Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Fragen zum Datenblatt eines SMPS-Controllers


von David (simulant01)



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Hi,

ich habe zwei Fragen zum Datenblatt vom ICE3BR1765J [1]

**Frage 1:**
Im Datenblatt gibt es auf S. 29 einen Beispielschaltplan. Ich verstehe 
dort nicht ganz den Sinn von Zener-Diode Z11 und den beiden Widerständen 
R13 und R14. Diese Komponenten sind im angehängten Bild 
flyback_schematic_with_marks.png rot markiert. Ich vermute es handelt 
sich um einen Überspannungsschutz für den SMPS-Controller. Laut 
Datenblatt darf Vcc maximal 27 V betragen. Typischerweise besteht ein 
einfacher Überspannungsschutz mit einer Zener-Diode aber nur aus 
**einem** Widerstand und einer Zener-Diode [2]. Warum sind hier 2 
Widerstände? Oder verstehe ich den Sinn total falsch?

**Frage 2:**
Im Abschnitt "3.3 Improved Current Mode" gibt es einen kleinen Abschnitt 
über den Peak-Current-Control-Mode bei geringer Last. Dieser Wird als 
"Improved Current Mode" bezeichnet. Eine Beispielskizze zur Erklärung 
ist im angehängten Bild improved-current-mode.png dargestellt. Aus der 
kurzen Erklärung im Text erschließt sich mir die Funktionsweise aber 
nicht 100%-ig. Im Text heißt es

> To improve the Current Mode during light load
> conditions the amplified current ramp of the PWM-OP
> is superimposed on a voltage ramp, which is built by
> the switch T2, the voltage source V1 and a resistor R1
> (see Figure 6). Every time the oscillator shuts down for
> maximum duty cycle limitation the switch T2 is closed
> by VOSC. When the oscillator triggers the Gate Driver,
> T2 is opened so that the voltage ramp can start.

Mein Verständnis:
1. Bei einer geringen Last am Ausgang ist es herausfordernd den 
Duty-Cycle des PWM-Signals ausreichend klein zu halten.
2. Aus diesem Grund haben die Entwickler des ICE3BR1765J den Improved 
Current Mode entwickelt.
3. Hier wird zusätzlich zum Current-Sense-Signal noch ein 
Spannungsoffset von 0.67 V addiert, damit der PWM Comparator das Gate 
schneller ausschaltet und somit der Duty Cycle gering bleibt.

a) Stimmt mein Verständis? Könnte mir jemand die Funktion nochmal in 
anderen Worten erklären?

b) Warum wird die Spannungsrampe erst dann aktiviert, wenn Vosc für die 
Beschränkung des max. Duty-Cyles auf 0 geht? Das würde ich so 
interpretieren, dass der "Improved Current Mode" erst dann zum Einsatz 
kommt, wenn der max. Duty Cycle eh schon überschritten wurde?!?

c) Wozu dient der Widerstand R1 (10 kOhm)?

d) Geht das nicht irgendwie einfacher? Für eine niedrige Belastung des 
SMPS hat man ja eh schon den Active Burst Mode, wozu dann noch dieser 
"Improved Current Mode"...


Danke für alle Antworten!


[1]: 
https://www.infineon.com/assets/row/public/documents/24/49/infineon-ice3br1765j-ds-en.pdf
[2]: 
https://www.rs-online.com/designspark/how-does-zener-diode-do-overvoltage-protection-in-circuit

von Tobias (code_red)


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Die Zener begrenzt die Spannung, der Widerstand den Strom. Die Diode 
rechts richtet gleich und der Widerstand an dieser begrenzt ebenfalls 
den Strom.

R11 gehört zum RCD element bestehend aus D11 und C12. Dabei handelt es 
sich um eine Active Clamping Schaltung die bei Überspannung Richtung C 
Bulk herunter klemmt.

Nebenbei bemerkt:
Was für ein furchtbar schlecht gemachter Schaltplan...kannst du nix 
dafür aber manche Hersteller haben echt keinen Anstand.

: Bearbeitet durch User
von Michael B. (laberkopp)


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David schrieb:
> Warum sind hier 2 Widerstände

Ohne R14 begrenzt die Z-Diode direkt die Ausgangsspannung weil alle 
Energie über die Trafokopplung in die Z-Diode umgeleitet werden würde.

Bessere SMPS Controller enthalten die Z-Diode schon.

David schrieb:
> Stimmt mein Verständis?

Im Prinzip ja. Bei geringer Last wird der Trafo nicht auf vollen Strom 
aufgeladen, die pro Impuls transferierte Leistung also geringer.

David schrieb:
> Wozu dient der Widerstand R1 (10 kOhm)?

R1 ist der Innenwiderstand der 0.67V Quelle.

von David (simulant01)


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Hi, danke für die sehr schnelle Antwort!

Tobias schrieb:
> Die Zener begrenzt die Spannung, der Widerstand den Strom. Die Diode
> rechts richtet gleich und der Widerstand an dieser begrenzt ebenfalls
> den Strom.

Aber würde dafür R14 nicht reichen? R14 begrenzt ja sowohl den Strom 
durch D13 als auch durch Z11. R13 könnte man dann auf 0 Ohm setzen bzw. 
weglassen.

von Tobias (code_red)


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Siehe Antwort über mir.

von Rainer W. (rawi)


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Tobias schrieb:
> Die Zener begrenzt die Spannung,

ok, du meinst wohl Z11. Eine Zener-Diode ist das aber bestimmt nicht. 
Dafür ist die Spannung zu hoch (s. Datenblatt S.20 VCC).

> der Widerstand den Strom.

Welchen meinst du?
Sowohl R13 als auch R14 erfüllen diese Funktion

> Die Diode rechts richtet gleich und der Widerstand an dieser
> begrenzt ebenfalls den Strom.

So halb - R14 begrenzt zwar den Strom in Richtung IC11, aber nicht den 
Ladestrom von C16, d.h. den muss D13 voll schlucken.

Damit ist nach wie vor unklar, warum in der Schaltung R13 UND R14 
vorgeschlagen werden (Frage 1 des TO)?
R13 führt im Durchbruchbereich der Z-Diode zu einer Abflachung der 
Kennlinie, d.h. VCC wird schlechter stabilisiert als ohne R13.

p.s.
Wozu gibt es im Schaltplan wohl Bezeichungen für die Bauteile?

: Bearbeitet durch User
von David (simulant01)


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Hi,

Rainer W. schrieb:
> ok, du meinst wohl Z11. Eine Zener-Diode ist das aber bestimmt nicht.
> Dafür ist die Spannung zu hoch (s. Datenblatt S.20 VCC).

Was für eine Diode ist Z11 denn dann? Das Schaltsymbol sieht für mich 
nach Zener aus, und es scheint auch Zener-Dioden mit bis zu min. 100 V 
Durchbruchspannung zu geben (Bsp SMAF4764A von Mouser [1]).

Rainer W. schrieb:
> Damit ist nach wie vor unklar, warum in der Schaltung R13 UND R14
> vorgeschlagen werden (Frage 1 des TO)?

Ja genau, darüber wundere ich mich.



Rainer W. schrieb:
> So halb - R14 begrenzt zwar den Strom in Richtung IC11, aber nicht den
> Ladestrom von C16, d.h. den muss D13 voll schlucken.
> [...]
> R13 führt im Durchbruchbereich der Z-Diode zu einer Abflachung der
> Kennlinie, d.h. VCC wird schlechter stabilisiert als ohne R13.

Also R14 begrenzt den Strom zu IC11, und R13 verbessert Stabilisierung 
der Spannung mittels der Zener-Diode?

[1]: 
https://www.mouser.de/datasheet/2/258/SMAF4735A_SMAF4764A_DO_221AC_-3536187.pdf

von Rainer W. (rawi)


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David schrieb:
> Was für eine Diode ist Z11 denn dann? Das Schaltsymbol sieht für mich
> nach Zener aus, und es scheint auch Zener-Dioden mit bis zu min. 100 V
> Durchbruchspannung zu geben (Bsp SMAF4764A von Mouser [1]).

Nein, der Zener-Effekt funktioniert nur etwa bis 5,5V.
https://de.wikipedia.org/wiki/Zener-Effekt

Für höhere Spannungen wird der Lawineneffekt genutzt. 
https://de.wikipedia.org/wiki/Lawinendurchbruch

Die beiden Effekte unterscheiden sich aus Elektronikersicht, abgesehen 
von dem unterschiedlichen Spannungsbereich, durch das Vorzeichen des 
Temperaturkoeffizienten. Die übergreifende Bezeichnung ist seit gut 50 
Jahren "Z-Diode" mit dem bekannten Schaltzeichen.

David schrieb:
> ... und R13 verbessert Stabilisierung der Spannung mittels der Zener-Diode?

Nein,

Rainer W. schrieb:
> d.h. VCC wird schlechter stabilisiert als ohne R13.

: Bearbeitet durch User
von David (simulant01)


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Rainer W. schrieb:
> Nein, der Zener-Effekt funktioniert nur etwa bis 5,5V.
> https://de.wikipedia.org/wiki/Zener-Effekt
>
> [...]
>
> Die beiden Effekte unterscheiden sich aus Elektronikersicht, abgesehen
> von dem unterschiedlichen Spannungsbereich, durch das Vorzeichen des
> Temperaturkoeffizienten. Die übergreifende Bezeichnung ist seit gut 50
> Jahren "Z-Diode" mit dem bekannten Schaltzeichen.

Danke für die Klarstellung! Peinlich, dass ich das nicht wusste.

Rainer W. schrieb:
> Rainer W. schrieb:
>> d.h. VCC wird schlechter stabilisiert als ohne R13.

Heißt, es ist weiterhin unklar, warum Infineon zur Verwendung des 
Widerstands R13 rät.

von Luca E. (derlucae98)


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David schrieb:
> Peinlich, dass ich das nicht wusste.

Die Haarspalterei spielt außerhalb des Forums auch keine Rolle.

von Alal A. (multipla)


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David schrieb:
> Mein Verständnis:
> 1. Bei einer geringen Last am Ausgang ist es herausfordernd den
> Duty-Cycle des PWM-Signals ausreichend klein zu halten.
> 2. Aus diesem Grund haben die Entwickler des ICE3BR1765J den Improved
> Current Mode entwickelt.
> 3. Hier wird zusätzlich zum Current-Sense-Signal noch ein
> Spannungsoffset von 0.67 V addiert, damit der PWM Comparator das Gate
> schneller ausschaltet und somit der Duty Cycle gering bleibt.
>
> a) Stimmt mein Verständis? Könnte mir jemand die Funktion nochmal in
> anderen Worten erklären?

Fast.
Bei kleiner Last braucht man auch kleine Peakströme und kurze 
Tastverhältnisse. Beides macht eine gute Regelung schwieriger, da das 
Signal ordentlich aussehen muss und es auch noch kurz nach dem 
Schaltvorgang passiert, wo allgemein schon mehr Störungen vorhanden 
sind.
Der "Improved Current Mode" ist eigentlich eher ein verschlechterter 
Current Mode Control. Sie addieren hier keinen fixen Offset von 0,67 V, 
sondern eine künstlich erzeugte Rampe mit fixer Anstiegsrate. Das ist 
eigentlich genau das Gegenteil von CMC und geht wieder Richtung Voltage 
Mode Control (VMC), wo für die Regelung nur die fixe Rampe verwendet 
wird und nicht die durch den Transistorstrom erzeugte.

> b) Warum wird die Spannungsrampe erst dann aktiviert, wenn Vosc für die
> Beschränkung des max. Duty-Cyles auf 0 geht? Das würde ich so
> interpretieren, dass der "Improved Current Mode" erst dann zum Einsatz
> kommt, wenn der max. Duty Cycle eh schon überschritten wurde?!?

Die Rampe wird nicht beim maximalen Tastverhältnis aktiviert, sondern 
wieder deaktiviert bzw. auf GND gezogen. Wenn der interne Oszillator die 
nächste Schaltperiode wieder startet, wird auch T2 wieder geöffnet und 
die Rampe fängt an, zu steigen

> c) Wozu dient der Widerstand R1 (10 kOhm)?

Ich vermute, dass in dem Schaltbild (Figure 6) irgendwo noch ein 
Kondensator nicht eingezeichnet ist. Zusammen mit dem würde der 
Widerstand dann die Rampe erzeugen. Es ist also keine perfekte lineare 
Rampe, sondern der erste Teil einer RC-Ladekurve. Das wird bei CMC oft 
auch für die Rampenerzeugung für die Slope-Compensation so gemacht

> d) Geht das nicht irgendwie einfacher? Für eine niedrige Belastung des
> SMPS hat man ja eh schon den Active Burst Mode, wozu dann noch dieser
> "Improved Current Mode"...

Grade im CMC ist es bei niedriger Last nicht so einfach, stabil die 
gewollte Ausgangsspannung zu bekommen. Zuerst gibts durch die 
anfängliche Stromspitze schon eine Mindest-Einschaltdauer, wenn danach 
auch noch das Stromsignal fast nur im Rauschen drinhängt, braucht man 
einige Tricks...

: Bearbeitet durch User
von Helmut -. (dc3yc)


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Luca E. schrieb:
> David schrieb:
>> Peinlich, dass ich das nicht wusste.
>
> Die Haarspalterei spielt außerhalb des Forums auch keine Rolle.

Doch, spielt sie schon. Denn geübte Elektroniker wissen, dass Z-Dioden 
um die 6V herum den kleinsten Temperaturkoeffizienten haben. Und das zu 
wissen, kann auch für den geneigten Luca nichts schaden. Der Satz 
"Wissen ist Macht, nichts Wissen macht auch nichts" ist eher falsch.

: Bearbeitet durch User
von David (simulant01)



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Hi,

Alal A. schrieb:
> Der "Improved Current Mode" ist eigentlich eher ein verschlechterter
> Current Mode Control. Sie addieren hier keinen fixen Offset von 0,67 V,
> sondern eine künstlich erzeugte Rampe mit fixer Anstiegsrate. Das ist
> eigentlich genau das Gegenteil von CMC und geht wieder Richtung Voltage
> Mode Control (VMC), wo für die Regelung nur die fixe Rampe verwendet
> wird und nicht die durch den Transistorstrom erzeugte.

Danke, die Erklärung ist sehr viel aufschlussreicher als der Text im 
Datenblatt. Ich schätze mal die Ingenieure von Infineon würden aber nur 
ungern diesen Text in ihr Datenblatt kopieren ;)

Ein paar Fragen hätte ich aber dennoch:
1) Entspricht die Rampe bzw. RC-Ladekurve in Fig. 7 (siehe 
voltage_ramp_improved_current_mode_with_markings.png) der 
Mini-RC-Ladekurve in Fig. 5 (siehe 
normal_current_mode_with_markings.png)?

2) Im Grunde ist die Regelungsmethode des Controllers ja eine Mischung 
aus Voltage Mode Control und Current Mode Control. Ich schätze mal das 
funktioniert nur deswegen einigermaßen, weil die Spannungsrampe der 
Voltage Mode Control quantitativ so klein ist? Also die 
Voltage-Mode-Control-Spannungsrampe am PWM Comparator ist so klein 
gewählt, dass sie bei Normlast vernachlässigbar ist, aber so groß, dass 
sie bei sehr kleiner Last eine stabile Regelung sicherstellt?

Alal A. schrieb:
> Ich vermute, dass in dem Schaltbild (Figure 6) irgendwo noch ein
> Kondensator nicht eingezeichnet ist. Zusammen mit dem würde der
> Widerstand dann die Rampe erzeugen.

Interessant. Aus der Schaltplanskizze im Datenblatt geht für mich auch 
nicht hervor, wo hier das Rampensignal herkommen soll. 
Interessanterweise steht unten im Schaltbild noch der Bezeichner "C1", 
so als ob dort irgendwo noch ein Kondensator sein sollte, der dann 
vergessen wurde einzuzeichnen.

: Bearbeitet durch User
von Alal A. (multipla)


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Okay, jetzt verstehe ich es auch noch ein bisschen besser, dann ist es 
nicht ganz so arg "verschlechtert".
Du hast Recht, bei Figure 7 habe ich nicht so richtig hingeschaut, da 
ist ja die "Rampe" abgebildet. Da das dann nur wirklich am Anfang der 
Schaltperiode passiert, sollte das bei allen Lasten über der 
Mindestbereich keinen großen Einfluss haben und von der Funktionalität 
her schon großteils wie reiner CMC verhalten, also nicht wirklich als 
Mischung von VMC und CMC.
Interessant.

>Interessanterweise steht unten im Schaltbild noch der Bezeichner "C1",
>so als ob dort irgendwo noch ein Kondensator sein sollte, der dann
>vergessen wurde einzuzeichnen.

Heh...
Ja entweder das, oder es wird die Transistorkapazität verwendet, wobei 
ich mir die bei so einem kleinen Logikschalterchen als nicht signifikant 
eingestuft hätte, aber wer weiß...
Auch interessant, was ich in dem Bild sehe, ist, dass der Gatetreiber 
erst 156 ns nach dem Start der Rampe angeschaltet wird, dort ist also 
immer schon ein bisschen Grundsignal da.

: Bearbeitet durch User
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