Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik IC defekt oder nicht?


von Rudi (rudils)


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Hallo,

mein aktuelles Projekt hat 2 "ISO124 isolation amplifiers". Alle 4 
Spannungsversorgungen sind getrennt. Aufgebaut nach Datenblatt Figure 
10.
Der IC wird mit +-15V versorgt.

Beim ersten Test ging ISO 1 sofort. ISO 2 jedoch hatte einen Hänger bei 
-4V am Ausgang. Ich hab sofort ausgeschaltet und eine Sichtkontrolle 
gemacht. Datsächlich waren 2 kalte Löstellen zu finden. Nun wieder 
eingeschaltet, wieder -4V. Während ich messe, steigt der Ausgang 
regelmäßig schrittweise an. Was soll das? Bis ich mit grübeln fertig 
bin, habe ich plötzlich ein schönes Ausgangssignal, so wie es sein 
sollte.

Dann wieder beim nächtsten mal: -4V. Ich seh mir das an und warte. Es 
dauerte ca.5 Minuten bis -12V erreicht wurden. Anschließend 
funktionierte er wieder ordnungsgemäß. In diesen 5min hat er ca. alle 
10sec einen kleinen Spannungssprung gemacht, kein linearer Anstieg.

Seitdem hab hab ich ein paar Neustarts versucht, aber nun hat er bisher 
immer sofort funktioniert.

Also was? Ist er defekt? Oder hat er sich selbst kalibriert, nachdem er 
durch Schaltungsfehler beeinträchtig wurde?

von Harald K. (kirnbichler)


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Natürlich ist es möglich, ein IC durch unsachgemäße Beschaltung (== 
Deine kalten Lötstellen) zu schrotten, denn ICs werden nicht besser 
dadurch, wenn die Eingangsschutzdioden (sofern überhaupt vorhanden) 
strapaziert werden.

Das Problem kann natürlich auch in Deiner Schaltung oder dem Aufbau 
Deiner Schaltung liegen.

Deine blumige Beschreibung lässt nicht darauf schließen, daß Du eine 
definierte, anhand der Beschreibung im Datenblatt konzipierte 
Prüfprozedur hast.

Warum soll der Ausgang der Verstärker überhaupt irgendwas machen? Lässt 
Du die Eingänge etwa offen?

von Rainer W. (rawi)


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Rudi schrieb:
> Alle 4 Spannungsversorgungen sind getrennt.

Was soll das heißen?
Zumindest -V_S1 und +V_S1 bzw. -V_S2 und +V_S2 müssen sich jeweils auf 
ein gemeinsames Bezugspotential beziehen, dass auch mit den 
Verstärkerteilen verbunden ist.
Zeig DEINEN Schaltplan.

> Beim ersten Test ging ISO 1 sofort. ISO 2 jedoch hatte einen Hänger

Wer oder was sind "ISO 1" und "ISO 2"?

> Oder hat er sich selbst kalibriert, nachdem er
> durch Schaltungsfehler beeinträchtig wurde?

Was meinst du mit "selbst kalibriert". Hast du das Functional Block 
Diagram (Datenblatt Kap. 7.2) angesehen und verstanden?

: Bearbeitet durch User
von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Ich habe schon mal den ISO113 benutzt, der hat ein dickes Gehäuse etwa 
in DIL-24 Abmessungen.

Der ISO124 ist laut Datenblatt
https://www.ti.com/lit/ds/symlink/iso124.pdf?ts=1755252471676
erst 1997 herausgekommen. Bei den Bitsavers hören die Datenbücher von 
Burr-Brown schon 1996 auf, erst 2000 wurde die Firma von TI aufgekauft.

Hier gab es mal einen Thread:
Beitrag "Schaltungsaufbau Isolierverstärker für Analogsignal mit Texas Instr. ISO124"

Von einer Kalibration sehe ich nichts im Datenblatt, es gibt auch keine 
Rückführung vom isolierten Ausgangsteil zur Eingangselektronik.
Die Isolation wird durch eine Umwandlung des Eingangssignals in eine 
Wechselspannung, zwei 1pF-Koppelkondensatoren und anschließende 
Demodulation zurück in ein DC-Signal bewirkt.

: Bearbeitet durch User
von Rainer W. (rawi)


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Christoph db1uq K. schrieb:
> Von einer Kalibration sehe ich nichts im Datenblatt, es gibt auch keine
> Rückführung vom isolierten Ausgangsteil zur Eingangselektronik.

Wozu auch. Die Übertragung zwischen Ein- und Ausgang erfolgt digital 
(=amplitudendiskret) per PWM.

von Hannes J. (pnuebergang)


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Rudi schrieb:
> Also was? Ist er defekt?

Das musst du entscheiden. Ist deine Beschaltung richtig? Traust du ihm 
noch? Ist das ein ernsthaftes Projekt oder nur eine Bastelei?

Ich weiß original sind die Dinger teuer, aber wenn es ein ernsthaftes 
Projekt ist würde ich ihn austauschen.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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> Wozu auch

um den DC-Pegel wiederherzustellen? Wenn z.B. der DC/DC-Wandler keine 
exakt gleichen Spannungen liefert, hat auch der Ausgang einen Offset.

von Rudi (rudils)


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Harald K. schrieb:
> Warum soll der Ausgang der Verstärker überhaupt irgendwas machen? Lässt
> Du die Eingänge etwa offen?
Natürlich, NEIN

Rainer W. schrieb:
> Zumindest -V_S1 und +V_S1 bzw. -V_S2 und +V_S2 müssen sich jeweils auf
> ein gemeinsames Bezugspotential beziehen
Das wäre nicht im Sinne eines Isolations-ICs (Getrenntes Potential)

>Wer oder was sind "ISO 1" und "ISO 2"?

Der eine und der andere IC

>Was meinst du mit "selbst kalibriert". Hast du das Functional Block
>Diagram (Datenblatt Kap. 7.2) angesehen und verstanden?

Das ist es, was mich wundert. Es ist nichts zu finden, was auf eine 
solche Fähigkeit hinweist.

Hannes J. schrieb:
> Das musst du entscheiden. Ist deine Beschaltung richtig? Traust du ihm
> noch? Ist das ein ernsthaftes Projekt oder nur eine Bastelei?

Na ja, das Projekt brauche ich privat und will damit potentialfrei 
messen. Und seit diesem Anfangsproblemen ist der Effekt nicht mehr 
aufgetreten. Er funktioniert genausogut wie der andere IC.

von Hannes J. (pnuebergang)


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> Na ja, das Projekt brauche ich privat

Brauche? Also irgendwie wichtig aber doch nicht.

> und will damit potentialfrei
> messen.

Messen? Mit dem ISO124 hast du dir den dritt-teuersten 
Isolationsverstärker von TI ausgesucht.

https://www.ti.com/product-category/isolation/isolated-amplifiers/products.html#sort=1130;desc&;

Der ISO121 wird in Gold aufgewogen. Dann kommt der ISO122, in einer 
ähnlichen Preisklasse wie dein ISO124. Dann der ISO124.

Ich würde noch mal drüber nach denken ob nicht einer der preiswerteren, 
speziell zum Messen von Strom oder Spannung gedachten, 
Isolationsverstärker die bessere Wahl wäre.

Ansonsten, wir haben keine Glaskugel um zu sehen was mit dem ISO124 ist. 
Wäre es etwas was ich "brauche" würde ich ihn austauschen.

: Bearbeitet durch User
von Harald K. (kirnbichler)


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Rudi schrieb:
> Das wäre nicht im Sinne eines Isolations-ICs (Getrenntes Potential)

Du scheinst den Satz nicht richtig gelesen zu haben.

Aber Du willst ja auch nicht, daß man Dir hier hilft, sonst hättest Du 
schon längst einen Schaltplan gezeigt.

von Rudi (rudils)


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Harald K. schrieb:
> Aber Du willst ja auch nicht, daß man Dir hier hilft, sonst hättest Du
> schon längst einen Schaltplan gezeigt.

Der Schaltplan ist, wie anfangs erwähnt, im Datenblatt.
Außerdem im
Beitrag "Schaltungsaufbau Isolierverstärker für Analogsignal mit Texas Instr. ISO124"

Die Schaltung funktioniert wunderbar. Was ich mir nicht erklären kann, 
ist das seltsame "interne" Verhalten am Anfang.

Hannes J. schrieb:
> Der ISO121 wird in Gold aufgewogen. Dann kommt der ISO122, in einer
> ähnlichen Preisklasse wie dein ISO124. Dann der ISO124. Ich würde noch mal 
drüber nach denken ob nicht einer der preiswerteren,
> Isolationsverstärker die bessere Wahl wäre.

Was, soll ich jetzt den 10€ Chip wegschmeißen?

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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Rudi schrieb:
> seltsame

Elektrostatische Remanenz.

von Harald K. (kirnbichler)


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Rudi schrieb:
> Der Schaltplan ist, wie anfangs erwähnt, im Datenblatt.

Und hat einen offenen Eingang.

Links, ist mit "Vin" beschriftet.

von Rudi (rudils)


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Richtig, da hat doch der Schreiberling die Buchse nicht hingemalt. Da 
kann die Schaltung wirklich nicht funktionieren.

von Mark S. (voltwide)


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Dieter D. schrieb:
> lektrostatische Remanenz.

Oder vlt doch mentale Diskrepanz?

von Rudi (rudils)


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Diese wurde aber durch mein PicoScope verursacht.

von Rainer W. (rawi)


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Rudi schrieb:
> Außerdem im
> Beitrag "Schaltungsaufbau Isolierverstärker für Analogsignal mit Texas
> Instr. ISO124"

Da sind zwei Varianten gezeigt. WELCHE hast du aufgebaut?

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Wenn da zwei ISO verbaut sind und einer tut, was er soll, kann es doch 
nicht so schwer sein, die beiden mal gegeneinander zu tauschen.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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> zwei Varianten

https://www.mikrocontroller.net/attachment/323124/Beschaltungsmoeglichkeit.png
Variante B ist offensichtlich Unsinn, da der GND des DC/DC-Wandlers 
nicht angeschlossen ist, und daher keine vernünftigen Masseverhältnisse 
existieren.

Nur die Ausgangsmasse darf gegen den Eingang isoliert sein, und der 
Wandler sollte identische Spannungen liefern, also kein ungeregelter 
Typ. Welcher Typ hier benutzt ist haben wir noch nicht erfahren.

Im anderen Thread ist ein Datenblatt gezeigt
https://www.mikrocontroller.net/attachment/323557/Datasheet_IV0515S.pdf
ein offenbar ungereglter Typ, das ist schlecht. Load Regulation ±10%

: Bearbeitet durch User
von Rainer W. (rawi)


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Christoph db1uq K. schrieb:
> Im anderen Thread ist ein Datenblatt gezeigt
> https://www.mikrocontroller.net/attachment/323557/Datasheet_IV0515S.pdf
> ein offenbar ungereglter Typ, das ist schlecht. Load Regulation ±10%

Was erwartest du an großen Lastschwankungen?
Das PSRR vom ISO124 mit typisch 2mV/V entspannt die Lage zusätzlich.
Erst einmal gilt es ein viel elementareres Problem zu lösen.

: Bearbeitet durch User
von Rudi (rudils)


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Hallo,
Nun habe ich die Vermutung. dass meine wichtigste Frage nicht erkannt 
wurde, und alle Antworten keinen Bezug dazu haben. Obwohl, wie ich 
meine, dass das Schaltbild nichts dazu erhellt, stelle ich es bei.

Nach Fertigstellung der Verdrahtung hatte ich am ISO124 Pin16 und an 
Pin8 eine kalte Lötstelle. Nach Reperatur funktionierte der ISO124 nicht 
sofort. Er hat nach Einschalten trotz Eingangssignal am Ausgang nur -4V 
ausgegeben. Innerhalb der weiteren 5 Minuten stieg diese Spannung alle 
ca.10 Sekunden schrittweise an (nicht linear!) bis sie -12V erreichte. 
Dannach funktionierte der Chip wie gewünscht. Und sooft ich jetzt auch 
ein- und ausschalte, er funktioniert nun sofort.

Für mich sieht das nach einer Selbstkalibrierung aus. Solche ist aber im 
Datenblatt nicht erwähnt. Hat jemand solches auch beobachtet?

PS.: Der 2. Iso124 in diesem Projekt hat sofort funktioniert.

von H. H. (hhinz)


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Rudi schrieb:
> Obwohl, wie ich
> meine, dass das Schaltbild nichts dazu erhellt, stelle ich es bei.

Da fehlen die Dioden gegen Latchup nach den Spannungsreglern.

von Rudi (rudils)


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H. H. schrieb:
> Da fehlen die Dioden

# Short Circuit Protection
# No External Components Are Required

Frage verfehlt!

: Bearbeitet durch User
von H. H. (hhinz)


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Rudi schrieb:
> H. H. schrieb:
>> Da fehlen die Dioden
>
> # Short Circuit Protection
> # No External Components Are Required

Dunning-Kruger.

EOT.

von Rainer W. (rawi)


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Rudi schrieb:
> Für mich sieht das nach einer Selbstkalibrierung aus. Solche ist aber im
> Datenblatt nicht erwähnt. Hat jemand solches auch beobachtet?

Latch-Up ist da das richtige Stichwort.

Eine Kalibrierung, egal ob Selbst- oder von außen angestoßen, würde 
sowieso nur etwas ausmessen, aber nichts ändern.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kalibrierung

von Rainer W. (rawi)


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Rudi schrieb:
> Obwohl, wie ich meine, dass das Schaltbild nichts dazu erhellt, stelle
> ich es bei.

Deine Erzeugung der Versorgungsspannungen ist etwas eigenartig. 
Normalerweise würde man für jede Seite nur EINEN Trafo mit 
Mittelanzapfung, EINEN Brückengleichrichter und jeweils einen 
Spannungsregler für positive (L7815) und einen für negative Spannung 
(L7915) verwenden. Die Ladekondensatoren (C7/C9) wirken ETWAS 
übertrieben, falls nicht noch andere Lasten an den Spannungen dran 
hängen. Die Verwendung von 12V-Trafos könnte etwas knapp sein, je nach 
dem, wie groß und wie weich der Trafo ist. Bei 12V Nennspannung würde er 
eine Spitzenspannung von 16,9V liefern. Abzüglich der V_f für die beiden 
aktiven Dioden im Gleichrichter bleiben dann noch 15,5V in der Spitze 
als Eingangsspannung für den Spannungsregler, im Minimum, kurz vor der 
nächsten Halbwelle noch weniger. So ein L7815 besitzt einen typischen 
Spannungsabfall (V_D Dropout voltage) von 2V. Es verbleiben also selbst 
in der Spitze nur 13,5V. Wie soll der Spannungsregler damit 15V sauber 
regeln. Vielleicht hast du Glück, dass dein Trafo so stark 
überdimensioniert ist, dass er quasi im Leerlauf arbeitet und 
ausreichend Überspannung liefert.

Hast du dir den Spannungsverlauf am Eingang der Spannungsreglers einmal 
mit dem Oszi angesehen?

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Ja, die Schaltung sieht aus wie aus der Frühzeit der integrierten 
Spannungsregler, als die Negativregler noch selten waren.

Ich hab mal die Datenbücher von National Semiconductor durchgeschaut, 
1975 gab es nur den 78Lxx, erst 1980 stehen die 78xx und 79xx drin. Und 
da tauchen die beiden Schutzdioden 1N4001 ohne weitere Erklärung schon 
auf:
https://bitsavers.org/components/national/_dataBooks/1980_National_Linear_Databook.pdf#page=175

: Bearbeitet durch User
von Rainer W. (rawi)


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Rainer W. schrieb:
> So ein L7815 besitzt einen typischen
> Spannungsabfall (V_D Dropout voltage) von 2V.

p.s.
Die 2V gelten bei Nennstrom der Spannungsregler. Für niedrigeren Strom 
findest du die Werte als Graphik im Datenblatt. Falls es nur um die paar 
Milliampere für den ISO140 geht, brauchst du allerdings wohl kaum einen 
1A-Regler.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Rudi schrieb:
> Short Circuit Protection
Falsche Zielscheibe!

Bei den Anti-Latchup-Dioden geht darum, beim Powerup (oder bei 
ungünstiger Belastung) eine mögliche Verpolung am Ausgang des 
Spannungreglers und eine daraus resultierende Fehlfunktion bis hin zum 
Defekt zu verhindern.

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