primärsicherung von 
0,063 A T nicht aus.
Es dauert etwa 20 Minuten, bis "magic smoke" kommt.
Fazit:
Auch Sekundärwicklungen sollten jede für sich passend abgesichert 
werden.

ciao
gustav

: Bearbeitet durch User
von Michael B. (laberkopp)


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Karl B. schrieb:
> Fazit:
> Auch Sekundärwicklungen sollten jede für sich passend abgesichert
> werden.

Ja, wenn der Trafo mehrere hat, die einzel nicht zum Auslösen ser 
Primärsicherung reichen. So die deutsche Lehrmeinung, aus dem deutschen 
Reich.

ABER: Ein Trafo stirbt nicht an Überstrom, sondern thermischer 
Überlastung. Daher sind Sicherungen fehl am Platz, man sollte eine 
Temperatursicherung einweben. Das wissen Japaner.


Wenn deren Temperatur oberhalb der verträglichen Trafoinnentemperatur 
liegt als Sicherung, wenn man Überlastfestigkeit wie in Spielzeugtrafos 
will deutlich geringerer Temperatur selbstrückstellend, daher der Trafo 
auch deutlich dicker ausgelegt.

von Karl B. (gustav)


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Michael B. schrieb:
> Daher sind Sicherungen fehl am Platz, man sollte eine
> Temperatursicherung einweben.

Bis die angesprochen hat, ist die oben genannte Wicklung mit 250 
Windungen 0,05 CuL schon abgeraucht.
Natürlich kommt noch so eine 115°C Thermosicherung extra für Trafos mit 
rein. Das dürfte doch klar sein.
Der Kern wird bei meinem Bastelobjekt so etwa 45 °C warm.
Eine Thermosicherung auf den Kern zu kleben ist also witzlos.
Die gehört in die Wickelkammer rein.

ciao
gustav

von Michael B. (laberkopp)


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Karl B. schrieb:
> Bis die angesprochen hat, ist die oben genannte Wicklung mit 250
> Windungen 0,05 CuL schon abgeraucht

Entscheidend ist, DASS sie anspricht bevor das Haus abraucht in dem das 
Gerät steht, und das tut sie. Sie ist ja auch eine Sicherung, nach 
Ansprechen defekt, der Trafo wird ausgetauscht, weil der auch defekt 
ist.

Anders wenn es eine rückstellende Sicherung aka Thermostat ist, die muss 
so rechtzeitig ansprechen dass der Trafo nicht kaputt geht.

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