Forum: Haus & Smart Home Kann ein Balkonkraftwerk den FI außer Kraft setzen?


von Robert S. (efyzz)


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Moin,

mein Balkonkraftwerk liefert 600 W und dies entspricht auch ziemlich 
genau meinem Verbrauch. Es kommt also bei voller Mittagssonne durchaus 
häufig vor, dass der Stromzähler ziemlich genau 0 W anzeigt.

Mein FI sitzt direkt hinter dem Stromzähler (genau: Stromzähler -> 
Hauptschalter -> FI -> Hauptsicherung -> Verteilung auf 
Sicherungsautomaten). Wenn nun also kein Strom mehr aus dem Netz gezogen 
wird und somit auch kein Strom über den FI fließt, kann dieser im 
Fehlerfall doch nicht auslösen, richtig?

Besser wäre also, das BKW vor dem FI anzuschließen oder? Dann müsste man 
den FI natürlich auch hinter die Hauptsicherung setzen (die aktuelle 
Reihenfolge halte ich sowieso für fragwürdig). Und das BKW braucht 
natürlich einen eigenen Sicherungsautomat.

Seht ihr das auch so? Danke schon mal für die Antworten!

von Michael B. (laberkopp)


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Robert S. schrieb:
> Seht ihr das auch so?

Nein.

Ein BKW kann den FI ausser Kraft setzen, indem seine Ausgangsstufe durch 
einen Fehler nur DC liefert oder zieht. Daher bräuchte man einen FI Typ 
B.

Aber in der Installation fliessenden Fehlerstrom (also Strom von Phase 
nach Erde statt Null) kann es nicht ausgleichen, ein Fehlerstrom käme 
also immer aus dem Netz und würde entdeckt werden, ebenso wie der FI 
funktioniert wenn im Haus GAR KEIN Verbraucher an wäre.

von Hannes (taurus16)


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Robert S. schrieb:
> Moin,
>
> mein Balkonkraftwerk liefert 600 W und dies entspricht auch ziemlich
> genau meinem Verbrauch. Es kommt also bei voller Mittagssonne durchaus
> häufig vor, dass der Stromzähler ziemlich genau 0 W anzeigt.
>
> Mein FI sitzt direkt hinter dem Stromzähler (genau: Stromzähler ->
> Hauptschalter -> FI -> Hauptsicherung -> Verteilung auf
> Sicherungsautomaten). Wenn nun also kein Strom mehr aus dem Netz gezogen
> wird und somit auch kein Strom über den FI fließt, kann dieser im
> Fehlerfall doch nicht auslösen, richtig?
>
> Besser wäre also, das BKW vor dem FI anzuschließen oder? Dann müsste man
> den FI natürlich auch hinter die Hauptsicherung setzen (die aktuelle
> Reihenfolge halte ich sowieso für fragwürdig). Und das BKW braucht
> natürlich einen eigenen Sicherungsautomat.
>
> Seht ihr das auch so? Danke schon mal für die Antworten!

Nö, dein BKW ist ja erstmal beidseitig isoliert. Die Verbindung N zu 
Erde geschieht ja weiterhin auf der Netzseite vom RCD. Wenn du jetzt 
einen geschallert bekommst, geht es gesprochen so: L -> Körper -> Boden 
-> Erdungsschiene -> PEN Verbindung -> N auf dem RCD -> N Solarmodul.

Der RCD macht auch auf, wenn bei L kein Strom fliesst aber am N.

Mit dem BKW umgehst du nur deinen Leitungsschutz. Da kannst du freudig 
an der Steckdose im Stromkreis den Strom vom LS Schalter + BKW ziehen. 
Unschön für die Leitung.

von Teo D. (teoderix)


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Robert S. schrieb:
> somit auch kein Strom über den FI fließt, kann dieser im
> Fehlerfall doch nicht auslösen, richtig?

Richtig, deshalb müssen Anlagen seit 2012 einen NA-Schutz aufweisen. 
Dieser soll aber nicht zu 100% zuverlässig sein, daher ist eine FI nur 
für die PV-Anlage ratsam.

https://www.vattenfall.de/infowelt-energie/solar/balkonkraftwerk-sicherheit

von Marek N. (db1bmn)



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Die Frage ist durchaus berechtigt.
Folgendes Szenario aus dem Anhang ist denkbar: Die Anbindung über N und 
PE bzw. Boden zum FI-Schalter ist viel hochomiger, als zum Gehäuse des 
Wechselrichters.
So ergibt sich ein Stromteiler, der bewirkt, dass der Körperstrom höher 
sein kann, als der Auslösestrom des FIs.
Zumindest mein Hoymiles HM-1200 hat explizit ein "Schutzerde"-Symbol an 
seinem Montagebügel. Ich habe aber noch nicht gemessen, ob das Gehäuse 
tatsächlich eine Verbindung zum Schutzleiter-Anschluss des Netzkabels 
hat.

Teo D. schrieb:
> daher ist eine FI nur
> für die PV-Anlage ratsam.

Das sowieso, sonst steht man eines Abends im Dunkeln unter der Dusche, 
weil die Anschlussbox des Wechselrichters abgesoffen ist. - Fragt bitte 
nicht, wer und warum keine Entwässerungsbohrungen in die Kabelbox 
gehohrt hat ;-)

von Lu (oszi45)


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von Roger (roger66)


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Grundsätzlich speist der WR ja nur ein, so lange das Netz mit passenden 
Parametern für Spannung und Frequenz anliegt. Fällt das Netz weg, greift 
sofort der NA-Schutz des WR und schaltet die Ausgangsspannung ab.

Detektiert der vorgelagerte FI einen Fehlerstrom und schaltet ab (dazu 
muss nicht zwingend Leistung aus dem Netz bezogen werden), dann greift 
auch hier der NA-Schutz des WR und schaltet den Ausgang ab.

Bei YT hat jemand mal die Abschaltzeiten des FI + WR dabei gemessen, das 
lag noch unter 200ms, wenn ich mich recht erinnere.

Der FI macht also vor dem BKW absolut Sinn. Als Schutzklasse I Gerät ist 
der PE der Zuleitung mit dem Gehäuse des WR verbunden. Man kann das mit 
der externen PE-Klemme noch weiter vermaschen, das ist aber bei einem 
BKW i.d.R. nicht notwendig.

Da das BKW über eine Außensteckdose läuft, ist hier immer die Gefahr 
eines Feuchtigkeits- oder Kondenswassereintritts in die Steckdose 
gegeben. Auch spitzwassergeschützte Steckdosen sind nicht richtig 
geschützt, so lange ein Schuko darin steckt und der Deckel offen steht. 
Schon deshalb sollte nicht die ganze Wohnung oder das Haus über einen 
einzigen FI laufen. Sonst kommt man aus dem Urlaub und der Kühlschrank 
begrüßt einen schon an der Wohnungstür. Idealerweise läuft die 
Außensteckdose über einen separaten FI, zumindest aber nicht über den 
gleichen wie der Kühlschrank. Dann steht man im Fall des Falles auch 
nicht plötzlich in einer komplett dunklen Wohnung. Aufteilung auf 
mehrere FIs ist deshalb auch normativ für Neuinstallationen gefordert.

von Chris V. (nagut)


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Marek N. schrieb:
> Die Frage ist durchaus berechtigt.
> Folgendes Szenario aus dem Anhang

Schöne Skizze! :-)


Marek N. schrieb:
> Die Anbindung über N und
> PE bzw. Boden zum FI-Schalter ist viel hochomiger, als zum Gehäuse des
> Wechselrichters.
> So ergibt sich ein Stromteiler, der bewirkt, dass der Körperstrom höher
> sein kann, als der Auslösestrom des FIs.

Das wäre nur dann möglich, wenn der gezeichnete Wechselrichter intern 
praktisch auch einen kombinierten PE und N benutzen würde. Das dürfte 
eher nicht der Fall sein.

Ein vom Wechselrichter getriebener Fehlerstrom muss also immer über 
dessen L und N Klemmen fließen, daher ist nur der von Dir rot 
eingezeichnete Fehlerstrom möglich.

: Bearbeitet durch User
von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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Robert S. schrieb:
> Seht ihr das auch so?

Leider gibt es einen Fall, da wird der FI im Fehlerfall übergangen, weil 
sich beide Fehlerstroeme addierend aufheben. Den Fehlerfall erkennen 
aber die aktuellen Wechselrichter und schalten ab. Nachdem dies erfolgt 
ist, loest auch der FI aus. Die gesammte Abschaltungszeit verlaengert 
sich auf die Summe beider Reaktionszeiten.

von Marek N. (db1bmn)


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Danke!

Chris V. schrieb:
> Das wäre nur dann möglich, wenn der gezeichnete Wechselrichter intern
> praktisch auch einen kombinierten PE und N benutzen würde. Das dürfte
> eher nicht der Fall sein.

Klar, gerade bei einem umpolarisierten Schuko-Stecker dürfen die beiden 
stromführenden Adern der Netzzuleitung nicht direkt mit dem Chassis 
verbunden sein.

Aber die Y-Kondensatoren im Wechselrichter lassen ja auch einen gewissen 
Ableitstrom durch, der aber geringer ist (typischerweise < 2 mA), als 
der Auslösestrom eines FIs.

Jetzt müsste man sich überlegen, wie sich die Ströme aufteilen, wenn 
z.B. einer der Y-Kondensatoren durchschlägt und den PE Richtung N zieht.

von Rolf (rolf22)


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Marek N. schrieb:
> So ergibt sich ein Stromteiler, der bewirkt, dass der Körperstrom höher
> sein kann, als der Auslösestrom des FIs.

Der in der Zeichnung blaue Stromweg verbindet innerhalb des 
Wechselrichters dessen L-Anschluss mit dessen Gehäuse.
Diesen Weg gibt es bei einem nicht-defekten WR aber im Prinzip gar 
nicht, er kann höchstens durch einen defekten/mangelhaften 
Entstörkondensator (Störschutz) im WR gebildet werden. Das aber hätte 
null Komma nichts mit PV, WR, Einspeisung usw. zu tun: Solche 
Kondensatoren gibt es auch in normalen Verbrauchern.

von Oliver R. (orb)


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Marek N. schrieb:
> wenn  z.B. einer der Y-Kondensatoren durchschlägt und den PE Richtung
> N zieht.

Darum nimmt man Y-Kondensatoren und keine normalen, die schlagen 
konstruktionsbedingt nicht so durch, daß sie einen Kurzschluss bilden.
Da hat schon jemand mitgedacht.

von Robert S. (efyzz)


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Vielen Dank für die zahlreichen Antworten! Meine Frage ist eigentlich 
hierdurch beantwortet:

Hannes schrieb:
> Wenn du jetzt einen geschallert bekommst, geht es gesprochen so: L ->
> Körper -> Boden -> Erdungsschiene -> PEN Verbindung -> N auf dem RCD ->
> N Solarmodul.

Also nochmals vielen Dank!

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