Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Kurzzeitige Überschreitung von Vds


von Alfons H. (alfonshans)


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Hallo,
ich habe hier eine Schaltung bei der hohe Ströme (ca 120A) auf einer 
kleinen Leiterplatte geschaltet werden. Im Umschaltmoment entstehen in 
bestimmten Situationen Spannungspeaks am High side Fet (N-Kanal 30V) die 
gemessen mit dem Oszi 31V-32V betragen. Dies aber nur sporadisch in 
bestimmten Lastfällen, maximal alle 10sec. Die Dauer der Spannung über 
30V sind maximal 20-50ns.

Ich sehe keinen Durchbruch im Avalanche Bereich.

Ich habe schon viel getan diesen Peak zu verkleinern. Gateströme, 
Snubber usw. Aber jetzt bin ich an dem Punkt an dem ich entscheiden muss 
ob das auf Dauer so funktioniert oder nicht.

Wenn ich PDF von Transistorherstellern lese gehen die dort immer auf die 
umgesetzte Energie ein. Ich glaube nicht dass dies ein Problem ist, da 
ich nicht glaube dass hier überhaupt signifikant  Strom durch den 
Transistor fließt (kein 2. Durchbruch).

Kann man in diesem Fall also sagen, dass solche kurzen 
Spannungsüberhöhungen am Mosfet toleriert werden können?

von Gunnar F. (gufi36)


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Alfons H. schrieb:
> Kann man in diesem Fall also sagen, dass solche kurzen
> Spannungsüberhöhungen am Mosfet toleriert werden können?

mit Sicherheit meistens!

von Michael B. (laberkopp)


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Alfons H. schrieb:
> Kann man in diesem Fall also sagen, dass solche kurzen
> Spannungsüberhöhungen am Mosfet toleriert werden können?

Jein.

Nicht wegen der Zeit, 1ns reicht schon.

Aber wegen der Höhe.

Wenn der MOSFET 30V laut Datenblatt aushält, darf er zwar bei 30.1V 
kaputt gehen ohne dass du dich beschweren kannst, aber der MOSFET kann 
sein Datenblatt nicht lesen. Er geht ja wegen physikalischer Effekte 
kaputt und die liegen weit genug über 30V, dass der Hersteller 30V 
garantieren kann. 10% mehr wird der MOSFET schon aushalten, sonst wäre 
er ja besser als manche selektierte Z-Diode. Aber bei 20% wurde ich 
beginnen mit Ausfällen zu rechnen. Ich hoffe also  du hast gut genug 
gemessen und es geht wirklich nie nie über 32V.

Ich konstruiere immer so, das die Messung unterhalb der Datenblatt 
Grenze liegt und wähle ggf. einen anderen MOSFET. Dann kann Messfehler 
oder Fertigungstoleranz immer noch mal 10% drüber gehen.

von Uwe (uhi)


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Was passiert wenn er die Avalance-Spannung erreicht? Nach meinem 
Verständnis: Es entsteht Verlustleistung U * I, und über die Zeit eine 
Energie. Kaputt geht der nur, wenn diese Energie groß genug ist, das 
könnte im Datenblatt stehn.
Mein Verständnis: Unterhalb der Avalance-Spannung ist ganz normaler 
Betrieb.

von Alfons H. (alfonshans)


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Hi,

ich habe bisher auch so argumentiert.

Aber wenn ich lese, dass sogar im Datenblatt die Avalanche Energie 
spezifiert ist und der Durchbruch laut verschiedenen Papers der 
Hersteller erst bei weit höheren Spannungen auftritt kann eine 
Überschreitung von 10% eigentlich kein Problem darstellen. So war 
zumindest meine Hoffnung

von Falk B. (falk)


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Alfons H. schrieb:
> Aber wenn ich lese, dass sogar im Datenblatt die Avalanche Energie
> spezifiert ist

Schon mal gut.

> und der Durchbruch laut verschiedenen Papers der
> Hersteller erst bei weit höheren Spannungen auftritt

Naja, was heißt das konkret? Viel mehr als 20-30% hält kein normaler 
MOSFET aus. Darauf dimensionieren sollte man so oder so nicht. Und wenn 
doch, geht das zu 200% auf die eigene Verantwortung.

> kann eine
> Überschreitung von 10% eigentlich kein Problem darstellen. So war
> zumindest meine Hoffnung

Das ist praktisch meistens so, aber die Juristen werden das anders 
sehen.
Es bleibt vor allem die Frage, ob deine Messung korrekt ist. Denn da 
kann man auch mal GANZ fix Fahrkarten messen.

von Alfons H. (alfonshans)


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Hi,

Falk B. schrieb:
> Es bleibt vor allem die Frage, ob deine Messung korrekt ist. Denn da
> kann man auch mal GANZ fix Fahrkarten messen.

Das ist mir klar. Ich habe diese Spannung mit einem Differenztastkopf 
direkt am Transistor gemessen. Wobei das Fehlmessen auch in die andere 
Richtung sein kann. Also die Spannung eigentlich gar nicht so hoch ist. 
Ein Fehler in der Messung ist bei diesen Frequenzen und Strömen schnell 
mal gemacht.

Aber zusammenfassend kann man sagen, dass der Mosfet nicht geschädigt 
wird wenn man unterhalb des Avalangedurchbruchs bleibt. Kommt man doch 
in den Durchbruch kommt es auf die Energie an, die auf dem Diy umgesetzt 
wird.

von Alfons H. (alfonshans)


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Hier noch ein Ausschnitt von OnSemi.

Die Durchbruchsspannung nimmt mit der Temperatur zu. Zudem ist der 
Durchbruch nicht wirklich linear und zeigt hier dann ein 
Widerstandsverhalten. Um also in den Bereich zu kommen ab dem der Mosfet 
wirklich geschädigt wird, muss die Spannung schon ziemlich hoch über die 
Schwelle gehen.

von Jens G. (jensig)


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Alfons H. schrieb:
> bestimmten Situationen Spannungspeaks am High side Fet (N-Kanal 30V) die
> gemessen mit dem Oszi 31V-32V betragen. Dies aber nur sporadisch in
> bestimmten Lastfällen, maximal alle 10sec. Die Dauer der Spannung über
> 30V sind maximal 20-50ns.

Da wäre schonmal die erste Frage, wie und wo Du die >30V gemessen hast. 
"Spannungspeaks am High side Fet" kann ja nun alles bedeuten. Wenn 
Oszimasse an Schaltungsmasse, und Spannung wird am Mosfet-Source 
gemessen, dann wäre eine Überspannung aus Sicht des Mosfet ja eine 
Reverse-Spannung, sprich, dessen Body-Diode fängt den Peak weg.
An welchen Punkten hast Du also gemessen, und wie sieht die Anbindung 
der Tastköpfe aus?

> Ich habe schon viel getan diesen Peak zu verkleinern. Gateströme,
> Snubber usw. Aber jetzt bin ich an dem Punkt an dem ich entscheiden muss
> ob das auf Dauer so funktioniert oder nicht.

Und Leiterplattendesign?

> Wenn ich PDF von Transistorherstellern lese gehen die dort immer auf die
> umgesetzte Energie ein. Ich glaube nicht dass dies ein Problem ist, da
> ich nicht glaube dass hier überhaupt signifikant  Strom durch den
> Transistor fließt (kein 2. Durchbruch).

Die Mosfets halten alle eine gewisse Avalanche-Energie aus. Das ist aber 
leider nicht bei allen spezifiziert. Bei 50ns würde ich mir aber noch 
keinen Kopf machen, denn selbst bei >30V und 100A ist das ja noch nicht 
mal ein mJ

: Bearbeitet durch User
von Alfons H. (alfonshans)


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Jens G. schrieb:
> Und Leiterplattendesign?

Das ist ja das Problem. Die Platine ist so klein, dass das nicht so 
einfach ist bei den hohen Strömen. Hier habe ich schon einiges 
optimiert.

Jens G. schrieb:
> An welchen Punkten hast Du also gemessen, und wie sieht die Anbindung
> der Tastköpfe aus?

Die Uds am High Side habe ich direkt am Mosfet mit einem High voltage 
differential probe 100Mhz gemessen (Micsic DP701)

von Thomas (kosmos)


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probier mal eine Z-Diode oder Supressordiode vom Gate zum Drain, wenn 
die Spannung am Drain ansteigt leitet die Diode aufs Gate durch, der 
Transistor wird leitend wodurch die Spannung am Drain wieder abfällt.

von Hp M. (nachtmix)


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Thomas schrieb:
> probier mal eine Z-Diode oder Supressordiode vom Gate zum Drain

Eine Z-Diode allein reicht nicht, und die TVS sollte ein symmetrischer 
Typ sein (intern zwei antiserielle Z-Dioden), sonst kann es passieren, 
dass der Transistor im eingeschalteten Zustand nicht voll durchgesteuert 
wird, evtl sogar der Treiber beschädigt wird...

von Alfons H. (alfonshans)


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Thomas schrieb:
> probier mal eine Z-Diode oder Supressordiode vom Gate zum Drain,
> wenn
> die Spannung am Drain ansteigt leitet die Diode aufs Gate durch, der
> Transistor wird leitend wodurch die Spannung am Drain wieder abfällt.

Das ist auch eine Idee. Aber ob dieser "Überspannungsschutz" für den 
Mosfet schonender ist? Im Prinzip ist dieses Durchsteuern ja auch ein 
betreiben im linearen Betrieb mit den daraus resultierenden 
Verlustleistungen. Was da jetzt besser ist, der Avalanche Durchbruch 
oder die Z-Diode kann ich nicht beurteilen.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Der FET bekommt davon recht wenig ab, das meiste kriegt der Treiber auf 
den Arsch gebrannt, der das Gate nämlich sehr gerne auf LOW halten 
würde.

von Alfons H. (alfonshans)


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Ben B. schrieb:
> Der FET bekommt davon recht wenig ab, das meiste kriegt der
> Treiber auf
> den Arsch gebrannt, der das Gate nämlich sehr gerne auf LOW halten
> würde.

Das ist natürlich richtig.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Nachtrag @TE:
Magst Du vielleicht verraten, um was für eine Schaltung es sich handelt?

Du könntest auch versuchen, etwas langsamer umzuschalten, so daß sich 
diese Transienten nicht aufbauen. Dadurch steigen die Umschaltverluste, 
aber wenn Du sowieso nur alle 10 Sekunden umschaltest, ist das evtl. 
tolerierbar.

Wenn die Transienten nur in bestimmten Lastfällen auftreten - vielleicht 
wäre es auch machbar, diese bestimmten Lastfälle zu erkennen und kurz 
vor dem Umschalten zu verlassen.

: Bearbeitet durch User
von Alfons H. (alfonshans)


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Ja den Schaltplan und das Layout möchte ich nicht veröffentlichen. 
Sorry.

Ich habe es jetzt durch Einstellen der Gateströme, Optimieren der 
Snubber und optieren der Software geschafft die Peaks unter 30V zu 
bekommen. Die PWM hat 16khz. Aber beim "normalen" schalten treten die 
Peaks nicht auf. Hier habe ich auch schon etwas durch Software 
entschärfen können.

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